Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsteilübergang. Wartezeit. treuwidrige Kündigung. Voraussetzungen eines Betriebsteilübergangs. Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes. Wartezeit bei Betriebsübergang. Voraussetzungen einer treuwidrigen Kündigung. Betriebsübergang

 

Orientierungssatz

  • Bei einem Betriebsübergang nach § 613a BGB sind die beim Betriebsveräußerer erbrachten Beschäftigungszeiten bei der Berechnung der Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG für eine vom Betriebsübernehmer ausgesprochene Kündigung zu berücksichtigen.
  • Ein Betriebsteilübergang iSv. § 613a BGB setzt voraus, dass ein selbständig übertragbarer Betriebsteil vorliegt. Das verlangt, dass beim Betriebsteilveräußerer bereits ein organisatorisch verselbständigter Betriebsteil gegeben ist, der unter Wahrung seiner Identität beim Betriebsteilerwerber weitergeführt wird.
  • Danach liegt kein Betriebsteilübergang vor, wenn ohne eine solche organisatorische Verselbständigung eine Schwimmtrainerin im Hochleistungssport bei einem anderen Verein denselben Personenkreis in den gleichen Trainingsstätten wie zuvor trainiert.
 

Normenkette

BGB § 613a Abs. 1, § 242; KSchG § 1 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Urteil vom 26.08.2002; Aktenzeichen 7 Sa 252/02)

ArbG Berlin (Urteil vom 29.11.2001; Aktenzeichen 66 Ca 18894/01)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 26. August 2002 – 7 Sa 252/02 – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung in einem befristeten Arbeitsverhältnis.

Die Klägerin ist Schwimmtrainerin im Hochleistungssport. Sie schloss unter dem 31. Januar 1999 mit dem Berliner Schwimmverband e.V. (BSV) einen Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis 31. Dezember 2000 zu einem monatlichen Bruttogehalt von 4.779,46 DM. Am 18. Dezember 2000 vereinbarte sie mit dem Beklagten ein Arbeitsverhältnis als Schwimmtrainerin vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2004. Die monatliche Bruttovergütung wurde auf 4.200,00 DM festgelegt. In Ziff. 5 des Arbeitsvertrages der Parteien heißt es:

“5. Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Während der Laufzeit dieses Arbeitsvertrages gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen.”

Vor und nach dem 1. Januar 2001 trainierte die Klägerin denselben Personenkreis in den gleichen Trainingsstätten.

Mit Schreiben vom 22. Juni 2001, der Klägerin am selben Tage zugegangen, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 31. Juli 2001.

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung. Sie ist der Ansicht, die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung sei in dem befristeten Arbeitsverhältnis nicht vorgesehen. Außerdem liege ein Betriebsübergang auf den Beklagten vor, so dass das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finde. Unter Berücksichtigung des Arbeitsverhältnisses mit dem BSV habe sie die Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG erfüllt. Die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt und treuwidrig.

Die Klägerin hat beantragt festzustellen,

dass ihr Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten nicht durch die Kündigung vom 22. Juni 2001 zum 31. Juli 2001 beendet worden ist.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei wirksam. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses stehe der Kündigung nicht entgegen. Die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung ergebe sich nämlich aus Ziff. 5 des Arbeitsvertrages. Die Kündigung bedürfe keines sozial rechtfertigenden Grundes, da das Kündigungsschutzgesetz im Streitfall nicht anwendbar sei. Ein Betriebs(teil-)übergang habe nicht stattgefunden, so dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum BSV nicht auf den Beklagten übergegangen sei. Die Parteien hätten vielmehr einen neuen Arbeitsvertrag geschlossen; die Aufgaben der Klägerin beginnend ab 1. Januar 2001 seien grundlegend andere gewesen. Die Klägerin habe zukünftige Aufgaben als Nachwuchstrainerin erfüllen und ihre bisherige Aufgabe beenden sollen. Damit habe das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei dem Beklagten noch keine sechs Monate bestanden, so dass es innerhalb der “Probezeit” wirksam habe gekündigt werden können.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Feststellungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage abgewiesen.

  • Das Landesarbeitsgericht hat die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung vom 22. Juni 2001 im Wesentlichen wie folgt begründet:

    Die Kündigung sei nicht schon allein deswegen unwirksam, weil die Parteien für ihr befristetes Arbeitsverhältnis eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit nicht vorgesehen hätten. Diese ergebe sich vielmehr aus Ziff. 5 des Arbeitsvertrages. Eines Kündigungsgrundes nach § 1 KSchG habe es nicht bedurft, da das Arbeitsverhältnis der Parteien zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch nicht länger als sechs Monate bestanden habe, so dass die Klägerin nicht die Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG erfüllt habe. Die beim BSV zurückgelegte Beschäftigungszeit sei auf die Wartezeit nicht anzurechnen, da kein Betriebsteilübergang gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vorgelegen habe. Die Schwimmtrainer mit der von ihnen betreuten Schwimmgruppe stellten keine eigenen Betriebsteile dar. Auch die Trainer selbst seien keine Betriebsteile. Selbst wenn die Klägerin die letzte Kadertrainerin beim BSV gewesen sei, sei der Betrieb Kaderschwimmsport nicht gem. § 613a BGB auf den Beklagten übergegangen. Die Klägerin habe nicht ausreichend vorgetragen, dass der Beklagte die übernommene Schwimmgruppe im Rahmen einer unveränderten Organisation weitertrainieren lasse.

  • Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 22. Juni 2001 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. Juli 2001 aufgelöst.

    1. Die Kündigung ist nicht schon allein deswegen unwirksam, weil die Parteien für ihr befristetes Arbeitsverhältnis eine ordentliche Kündigung nicht vorgesehen hätten. Nach § 15 Abs. 3 des am 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) unterliegt ein befristetes Arbeitsverhältnis nur dann der ordentlichen Kündigung, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist. Die Parteien haben diese Kündigungsmöglichkeit im befristeten Arbeitsvertrag vom 18. Dezember 2000 vereinbart.

    Das Landesarbeitsgericht hat hierzu angenommen, die Kündigungsmöglichkeit ergebe sich aus Ziff. 5 des Arbeitsvertrages. Die dort enthaltene Formulierung “während der Laufzeit dieses Arbeitsvertrages gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen” lasse die Vereinbarung der ordentlichen Kündigung während der Laufzeit des Vertrages in der erforderlichen Weise deutlich werden. Diese Auslegung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

    Bei der auf die besonderen Umstände des Einzelfalles zugeschnittenen Vereinbarung der Ziff. 5 des Arbeitsvertrages handelt es sich um einen sog. atypischen Vertrag. Die Auslegung dieser individuellen Verträge ist grundsätzlich Sache der Tatsachengerichte. Vom Revisionsgericht kann nur geprüft werden, ob bei der Auslegung des Vertrages die Rechtsvorschriften über die Auslegung nach §§ 133, 157 BGB richtig angewandt worden sind, ob dabei gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen und der Tatsachenstoff vollständig verwertet wurde oder eine gebotene Auslegung unterlassen worden ist (st. Rspr., vgl. BAG 18. Februar 1992 – 9 AZR 611/90 – AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 115 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 98, zu II 2c der Gründe; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG § 73 Rn. 16 mwN).

    Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung verletzt weder Denkgesetze noch Erfahrungssätze. Eine andere Auslegungsmöglichkeit ist weder ersichtlich noch geboten. Auch die Revision räumt ein, dass der Hinweis auf die Kündigungsfrist nur Sinn macht, wenn überhaupt eine Kündigungsmöglichkeit besteht. Im Übrigen steht die Regelung der Ziff. 5 unter der Überschrift “Beendigung des Arbeitsverhältnisses”. Es bestehen weder Anhaltspunkte noch hat die Klägerin Umstände vorgetragen, wonach die genannte Vertragsformulierung – wie die Revision nun meint – aus vorformulierten Musterverträgen stammt und versehentlich in den Arbeitsvertrag vom 18. Dezember 2000 aufgenommen wurde.

    2. Die Klägerin beruft sich zu Unrecht darauf, dass die Kündigung gem. § 1 KSchG sozial ungerechtfertigt sei.

    a) Das Kündigungsschutzgesetz findet keine Anwendung auf das gekündigte Arbeitsverhältnis. Die Klägerin war zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 22. Juni 2001 noch keine sechs Monate bei dem Beklagten beschäftigt. Ihre frühere Beschäftigung als Schwimmtrainerin bei dem BSV ist auf die Wartezeit nach § 1 KSchG nicht anzurechnen.

    Zwar sind bei einem Betriebsübergang nach § 613a BGB die beim Betriebsveräußerer erbrachten Beschäftigungszeiten bei der Berechnung der Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG für eine vom Betriebsübernehmer ausgesprochene Kündigung zu berücksichtigen (BAG 27. Juni 2002 – 2 AZR 270/01 – AP KSchG 1969 § 1 Wartezeit Nr. 15 = EzA KSchG § 1 Nr. 55, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Die Klägerin hat die Voraussetzungen eines Betriebs- oder Betriebsteilübergangs vom BSV auf den Beklagten aber nicht dargelegt. Die Klägerin hat damit bei dem Beklagten ab 1. Januar 2001 ein neues Arbeitsverhältnis begründet.

    b) Ein Betriebsübergang iSv. § 613a BGB liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt. Ob ein im Wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Gesamtheit “Betrieb” bei dem neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des konkreten Falles. Zu den maßgeblichen Tatsachen zählen insbesondere die Art des betreffenden Betriebs, der Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter sowie deren Wert und Bedeutung, die Übernahme der immateriellen Betriebsmittel und der vorhandenen Organisation, der Grad der Ähnlichkeit mit der Betriebstätigkeit des bisherigen Inhabers, in betriebsmittelarmen Betrieben die Weiterbeschäftigung der Hauptbelegschaft, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen sowie die Dauer einer eventuellen Unterbrechung der Betriebstätigkeit (st. Rspr. BAG im Anschluss an EuGH 11. März 1997 – Rs C-13/95 [Ayse Süzen] – EuGHE I 1997, 1259 = AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 14 = EzA BGB § 613a Nr. 145: 25. Mai 2000 – 8 AZR 416/99 – BAGE 95, 1 = AP BGB § 613a Nr. 209 = EzA BGB § 613a Nr. 190; zuletzt beispielsweise 16. Mai 2002 – 8 AZR 319/01 – AP BGB § 613a Nr. 237 = EzA BGB § 613a Nr. 210; 8. August 2002 – 8 AZR 583/01 – EzA BGB § 613a Nr. 209). Dabei darf eine Einheit nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln ergeben. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (st. Rspr. BAG im Anschluss an EuGH 11. März 1997 – Rs C-13/95 – aaO: 22. Mai 1997 – 8 AZR 101/96 – BAGE 86, 20, 28 = AP BGB § 613a Nr. 154 = EzA BGB § 613a Nr. 149). In Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden sind, eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Die Wahrung ihrer Identität ist anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hat. Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen Auftragnehmer (Funktionsnachfolger) keinen Betriebsübergang dar (BAG 11. Dezember 1997 – 8 AZR 426/94 – BAGE 87, 296, 299, 300 = AP BGB § 613a Nr. 171 = EzA BGB § 613a Nr. 160; EuGH 20. November 2003 – Rs C-340/01 [Sodexho] – AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 34 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 13).

    c) Der Übergang eines Betriebsteils steht für dessen Arbeitnehmer dem Betriebsübergang gleich. Auch beim Erwerb eines Betriebsteils ist es erforderlich, dass die wirtschaftliche Einheit ihre Identität bewahrt (BAG 26. August 1999 – 8 AZR 718/98 – AP BGB § 613a Nr. 196 = EzA BGB § 613a Nr. 185; 8. August 2002 – 8 AZR 583/01 – EzA BGB § 613a Nr. 209). Bei den übertragenen sächlichen und immateriellen Betriebsmitteln muss es sich um eine organisatorische Untergliederung handeln, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wird, auch wenn es sich nur um eine untergeordnete Hilfsfunktion handelt. § 613a BGB setzt für den Teilbetriebsübergang voraus, dass die übernommenen Betriebsmittel bereits beim früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils hatten (BAG 24. April 1997 – 8 AZR 848/94 – NZA 1998, 253; 11. September 1997 – 8 AZR 555/95 – BAGE 86, 271, 277 f. = AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 16 = EzA BGB § 613a Nr. 153; 13. November 1997 – 8 AZR 52/96 – EzA BGB § 613a Nr. 166; 11. Dezember 1997 – 8 AZR 729/96 – BAGE 87, 303, 305 f. = AP BGB § 613a Nr. 172 = EzA BGB § 613a Nr. 159; 26. August 1999 – 8 AZR 718/98 – aaO; zuletzt 16. Mai 2002 – 8 AZR 319/01 – AP BGB § 613a Nr. 237 = EzA BGB § 613a Nr. 210 und 8. August 2002 – 8 AZR 583/01 – aaO). Betriebsteile, beispielsweise ein Verwaltungsbereich, gehen damit nur dann über, wenn dessen sächliche oder immaterielle Betriebsmittel oder der nach der Zahl und Sachkunde wesentliche Teil des dort beschäftigten Personals übertragen worden sind. Eine bloße Wahrnehmung der gleichen Funktion beim Erwerber mit dessen eigenem Personal reicht für einen Betriebsübergang nicht aus. Voraussetzung ist, dass der entsprechende Bereich beim Veräußerer also organisatorisch verselbständigt ist (BAG 8. August 2002 – 8 AZR 583/01 – aaO).

    d) Bei Anwendung dieser Grundsätze kann im Streitfall weder ein Betriebsnoch ein Betriebsteilübergang angenommen werden.

    Entgegen der Auffassung der Revision war die Klägerin als Schwimmtrainerin in Verbindung mit ihrer Trainingsgruppe kein selbständig übertragbarer Betriebsteil des BSV. Die betreuten Sportler sind zwar Vereinsmitglieder, aber keine Arbeitnehmer des Vereins. Die Trainingsgruppe ist daher keine Arbeitsorganisation im arbeitsrechtlichen Sinne und damit keine wirtschaftliche Einheit, die durch einen Betriebsübergang von einem Erwerber gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übernommen werden könnte. Der Umstand, dass die Klägerin vom Beklagten als Schwimmtrainerin übernommen wurde und zunächst die gleiche Gruppe von Sportlern trainierte wie beim BSV, begründet daher keinen Betriebsübergang. Insoweit besteht lediglich eine Funktionsnachfolge.

    An dieser rechtlichen Beurteilung ändert sich auch dadurch nichts, dass die Klägerin mit ihrer Schwimmgruppe bei dem Beklagten in derselben Schwimmhalle trainierte wie beim BSV. Die Schwimmhalle steht im Eigentum des Landes Berlin. Zwar sind einem Betrieb iSv. § 613a BGB auch solche Gebäude und Einrichtungsgegenstände als sächliche Betriebsmittel zuzurechnen, die nicht im Eigentum des Betriebsinhabers stehen, die diesem aber auf Grund einer mit Dritten getroffenen Nutzungsvereinbarung überlassen sind. Erbringt ein Auftragnehmer dagegen nur eine Leistung mit fremden Einrichtungen innerhalb fremder Räume, ohne dass ihm die Befugnis eingeräumt ist, über Art und Weise der Nutzung der Betriebsmittel in eigenwirtschaftlichem Interesse zu entscheiden, können ihm diese Betriebsmittel nicht als eigene zugerechnet werden (Senat 11. Dezember 1997 – 8 AZR 426/94 – BAGE 87, 296 = AP BGB § 613a Nr. 171 = EzA BGB § 613a Nr. 160). Der Beklagte hat mit der Nutzungsmöglichkeit der Schwimmhalle für die Trainingsgruppe der Klägerin kein eigenwirtschaftlich nutzbares Betriebsmittel erhalten.

    Soweit die Klägerin vorträgt, sie sei die letzte Kadertrainerin beim BSV gewesen, die wie die übrigen Kadertrainer durch den Beklagten vom BSV übernommen wurde, könnte allenfalls ein Betriebsteilübergang durch Übernahme der Arbeitsorganisation der Kadertrainer angenommen werden. Insoweit hat die Klägerin aber nicht vorgetragen, dass die Kadertrainer beim BSV eine selbständige Arbeitsorganisation waren und dies beim Beklagten geblieben sind. Die vorgelegte Dienstanweisung des Beklagten, die sich an alle Trainer richtet, spricht eher gegen eine organisatorische Verselbständigung der Kadertrainer.

    3. Für die Annahme einer treuwidrigen Kündigung bestehen weder Anhaltspunkte noch hat die Klägerin hierzu Umstände vorgetragen.

    a) Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbeschränkung, wobei eine gegen § 242 BGB verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage wegen der Rechtsüberschreitung nach der genannten Rechtsprechung als unzulässig angesehen wird. Welche Anforderungen sich aus Treu und Glauben ergeben, lässt sich nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles entscheiden. Auf dieser rechtlichen Basis hat das Bundesarbeitsgericht § 242 BGB ua. auch in solchen Fällen angewandt, in denen für Kündigungen mangels Wartezeit das Kündigungsschutzgesetz nicht galt (23. Juni 1994 – 2 AZR 617/93 – BAGE 77, 128 = AP BGB § 242 Kündigung Nr. 9 = EzA BGB § 242 Nr. 39, zu II 2b der Gründe mwN). So hat zB der Zweite Senat (23. Juni 1994 – 2 AZR 617/93 – aaO) die Treuwidrigkeit einer Probezeitkündigung bei bestätigten guten Leistungen nur wegen Homosexualität des Arbeitnehmers für möglich gehalten und zur Aufklärung des bestrittenen Sachverhalts den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen und auf die Darlegungs- und Beweislast des gekündigten Arbeitnehmers hingewiesen.

    b) Die Revision rügt ohne Erfolg, die Kündigung vom 22. Juni 2001 sei bereits deshalb als treuwidrig anzusehen, weil der Beklagte im Prozess die Kündigungsgründe nicht ausreichend dargelegt habe. Außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes hat der Arbeitnehmer die von ihm behaupteten Unwirksamkeitsgründe darzulegen und zu beweisen, wobei die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast ihm dies erleichtern können (BAG 21. Februar 2001 – 2 AZR 15/00 – BAGE 97, 92, 101 = AP BGB § 242 Kündigung Nr. 12 = EzA BGB § 242 Kündigung Nr. 1, zu B II 4c der Gründe). Im ersten Schritt muss der Arbeitnehmer einen Sachverhalt vortragen, der die Treuwidrigkeit der Kündigung nach § 242 BGB indiziert, also zB besondere Umstände, die die Kündigung des Arbeitgebers im konkreten Einzelfall als treuwidrig erscheinen lassen. Der Arbeitgeber muss sich dann nach § 138 Abs. 2 ZPO qualifiziert auf diesen Vortrag einlassen. Im Streitfall fehlt es bereits an der Darlegung der Klägerin von besonderen Umständen, die eine Treuwidrigkeit der Kündigung begründen könnten.

    4. Die gem. Ziff. 5 des Arbeitsvertrages iVm. § 622 Abs. 2 BGB maßgebliche Kündigungsfrist ist eingehalten worden.

  • Die Klägerin hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
 

Unterschriften

Hauck, Dr. Wittek, Laux, Bähringer, Lorenz

 

Fundstellen

DB 2004, 1436

NWB 2004, 599

FA 2004, 122

NZA 2004, 845

SAE 2004, 346

AuA 2004, 41

EzA-SD 2004, 3

EzA-SD 2004, 9

EzA

SpuRt 2006, 255

ZMV 2004, 98

NJW-Spezial 2004, 179

GdWZ 2004, 195

GuS 2004, 61

UM 2004, 84

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