Leitsatz (redaktionell)

1. Der Anspruch auf Karenzentschädigung besteht - von dem Sonderfall der Verbüßung einer Freiheitsstrafe abgesehen (HGB § 74c Abs 1 S 3) - dem Grund nach unabhängig davon, ob der Angestellte tatsächlich in der Lage ist, Konkurrenz zu machen 74a HGB (zu 4 der Gründe)).

2. Ein Arbeitnehmer unterläßt böswillig einen anderweiten Erwerb im Sinne von HGB § 74c Abs 1, wenn er eine ihm mögliche und nach den gesamten Umständen zumutbare anderweitige Tätigkeit nicht aufnimmt. Bei der Abwägung, was dem Arbeitnehmer zumutbar ist, kommt wegen der durch die Konkurrenzklausel geschehenen Behinderung seiner bisherigen beruflichen Betätigung im Hinblick auf GG Art 12 Abs 1 seinen Interessen an einem künftigen verbesserten Fortkommen ein erhebliches Gewicht zu, auch gegenüber den Interessen des Arbeitgebers an einem Wegfall der Karenzentschädigung (im Anschluß an BAG 1967-01-23 3 AZR 253/66 = AP Nr 1 zu § 74c HGB (zu 5 und 6 der Gründe) und das zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmte Urteil des Senats 1973-12-17 3 AZR 283/73 = AP Nr 2 zu § 74c HGB (zu II 3 b der Gründe)).

3. Ob ein Studium in der Karenzzeit ein böswilliges Unterlassen anderweiten Erwerbs im Sinne von HGB § 74c Abs 1 darstellt, ist nach den gesamten Umständen des einzelnen Falles zu entscheiden. Es gibt keinen Satz, daß ein Studium stets oder nie ein böswilliges Unterlassen anderweiten Erwerbs im Sinne von HGB § 74c Abs 1 S 1 sei. Zugunsten des Studienwilligen sind anzusetzen der sich aus GG Art 12 Abs 1 GG ergebende Spielraum für eine freie Entscheidung bei der Wahl oder Planung einer neuen Tätigkeit und seine individuellen Interessen an einem besseren beruflichen Fortkommen; ferner, daß in der heutigen Zeit eine berufliche Fortbildung für viele dringlich und notwendig ist. Ein berufsförderndes Studium ist in der Regel keine böswillige Auslassung anderweitigen Erwerbs im Sinne von HGB § 74c Abs 1 S 1. Andererseits braucht der Arbeitgeber nach den Redlichkeitsmaßstäben des BGB § 242 beispielsweise nicht damit zu rechnen, daß auf Kosten der Karenzentschädigung ein schulisch Minderbegabter studiert oder ein Studium generale oder ein sinn- und planloses Studium betrieben wird.

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Entscheidung vom 25.07.1973; Aktenzeichen 7 Sa 110/73)

 

Fundstellen

Haufe-Index 438650

ARST 1975, 28

SAE 1975, 207-211 (LT1-3)

AP § 74c HGB (LT1-3), Nr 4

EzA § 74c HGB, Nr 12

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge