Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines leitenden Elektromeisters

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Erfüllung der Merkmale der VergGr IV b BAT Fallgruppe 1 Buchstabe c) des Teils II Q der Vergütungsordnung fordern die Tarifvertragsparteien zwingend, daß der Leiter des Instandsetzungsbereiches die Arbeit von mindestens drei Gewerken koordinieren muß, denen jeweils Meister vorstehen. Ob in anderer Weise tätige Meister unterstehen, wie groß ihre Zahl ist und ob ihnen gegenüber Weisungsbefugnis besteht, ist dagegen rechtsunerheblich.

2. Für Angestellte mit in den Buchstaben a) – c) der VergGr IV b BAT Fallgruppe 1 genannten Aufgaben (erste Tarifalternative), bei denen jedoch die Tätigkeitsmerkmale nicht voll erfüllt werden, kommen grundsätzlich die Merkmale der zweiten Tarifalternative für sonstige technische Angestellte mit vergleichbarer Tätigkeit in Betracht. Zur Wahrung der Gleichwertigkeit beider Tarifalternativen ist bei derartigen Fallgestaltungen jedoch erforderlich, daß die Schwierigkeit der Tätigkeit und die Verantwortung des Angestellten die Anforderungen der ersten Tarifalternative entsprechend überschreiten.

 

Leitsatz (redaktionell)

Keine Überprüfung tariflicher Normen im Hinblick auf § 242 BGB

 

Normenkette

BAT 1975 §§ 22-23; BGB § 242

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Urteil vom 31.10.1985; Aktenzeichen 11 Sa 91/85 E)

ArbG Hannover (Urteil vom 02.05.1985; Aktenzeichen 8 Ca 784/84 E)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 31. Oktober 1985 – 11 Sa 91/85 E – aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger steht seit dem 1. Juli 1970 als Elektromeister bei der Medizinischen Hochschule H. in einem Angestelltenverhältnis zum beklagten Land. Ursprünglich war er nur Leiter der Abteilung 2241 (Hochspannung, Rohrpost und Notstromanlagen). Mit Wirkung vom 15. Oktober 1982 wurde ihm zusätzlich die Leitung der Abteilung 2242 (Niederspannung) übertragen. Seitdem sind dem Kläger 29 Arbeitnehmer unterstellt, darunter vier Elektromeister. Diese nehmen in der Abteilung 2241 (Hochspannung) die Funktion von Schaltmeistern wahr.

Der Kläger ist als Handwerksmeister innerhalb des Sachgebietes Elektrotechnik verantwortlich für die Bereiche

  1. Hochspannungsanlagen, Notstromaggregate und besondere Ersatzstromversorgung mit vier unterstellten technischen Angestellten,
  2. Aufzugsanlagen mit vier unterstellten Aufzugsmonteuren,
  3. Rohrpostanlagen mit zwei unterstellten Rohrpostmechanikern und
  4. Niederspannungsanlagen mit 19 unterstellten Elektrikern.

Der Kläger trägt auch die Verantwortung für den Bereich der Hochspannungsanlage mit dem Notstromaggregat und der Ersatzstromanlage sowie für den Bereich der Niederspannungsanlage. Zum Bereich Hochspannung und Niederspannung gehören die gesamten Elektroanlagen in 17 Klinikgebäuden, drei Versorgungsgebäuden, 17 Wohngebäuden und weiteren acht Gebäuden. In diesem Bereich sind rund 800 km Niederspannungs-, Dieselnot-, Batterienot- und Sondernetze eingerichtet. Vorhanden sind etwa 500 Unterverteilungen sowie 70 OP- und Rentenverteilungen. Hinzu kommen 50 Sonderanlagen in Operationsräumen und Intensivstationen. Damit trägt der Kläger die Verantwortung für das reibungslose Funktionieren des gesamten Stromnetzes der Medizinischen Hochschule H., das mit dem Hochspannungsnetz einer Mittelstadt von 50.000 Einwohnern vergleichbar ist. Der Kläger erteilt den unterstellten Elektromeistern und sonstigen Angestellten Weisungen und koordiniert ihre Arbeit. Zuständig ist er auch für die Rohrpost mit etwa 240 Teilnehmern mit Sende- und Empfangsstationen, für die Laborpost und Leichtrohrpost sowie für 100 Aufzüge und deren Funktionsfähigkeit. Vorgesetzte des Klägers sind der Abteilungsleiter sowie der technische Direktor.

Die Parteien haben einzelvertraglich die Geltung des BAT sowie der diesen ändernden und ergänzenden tariflichen Bestimmungen vereinbart. Der Kläger bezieht Vergütung nach VergGr. V b BAT.

Nachdem er diese Forderung vergeblich mit Schreiben vom 6. Februar und 29. Oktober 1984 geltend gemacht hatte, hat der Kläger mit der Klage die Feststellung der Verpflichtung des beklagten Landes begehrt, an ihn ab 6. August 1983 Vergütung nach VergGr. IV b BAT nebst 4 v.H. Zinsen ab jeweiliger Fälligkeit der Differenzbeträge zu zahlen. Dazu hat der Kläger vorgetragen, er erfülle sämtliche Voraussetzungen der VergGr. IV b Fallgruppe 1 des Teils II Q der Anlage 1 a zum BAT, weil er Leiter eines großen und vielschichtig strukturierten Instandsetzungsbereiches sei. Im Sinne der einschlägigen Protokollnotiz Nr. 1 habe er unstreitig drei Gewerke zu koordinieren. Weiter seien ihm vier Meister verschiedener Fachrichtungen aus dem Elektrobereich unterstellt, über deren Einsatz er im Rahmen seiner Leitungsfunktionen zu entscheiden habe. Jedenfalls aber sei er als „sonstiger Angestellter” im Sinne der zweiten Alternative der Tarifnorm anzusehen. Er übe nämlich eine Tätigkeit aus, die aufgrund ihrer Schwierigkeit und der geforderten Verantwortung denen entspreche, die in der ersten Tarifalternative unter den Buchstaben a) bis c) ausdrücklich aufgeführt seien. Die besondere Schwierigkeit seiner Aufgabenstellung ergebe sich aus der Größe und differenzierten Ausgestaltung des Stromnetzes, für das er verantwortlich sei. Seine besondere Verantwortung folge daraus, daß von seiner Tätigkeit die Funktionsfähigkeit des gesamten Klinikstromnetzes abhänge, was sich auch über den reinen Krankenhausbetrieb hinaus auf Leben und Gesundheit der Patienten auswirke. Einen Fachvorgesetzten habe er nicht, wobei berücksichtigt werden müsse, daß sein Abteilungsleiter Telefontechniker und der technische Direktor ihm nur innerhalb der allgemeinen Verwaltungshierarchie übergeordnet sei. Fachlich habe er immer allein zu entscheiden. Berücksichtigt werden müsse auch, daß der zweiten Tarifalternative der VergGr. IV b Fallgruppe 1 eine allgemeine Auffangfunktion für Tätigkeiten wie die von ihm ausgeübte zukomme. Auch die Fallgruppe 21 der VergGr. IV b für allgemeine technische Angestellte sei einschlägig. Demgemäß hat der Kläger beantragt

festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, an den Kläger ab 6. August 1983 Vergütung nach VergGr. IV b BAT zu zahlen und die monatlichen Differenzbeträge jeweils ab Fälligkeit mit 4 v.H. zu verzinsen.

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und erwidert, für das Klagebegehren gebe es keine Rechtsgrundlage. Zwar trage der Kläger unstreitig eine hohe Verantwortung, er habe auch drei Gewerke zu überwachen, nämlich die Gewerke Energieanlagen-Elektronik, Energieanlagen-Installation und Elektromaschinenbau. Dennoch erfülle er nicht die Anforderungen der ersten Alternative der VergGr. IV b BAT Fallgruppe 1, weil den drei Gewerken nicht, wie es tariflich zwingend gefordert werde, jeweils ein Meister vorstehe. Daß die vier dem Kläger unterstellten Elektromeister im Gewerk Energieanlagen-Elektronik tätig seien, sei rechtsunerheblich. Entscheidend sei unter tariflichen Gesichtspunkten, daß zwei Gewerken lediglich Vorarbeiter vorstünden. Der Kläger erfülle aber auch nicht die Anforderungen der zweiten Tarifalternative für „sonstige Angestellte”. Die Anwendung dieser Tarifalternative scheitere schon daran, daß die Tätigkeit des Klägers eigentlich unter die erste Tarifalternative falle. Der zweiten Tarifalternative komme nicht die Funktion einer allgemeinen Auffangfallgruppe zu, wie der Kläger rechtsfehlerhaft annehme. Jedenfalls übe er aber keine Tätigkeit aus, die den in den Buchstaben a) bis c) genannten im Sinne der ersten Tarifalternative als vergleichbar entspreche. Es fehle an einer herausgehobenen Leitungsfunktion. Schon nach seinem eigenen Vorbringen könnten zugunsten des Klägers auch die tariflichen Tätigkeitsmerkmale für allgemeine technische Angestellte der Vergütungsordnung (VergGr. IV b BAT Fallgruppe 21) nicht herangezogen werden. Der Kläger verfüge nicht über denen eines Elektroingenieurs entsprechende Fähigkeiten und Erfahrungen. Seine Tätigkeit habe auch keinen Ingenieurszuschnitt. Vielmehr handele es sich dabei um eine gehobene Meistertätigkeit.

Das Arbeitsgericht hat in der Hauptsache nach dem Klagebegehren erkannt und die Zinsforderung des Klägers insgesamt abgewiesen. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht unter entsprechender Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils auch in der Hauptsache die Klage abgewiesen.

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren nach Maßgabe der in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter. Das beklagte Land beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des berufungsgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden.

Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einzelvertraglich die Geltung des BAT vereinbart, so daß dieser zwischen ihnen als Vertragsrecht gilt.

Damit hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Klägers ausfüllende Arbeitsvorgänge der von ihm für sich beanspruchten VergGr. IV b BAT entsprechen (§ 22 Abs. 1, Abs. 2 Unterabs. 1 und Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Dabei ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorganges auszugehen, wonach darunter eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen ist (vgl. die Urteile des Senats vom 29. Januar 1986 – 4 AZR 465/84 – AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975, 19. März 1986 – 4 AZR 642/84 – AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975 und 16. April 1986 – 4 AZR 595/84 – AP Nr. 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975, alle auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, mit weiteren Nachweisen auf die ständige Senatsrechtsprechung).

Nach diesen Grundsätzen und in Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung betrachtet das Landesarbeitsgericht die gesamte Tätigkeit des Klägers als einen großen Arbeitsvorgang. Diese Beurteilung des Landesarbeitsgerichts ist deswegen zutreffend, weil nach den vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Arbeitsgerichts der Kläger innerhalb der Medizinischen Hochschule eine eigenständige und eigenverantwortliche Leitungsfunktion innehat. Alle seine Einzelaufgaben, die im wesentlichen leitenden und koordinierenden Charakter haben, dienen einem einheitlichen Arbeitsergebnis, nämlich der Leitung und Überwachung der beiden in seiner Person verbundenen Abteilungen Hochspannung und Niederspannung. Alle diese Aufgaben sind ihm auch nach der behördlichen Arbeitsplatzbeschreibung, wie es bei einer derartigen Aufgabenstellung kaum anders vorstellbar ist, einheitlich und eigenverantwortlich übertragen worden, so daß Zusammenhangstätigkeiten und Verwaltungsübung feststehen. Das ergibt sich, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend hervorhebt, auch daraus, daß dem Kläger von den dortigen Stadtwerken für den Dienstbereich der Medizinischen Hochschule H. die Konzessionsträgereigenschaft verliehen worden ist, wobei das Landesarbeitsgericht mit Recht berücksichtigt, daß beide Vorgesetzte des Klägers keine Elektrofachleute sind, er also von diesen auch keine fachlichen Anweisungen erhält. Aufgrund der dem Kläger übertragenen Funktionsstellung und angesichts des einheitlichen Arbeitsergebnisses seiner gesamten Tätigkeit können seine Aufgaben nach tatsächlichen Gesichtspunkten nicht weiter aufgeteilt und abgegrenzt werden. Sie werden zudem auch von den Tarifvertragsparteien einheitlich bewertet. Damit entspricht die entsprechende Beurteilung des Landesarbeitsgerichts der Senatsrechtsprechung in vergleichbaren Fällen (vgl. die Urteile des Senats vom 24. Oktober 1984 – 4 AZR 386/82 – AP Nr. 96 zu §§ 22, 23 BAT 1975, 6. Juni 1984 – 4 AZR 218/82 – AP Nr. 90 zu §§ 22, 23 BAT 1975 und BAGE 42, 29, 34 = AP Nr. 70 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Nach der durch den Tarifvertrag zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1 a zum BAT für Meister und technische Angestellte mit besonderen Aufgaben vom 18. April 1980 neu eingeführten VergGr. IV b BAT Fallgruppe 1, auf deren beide Alternativen sich der Kläger zur Begründung seiner Klage berufen hat, sind zu vergüten

Technische Angestellte mit besonders verantwortungsvoller Tätigkeit

  1. als Schichtführer in großen thermischen Kraftwerken, großen Heizkraftwerken oder großen Müllverbrennungsanlagen, die außerhalb der regulären Tagesarbeitszeit für den gesamten Betrieb allein verantwortlich sind,
  2. in großen E-Lastverteileranlagen, die in der Schicht für die Netzbetriebsführung allein verantwortlich sind,
  3. als Leiter von großen und vielschichtig strukturierten Instandsetzungsbereichen

    sowie sonstige technische Angestellte mit vergleichbarer Tätigkeit, die wegen der Schwierigkeit der Aufgaben und der Größe der Verantwortung ebenso zu bewerten ist wie die Tätigkeiten nach Buchstaben a bis c.

Dabei ist die Protokollnotiz Nr. 1 des folgenden Inhalts in Bezug genommen:

Ein vielschichtig und strukturierter Bereich liegt vor, wenn in diesem Bereich die Arbeit von mindestens drei Gewerken zu koordinieren ist und mindestens drei Gewerken jeweils Meister vorstehen. Gewerke sind Fachrichtungen im Sinne anerkannter Ausbildungsberufe, in denen die Meisterprüfung abgelegt werden kann.

In der dargestellten Tarifnorm unterscheiden die Tarifvertragsparteien damit deutlich zwischen zwei Alternativen: Einmal soll Vergütung nach VergGr. IV b BAT denjenigen Angestellten zustehen, die die von den Tarifvertragsparteien als besonders verantwortungsvoll angesehenen, in den Buchstaben a) bis c) genannten Tätigkeiten leitender und beaufsichtigender Art verrichten. Im Sinne einer zweiten Alternative sollen danach weiter vergütet werden sonstige technische Angestellte mit einer vergleichbaren Tätigkeit, die wegen der Schwierigkeit der Aufgaben und der Größe der Verantwortung ebenso zu bewerten ist wie die in den Buchstaben a) bis c) genannten Aufgaben. Während zur zweiten Tarifalternative bereits zwei Urteile des Senats vorliegen (vgl. die Urteile vom 23. April 1986 – 4 AZR 90/85 – AP Nr. 118 zu §§ 22, 23 BAT 1975 und 5. November 1986 – 4 AZR 640/85 –, ebenfalls zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen), gibt der vorliegende Fall zum ersten Male Veranlassung, auch auf die erste Tarifalternative, auf die sich der Kläger ebenfalls berufen hat, näher einzugehen.

Zutreffend nimmt das Landesarbeitsgericht an, daß danach die Klage nicht begründet ist. Dabei geht es mit Recht davon aus, daß für den Kläger nur der Inhalt des Buchstabens c) der Tarifnorm in Betracht kommt. Unstreitig und nach den den Senat gemäß § 561 ZPO bindenden näheren Feststellungen des Landesarbeitsgerichts leitet der Kläger einen großen Instandsetzungsbereich. Im einzelnen ergibt sich das auch aus der bei den Vorakten befindlichen Arbeitsplatzbeschreinung, die das Landesarbeitsgericht in Bezug genommen hat.

Zur Erfüllung der in Buchstabe c) normierten tariflichen Erfordernisse muß der Instandsetzungsbereich jedoch nicht nur groß, sondern auch noch „vielschichtig strukturiert” sein. Was darunter zu verstehen ist, bestimmt sich nicht nach dem allgemeinen Sprachgebrauch, sondern wird nach Art einer Legaldefinition von den Tarifvertragsparteien selbst in der ebenfalls mit Tarifcharakter ausgestatteten Protokollnotiz Nr. 1 näher und in für die Gerichte für Arbeitssachen bindender Weise bestimmt. Danach ist erstes Erfordernis eines vielschichtig strukturierten Bereichs, daß die Arbeit von mindestens drei Gewerken zu koordinieren ist, wobei nach einer weiteren Legaldefinition der Tarifvertragsparteien als Gewerke Fachrichtungen im Sinne anerkannter Ausbildungsberufe zu verstehen sind, in denen die Meisterprüfung abgelegt werden kann. Dieses erste tarifliche Erfordernis ist beim Kläger nach dem unstreitigen Sachverhalt und nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erfüllt. Wie schon das Arbeitsgericht im einzelnen ausführt, kommen nämlich als Fachrichtungen im Sinne allgemeiner Ausbildungsberufe beim Kläger innerhalb seines Aufgabengebietes die des Elektromechanikers, Elektroinstallateurs, Elektromaschinenbauers und darüber hinaus noch weitere Ausbildungsberufe aus den Gebieten der Fernmeldemechanik sowie der Radio- und Fernsehtechnik vor.

Das Landesarbeitsgericht hat jedoch richtig entschieden, daß beim Kläger ein „vielschichtig strukturierter Bereich” dennoch nicht vorliegt, weil innerhalb seines Aufgabengebietes nicht mindestens drei Gewerken jeweils Meister vorstehen. Vielmehr werden innerhalb des vom Kläger geleiteten Instandsetzungsbereiches zwei der drei Gewerke nur von Vorarbeitern geleitet. Damit fehlt es an der Erfüllung eines tariflichen Erfordernisses. Demgegenüber ist, wie das Landesarbeitsgericht mit Recht hervorhebt, unbeachtlich, daß gleichwohl im Verantwortungsbereich des Klägers vier Elektromeister unter seiner Leitung beschäftigt werden. Auf die Zahl der unterstellten Meister stellen nämlich – im Gegensatz zu anderen tariflichen Regelungen – die Tarifvertragsparteien in der Protokollnotiz Nr. 1 zu VergGr. IV b BAT Fallgruppe 1 nicht ab. An diese Bewertung der Tarifvertragsparteien sind die Gerichte für Arbeitssachen gebunden. Daher haben vorliegend ohne Rücksicht auf das Gewicht dieser Umstände für Art und Verantwortung der Tätigkeit des Klägers im allgemeinen Sinne die Unterstellung der vier Elektromeister, ihre Funktion als Schichtmeister und die entsprechende Weisungsbefugnis des Klägers nach dem Willen der Tarifvertragsparteien außer Betracht zu bleiben. In diesem Zusammenhang nimmt das Landesarbeitsgericht auch zutreffend Bedacht darauf, daß der Kläger entgegen seinem ursprünglichen und schon vom Arbeitsgericht als unsubstantiiert bezeichneten Vortrag weder die Befugnis noch die Möglichkeit hat, die vier Meister zu unterschiedlichen Aufgaben und damit auch zur Leitung der einzelnen Gewerke einzusetzen. Die Entscheidung darüber liegt vielmehr bei seinen Vorgesetzten bzw. bei der Medizinischen Hochschule H. als öffentlichem Arbeitgeber, wobei die Tarifvertragsparteien ersichtlich in der Regelung der Merkmale der VergGr. IV b BAT Fallgruppe 1 sowie der Protokollnotiz Nr. 1 in dessen Organisations- und Gestaltungsfreiheit nicht eingreifen.

Die demgegenüber erhobenen Einwendungen der Revision sind unbegründet. Selbst wenn man mit der Revision annehmen wollte, die Tarifnorm der VergGr. IV b BAT Fallgruppe 1 sei in dem Buchstaben c) und in der Protokollnotiz Nr. 1 formalistisch und unbefriedigend konzipiert, weil sie keine Kompensationsmöglichkeiten hinsichtlich der Zahl unterstellter Elektromeister zulasse, so bleibt doch daran festzuhalten, daß den Gerichten für Arbeitssachen nicht die Befugnis zukommt, tarifliche Normen auf ihre Zweckmäßigkeit und auf ihre Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Billigkeitsgrundsatz des § 242 BGB hin zu überprüfen (vgl. BAGE 48, 65, 73 = AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge: Süßwarenindustrie sowie das weitere Urteil des Senats vom 20. August 1986 – 4 AZR 256/85 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, mit weiteren Nachweisen). Daran ist schon deswegen festzuhalten, weil jede andere gerichtliche Verfahrensweise sich als unzulässiger Eingriff in die Rechtssetzungsautonomie der Tarifvertragsparteien darstellen würde.

Im Gegensatz zum Arbeitsgericht hält das Landesarbeitsgericht die zweite Tarifalternative der VergGr. IV b BAT Fallgruppe 1 auf den Kläger für schlechthin aus Rechtsgründen unanwendbar. Das folgert das Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des beklagten Landes daraus, daß der Kläger eine Tätigkeit verrichte, die von dem Buchstaben c) der ersten Tarifalternative erfaßt werde. Dabei sei rechtsunerheblich, daß die Tätigkeitsmerkmale der ersten Tarifalternative von ihm nicht voll erfüllt würden. Jedenfalls könnten nämlich nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien Tätigkeiten, die in der ersten Tarifalternative (Buchstaben a) bis c)) ausdrücklich genannt seien, nicht auch von der zweiten Tarifalternative miterfaßt werden.

Dieser Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Gegen sie sprechen gleichermaßen der Tarifwortlaut, der Sinn und Zweck der Tarifnorm und der tarifliche Gesamtzusammenhang, die für die Tarifauslegung entscheidend sind (vgl. BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung). Zwar geht das Landesarbeitsgericht zutreffend davon aus, daß nach dem insoweit klaren Tarifwortlaut von der ersten Alternative der VergGr. IV b BAT Fallgruppe 1 in den Buchstaben a) bis c) in Verbindung mit der einschlägigen Protokollnotiz Nr. 1 nur die dort ausdrücklich und enumeratorisch genannten Aufgaben erfaßt werden sollen. Andererseits ist das aber auch nur dann im logischen und rechtlichen Sinne möglich, wenn sämtliche tariflichen Anforderungen von dem betreffenden Angestellten erfüllt werden. Ist das dagegen im Einzelfall (wie etwa vorliegend wegen der fehlenden Leitung zweier Gewerke durch Meister) nicht so, dann wird die betreffende Tätigkeit, wie das Landesarbeitsgericht selbst richtig erkannt hat und sich aus den vorstehenden Ausführungen des Senats ergibt, von der ersten Tarifalternative nicht erfaßt.

Dann aber ist im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts schon nach allgemeinen Rechtsprinzipien bei Fallgestaltungen wie der vorliegenden grundsätzlich auch Raum für die Heranziehung der zweiten Alternative der Tarifnorm. Dabei ist augenfällig, daß gerade in solchen Fällen wie dem vorliegenden die Vergleichbarkeit der Tätigkeit mit solchen, die in den Buchstaben a) bis c) der ersten Tarifalternative aufgeführt werden, besonders nahe liegt. Außerdem haben die Tarifvertragsparteien in keiner Weise zum Ausdruck gebracht oder auch nur angedeutet, daß sie in der zweiten Tarifalternative solche Tätigkeiten haben ausnehmen wollen, die bei Fehlen einzelner tariflicher Erfordernisse in der ersten Alternative ausdrücklich genannt sind. Einen dahin gerichteten Willen hätten die Tarifvertragsparteien leicht und klar etwa in der Weise zum Ausdruck bringen können, daß sie die zweite Tarifalternative auf „sonstige Angestellte mit einer anderen vergleichbaren Tätigkeit” bzw. mit einer „nicht in den Buchstaben a) bis c) genannten vergleichbaren Tätigkeit” beschränkten. Eine derartige Einschränkung ist von ihnen jedoch nicht vorgenommen worden. Sie erscheint auch schon deswegen weder gerecht noch zweckmäßig und daher nicht naheliegend, weil dann ohne ersichtlichen Grund die Tarifnorm gerade einem Kreis von Angestellten verschlossen würde, die ähnlich wie darin erfaßte Angestellte mit herausragenden Meisteraufgaben in leitender und verantwortlicher Position beschäftigt werden, was auch gerade für den vorliegenden Kläger zutrifft (vgl. auch hierzu das Urteil des Senats vom 19. März 1986 – 4 AZR 642/84 – AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, mit weiteren Nachweisen).

Wie schon das Arbeitsgericht in Übereinstimmung mit der Revision richtig erkannt hat, kommt daher grundsätzlich auch für den Kläger die zweite Tarifalternative der VergGr. IV b BAT Fallgruppe 1 in Betracht. Nach der dazu ergangenen Senatsrechtsprechung fallen darunter Angestellte mit Aufgaben, die denen besonders herausgehobener Meister mit gewichtigen Aufsichts- und Leitungsfunktionen entsprechen, wobei das Richtmaß die in der ersten Alternative ausdrücklich genannten Tätigkeiten liefern (vgl. die Urteile des Senats vom 23. April 1986 – 4 AZR 90/85 – AP Nr. 118 zu §§ 22, 23 BAT 1975 und 5. November 1986 – 4 AZR 640/85 –, ebenfalls zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).

Dabei kann die äußere oder fachliche Vergleichbarkeit der Aufgabenstellung des Klägers mit der eines in Buchstabe c) der ersten Tarifalternative genannten Angestellten nicht zweifelhaft sein. Eine derartige lediglich äußere bzw. fachliche Vergleichbarkeit reicht jedoch nach der Tarifnorm nicht aus. Vielmehr müssen auch Schwierigkeit der Aufgaben und Größe der geforderten Verantwortung nach dem ausdrücklichen Tarifwortlaut ebenso zu bewerten sein wie bei den in den Buchstaben a) bis c) genannten Aufgaben. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß nach dem tariflichen Gesamtzusammenhang die Tarifvertragsparteien die Schwierigkeit der Tätigkeit und die Größe der geforderten Verantwortung bei den Leitern von großen und vielschichtigen Instandsetzungsbereichen, unter deren Leitung jeweils mindestens drei Gewerken ein Meister vorsteht, höher bewerten, als das bei solchen der Fall ist, bei denen – wie beim Kläger – lediglich ein oder zwei Gewerke von Meistern geleitet werden, wobei es auch in diesem Zusammenhang nicht darauf ankommt, ob dem Leiter des Instandsetzungsbereiches an anderer Stelle Meister unterstellt sind und in wie großer Zahl das der Fall ist. Daher kann bei einer derartigen Fallgestaltung Vergleichbarkeit im Sinne der zweiten Tarifalternative nur bejaht werden, wenn als Ausgleich für das im Einzelfallefehlende Merkmal der ersten Tarifalternative bei dem betreffenden Angestellten die Schwierigkeit seiner Aufgabenstellung und das Maß der geforderten Verantwortung größer sind, als es der Summe der Erfordernisse der ersten Tarifalternative entspricht.

Konkret bedeutet das, daß zur Wahrung der Gleichgewichtigkeit beider Tarifalternativen die Tätigkeit des Klägers schwieriger sein muß als die eines Leiters eines großen und vielschichtig strukturierten Instandsetzungsbereiches im Sinne des Buchstabens c). In entsprechender Weise muß auch die Größe seiner Verantwortung dieses Maß überschreiten.

Das Landesarbeitsgericht bejaht (wenn auch im Rahmen seiner rechtlichen Überprüfung anhand der ersten Tarifalternative) aufgrund seiner und der Feststellungen des Arbeitsgerichts beim Kläger ein ganz herausragendes, die Anforderungen der ersten Tarifalternative überschreitendes Maß der Verantwortung. Es begründet dieses außergewöhnliche Maß der Verantwortung damit, daß der Kläger für das Funktionieren der dort überaus wichtigen elektrischen Anlagen im Gesamtbereich der Medizinischen Hochschule auf den Gebieten der Hochspannung und Niederspannung, was Wartung, Betriebssicherheit und Reparatur betrifft, verantwortlich ist, weiter auch damit, daß die von ihm zu betreuenden Apparaturen, Einrichtungen und Geräte besonders hochwertig und kompliziert sind. Hinzu kommt noch, daß ausweislich der vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Ausführungen des Arbeitsgerichts die Größe der Verantwortung des Klägers eine beträchtliche Steigerung auch dadurch erfahren hat, daß man in seiner Person die Leitung der wichtigen Meisterbereiche Hochspannung und Niederspannung konzentriert hat.

Diese Beurteilung des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Wie bei der „vergleichbaren Tätigkeit” und der „Schwierigkeit der Aufgaben” handelt es sich nämlich auch bei der „Größe der Verantwortung” um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Anwendung durch die Tatsachengerichte vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden kann, ob diese vom zutreffenden Rechtsbegriff ausgegangen sind, ihn bei der Subsumtion beibehalten haben, ihnen Verstöße gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze unterlaufen sind und alle entscheidungserheblichen Tatumstände Berücksichtigung gefunden haben (vgl. BAGE 46, 292, 305 = AP Nr. 93 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAGE 32, 203, 206 = AP Nr. 1 zu § 72 a ArbGG 1979 Grundsatz sowie die weiteren Urteile des Senats vom 29. Januar 1986 – 4 AZR 465/84 – AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, und 5. November 1986 – 4 AZR 640/85 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Vorliegend ist das Landesarbeitsgericht unter Berücksichtigung der konkreten Fallgestaltung vom zutreffenden Begriff der „Größe der Verantwortung” ausgegangen, den es auch bei der Subsumtion beibehalten hat. Verstöße gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze oder die Unterlassung der Berücksichtigung entscheidungserheblicher Umstände sind nicht ersichtlich.

Angesichts der zuvor gewürdigten Beurteilung des Landesarbeitsgerichts bietet der vorliegende Fall dagegen keine Veranlassung zu einer Entscheidung über die Rechtsfrage, ob es sich, wie in der Literatur angenommen wird, bei dem Begriff der „besonders verantwortungsvollen Tätigkeit” innerhalb der ersten Tarifalternative der VergGr. IV b BAT Fallgruppe 1 um eine eigenständige, jeweiliger Prüfung bedürftige selbständige Anforderung handelt (so Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, VergO, Anm. 131 b) oder nur um eine deklaratorische, allgemeine Kennzeichnung der ohnehin besonders herausgehobenen Leitungsfunktionen, die in den Buchstaben a) bis c) von den Tarifvertragsparteien zusammengestellt worden sind, wobei der Senat der zuletzt dargestellten Rechtsauffassung zuneigt.

Dagegen wird das Landesarbeitsgericht nunmehr noch zu überprüfen haben, ob auch die Schwierigkeit der Tätigkeit des Klägers im Sinne der zuvor dargestellten Rechtsausführungen das in der ersten Tarifalternative geforderte Ausmaß, wie es nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bei der Verantwortung des Klägers der Fall ist, überschreitet. Dabei kann einmal auf die entsprechenden Ausführungen des Arbeitsgerichts zurückgegriffen werden. Außerdem bedarf es einer entsprechenden Würdigung des diesbezüglichen Vorbringens des Klägers, wobei ggf. noch Auflagen nach § 139 ZPO zu erteilen sind und je nach den Umständen auch ein Sachverständiger gemäß § 144 ZPO zuzuziehen ist.

Auf die Tätigkeitsmerkmale der VergGr. IV b BAT Fallgruppe 21 für Ingenieure und sonstige Angestellte mit entsprechenden Aufgaben braucht schon deswegen nicht eingegangen zu werden, weil der Kläger hierzu bereits in den Vorinstanzen sein Vorbringen nicht substantiiert hat und darauf auch in der Revisionsinstanz nicht mehr zurückgekommen ist.

Das Landesarbeitsgericht wird auch über die in der Revisionsinstanz entstandenen Kosten mitzuentscheiden haben.

 

Unterschriften

Zugleich für den wegen Urlaubsabwesenheit an der Unterschriftsleistung verhinderten Richter Dr. Etzel, Dr. Feller, Dr. Freitag, Fieberg, Pahle

 

Fundstellen

Dokument-Index HI439077

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