Entscheidungsstichwort (Thema)

Tagegeld. Anspruch auf tarifliches Tagegeld in Verbindung mit dem Landesreisekostengesetz NRW. öffentlicher Dienst

 

Orientierungssatz

  • Nach der Bestimmung in § 1 Abs. 2 LRKG NRW, die kraft Tarifbindung oder arbeitsvertraglich über § 32 Abs. 1 BMT-G II für kommunale Arbeiter gilt, wird Reisekostenvergütung ua. für Dienstgänge und Reisen aus besonderem Anlaß geleistet. Der Begriff des Dienstganges ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Satz 1 LRKG NRW. Es handelt sich um Gänge oder Fahrten am Dienstort oder Wohnort zur Erledigung von Dienstgeschäften außerhalb der Dienststätte. Dienststätte ist nach § 2 Abs. 3 LRKG NRW die kleinste organisatorisch abgrenzbare Verwaltungseinheit einer Dienststelle, in der ein Dienstreisender regelmäßig seinen Dienst zu versehen hat.
  • Danach stellt das Reisekostenrecht für den Begriff der Dienststätte nicht allein auf die organisatorische Zuordnung eines Arbeitsortes zu einer Verwaltungseinheit ab, sondern auch darauf, daß dort die geschuldete Arbeitsleistung regelmäßig zu erbringen ist. Tägliche Arbeitseinsätze an unterschiedlichen Einsatzorten aus Anlaß einer Einsatzwechseltätigkeit lösen für sich gesehen einen Anspruch auf Reisekostenvergütung nicht aus.
 

Normenkette

Gesetz über die Reisekostenvergütung der Beamtinnen, Beamten, Richterinnen und Richter des Landes Nordrhein-Westfalen – LRKG NRW 1999 – vom 16. Dezember 1998 (GVBl. NRW S. 738) § 2 Abs. 2; Gesetz über die Reisekostenvergütung der Beamtinnen, Beamten, Richterinnen und Richter des Landes Nordrhein-Westfalen – LRKG NRW 1999 – vom 16. Dezember 1998 (GVBl. NRW S. 738) § 2 Abs. 3; Gesetz über die Reisekostenvergütung der Beamtinnen, Beamten, Richterinnen und Richter des Landes Nordrhein-Westfalen – LRKG NRW 1999 – vom 16. Dezember 1998 (GVBl. NRW S. 738) § 1 Abs. 2; BMT-G II § 32 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Urteil vom 06.12.2001; Aktenzeichen 17 Sa 1241/01)

ArbG Dortmund (Urteil vom 28.06.2001; Aktenzeichen 3 Ca 6713/00)

 

Tenor

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung von Tagegeld.

Der Kläger ist seit dem 13. August 1984 als Kanalunterhaltungsarbeiter bei der beklagten Stadt beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifbindung und kraft einzelvertraglicher Vereinbarung die Bestimmungen des BMT-G II sowie die ergänzenden Tarifverträge Anwendung. In § 32 BMT-G II heißt es:

“(1) Reisekostenvergütungen, Tage- und Übernachtungsgelder, Umzugskostenvergütungen, Umzugskostenbeihilfen, Trennungsgelder, Trennungsentschädigungen und Abwesenheitszuschüsse werden nach den bei den Arbeitgebern jeweils geltenden oder den bezirklich zu vereinbarenden Bestimmungen gewährt.

(2) …”

Die Beklagte wendet die Bestimmungen des jeweils gültigen Landesreisekostengesetzes (LRKG) an. In dem am 1. Januar 1999 in Kraft getretenen Gesetz über die Reisekostenvergütung der Beamtinnen, Beamten, Richterinnen und Richter des Landes Nordrhein-Westfalen – LRKG NRW 1999 – vom 16. Dezember 1998 (GVBl. NRW S. 738) heißt es:

“§ 1

Geltungsbereich

(2) Die Reisekostenvergütung wird geleistet für Dienstreisen, Dienstgänge und Reisen aus besonderem Anlaß. Sie umfaßt

3. Tagegeld für Verpflegungsmehraufwendungen, Aufwandsvergütung (§ 7),

§ 2

Begriffsbestimmungen

(2) Dienstgänge sind Gänge oder Fahrten am Dienstort oder Wohnort zur Erledigung von Dienstgeschäften außerhalb der Dienststätte, die von der zuständigen Behörde schriftlich oder mündlich angeordnet oder genehmigt worden sind. Dem Wohnort steht ein dem vorübergehenden Aufenthalt dienender Ort gleich. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Dienstort ist die Gemeinde, in der sich die Dienststätte der Dienstreisenden befindet. Dienststätte ist die kleinste organisatorisch abgrenzbare Verwaltungseinheit einer Dienststelle, bei der die Dienstreisenden regelmäßig ihren Dienst zu versehen haben. Geschäftsort ist der Ort, an dem das auswärtige Dienstgeschäft zu erledigen ist.

…”

Der Kläger wird arbeitstäglich auf wechselnden Arbeitsorten im Bereich des Kanalnetzes der Beklagten eingesetzt. Er ist im Stadtamt 66/3 – Amt für Tiefbau und Straßenverkehr – der Abteilung der Kanalunterhaltung zugeordnet. Arbeitstäglich fährt er vom Betriebshof H.… aus zu den einzelnen Einsatzorten. Die Kanalunterhaltungsarbeiter der Beklagten sind dafür zuständig, im gesamten Stadtgebiet das Kanalnetz zu reinigen, zu überprüfen sowie im Bedarfsfall zu reparieren. Dienstplanmäßig arbeiten sie von Montag bis Mittwoch jeweils von 6.30 Uhr bis 14.30 Uhr, Donnerstags von 6.30 Uhr bis 14.00 Uhr sowie am Freitag von 6.30 Uhr bis 13.30 Uhr. Sie kleiden sich im Betriebshof an der H.… um, laden die für die Außentätigkeit erforderlichen Gerätschaften in den Einsatzwagen ein und kehren zu diesem Betriebshof am Arbeitsende zurück.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne bei arbeitstäglicher Abwesenheit von mehr als acht Stunden ein Tagegeld in Höhe von 10,00 DM je Arbeitstag beanspruchen. Bei seinen Einsätzen im Kanalnetz der Beklagten handele es sich um Dienstgänge iSv. § 2 LRKG NRW. Der Betriebshof H.… sei eine als organisatorisch abgrenzbare Verwaltungseinheit und damit als Dienststätte anzusehen, von der aus er arbeitstäglich Dienstgänge unternehme. Für den Zeitraum von Januar 2000 bis Dezember 2000 verlangt der Kläger Tagegeld in rechnerisch unstreitiger Höhe von 1.290,00 DM.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.290,00 DM (= 659,57 Euro) nebst 5 % Zinsen über den jeweiligen Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 9. Juni 1998 seit dem 20. Februar 2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung eines Tagegeldes für die Arbeitstage mit Einsätzen von mehr als achtstündiger Dauer außerhalb des Betriebshofs H.… gemäß § 32 Abs. 1 BMT-G II iVm. §§ 1, 2 LRKG NRW. Für das Begehren des Klägers ist eine Anspruchsgrundlage nicht gegeben.

1. Über die arbeitsvertraglich bezogene Vorschrift des § 32 Abs. 1 BMT-G II ist rechtswirksam auf die bei der Beklagten geltenden Vorschriften über Reisekostenvergütungen verwiesen. Das sind mangels spezieller tarifvertraglicher Regelungen die von der Beklagten verwendeten Vorschriften des LRKG NRW vom 16. Dezember 1998. Nach § 1 Abs. 2 LRKG NRW wird Reisekostenvergütung ua. für Dienstgänge und Reisen aus besonderem Anlaß geleistet, die gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 LRKG NRW auch Tagegeld für Verpflegungsmehraufwendungen und Aufwandsvergütung umfaßt. Der Begriff des Dienstganges folgt aus § 2 Abs. 2 Satz 1 LRKG NRW. Danach sind Dienstgänge Gänge oder Fahrten am Dienstort oder Wohnort zur Erledigung von Dienstgeschäften außerhalb der Dienststätte, die von der zuständigen Behörde schriftlich oder mündlich angeordnet oder genehmigt worden sind. Dazu definiert § 2 Abs. 3 LRKG NRW den maßgeblichen Dienststättenbegriff.

2. Die täglichen Arbeitseinsätze des Klägers, die vom Betriebshof H.… erfolgen, sind nicht als Dienstgänge iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 LRKG NRW anzusehen. Dies ergibt eine Auslegung des § 2 Abs. 3 Satz 2 LRKG NRW.

Nach dieser gesetzlichen Begriffsbestimmung ist Dienststätte die kleinste organisatorisch abgrenzbare Verwaltungseinheit einer Dienststelle, bei der die Dienstreisenden regelmäßig ihren Dienst zu versehen haben. Danach stellt das Landesreisekostenrecht nicht allein auf die organisatorische Zuordnung des Arbeitsortes zu einer Verwaltungseinheit ab, sondern verlangt darüber hinaus, daß die geschuldete arbeitsvertragliche Verpflichtung dort auch regelmäßig zu erfüllen ist. Der Betriebshof H.… ist keine Dienststätte in diesem Sinne, weil der Kläger dort während seiner Arbeitszeit nicht regelmäßig seinen Dienst zu leisten hat. Seine Arbeitsleistung hat er an diesem Ort nur in einem geringen Umfang zu erfüllen. Er tritt dort arbeitstäglich seinen Dienst an und bereitet sein Arbeitsfahrzeug für die jeweiligen Einsätze vor, um anschließend seinen arbeitsvertraglichen Hauptpflichten nachzukommen, Kanalunterhaltungsarbeiten an den verschiedenen Einsatzorten innerhalb des gesamten Stadtgebiets durchzuführen. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist darauf angelegt, dauerhaft an verschiedenen Einsatzorten die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Allein diese Besonderheit der Einsatzwechseltätigkeit löst den Anspruch auf Reisekostenvergütung nicht aus.

 

Unterschriften

Schmidt, Dr. Armbrüster, Brühler, Kapitza, H. Markwat

 

Fundstellen

Haufe-Index 980900

NZA 2004, 287

ZTR 2003, 621

PersR 2004, 202

PersV 2004, 198

ZfPR 2004, 46

NJOZ 2004, 752

Tarif aktuell 2003, 12

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