Entscheidungsstichwort (Thema)

Fristlose Kündigung – Personalratsbeteiligung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird eine Kündigung gegenüber einem Arbeitnehmer mangels Vorlage der Vollmacht des Kündigenden erst nach Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist des § 4 KSchG gemäß § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen, so ist dies jedenfalls nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 121 Abs. 1 BGB (im Anschluß an BAG Urteil vom 30. Mai 1978 – 2 AZR 633/76 – AP Nr. 2 zu § 174 BGB).

2. Sinn und Zweck des tariflichen Alterskündigungsschutzes – hier § 53 Abs. 3, § 55 Abs. 1 BAT – erfordern es im Falle einer allein noch möglichen außerordentlichen, fristlosen Kündigung, dem altersgesicherten Arbeitnehmer zur Vermeidung eines Wertungswiderspruchs eine der fiktiven Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist einzuräumen, wenn einem vergleichbaren Arbeitnehmer ohne gesteigerten Kündigungsschutz bei gleicher Sachlage nur fristgerecht gekündigt werden könnte (Weiterentwicklung der Rechtsprechung im BAG-Urteil vom 14. November 1984 – 7 AZR 474/83 – AP Nr. 83 zu § 626 BGB).

3. Zur Notwendigkeit der Personalratsbeteiligung bei der außerordentlichen Kündigung eines angestellten außerplanmäßigen Professors.

 

Normenkette

BAT § 53 Abs. 3, §§ 54-55; BGB §§ 174, 626; HPVG §§ 66, 77 Abs. 4, § 97

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Urteil vom 05.02.1998; Aktenzeichen 12 Sa 2032/96)

ArbG Kassel (Urteil vom 19.09.1996; Aktenzeichen 4 Ca 390/96)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. Februar 1998 – 12 Sa 2032/96 – aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Der Kläger war bei dem beklagten Land seit 1. Februar 1974 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Gesamthochschule Kassel (im folgenden: GhK) angestellt. Die Parteien vereinbarten im Arbeitsvertrag die Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrags; zuletzt war der Kläger in VergGr. I b eingruppiert und erzielte einen monatlichen Bruttoverdienst von etwa 8.800,00 DM.

Als Mitglied der Arbeitsgruppe von Prof. M übernahm er zu Beginn des Arbeitsverhältnisses den Aufbau einer Primatenstation, wobei er die in seiner früheren Wirkungsstätte (Universität) vorhandenen Halbaffen mitbrachte. Nach einer Tätigkeitsbeschreibung von 1980 wurde ihm die stellvertretende Leitung aller Versuche an lebenden Tieren sowie die selbständige Durchführung, Planung und Leitung aller primatenethologischen Versuchsvorhaben, die Vorbereitung eigenverantwortlicher Lehrveranstaltungen und die Mitarbeit an sonstigen Lehrveranstaltungen übertragen. Ab 1978 wurden die Anschaffungs- und Futterkosten für die Affen und Halbaffen (im weiteren: Affen) im wesentlichen aus Drittmitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft bestritten, die der Kläger geworben hatte; der Kläger will auch selbst aus Eigenmitteln zu den Futterkosten beigesteuert haben. Im Jahre 1983 habilitierte er sich, 1990 wurde er zum außerplanmäßigen Professor ernannt. Schon seit 1981 führte die Zahl der von ihm gehaltenen Tiere zu Interventionen des Hessischen Kultusministers und des Ständigen Ausschusses III der GhK. 1984 wurde ein Tierhausneubau fertiggestellt, der für die Haltung von 181 Affen – neben anderen kleineren Tieren – ausgelegt war. Am Ende des Jahres 1989 belief sich der Primatenbestand dort auf 387 und Ende 1990 auf 360 Tiere.

Im Jahre 1993 veräußerte der Kläger mehrere Affen, woraufhin die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kassel gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Bundesnaturschutzgesetz und der Untreue einleitete. Dieses wurde mit Abschlußverfügung vom 1. Dezember 1994 gem. § 153 Abs. 1 Satz 1 StPO mit Zustimmung des Gerichts eingestellt. Das Ermittlungsverfahren beruhte auf Strafanzeigen des Bundes gegen den Mißbrauch von Tieren, der im Frühjahr 1994 eine öffentliche Kampagne gegen die Tierhaltung an der GhK und die Verkäufe durch den Kläger geführt hatte.

Mit Beschluß des Fachbereichsrats vom 1. Juni 1994 wurde dem Kläger untersagt, Primaten aus dem Tierhaus in sein Privathaus in E zu verbringen und umgekehrt, was seit 1976 geschehen war. Ferner wurde eine Primatenkommission eingesetzt mit dem Auftrag, ein Konzept zur Verringerung des Bestandes von 307 auf deutlich unter 200 Exemplare zu entwickeln. Unter dem 6. Juli 1994 beschloß der Fachbereichsrat, den Primatenbestand im Affenhaus von 316 auf 186 Individuen aus zwölf Arten zu reduzieren. Damit folgte er im wesentlichen dem Vorschlag des Klägers, den Bestand in zwei Jahren durch Abgabe von 68 Affen und altersbedingten Tod von 62 Tieren auf 186 Primaten zurückzuführen. Daraufhin trat der Dekan des Fachbereichs zurück. Er nahm sein Dekanat jedoch wieder auf, nachdem sich die Hochschulleitung durch ihren Kanzler seinen Reduktionsvorstellungen angeschlossen hatte, wonach die Zahl der Arten auf sechs und die Gesamtzahl der Affen auf 160 nach sechs Monaten bei gleichzeitiger Abgabe der übrigen Tiere begrenzt werden sollten.

Mit Schreiben vom 22. Juli 1994 forderte der Kanzler der GhK den Kläger auf, bis 1. September 1994 ein Konzept zur Reduzierung des Primatenbestandes auf 160 Tiere vorzulegen. Daraufhin machte der Kläger mit Schreiben vom 31. August 1994 Vorschläge zur unentgeltlichen und entgeltlichen Abgabe von 96 Primaten. Auf einen Antrag der SPD-Fraktion berichtete die Hessische Ministerin für Jugend, Familie und Gesundheit am 28. Juli 1994 über die Primatenhaltung an der GhK sowie die wissenschaftlichen Fragestellungen und Methoden, unter denen dort mit Versuchstieren gearbeitet wurde. Am 1. Februar 1995 beschloß der Fachbereichsrat, der Primatenbestand im Affenhaus sei bis zum 1. Juli 1996 auf 176 Exemplare zu verringern; werde diese Vorgabe nicht erfüllt, sei das Tierhaus ganz zu schließen.

Nachdem es im Frühjahr 1995 im Affenhaus zu einer Infektion mehrerer Tiere durch Parasitenbefall gekommen war, richtete die GhK in einer umgebauten Autowaschhalle eine Quarantänestation ein, wohin die infizierten Tiere verbracht wurden. Am Wochenende vom 2./3. September 1995 brach der Kläger aufgrund aus seiner Sicht gegebener schlechter hygienischer Verhältnisse die Quarantänehaltung sämtlicher Primaten ab und setzte sie wieder in das Tierhaus zurück. Am 9. Oktober 1995 erteilte der Hochschulpräsident ihm deshalb eine Abmahnung; der auf Entfernung derselben gerichtete Rechtsstreit blieb erfolglos (Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 20. Juni 1997 – 13 Sa 1229/96 –). Schon unter dem 25. November 1994 war dem Kläger eine Abmahnung wegen verzögerter Angaben bezüglich der verlangten Reduzierung des Affenbestandes erteilt worden, die Gegenstand des vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen – 12 Sa 2122/95 – geführten Prozesses ist; erstinstanzlich obsiegte der Kläger, das Verfahren ruht im zweiten Rechtszug. Nachdem die GhK Mängel der Quarantänestation hatte beheben lassen, forderte sie den Kläger mit Schreiben vom 23. Oktober 1995 auf, die infizierten Primaten in die Quarantänestation zurückzuverbringen. Der durch den Kläger hiergegen angebrachte Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung wurde zurückgewiesen (Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 18. Januar 1996 – 13 Sa Ga 1943/95 –). Die unter anderem dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde des Klägers wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluß vom 15. September 1997 – 1 BvR 406/96 –).

Am 15. Mai 1996 wurden im Affenhaus noch 256 Tiere gezählt, 19 Primaten befanden sich in Quarantäne. Am 8./9. Juni 1996 entnahm der Kläger dem Tierhaus 39 Affen und ließ sie durch die mit ihm zusammenarbeitende Tierärztin K töten. Er verglich jeweils das Körpergewicht der Individuen und das Gewicht einzelner innerer Organe. Die Köpfe wurden präpariert und – ebenso wie eine Reihe entnommener Organe – eingefroren. Das gegen den Kläger und Frau K wegen der Tötung der Tiere auf Anzeigen verschiedener Tierschutzorganisationen hin eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verstoßes gegen § 17 Tierschutzgesetz wurde später seitens der Staatsanwaltschaft Kassel gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Außerdem verbrachte der Kläger zu einem nicht näher bezeichneten Zeitpunkt vor dem 16. Juni 1996 jedenfalls 34 Affen auf sein Privatgrundstück in E , um sie an die an der Tierärztlichen Hochschule Hannover tätige Prof. Dr. Z. abzugeben. Als der Dekan des Fachbereichs bei einer Begehung des Tierhauses in Begleitung des Amtstierarztes am 24. Juni 1996 einen deutlich reduzierten Primatenbestand von 175 Affen und 15 Tieren in Quarantäne feststellte, gab der Kläger an, er habe 39 Primaten zu Forschungszwecken töten lassen. Die weiteren diesbezüglichen Erklärungen des Klägers hinsichtlich der Abgabe von 34 oder 40 Primaten an Frau Dr. Z. an der Tierärztlichen Hochschule Hannover sind teilweise unter den Parteien streitig. Der Kläger will die Zahl 40 nie genannt, vielmehr nur von 34 Tieren gesprochen haben; Frau Dr. Z. habe ihn um die vorübergehende Verwahrung der für sie bestimmten Tiere gebeten; auch habe der Amtstierarzt darum gewußt, daß sich die Tiere in E befunden hätten.

Der Dekan berichtete dem Kanzler noch am selben Tage telefonisch von der Begehung; letzterer hörte den Kläger am 26. Juni 1996 an, entzog ihm mit Schreiben vom gleichen Tag die Leitung der Primatenstation und erteilte ihm Hausverbot für das Tierhaus; darüber hinaus forderte er den Kläger zu einer schriftlichen Äußerung bis zum Ablauf des Folgetages auf. Noch am 26. Juni 1996 gab die GhK eine Presseerklärung heraus, die allerdings auf Kritik des Amtstierarztes hin teilweise richtiggestellt werden mußte. Der Fachbereichsrat stellte anläßlich einer gleichfalls noch am 26. Juni 1996 abgehaltenen Sitzung zum Tagesordnungspunkt „Affenhaltung” mehrheitlich fest, die aktuelle Entwicklung, insbesondere die Tötung von Affen, könne mit früheren Beschlüssen des Fachbereichsrats nicht in Zusammenhang gebracht werden.

Am 2. Juli 1996 unterrichtete der Hochschulpräsident den Personalrat darüber, daß er dem Ministerium den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung vorschlagen werde. Er erläuterte im Anhörungsschreiben vom selben Tage die dafür aus seiner Sicht maßgeblichen Gründe und bat, eventuelle Bedenken binnen drei Tagen mitzuteilen. Ergänzend erläuterte der Präsident dem Gremium die Gründe persönlich am 3. Juli 1996, was er in einem handschriftlichen Vermerk auf dem Entwurf des Anhörungsschreibens festgehalten hat. Mit Schreiben vom 5. Juli 1996 nahm der Personalrat im einzelnen zu der Kündigungsabsicht Stellung.

Durch mit dem Briefkopf des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst versehenes und „im Auftrag” durch einen Herrn Dr. S unterzeichnetes Schreiben vom 4. Juli 1996 wurde der Präsident der GhK ermächtigt, erforderlichenfalls eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers im Auftrag Herrn Dr. S s auszusprechen. Daraufhin erklärte der Hochschulpräsident mit Schreiben vom 5. Juli 1996, das dem Kläger am 8. Juli 1996 zusammen mit der Telefaxkopie einer „im Auftrag und in Vollmacht” für das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst durch Herrn Dr. Sauer unterschriebenen Vollmacht übergeben wurde, die streitige außerordentliche Kündigung.

Mit seiner Klage hat der Kläger zunächst geltend gemacht, die Kündigung sei schon formell unwirksam: Die Kündigungsbefugnis des Dr. S werde bestritten. Ferner sei die der Kündigung beigefügte Telefaxkopie der von Dr. S erteilten Vollmacht nicht ausreichend, um dieselbe nachzuweisen, zumal die Kopie das Datum bereits des 4. Juli 1996 trage und der Personalrat zu diesem Zeitpunkt noch keine Stellungnahme abgegeben gehabt habe. Außerdem scheitere die Kündigung bereits an der nicht ordnungsgemäßen Beteiligung des Personalrats, insbesondere sei der Personalrat unzutreffend im Hinblick auf ein strafbares Verhalten des Klägers informiert worden. Da schließlich auch eine wirksame Abmahnung fehle, sei die außerordentliche Kündigung unangemessen. Das – wie der Kläger behauptet hat – seit langem geplante, nicht in Zusammenhang mit der Abgabe von Tieren stehende und mit Frau K abgesprochene Forschungsvorhaben eines Vergleichs des Körpergewichts des jeweiligen Tieres mit dem Gewicht bestimmter innerer Organe sei von seiner verfassungsrechtlich geschützten Forschungsfreiheit gedeckt. Die Fragestellung sei für die Bestimmung krankhafter Veränderungen von Organen und in ökologischer Hinsicht relevant. Der Kläger meint, er genieße Forschungsfreiheit, weil er dem materiellen Hochschullehrerbegriff unterfalle. Indem er aus Eigenmitteln zu den Futterkosten beigetragen habe, habe ihm das alleinige Verfügungsrecht an den Tieren zugestanden. Die Tötung der Primaten habe somit weder mit seinem Fachvorgesetzten, Prof. Dr. M, noch mit der Hochschulleitung abgesprochen werden müssen. Da er Arbeitnehmer des Landes sei, müsse nicht notwendig ein Vertrauensverhältnis zu der Hochschulleitung bestehen. Der Hochschule, die die getöteten Tiere kostenlos habe abgeben wollen, sei zudem kein Schaden entstanden. Die seit langem geplante Abgabe an Frau Dr. Z. sei seitens der Universität gebilligt gewesen.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 5. Juli 1996 nicht aufgelöst worden ist,
  2. das beklagte Land zu verurteilen, ihn, den Kläger, zu den bisherigen Bedingungen weiterzubeschäftigen.

Das beklagte Land hat zu seinem Klageabweisungsantrag vorgetragen, die Tötung der Tiere habe nur der Bestandsverringerung gedient. Daß die Maßnahme seit langem geplant gewesen sei, sei unglaubhaft, weil sie außerhalb der bisherigen Forschungstätigkeit des Klägers, die auf das Sozialverhalten der Affen ausgerichtet gewesen sei, gelegen habe und ein herausragendes Erkenntnisinteresse nicht ersehen lasse. Mithin habe der Kläger jedenfalls seine mangels materiell-rechtlicher Hochschullehrerstellung schon nicht gegebene Wissenschaftsfreiheit überschritten und mutwillig Hochschuleigentum vernichtet. Angesichts des beträchtlichen Interesses und Drucks der durch großen Medienaufwand sensibilisierten Öffentlichkeit, die die Tierhaltung im Affenhaus beobachtet habe, habe der Kläger die Tötung sowohl mit seinem Fach- als auch mit seinem Dienstvorgesetzten abstimmen müssen. Indem er darüber hinaus eine erhebliche Anzahl von Tieren in seine private Haltung in E verbracht habe, habe er gegen den Fachbereichsratsbeschluß vom Juni 1994 und ein ihm von der Hochschulleitung erteiltes entsprechendes Verbot verstoßen. Durch seine wiederholten unkooperativen Handlungen sei das Vertrauensverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Fach- sowie seinem Dienstvorgesetzten zerstört.

Des Nachweises der Vollmacht durch eine Vollmachtsurkunde bedürfe es dann nicht, wenn – wie hier – der Hochschulpräsident und damit der Leiter einer Dienststelle kündige. Diese Konstellation sei entsprechend derjenigen bei einer Kündigung durch einen Personalleiter zu behandeln. Jedenfalls habe der Kläger die Kündigung trotz der aus seiner Sicht mangelnden Vollmachtsurkunde nicht unverzüglich zurückgewiesen.

Das Arbeitsgericht hat nach den Klageanträgen erkannt. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht nach Vernehmung von Prof. Dr. M die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist begründet; sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung, wobei der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht hat.

A. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung kurz zusammengefaßt wie folgt begründet: Die Kündigung sei durch einen wichtigen Grund i.S.v. § 54 Abs. 1 BAT gerechtfertigt, wobei das Lösungsinteresse des beklagten Landes überwiege. Die überaus eigenmächtige, ungerechtfertigte und vertragsverletzende Vorgehensweise des Klägers habe die Vertrauensbasis zur Hochschulleitung so nachhaltig erschüttert, daß es dem Land nicht zugemutet werden könne, bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden an dem Anstellungsverhältnis festzuhalten. Obwohl ihn kein Vorwurf strafbaren Verhaltens nach dem Tierschutzgesetz treffe, habe er durch die Tötung der 39 Tiere widerrechtlich sowohl in den Besitz als auch das Eigentum des beklagten Landes eingegriffen wie auch gegen seine vertragliche Informationspflicht verstoßen. Auch mit der Überführung der Primaten auf sein Privatgrundstück entgegen dem Fachbereichsratsbeschluß vom 1. Juni 1994 habe er gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen. Daß dem Kläger sein weisungswidriges Verhalten bewußt gewesen sei, zeige seine ursprüngliche Lüge, er habe 40 Affen an die Tierärztliche Hochschule Hannover abgegeben.

B. Dem folgt der Senat nur in Teilen der Begründung. Die Revision rügt mit Recht, daß die Würdigung der wechselseitigen Interessen im Rahmen der Beurteilung der fristlosen Kündigung nach dem hier einschlägigen § 54 BAT nicht ausreichend ist, weil verschiedene wesentliche Gesichtspunkte nicht berücksichtigt worden sind (nachfolgend zu II). Dagegen leidet die Kündigung entgegen der Auffassung der Revision nicht an formellen Mängeln (nachfolgend zu I 1 bis 3).

I.1. Die in den Tatsacheninstanzen gerügte Vertretungsbefugnis des Dr. S für das zuständige Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst ergibt sich aus der im Staatsanzeiger für das Land Hessen Nr. 13/1988 (S. 716) dokumentierten Generalvollmacht, speziell aus der dort formulierten Regelung unter Ziff. 3 (… Vertretungsbefugnis … insbesondere von …). Nach Hinweis des Senats anläßlich der mündlichen Verhandlung ist das unter den Parteien ersichtlich streitlos. Die Kündigungsbefugnis hat Dr. S wirksam auf den Präsidenten der GhK übertragen.

2. Auf eine fehlerhafte Vorlage einer Vollmacht bei der Kündigung kann sich der Kläger nicht berufen.

Es kann hierbei offen bleiben, ob schon die Übermittlung der Vollmachtsurkunde per Telefaxkopie genügt, um den Nachweis der Vollmacht zu erbringen (ablehnend LAG Düsseldorf Urteile vom 12. Dezember 1994 – 12 Sa 1574/94 – BB 1995, 731 und vom 22. Februar 1995 – 4 Sa 1817/94 – LAGE § 174 BGB Nr. 7, zu II c der Gründe; bejahend für die allerdings anders geartete Problematik der Fotokopie einer Abtretungsurkunde im Rahmen des § 410 BGB BAG Urteil vom 27. Juni 1968 – 5 AZR 312/67 – AP Nr. 3 zu § 398 BGB; vgl. auch die bei KR-Friedrich, 5. Aufl., § 13 KSchG Rz 284 angegebenen Nachweise).

Denn der Mangel der Vollmacht ist vom Kläger nicht unverzüglich durch Zurückweisung der Kündigung gem. § 174 Satz 1 BGB gerügt worden. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, das hierzu nicht Stellung genommen hat, sind insoweit für den Senat ausreichend, zumal kein weiterer Sachvortrag zu erwarten ist. Das Berufungsurteil hat auf die der Kündigung beigefügte Telefaxkopie im Tatbestand seines Urteils (Seite 15) verwiesen, der Zeitpunkt der Zurückweisung ergibt sich über die allgemeine Bezugnahmeklausel am Ende des Tatbestandes in Verbindung mit unbestrittenem Vortrag des beklagten Landes.

Die Zurückweisung ist erst mit dem Schriftsatz des Klägers vom 24. Juli 1996, der am selben Tage bei Gericht eingegangen und dem beklagten Land im Gütetermin vom 30. Juli 1996 ausgehändigt worden ist, erfolgt. Damit ist sie nicht unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern i.S. des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB erfolgt. Zu Recht wird in der Instanzrechtsprechung aus Gründen der Rechtssicherheit die Auffassung vertreten, eine unverzügliche Zurückweisung liege nicht mehr vor, wenn eine Frist von 14 Tagen überschritten sei (LAG Düsseldorf Urteil vom 22. Februar 1995, aaO) oder wenn die Zurückweisung erst in einer zwar fristgerecht erhobenen Kündigungsschutzklage erklärt, diese dem Kündigenden aber erst nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG zugestellt werde (LAG Köln Urteil vom 20. Februar 1997 – 10 Sa 1027/96 – LAGE § 174 BGB Nr. 10, zu 1 der Gründe; vgl. auch die weiteren Nachweise bei KR-Friedrich, aaO, § 13 KSchG Rz 285). Um so eher ist dies anzunehmen, wenn die Kündigung – wie hier – wegen der aus Sicht des Klägers unzureichenden Vollmachtsurkunde nicht schon in der Klageschrift, sondern in einem weiteren Schriftsatz zurückgewiesen wird, der den Arbeitgeber erst am Tage nach Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist erreicht. Wie der Umstand belegt, daß die Klage bereits am 9. Juli 1996 – also am Tage nach Zugang der Kündigung – eingereicht worden ist, war es dem Kläger sehr viel früher möglich, Überlegungen anzustellen und rechtskundigen Rat einzuholen (grundlegend Senatsurteil vom 30. Mai 1978 – 2 AZR 633/76 – AP Nr. 2 zu § 174 BGB, zu II 2 a der Gründe). Eine unverschuldete Fristüberschreitung ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

3. Die außerordentliche Kündigung scheitert schließlich auch nicht infolge einer fehlerhaften Personalratsanhörung. Nach § 77 Abs. 4 HPVG ist der Personalrat vor fristlosen Entlassungen und außerordentlichen Kündigungen anzuhören, der Dienststellenleiter hat die beabsichtigte Maßnahme zu begründen. Hat der Personalrat Bedenken, hat er sie dem Dienststellenleiter unter Angabe der Gründe unverzüglich spätestens innerhalb von drei Arbeitstagen schriftlich mitzuteilen. § 66 Abs. 2 HPVG ordnet die Unwirksamkeit einer durch den Arbeitgeber ohne Beteiligung der Personalvertretung ausgesprochenen Kündigung an.

a) Der Kläger hat eine ordnungsgemäße Personalratsanhörung während des gesamten Rechtsstreits bestritten, ohne daß das Berufungsgericht sich hierzu äußert. Bereits in der Klageschrift hat er die Auffassung vertreten, die Kündigung sei nichtig, weil die dreitägige Frist zur Stellungnahme nicht eingehalten sei, auch zeige das Kündigungsschreiben, daß der Personalrat insbesondere über die Kündigungsgründe fehlerhaft und unvollständig informiert worden sei. Diese Rüge wurde in der Berufungserwiderung aufrechterhalten und mit der Revision wiederholt: Dem Personalrat gegenüber sei der Eindruck erweckt worden, dem Kläger solle aus Anlaß „strafbaren Verhaltens” gekündigt werden.

Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, insbesondere unter Bezugnahme auf das vorgelegte Urkundenmaterial, lassen insoweit eine abschließende Entscheidung des Senats zu.

b) Es erscheint allerdings bereits fraglich, ob der Personalrat angesichts der Stellung des Klägers als außerplanmäßiger Professor überhaupt zu beteiligen war. Wie sich aus § 97 HPVG ergibt, findet das Gesetz keine Anwendung auf Professoren und Hochschuldozenten an einer Hochschule des Landes.

Unter den Parteien ist umstritten, ob der Kläger als Professor im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist. Nach dem Wortlaut der Bestimmung kann daran an sich kein Zweifel bestehen, da der Kläger nach der Habilitierung 1983 im Jahre 1990 zum außerplanmäßigen Professor ernannt worden ist, nachdem ihm schon 1980 laut Arbeitsplatzbeschreibung die Vorbereitung eigenverantwortlicher Lehrveranstaltungen und diese selbst („Einführung in die Ethologie” und „Einführung in die Primatologie”) neben der stellvertretenden Leitung aller Versuche an lebenden Tieren sowie die selbständige Durchführung, Planung und Leitung aller primatenethologischer Versuchsvorhaben oblag und er diese Tätigkeiten auch über lange Jahre praktizierte. So ist auch das Berufungsgericht – allerdings im Zusammenhang mit der Überprüfung der Forschungsfreiheit – im Anschluß an die Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs in Sachen des Klägers (Beschluß vom 30. Mai 1997 – 6 Tg 1447/97 – ZTR 1997, 528) davon ausgegangen, daß der Kläger als überwiegend mit der selbständigen Vertretung eines wissenschaftlichen Faches in Forschung und Lehre betrauter außerplanmäßiger Professor zur Gruppe der Professoren im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 des Hessischen Universitätsgesetzes in der Fassung vom 28. März 1995 (HUG) gehört (vgl. dazu auch Hess. VGH vom 29. Februar 1996 – 6 UE 320/95 – NVwZ-RR 1997, 170). Auf dieser Linie dürfte auch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 1995 (– 6 C 7/94 – BVerwGE 100, 160 = NVwZ 1996, 1213) liegen, wonach es allerdings nicht auf den dienstrechtlichen Status und folglich auch nicht auf die dienstrechtliche Betrauung des betreffenden Hochschulbediensteten, sondern maßgeblich auf die von ihm tatsächlich wahrgenommenen Professorenaufgaben ankommt, was der Kläger für sich reklamiert.

Die Entstehungsgeschichte des § 97 HPVG belegt schließlich auch, daß die Vorschrift eher weit auszulegen ist; während noch die Fassung des HPVG von 1960 in § 81 Abs. 1 eine Unterscheidung zwischen den einzelnen Arten von Professoren traf („ordentliche und außerordentliche Professoren, Dozenten mit Dienstbezügen und Lehrbeauftragte an den wissenschaftlichen Hochschulen”) und diesen Kreis von der Geltung des HPVG ausnahm, wurden durch die Gesetzesänderung von 1992 (vgl. LT-Drucks. 13/862 vom 5. November 1991, S. 11) in § 97 generell Professoren und Hochschuldozenten von der Geltung des Gesetzes ausgenommen. So wird auch in der einschlägigen Literatur (vgl. Maneck/Schirrmacher, Hess. Bedienstetenrecht, § 97 HPVG Rz 16 und 19) die Auffassung vertreten, das Gesetz finde auf außerplanmäßige Professoren und Honorarprofessoren keine Anwendung, da der Professorenbegriff im umfassenden hochschulrechtlichen Sinne verwendet werde. So erwähnt zum Beispiel das Hochschulrahmengesetz in § 36 Abs. 3 ausdrücklich den außerplanmäßigen Professor, ebenso § 5 sowie § 42 Abs. 5 HUG (vgl. zur Begrifflichkeit u.a. Hillmann, Verwaltungsarchiv, 79. Band/1988, S. 369, 376 f.).

Da nach der Information der Parteien gegenüber dem Senat die korporationsrechtliche Frage der Zuordnung des Klägers zur Gruppe der Professoren beim Verwaltungsgericht Kassel anhängig ist, sieht der Senat jedoch davon ab, entscheidend auf § 97 Abs. 1 HPVG abzustellen.

c) Denn die Kündigung leidet, auch wenn man von der Geltung des HPVG im Falle des Klägers ausgeht, nicht an einem personalvertretungsrechtlichen Mangel. Die diesbezüglichen Rügen des Klägers greifen nicht durch.

aa) Die Einleitung des Anhörungsverfahrens nach §§ 77 Abs. 4, 66 HPVG durch den Präsidenten der GhK wird durch § 83 Abs. 1 Satz 1 HPVG gedeckt. Auch wenn der Präsident selbst zur Kündigung des nach VergGr. I b BAT eingruppierten Klägers am 2. Juli 1996 (noch) nicht befugt war – die Befugnis des Präsidenten reichte insoweit nur zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen mit Angestellten bis zur VergGr. II a BAT (Staatsanzeiger für das Land Hessen 1992, S. 1657) –, regelt doch diese Bestimmung, daß der Leiter einer Dienststelle, der der Beschäftigte angehört, das Beteiligungsverfahren einleitet. Das war für den Kläger der Präsident der GhK. Im übrigen war noch vor Beendigung des Anhörungsverfahrens, nämlich am 4. Juli 1996 dem Präsidenten der GhK durch den Hessischen Minister für Wissenschaft und Kunst die Vollmacht zur Kündigung des Klägers erteilt worden, ohne daß schließlich der Personalrat die Einleitung des Verfahrens durch den Präsidenten der GhK gerügt hätte (vgl. dazu Senatsurteile vom 29. Oktober 1998 – 2 AZR 61/98 – und 25. Februar 1998 – 2 AZR 226/97 – beide zur Veröffentlichung vorgesehen). Der Personalrat nahm vielmehr am 5. Juli 1996 gegenüber dem Präsidenten ohne eine solche Rüge abschließend – dies ist schon dem Betreff und dem gesamten Inhalt des Schreibens zu entnehmen – zur Sache Stellung.

Der Kläger hat seinerseits auch nicht geltend gemacht, mit den mündlichen Erläuterungen des Präsidenten gegenüber dem Personalrat am 3. Juli 1996 sei etwa eine neue Anhörungsfrist von drei Tagen (§ 77 Abs. 4 Satz 3 HPVG) in Gang gesetzt worden. Die bloße Erläuterung bereits mitgeteilter Kündigungsgründe setzt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urteile vom 18. Dezember 1980 – 2 AZR 1006/78 – BAGE 34, 309 = AP Nr. 22 zu § 102 BetrVG 1972 und vom 11. April 1985 – 2 AZR 239/84 – BAGE 49, 39 = AP Nr. 39, aaO) keine neue Anhörungsfrist in Lauf. Ersichtlich hat das vorliegend auch der Personalrat nicht anders verstanden, wenn er am letzten Tag der Drei-Tagesfrist abschließend, nämlich ablehnend zur Sache Stellung genommen hat.

bb) Der hauptsächliche Einwand der Revision, das beklagte Land habe den Personalrat hinsichtlich eines strafbaren Verhaltens des Klägers falsch informiert, greift nicht durch. Im Anhörungsschreiben ist neben der Darstellung der die Kündigung auslösenden Gründe (Tötungsaktion sowie unerlaubter Tiertransfer) davon die Rede, es dränge sich der Verdacht auf, daß die Tötung der Tiere erfolgte, um die geforderte Reduktion zu erreichen, was keinen vernünftigen Grund im Sinne des § 17 Tierschutzgesetz darstelle. Damit ist dem Personalrat nicht bewußt ein falscher Sachverhalt unterbreitet worden, was nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. u.a. Senatsurteil vom 31. August 1989 – 2 AZR 453/88 – BAGE 78, 39, 46 f. = AP Nr. 1 zu § 77 LPVG Schleswig-Holstein) unter Umständen zur Unwirksamkeit der Personalratsanhörung führt. Vielmehr wird diese Darstellung durch die sog. subjektive Determination der Kündigungsgründe, also die Mitteilung der aus Sicht des Arbeitgebers tragenden Umstände für die Kündigung (siehe dazu u.a. BAG Urteil vom 22. September 1994 – 2 AZR 31/94 – AP Nr. 68 zu § 102 BetrVG 1972, zu II 2 der Gründe, m.w.N.), gedeckt. Das beklagte Land hat ausweislich des Anhörungsschreibens unter Hinweis auf ein Anwaltsschreiben des Klägers dem Personalrat mitgeteilt, daß sich die Tötungsaktion aus der Sicht des Klägers anders darstelle, nämlich als Forschungsvorhaben zur Prüfung der Beziehungen zwischen Körper- und Organgewicht der Tiere. Bei dieser Sachlage kann von einer bewußten Fehlinformation des Personalrats nicht die Rede sein: Das beklagte Land durfte aus seiner Sicht davon ausgehen, bei der vom Kläger angegebenen Motivation handele es sich nur um einen vorgeschützten Grund; dem steht die Tatsache nicht entgegen, daß die Staatsanwaltschaft das eingeleitete Verfahren wegen eines Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt hat, weil sie die Einlassung des Klägers lediglich als nicht widerlegt angesehen hat.

II. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Wirksamkeit der Kündigung des beklagten Landes nach den §§ 55 Abs. 1, 54 Abs. 1 BAT zu beurteilen ist. Da zur Zeit der Kündigung die Voraussetzungen der sog. Unkündbarkeit (§ 53 Abs. 3 BAT) vorlagen, konnte dem Kläger nur noch aus in seiner Person oder in seinem Verhalten liegenden wichtigen Gründen gekündigt werden (§ 55 Abs. 1 BAT).

1. Der in §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 BAT und inhaltsgleich in § 626 Abs. 1 BGB verwandte Rechtsbegriff des wichtigen Grundes ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Seine Anwendung durch die Tatsachengerichte kann im Revisionsverfahren nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter diese Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat und ob es alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände, die für oder gegen die außerordentliche Kündigung sprechen, widerspruchsfrei beachtet hat (ständige Rechtsprechung, u.a. Senatsurteile vom 31. Januar 1996 – 2 AZR 158/95 – BAGE 82, 124, 133 f. = AP Nr. 13 zu § 626 BGB Druckkündigung, zu II 4 der Gründe und vom 17. Juni 1998 – 2 AZR 599/97 – n.v., unter II 2 b der Gründe). Dieser eingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle hält das angegriffene Urteil insoweit stand, als das Verhalten des Klägers an sich einen wichtigen Grund zur Kündigung darstellen kann. Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Interessenabwägung ist jedoch fehlerhaft, so daß das Berufungsurteil keinen Bestand haben kann.

a) Dabei kann nach Auffassung des Senats dahinstehen, ob die getöteten 39 Tiere im (Mit)Eigentum und Mit(Besitz) des beklagten Landes standen. Unerheblich ist ferner, ob die Tötungen gegen § 17 Nr. 1 Tierschutzgesetz verstießen; auf die strafrechtliche Würdigung kommt es nicht entscheidend an (Senatsurteil vom 20. August 1997 – 2 AZR 620/96 – AP Nr. 27 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung, zu II 1 c der Gründe). Denn der Kläger verstieß mit den Tötungen, die er ohne Rücksprache mit seinem Fachvorgesetzten Prof. Dr. M oder der Hochschulleitung anordnete, in schwerwiegender Weise gegen die ihm obliegenden arbeitsvertraglichen Nebenpflichten, seinen Arbeitgeber über sein Handeln zu unterrichten und Schaden von ihm abzuwenden. Schon die Tötungsaktion vom 8./9. Juni 1996 ist an sich objektiv geeignet, einen wichtigen Grund im Sinne des § 54 Abs. 1 BAT zu bilden. Die Vorgeschichte der Tötungen, die im Frühjahr 1994 begonnen hatte und in deren Verlauf es neben anderem zu einer Strafanzeige des Bundes gegen den Mißbrauch von Tieren gegen den Kläger, zu einer öffentlichen Auseinandersetzung in den Medien und nicht zuletzt schon im Juli 1994 zu einem Bericht der zuständigen Ministerin vor dem Landtag kam, hatte die Verhältnisse im Tierhaus in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Für diese standen die Tiere in der Obhut der Hochschule, ohne daß die juristische Zuordnung der Rechte für die öffentliche Meinung eine Rolle gespielt hätte. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, war die Affenhaltung im GhK-Tierhaus in keiner Weise „Privatangelegenheit” des Klägers. Dessen mußte sich der Kläger insbesondere im Hinblick auf die langwierige Auseinandersetzung zwischen ihm, dem Fachbereichsrat und dem Dekan um die gebotene Art und Weise der Verringerung der Primatenzahl bewußt sein. Das Berufungsgericht hat für den Senat gemäß § 561 ZPO – insoweit ohne Rüge der Revision – festgestellt, daß der Zeuge Prof. Dr. M als Leiter der Arbeitsgruppe, der der Kläger angehörte, zwar bekundet habe, er habe dem Kläger in Sachen Primatenhaltung „freie Hand” gelassen, er habe aber auch klipp und klar erklärt, daß er die Tötung der 39 Affen nicht toleriert hätte, wenn der Kläger ihn vorher informiert hätte. Die Handlungsweise des Klägers steht im übrigen in einem auffallenden Gegensatz zu seiner Behauptung in der Klageschrift, Prof. Dr. M sei als sein vorrangiger Ansprechpartner „ständig über die Tierversuche auf dem laufenden gehalten” worden. Die Tötungsaktion fiel daher – zumindest in diesem Umfang – völlig aus dem Rahmen. Der Kläger mußte mithin einkalkulieren, daß die Tötungen von der Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen und nicht unkommentiert bleiben würden. Daß der Kläger sich dessen auch selbst bewußt war, ist seinem Schreiben vom 4. September 1995 an den Kanzler der GhK zu entnehmen, in dem er im Zusammenhang mit der nach seiner Ansicht unhygienischen Quarantänehaltung selbst die „kritische Öffentlichkeit” anspricht. Damit geriet der wissenschaftliche Ruf der Universität, auf den sie als Ausbildungsstätte in besonderem Maße angewiesen war, erheblich in Gefahr. Um einen wichtigen Grund bejahen zu können, bedarf es keiner bereits eingetretenen Beeinträchtigung, vielmehr genügen die genannten schwerwiegenden und konkreten Gefahren, die mit den Tötungen wegen der vorangegangenen Geschehnisse einhergingen. Das Vertrauen des beklagten Landes in die Loyalität des Klägers war damit erheblich gestört. Der Kläger wäre deshalb gehalten gewesen, die Hochschulleitung – zumindest den Fachgruppenleiter – von den Tötungen zu unterrichten und deren Einverständnis abzuwarten. Darüber hat sich der Kläger durch sein, selbst dem Fachgruppenleiter verborgen gebliebenes, Verhalten hinweggesetzt.

Obwohl das Berufungsgericht den Kündigungsgrund in erster Linie in der Eigentums- und Besitzverletzung gesehen hat, nimmt der Senat keinen dem Arbeitgeber und der tatrichterlichen Würdigung vorbehaltenen Austausch des Kündigungssachverhalts vor. Der Tötungssachverhalt ist unverändert, es wird lediglich das Gewicht der rechtlichen Bewertung geringfügig verschoben, wie dies im übrigen auch schon vom Arbeitsgericht gesehen wurde. Der eigenmächtige Verstoß des Klägers gegen die Unterrichtungs- und Schadensabwendungspflicht wurde von dem beklagten Land im Kündigungsschreibens eingehend zum Ausdruck gebracht und war dem Personalrat zuvor mitgeteilt worden (vgl. Anhörungsschreiben vom 2. Juli 1996). Das Landesarbeitsgericht hat diese Pflichtverletzung auch ausdrücklich als solche gewürdigt, wie seine Ausführungen (S. 21, 28 des Berufungsurteils) deutlich zeigen. Der Senat überschreitet damit seinen revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstab nicht, wenn er die Eigentums- und Besitzfrage, weil es darauf nicht ankommt, auf unveränderter tatsächlicher Grundlage offenläßt. Der Senat hat allerdings keinen Zweifel, daß die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Besitzstörung, die in Übereinstimmung mit der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 27. September 1990 – I ZR 244/88 – BGHZ 112, 243 f.) stehen, rechtlich zutreffend sind.

b) Das Verhalten des Klägers ist auch nicht grundrechtlich geschützt.

Dabei kann mit dem Landesarbeitsgericht davon ausgegangen werden, daß der Kläger grundsätzlich Forschungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG genießt, obgleich ihn sein Arbeitsvertrag als wissenschaftlichen Mitarbeiter ausweist. Hochschullehrer im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist unabhängig von der Abgrenzung der beamtenrechtlichen Vorschriften der akademische Forscher und Lehrer, der aufgrund einer Habilitation oder eines sonstigen Qualifikationsnachweises mit der selbständigen Vertretung eines wissenschaftlichen Fachs in Forschung und Lehre betraut ist (BVerfG Urteil vom 29. Mai 1973 – 1 BvR 424/71 und 325/72 – BVerfGE 35, 79, 126 f.; BVerfG Beschluß vom 1. März 1978 – 1 BvR 333/75 und 174, 178, 191/71 – BVerfGE 47, 327, 388; BVerfG Beschluß vom 11. Februar 1981 – 1 BvR 303/78 – BVerfGE 56, 192, 208). Der habilitierte Kläger, dem der Titel „außerordentlicher Professor” verliehen war, besitzt die Qualifikation eines Hochschullehrers und nahm, wie oben (zu B I 3 b) bereits angedeutet wurde, in seinem tatsächlich ausgeübten Tätigkeitsfeld an der GhK durch selbständige Forschung und Lehre auch Professorenaufgaben wahr. Er war in den akademischen Betrieb seines Fachbereichs insofern eingegliedert, als er Vorlesungen innerhalb seines Fachgebiets Ethologie hielt und in der Themenwahl seiner Lehrveranstaltungen im Rahmen des geltenden Lehrplans frei war. Er trieb auch selbständig Forschung, wie sich mittelbar an der langjährigen Drittmittelförderung seiner Projekte durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft und seiner umfänglichen Veröffentlichungsliste ersehen läßt. Schließlich nahm er am akademischen Prüfungswesen teil, indem er Diplomanden und Doktoranden betreute (vgl. zu den Kriterien im einzelnen BVerfGE 56, 192, 208 f.).

Wenngleich das in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG enthaltene Freiheitsrecht als Abwehrrecht die wissenschaftliche Betätigung gegen staatliche Eingriffe schützt und jedem zusteht, der wissenschaftlich tätig ist oder werden will (BVerfGE 35, 79, 112), und der Schutz der individuellen Wissenschaftsfreiheit auch die Universitäten verpflichtet (Maunz/Dürig/Scholz, GG, Stand Juni 1998, Art. 5 Abs. 3 Anm. 118), unterfallen die Tötungen unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles in dieser Zahl nicht dem Begriff der Forschung. Forschung meint die geistige Tätigkeit mit dem Ziel, in methodischer, systematischer und nachprüfbarer Weise neue Erkenntnisse zu gewinnen (BVerfGE 35, 79, 113) und bildet zusammen mit dem Begriff der Lehre den Oberbegriff der Wissenschaft, der alles umfaßt, was nach Inhalt und Form als ernsthafter Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist (BVerfGE 35, 79, 113). Das Berufungsgericht hat indessen die streitige Behauptung des Landes für wahr erachtet, dem Kläger sei es mit den Tötungen primär darum gegangen, die Zahl der Tiere zu reduzieren, um die Schließung des Tierhauses zu verhindern. Das räumt der Kläger bis zu einem gewissen Grade selbst ein, wenn er im Schriftsatz vom 8. August 1997 im Parallelverfahren beim Hessischen Landesarbeitsgericht – 12 Sa 529/97 – ausführen ließ, neben der Forschung auch die Auflage des Fachbereichsrats erfüllt zu haben. Obwohl die Freiheit der Forschung insbesondere die Fragestellung und Grundsätze der Methodik sowie die Bewertung des Forschungsergebnisses umfaßt (BVerfGE 35, 79, 113), steht auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts daher fest, daß das den anatomischen Untersuchungen des Klägers zugrunde liegende Streben vorrangig nicht auf den Versuch ernsthafter und planmäßiger (Maunz/Dürig/Scholz, aaO, Art. 5 Abs. 3 Anm. 91) Erkenntnis zur Ermittlung der Wahrheit gerichtet war, sondern es ihm darum zu tun war, die Sollvorgabe von 176 Primaten zu erfüllen. Mit diesem Ziel war er nicht wissenschaftlich tätig und damit nicht legitimierter Grundrechtsträger. Zumindest mit der gesamten Aktion hat er keine Forschung im verfassungsrechtlichen Sinne ausgeübt (Maunz/Dürig/Scholz, aaO, Art. 5 Abs. 3 Anm. 119), mag er anläßlich der Tötungen auch anatomische Studien vorgenommen haben. Auf den Einwand des beklagten Landes, jedenfalls seit 1985 seien keine Untersuchungen an getöteten Affen mehr durchgeführt worden, hat der Kläger auch nur darauf hingewiesen, noch am 11. Januar 1989 sei ein (genauer: ein einziger) Affe für anatomische Versuchsvorhaben getötet worden. Der Senat geht daher mit dem Berufungsgericht davon aus, daß die Tötungsaktion insgesamt nicht durch die Wissenschaftsfreiheit gedeckt war.

c) Die durch den Kläger veranlaßten Tötungen rechtfertigten weiter nicht nur das mildere Mittel einer Abmahnung. Allerdings ist auch bei Störungen im Vertrauensbereich das Abmahnungserfordernis stets zu prüfen und eine Abmahnung jedenfalls dann vor Ausspruch der Kündigung erforderlich, wenn ein steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers in Rede steht und erwartet werden kann, daß das Vertrauen wiederhergestellt wird (Senatsurteil vom 4. Juni 1997 – 2 AZR 526/96 -BAGE 86, 95, 102 = AP Nr. 137 zu § 626 BGB, zu II 1 d der Gründe). Damit hat der Senat jedoch nur verdeutlicht, daß die früher vorgenommene Differenzierung nach verschiedenen Störbereichen lediglich von eingeschränktem Wert war, und die Prüfung des Abmahnungserfordernisses bei Störungen im Vertrauensbereich den Grundsätzen unterworfen, die für Kündigungen wegen Störungen im Leistungsbereich bereits bislang galten. Da die Handlung des Klägers geeignet war, das Ansehen der Hochschule in hohem Maße zu beeinträchtigen, begründen die Tötungen schwere Nebenpflichtverletzungen. Ihm mußte mit Blick auf die vergangenen Geschehnisse – um nur die Vorgänge in den Medien sowie die außergerichtlichen und gerichtlichen Auseinandersetzungen, die unter anderem in zwei Abmahnungsprozessen bestanden, zu nennen – bewußt sein, daß das beklagte Land diese weitere Eigenmacht nach dem Quarantänebruch im Jahre 1995 nicht hinnehmen würde (vgl. die Senatsurteile vom 31. März 1993 – 2 AZR 492/92 – BAGE 73, 42, 53 = AP Nr. 32 zu § 626 BGB Ausschlußfrist, zu III 2 b der Gründe; vom 26. August 1993 – 2 AZR 154/93 – BAGE 74, 127, 140 = AP Nr. 112 zu § 626 BGB, zu B I 3 a der Gründe).

2. Aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist es ferner, wenn das Landesarbeitsgericht auch den weiteren Kündigungsgrund des Transfers von Tieren auf das Privatgrundstück des Klägers mindestens in der Gesamtbetrachtung mit den Tötungen als wichtigen Grund i.S.v. § 54 Abs. 1 BAT gewertet hat. Ob der Kläger 34 oder 40 Affen überführte, ist dabei ebensowenig ausschlaggebend wie die Frage, ob er zunächst unwahre Angaben über den eigentlichen Adressaten der Tiere machte. Die diesbezüglichen Aufklärungsrügen greifen daher zu kurz. Entscheidend ist vielmehr die feststehende Tatsache, daß er sich trotz der ihm unter dem 9. Oktober 1995 erteilten rechtswirksamen Abmahnung wegen des Quarantänebruchs und damit aufgrund eines parallel gelagerten Sachverhalts bewußt, d.h. beharrlich über den Fachbereichsratsbeschluß vom 1. Juni 1994 hinwegsetzte. Dies hat das Berufungsgericht (Urteil S. 29/30) zutreffend herausgestellt. Es hat außerdem das wechselseitige Vorbringen dahin gewürdigt, der Kläger habe bei seiner Anhörung am 25. Juni 1996 den Kanzler dadurch belogen, daß er die (falsche) Version zunächst beibehielt, die Tiere seien an die Tierärztliche Hochschule (Frau Dr. Z.) abgegeben. Der Kläger vermeidet es mit der Revision, hierzu deutlich Stellung zu nehmen; er will (Revisionsbegründung S. 36) lediglich den Amtsveterinär Dr. R. und den Dekan am 24. Juni 1996 nicht belogen haben. Die übrigen Feststellungen werden nicht in Zweifel gezogen und sind daher für den Senat gemäß § 561 ZPO verbindlich. Der unerlaubte Tiertransfer und die Schutzlüge des Klägers zeigen dabei augenfällig, daß bei Ausspruch der Kündigung die konkrete Gefahr bestand, der Kläger werde sich auch künftig über die Weisungen der Hochschulleitung hinwegsetzen.

Die u.a. in diesem Zusammenhang seitens des Klägers gerügten Tatbestandsmängel sind unbeschadet dessen, ob sie wegen § 554 Abs. 3 Ziff. 3 ZPO überhaupt zu berücksichtigen sind (Prozeßrügen gemäß §§ 286, 320 Abs. 2 Satz 3 ZPO), jedenfalls nicht entscheidungserheblich: Das Datum der Sitzung der ersten Primatenkommission und die Hintergründe ihrer Beschlüsse (A II 2 c auf S. 16 der Revisionsbegründung) haben auf die Würdigung des Landesarbeitsgerichts keinen Einfluß gehabt. Gleiches gilt für die angeblich fehlende Bereitschaft des Klägers zu weitergehenden Konzessionen anläßlich der Sitzungen der Primatenkommission (A II 2 d auf S. 16 f. der Revisionsbegründung), die Höhe der Kosten der Primatenhaltung, die Frage, wen der Kläger im Frühjahr 1995 von dem Parasitenbefall unterrichtete, und die aus Sicht des Klägers dem Sach-, nicht dem Streitstand angehörenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (A II 2 h, i, k bis m auf S. 18 f. der Revisionsbegründung). Das Berufungsgericht hat die fehlende Bereitschaft des Klägers, Weisungen nachzukommen, nicht hieraus, sondern vor allem aus dem Quarantänebruch und der erneuten Überführung der Tiere in seine Privathaltung entgegen dem Fachbereichsratsbeschluß vom 1. Juni 1994 geschlossen. Die Abmahnung vom 25. November 1994, die Gegenstand des Rechtsstreits – 12 Sa 2122/95 – ist, hat das Landesarbeitsgericht ebenfalls nicht zu Lasten des Klägers verwertet, sondern lediglich die rechtskräftig beschiedene vom 9. Oktober 1995 (– 13 Sa 1229/96 –). Bezüglich der erstgenannten Abmahnung vom 25. November 1994 hat es ausdrücklich festgestellt, der anhängige Rechtsstreit ruhe.

3. Die Revision rügt jedoch durchgreifend die nach § 54 Abs. 1 BAT anzustellende Interessenabwägung als unvollständig.

a) Das Berufungsgericht würdigt auf der einen Seite die langjährige Tätigkeit des Klägers für das beklagte Land und stellt auch auf die unbestrittene, weltweite Reputation des Klägers als Ethologe und Primatologe ab. Es merkt dabei u.a. an, die GhK habe sich „ihre” Primatenkolonie als vorzeigbare Besonderheit anscheinend – so die Formulierung des Landesarbeitsgerichts – angelegen sein lassen, wobei die Sorge „mehr oder minder” mitschwang, die Affenzahl könnte überhand nehmen. Hier wird schon nicht deutlich, was die unbestimmten Formulierungen „anscheinend” und „mehr oder minder” besagen sollen. Das ist deshalb von Bedeutung, weil, je länger die GhK sich die Primatenkolonie tatsächlich angelegen sein ließ, die Problematik der Reduktion einer übergroßen Population in einem anderen Licht erscheint. Mit anderen Worten: Wenn die Universität – zumindest in den Anfangsjahren – die vermehrte Affenhaltung lange Zeit geduldet hat, so war ihr auch vermehrt Geduld bei der Rückführung des Bestandes abzuverlangen. In diesem Zusammenhang kommt es in der Tat darauf an, ob nun die Sorge um das Überhandnehmen mehr oder eher minder mitschwang. Dies näher zu würdigen, war Sache des Berufungsgerichts, das an anderer Stelle der Interessenabwägung (S. 33 des Urteils) selbst davon ausgeht, das Arbeitsverhältnis sei weit über 15 Jahre lang „anscheinend” ungetrübt verlaufen. Dabei wird nach der Zurückverweisung Bedacht darauf zu nehmen sein, daß der Kläger es – zumindest nach den bisherigen Feststellungen – nicht allein zu vertreten hat, daß die Abgabebemühungen durch die vorübergehende Quarantänehaltung von parasitenbefallenen Tieren aufgehalten und verzögert wurden. Die Ausführungen des Berufungsgerichts verhalten sich nicht näher dazu, ob und inwiefern dies überhaupt Berücksichtigung gefunden hat. Die möglicherweise einseitige Wertung des Berufungsgerichts, die Besonderheit der Primatenkolonie möge zum deutlich gewordenen Forscherselbstbewußtsein des Klägers beigetragen haben, alle Versuche zur Dezimierung seiner Primatenkolonie „mit Phantasie und Chuzpe, Cleverness und Renitenz in einer Art hinhaltender Verteidigung so gut wie möglich abzuwehren”, hinterläßt den bisher nicht durch objektive Tatsachen belegten Eindruck, daß auch die Notwendigkeit der Quarantänehaltung vom Berufungsgericht möglicherweise unter diesem Blickwinkel eingeordnet worden ist. Das beklagte Land hat jedenfalls selbst nicht behauptet, es habe sich hierbei um eine hinhaltende Verteidigung des Klägers gehandelt.

Soweit das Berufungsgericht dem Kläger u.a. „Renitenz” bei seiner „hinhaltenden Verteidigung” anlastet und auch an anderer Stelle des Urteils (S. 31) schlußfolgert, dem Kläger habe „jegliche” Bereitschaft gefehlt, die Abgabepolitik der Hochschulleitung ernstlich zu unterstützen, steht dazu ferner in einem gewissen Widerspruch, daß das Berufungsgericht auf der anderen Seite (S. 30) annimmt, die Tötungsaktion und der Tiertransfer hätten nach seiner Überzeugung der Sollvorgabe zur Reduktion des Primatenbestandes per 30. Juni 1996 auf 176 Individuen dienen sollen. Auch wenn der Senat insofern mit dem Berufungsgericht davon ausgeht, dies sei mit falschen Mitteln, nämlich unter gravierender Vertragsverletzung, geschehen, so war auf der anderen Seite innerhalb der Interessenabwägung doch zu würdigen, daß der Kläger damit ersichtlich dem Fachbereichsratsbeschluß im Ergebnis genügen wollte. Wenn dies die Art und Weise der Vertragsverletzung auch nicht entschuldigt, läßt es sie doch in einem anderen Licht erscheinen; auch dies wird vom Landesarbeitsgericht nach der Zurückverweisung ergänzend zu würden sein. Was schließlich die vermißte Unterstützung der „Primatenabgabepolitik” angeht, müßte vom Landesarbeitsgericht deutlicher gemacht werden, ob das beklagte Land – wie der Kläger geltend macht – durch bestimmte Auflagen (waren diese sachlich begründet?) es sogar noch erschwert hat, daß es nicht zu einer reibungsloseren Abgabe gekommen ist.

Der Senat hält schließlich die abschließende Würdigung des Berufungsgerichts, „die Persönlichkeit des Klägers, der notwendige Abbau des Primatenbestandes und die Intensität des Streitens der Parteien erforderten … eine klare Entscheidung” in dieser Form nicht für akzeptabel; diese Formulierungen lassen eine unterschwellige Bewertung erkennen, die bisher nicht überzeugend belegt ist.

Die Berücksichtigung der vom Landesarbeitsgericht nicht gewürdigten Umstände könnte die Unwirksamkeit der Kündigung begründen, zumal der Kläger wegen einer tariflichen „Unkündbarkeit” besonderen Schutz verdient. Dem Senat ist es jedoch verwehrt, selbst eine Interessenabwägung vorzunehmen. Diese Würdigung ist vielmehr dem Landesarbeitsgericht vorbehalten.

b) Sollte sich hierbei herausstellen, daß dem beklagten Land wegen der „Unkündbarkeit” (§ 53 Abs. 3 BAT) des Klägers dessen Weiterbeschäftigung bis zum Pensionsalter unzumutbar ist, bei unterstellter Kündbarkeit dagegen nur eine fristgerechte Kündigung zulässig wäre, müßte zur Vermeidung eines Wertungswiderspruchs dem Kläger eine der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist eingeräumt werden (Weiterentwicklung der Rechtsprechung im BAG Urteil vom 14. November 1984 – 7 AZR 474/83 – AP Nr. 83 zu § 626 BGB; vgl. auch BAG Urteil vom 28. März 1985 – 2 AZR 113/84 – BAGE 48, 220 = AP Nr. 86 zu § 626 BGB). Denn es widerspricht dem Sinn und Zweck des tariflichen Alterskündigungsschutzes, dem altersgesicherten Arbeitnehmer eine der fiktiven Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist zu verweigern, wenn einem vergleichbaren Arbeitnehmer ohne gesteigerten Kündigungsschutz bei (theoretisch) gleichem Kündigungssachverhalt – und Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – nur fristgerecht gekündigt werden könnte (so KR-Fischermeier, 5. Aufl., § 626 BGB Rz 305; A. Hueck in Anm. zu AP Nr. 3 zu § 133 b GewO; Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, Bd. I, S. 594 m.w.N. in Anm. 67; Nikisch, Lehrbuch zum Arbeitsrecht, Bd. I, S. 746; Schwerdtner, Festschrift für Kissel, S. 1088 f.; Staudinger/ Neumann, BGB, 12. Aufl., § 626 Rz 111). Dabei geht es nicht darum, eine Kündigungsmöglichkeit bei minder wichtigem Grund zu schaffen (so aber BAG Urteil vom 4. Juni 1964 – 2 AZR 346/63 – BAGE 16, 89 = AP Nr. 3 zu § 133 b GewO), sondern unter Beibehaltung der ständigen Rechtsprechung zum wichtigem Grund im Sinne der einschlägigen Vorschriften den geschilderten Wertungswiderspruch im Interesse des durch Tarifvertrag altersgeschützten Arbeitnehmers lediglich auf der Rechtsfolgenseite aufzulösen.

 

Unterschriften

Etzel, Bitter, Fischermeier, Röder, Mauer

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 11.03.1999 durch Anderl, Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 436253

DB 1999, 1612

NWB 1999, 2430

NVwZ-RR 2000, 38

ARST 1999, 116

ARST 1999, 173

FA 1999, 236

FA 1999, 259

JR 1999, 528

NZA 1999, 818

SAE 2000, 80

ZAP 1999, 610

ZTR 1999, 420

AP, 0

AuA 1999, 478

PersR 1999, 321

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