Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung des Urlaubsanspruchs - IAO-Übereinkommen Nr. 132

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Bestimmungen des IAO-Übereinkommens Nr 132 vom 24. Juni 1970 sind keine unmittelbar anwendbaren völkerrechtlichen Normen.

2. Die Vorschriften des IAO-Übereinkommens Nr 132 sind durch das Ratifizierungsgesetz vom 30. April 1975 (BGBl II S 745) innerstaatliches Recht geworden. Dadurch sind die Gesetzgebungsorgane der Bundesrepublik Deutschland auch innerstaatlich verpflichtet worden, dieses Übereinkommen zu erfüllen. Dem ist der Bundesgesetzgeber durch das Heimarbeitsänderungsgesetz vom 29. Oktober 1974 nachgekommen.

3. Mit der Ratifizierung des IAO-Übereinkommens Nr 132 haben die Arbeitnehmer keinen unmittelbaren Anspruch auf Bestand ihres Urlaubsanspruchs über das Urlaubsjahr oder den Übertragungszeitraum hinaus erhalten.

4. Die Vorschriften des IAO-Übereinkommens Nr 132 gebieten nicht eine Auslegung des Bundesurlaubsgesetzes, daß der Urlaubsanspruch nicht am Ende des Urlaubsjahres oder des Übertragungszeitraumes verfällt.

 

Orientierungssatz

Auslegung des § 17 (Urlaub) des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Schuhindustrie in der Bundesrepublik Deutschland vom 31.10.1984 in der Fassung vom 11.01.1989.

 

Normenkette

TVG § 1; BUrlG § 1; IAOÜbk 132; BUrlG § 7 Abs. 3-4

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 29.09.1992; Aktenzeichen 6 (12) Sa 811/92)

ArbG Wesel (Entscheidung vom 31.03.1992; Aktenzeichen 1 Ca 3305/91)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Urlaubsabgeltung und über die Zahlung von tariflichem Urlaubsgeld.

Der Kläger war seit 1952 bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien war der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Schuhindustrie in der Bundesrepublik Deutschland vom 31. Oktober 1984 in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 11. Januar 1989 anzuwenden. Darin ist u.a. geregelt:

"§ 17 Urlaub

1. Alle Arbeiter, die bei Beginn des Betriebsur-

laubes betriebszugehörig sind, haben im Laufe

eines Kalenderjahres Anspruch auf Urlaub un-

ter Fortzahlung des Lohnes.

...

9. ...

Kann der Urlaubsanspruch wegen Beendigung des

Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise

nicht gewährt werden, so ist er abzugelten.

...

13. Mit der Urlaubsvergütung ist den Arbeitern,

die bei Beginn des Urlaubsjahres und bei Ur-

laubsbeginn betriebszugehörig sind, ein zu-

sätzliches Urlaubsgeld in Höhe von zwei Wo-

chenverdiensten ... auszuzahlen.

..."

Der Kläger hat im Januar 1990 an fünf Tagen gearbeitet. Vom 1. Februar 1990 bis einschließlich 16. März 1991 war er arbeitsunfähig krank. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete mit Ablauf des 31. März 1991.

Dem Kläger standen im Jahre 1990 unstreitig 33 Tage Erholungsurlaub zu. Die Beklagte gewährte ihm davon acht Tage in der Zeit vom 18. März bis 31. März 1991.

Der Kläger hat Abgeltung für den Resturlaubsanspruch von 25 Urlaubstagen und zusätzliches Urlaubsgeld verlangt.

Er hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger

4.757,53 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit Rechts-

hängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision. Er verlangt die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, daß der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung und auf zusätzliches Urlaubsgeld nach den Bestimmungen des MTV und des Bundesurlaubsgesetzes hat. Die Revision ist deshalb zurückzuweisen, § 563 ZPO.

I. Der Kläger kann von der Beklagten nicht die Abgeltung seines Resturlaubs verlangen. Denn der Anspruch auf Urlaub war bereits erloschen, als das Arbeitsverhältnis der Parteien endete.

1. Der Kläger hat nach § 17 Nr. 1 MTV einen Anspruch auf Gewährung von unstreitig 33 Tagen Erholungsurlaub im Jahr 1990 erworben. Dieser Anspruch ist durch Urlaubsgewährung von acht Tagen in der Zeit vom 18. März bis 31. März 1991 in dieser Höhe erfüllt und damit erloschen, § 362 BGB.

2. Der restliche Urlaubsanspruch des Klägers war zunächst auf das Urlaubsjahr 1990 befristet (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts; Senatsurteil vom 26. Mai 1992 - 9 AZR 172/91 - AP Nr. 58 zu § 7 BUrlG Abgeltung, m.w.N.). Das folgt aus § 1 und § 7 Abs. 3 BUrlG auch für den den gesetzlichen Urlaubsanspruch übersteigenden Anspruch nach dem MTV. Die gesetzliche Befristungsregelung gilt auch für den tariflichen Urlaub, wenn der Tarifvertrag wie der MTV keine vom Gesetz abweichende Regelung enthält (BAGE 56, 53 = AP Nr. 15 zu § 7 BUrlG Übertragung). Allerdings ist der Anspruch des Klägers nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG auf das erste Quartal des Folgejahres übertragen, weil andauernde Erkrankung ein in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund für die Übertragung ist (BAGE 56, 53 = AP, aaO).

3. Dem Kläger stand zu Beginn seiner möglichen Arbeitsaufnahme am 18. März 1991 nur noch der von der Beklagten gewährte Urlaub in Höhe von acht Tagen zu, weil ihm bis zum Ende des Übertragungszeitraums am 31. März 1991 Urlaub nur noch in diesem Umfang gewährt werden konnte (BAGE 68, 304, 306 = AP Nr. 2 zu § 17 BErzGG, zu 2 der Gründe). Mit dem Ende der Befristung ist der bis dahin bestehende Resturlaubsanspruch erloschen (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, BAGE 66, 288 = EzA § 7 BUrlG Nr. 79; BAGE 56, 53 = AP Nr. 15 zu § 7 BUrlG Übertragung; BAGE 53, 304 = AP Nr. 25 zu § 13 BUrlG). Daran hält der Senat auch angesichts der dem widersprechenden Entscheidung eines Instanzgerichts (Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil vom 5. September 1991 - 12 Sa 672/91 -, NZA 1992, 312) fest. Sie enthält insoweit keine neuen, weiterführenden Erwägungen oder Ansätze dazu.

4. Bestand bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein Urlaubsanspruch mehr, so entfällt auch der Abgeltungsanspruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG. Der gesetzliche Urlaubsabgeltungsanspruch entsteht nicht als Abfindungsanspruch, für den es auf die urlaubsrechtlichen Merkmale wie Bestand und Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs nicht ankommt, sondern als Ersatz für den wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr erfüllbaren Anspruch auf Befreiung von der Arbeitspflicht, der daher - abgesehen von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses - an die gleichen Voraussetzungen gebunden ist wie der Urlaubsanspruch. Er setzt also voraus, daß der Urlaubsanspruch (Anspruch auf Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht) noch erfüllt werden könnte, wenn das Arbeitsverhältnis noch bestünde (Senatsurteil vom 19. Januar 1993 - 9 AZR 8/92 - EzA § 7 BUrlG Nr. 89 = BB 1993, 1516; BAG Urteil vom 31. Mai 1990 - 8 AZR 161/89 - AP Nr. 54 zu § 7 BUrlG Abgeltung, zu 1 der Gründe, m.w.N.). Die gesetzliche Regelung ist auch für den tariflichen Urlaub maßgeblich, weil die Tarifvertragsparteien für die Abgeltung des Urlaubs keine eigene Bestimmung getroffen haben (BAGE 67, 283 = AP Nr. 4 zu § 6 BUrlG; BAGE 66, 134 = AP Nr. 56 zu § 7 BUrlG Abgeltung).

5. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts widerspricht die Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 1 und nach § 7 Abs. 3 BUrlG nicht Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) vom 24. Juni 1970 über den bezahlten Jahresurlaub, dem durch Bundesgesetz nach Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG zugestimmt worden ist (BGBl. II 1975, S. 745). Das haben der Sechste und der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts zu dieser Vorschrift (BAGE 66, 288 = EzA § 7 BUrlG Nr. 79) und zu anderen Bestimmungen des Übereinkommens Nr. 132 (BAGE 54, 184 = AP Nr. 12 zu § 13 BUrlG Unabdingbarkeit; BAGE 50, 124, 127 = AP Nr. 16 zu § 3 BUrlG Rechtsmißbrauch, zu 2 der Gründe; BAGE 48, 186 = AP Nr. 21 zu § 7 BUrlG Abgeltung) mehrfach entschieden. Dem schließt sich der erkennende Senat an. Weder die gegenteiligen Überlegungen des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (aaO) noch zwischenzeitliche Stellungnahmen im Schrifttum (Berscheid, GK-BUrlG, § 15 Rz 16; Künzl, BB 1991, 1630; Lörcher, AuR 1991, 97, 101 f.) rechtfertigen eine andere Beurteilung.

a) Die Bestimmungen des Übereinkommens Nr. 132 sind mit der Zustimmung des Bundestags bei Wahrung der verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrats gemäß Art. 59 Abs. 2 GG insofern innerstaatliches Recht geworden, als es den Bundesgesetzgeber verpflichtet, sein bestehendes Urlaubsgesetz mit den Anforderungen des Übereinkommens Nr. 132 in Übereinstimmung zu bringen. Dem ist der Bundesgesetzgeber durch die Änderung des Bundesurlaubsgesetzes im Heimarbeitsänderungsgesetz vom 29. Oktober 1974 (BGBl. I, S. 2879) bereits vor Erlaß des Zustimmungsgesetzes vom 30. April 1975 nachgekommen.

b) Durch das Zustimmungsgesetz ist das Übereinkommen Nr. 132 allerdings nicht innerstaatliches Recht in dem Sinne geworden, daß seine Vorschriften normativ auf alle Arbeitsverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland einwirken mit der Folge, daß die Gerichte für Arbeitssachen entgegenstehende gesetzliche oder kollektiv-rechtliche Bestimmungen oder einzelvertragliche Vereinbarungen nicht zu beachten haben oder wenigstens völkerrechtsfreundlich auszulegen haben. Das folgt aus der Zielsetzung des Übereinkommens und der inhaltlichen Ausgestaltung der Vorschriften. Nur ein die Vorgaben des Übereinkommens ausführendes innerstaatliches Gesetz bindet die nationalen Gerichte bei der Rechtsanwendung. Allein durch ein derartiges Gesetz können subjektive Rechte und Pflichten einzelner begründet werden.

aa) Die Zielsetzung des Übereinkommens ist in Art. 1 beschrieben. Danach sind Bestimmungen durch die innerstaatliche Gesetzgebung durchzuführen, soweit sie nicht durch Gesamtarbeitsverträge, Schiedssprüche, gerichtliche Entscheidungen, amtliche Verfahren zur Lohnfestsetzung oder auf irgendeine andere, den innerstaatlichen Gepflogenheiten entsprechende Art und Weise durchgeführt werden, die unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse jedes Landes geeignet erscheint. Die Vertragsschließenden des Übereinkommens sind somit davon ausgegangen, daß die nachfolgenden Bestimmungen der weiteren Konkretisierung durch die vom jeweiligen nationalen Recht geforderten Transformationsakte bedürfen. In der Bundesrepublik Deutschland geschieht das durch Gesetzgebung der zuständigen Verfassungsorgane. Eine unmittelbare Anwendung der völkervertragsrechtlichen Bestimmungen ("self-executing") haben die Vertragspartner nicht vorgesehen. Das gilt auch für Art. 9 Abs. 1. Diese Bestimmung stellt der nationalen Gesetzgebung lediglich einen Zeitrahmen zur Verfügung, innerhalb dessen der Urlaubsanspruch befristet werden darf. Ein unmittelbarer Anspruch des Arbeitnehmers auf Bestand seines Urlaubs in dem in Art. 9 Abs. 1 genannten zeitlichen Rahmen folgt daraus nicht.

bb) Völkerrechtliche Vertragsbestimmungen können durch ein Zustimmungsgesetz in innerstaatlich unmittelbar anwendbares Recht umgesetzt werden, wenn sie alle Eigenschaften besitzen, welche ein Gesetz nach innerstaatlichem Recht haben muß, um berechtigen oder verpflichten zu können. Die Vertragsbestimmungen müssen nach Wortlaut, Zweck und Inhalt wie innerstaatliche Gesetzesvorschriften rechtliche Wirkungen auslösen können. Nur unter diesen Voraussetzungen entstehen durch das Zustimmungsgesetz für den Staatsbürger verbindliche Rechtsnormen (BVerfGE 29, 348, 360; BGHZ 17, 309, 313). So verhält es sich bei Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens Nr. 132 nicht. Bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift ist nicht zu bestimmen, wann ein Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers erlischt. Er verfällt nicht regelmäßig 18 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres, sondern spätestens. Er kann also auch früher erlöschen. Wann ein solcher Zeitpunkt gegeben ist, legt die Vorschrift nicht fest. Das überläßt sie der innerstaatlichen Rechtssetzung.

c) Die Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 1 und § 7 Abs. 3 BUrlG steht dem Gebot der völkerrechtsfreundlichen Auslegung nicht entgegen. Das Landesarbeitsgericht bezeichnet die Bestimmung des Art. 9 Abs. 1 über den dort genannten Zeitraum von einem Jahr bzw. von 18 Monaten nach Ablauf des Urlaubsjahres ohne Begründung als Mindestbedingung für eine turnusmäßige Sicherstellung der Erholung des Arbeitnehmers. Das Landesarbeitsgericht übersieht dabei, daß durch die Verwendung des Adverbs "spätestens" die Annahme, es sollten Mindestbedingungen festgesetzt werden, nicht zu rechtfertigen ist. Vielmehr folgt aus dieser Formulierung, daß es den Mitgliedstaaten unbenommen bleibt, eine kürzere Befristung des Anspruchs und einen früheren Verfall zu normieren. Soweit sich das Landesarbeitsgericht nicht nur gegen den gegenüber Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens kürzeren Zeitrahmen des § 7 Abs. 3 BUrlG gewendet, sondern gemeint haben sollte, die Auslegung des Abkommens verbiete die Annahme einer Befristung überhaupt, hat es übersehen, daß auch Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens eine Befristung des Urlaubsanspruchs zugrundelegt.

d) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts folgt aus Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens Nr. 132 weder unmittelbar noch nach Auslegung, daß der Urlaubsanspruch im Falle der Unmöglichkeit der Urlaubsverwirklichung wegen Krankheit über den 31. März des auf das Urlaubsjahr folgenden Jahres fortbesteht. Denn die Vorschrift enthält keine Ausnahmeregelung für diese Fälle. Auch wenn den Materialien zum Übereinkommen Nr. 132 zu entnehmen sein sollte, daß Ausnahmen von Art. 9 Abs. 1 in den Fällen als zulässig gelten können, in dem ein Arbeitnehmer wegen Krankheit nicht in der Lage war, seinen Urlaub zu nehmen, kann daraus nicht der Schluß gezogen werden, eine längere Übertragung des Urlaubsanspruchs sei im nationalen Recht erforderlich. Sie sind überdies nicht Inhalt des Übereinkommens geworden. Vielmehr kann daraus nur gefolgert werden, daß Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens grundsätzlich davon ausgeht, daß der Urlaubsanspruch auch in diesen Fällen erlischt, es sei denn, es werden Ausnahmeregelungen getroffen. Das ist in der Bundesrepublik Deutschland nicht geschehen. Die Unmöglichkeit des Urlaubsanspruchs wegen Krankheit ist in § 7 Abs. 3 BUrlG mitgeregelt (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit BAGE 39, 53 = AP Nr. 4 zu § 7 BUrlG Übertragung).

Schließlich kann auch aus der Verwendung des Wortes "für" im Wortlaut der Art. 3 Abs. 3 und Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens kein anderes Auslegungsergebnis für § 1, § 7 Abs. 3 BUrlG hergeleitet werden. Nach Art. 3 Abs. 3 des Übereinkommens darf der Urlaub auf keinen Fall weniger als drei Wochen für ein Urlaubsjahr betragen. Die Vorschrift enthält damit eine Regelung über die Höhe des Urlaubsanspruchs, sagt aber nichts über dessen Bestand aus (das verkennen Kohte, BB 1984, 609, 615 und Künzl, BB 1991, 1630, 1632). Die Formulierung in Art. 9 Abs. 1 "nach Ablauf des Jahres, für den der Urlaubsanspruch erworben wurde" legt den Beginn der Frist fest, innerhalb derer der Urlaubsanspruch zu erfüllen ist. Über den zeitlichen Bestand des Anspruchs sagt sie dagegen nichts aus. Im übrigen können aus der Verwendung des Wortes "für" rechtliche Folgen nicht abgeleitet werden, weil der gemäß Art. 24 des Übereinkommens maßgebende französische und englische Wortlaut von Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens die Worte "pour" und "for" nicht verwendet.

6. Da der Urlaubsanspruch des Klägers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erloschen war, entstand kein Abgeltungsanspruch, dem der Einwand des Rechtsmißbrauchs entgegenzuhalten wäre. Im übrigen ist die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, die Geltendmachung des entstandenen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsanspruchs hänge von der Erfüllung einer Mindestarbeitsleistung im Urlaubsjahr ab, mit dem Gesetz nicht vereinbar.

II. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf tarifliches Urlaubsgeld nach § 17 Nr. 13 MTV. Da das zusätzliche Urlaubsgeld nach dieser Bestimmung mit der Urlaubsvergütung auszuzahlen ist, setzt der Anspruch die Entstehung und den Bestand eines Anspruchs auf Urlaubsentgelt (eventuell auch einer Urlaubsabgeltung) voraus. Da im Streitfall der Urlaubsanspruch erloschen ist und ein Urlaubsabgeltungsanspruch deswegen nicht entstehen konnte, kann auch ein Anspruch auf Zahlung zusätzlichen Urlaubsgelds nicht entstehen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Dr. Leinemann Düwell Dörner

Schwarz Holze

 

Fundstellen

BAGE, 171

BB 1994, 723

BB 1995, 309

BB 1995, 309-311 (LT1-4)

DB 1994, 1088-1089 (LT1-4)

DB 1995, 23-26 (LT1-4)

EBE/BAG 1994, 58-59 (LT1-4)

ARST 1994, 188-189 (LT1-4)

NZA 1994, 802

NZA 1994, 802-804 (LT1-4)

AP § 7 BUrlG (LT1-4), Nr 15

AR-Blattei, ES 1640 Nr 357 (LT1-4)

EuroAS 1994, Nr 4, 12-13 (LT1-4)

EzA-SD 1994, Nr 7, 6-7 (LT1-4)

EzA § 7 BUrlG, Nr 91 (LT1-4)

PersF 1994, 968 (K)

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