Entscheidungsstichwort (Thema)

Wechselschichtarbeit im Pflegedienst. Wechselschichten. Bereitschaftsdienst

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Angestellte leistet auch dann Wechselschichtarbeit im Sinne von § 33a Abs 1 BAT, wenn die tatsächliche Arbeitsleistung in einer Schicht durch Bereitschaftsdienst oder andere Umstände unterbrochen wird (im Anschluß an das Urteil vom 2. Oktober 1996 - 10 AZR 232/96 - NZA 1997, 504).

2. Zu den geforderten "Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen Nachtschicht" zählen nicht die Stunden, in denen der Angestellte lediglich Bereitschaftsdienst leistet.

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Entscheidung vom 11.06.1996; Aktenzeichen 7 Sa 1281/95)

ArbG Gießen (Entscheidung vom 23.05.1995; Aktenzeichen 4 Ca 41/95)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung einer Wechselschichtzulage für die Zeit vom 1. Februar 1993 bis zum 31. Dezember 1994.

Der Kläger ist bei dem Beklagten in der von diesem betriebenen Klinik für gerichtliche Psychiatrie H - Außenstelle G - als Krankenpfleger auf der Station G 3 beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft Tarifbindung der BAT Anwendung.

Auf der Station G 3 werden die Patienten täglich 24 Stunden betreut. Der Einsatz des Pflegepersonals erfolgt nach einem Dienstplan an allen Tagen der Woche in Früh-, Spät- und Nachtschichten. Die Frühschicht dauert von 7.00 Uhr bis 13.00 Uhr, die Spätschicht von 12.00 Uhr bis 19.00 Uhr und die Nachtschicht von 19.00 Uhr bis 7.00 Uhr. An Sonntagen wird nur in einer Tagschicht von 7.00 Uhr bis 19.00 Uhr und in der Nachtschicht gearbeitet. Die Nachtschicht ist so geregelt, daß die beiden im Nachtdienst auf der Station G 3 tätigen Pflegekräfte zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr jeweils zeitversetzt zu einem vierstündigen Bereitschaftsdienst eingeteilt sind.

Der Kläger arbeitete im Klagezeitraum nach dem Dienstplan im Laufe eines Monats in ständig wechselnden Schichten. Für 1993 hat er die Dienstpläne vorgelegt, aus denen sich die zeitliche Lage der einzelnen geleisteten Nachtdienste ergibt. 1994 leistete der Kläger dienstplanmäßigen Nachtdienst in demselben Umfang. Während des innerhalb der Nachtschicht anfallenden Bereitschaftsdienstes mußte sich der Kläger auf der Station G 3 aufhalten und bei Bedarf einsatzfähig und einsatzbereit sein. Für den dienstplanmäßigen Nachtdienst vergütete der Beklagte dem Kläger jeweils acht volle Arbeitsstunden und vier Stunden Bereitschaftsdienst.

Der Beklagte zahlte an den Kläger nur eine monatliche Schichtzulage in Höhe von 90,00 DM brutto.

Der Kläger ist der Ansicht, er habe Anspruch auf eine monatliche Wechselschichtzulage und verlangt für die Zeit vom 1. Februar 1993 bis 31. Dezember 1994 die Differenz zur tariflichen Wechselschichtzulage von 200,00 DM monatlich.

Zur Wechselschichtzulage bestimmt der BAT:

"§ 33 a

Wechselschicht- und Schichtzulagen

(1) Der Angestellte, der ständig nach einem Schichtplan (Dienstplan) eingesetzt ist, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten (§ 15 Abs. 8 Unterabs. 6 Satz 2) vorsieht, und der dabei in je fünf Wochen durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder dienstüblichen Nachtschicht leistet, erhält eine Wechselschichtzulage von DM 200,00 monatlich.

(2) Der Angestellte, der ständig Schichtarbeit (§ 15 Abs. 8 Unterabs. 7) zu leisten hat, erhält eine Schichtzulage, wenn

a) er nur deshalb die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt,

aa) weil nach dem Schichtplan eine Unterbrechung der Arbeit am Wochenende von höchstens 48 Stunden vorgesehen ist oder

bb) weil er durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht nur in je sieben Wochen leistet,

b) die Schichtarbeit innerhalb einer Zeitspanne von mindestens

aa) 18 Stunden

bb) 13 Stunden

geleistet wird.

Die Schichtzulage beträgt in den Fällen des

a) Unterabsatzes 1 Buchst. a 120 DM,

b) Unterabsatzes 1 Buchst. b

aa) Doppelbuchst. aa 90 DM,

bb) Doppelbuchst. bb 70 DM

monatlich.

...

§ 15 Abs. 8 Unterabs. 6

Wechselschichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schichtplan (Dienstplan), der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten vorsieht, bei denen der Angestellte durchschnittlich längstens nach Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht (Nachtschichtfolge) herangezogen wird. Wechselschichten sind wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird.

§ 15 Abs. 8 Unterabs. 7

Schichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schichtplan (Dienstplan), der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Zeitabschnitten vonlängstens einem Monat vorsieht."

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn DM 2.530,00 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 3. Februar 1995 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, der Kläger könne die Wechselschichtzulage nicht verlangen, weil er nicht ununterbrochen in wechselnden Arbeitsschichten gearbeitet habe. Der Nachtdienst sei durch den vierstündigen Bereitschaftsdienst, während dem der Kläger sich lediglich zur Verfügung halten müsse, unterbrochen worden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klagabweisungsantrag weiter, während der Kläger um Zurückweisung der Revision bittet.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten ist teilweise begründet.

I. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Kläger habe im Klagezeitraum sämtliche tariflichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Wechselschichtzulage erfüllt, da er ständig nach einem Dienstplan, welcher einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschicht vorgesehen habe, eingesetzt gewesen sei und dabei in je fünf Wochen durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen Nachtschicht geleistet habe. Die Nachtschicht sei durch den vierstündigen Bereitschaftsdienst nicht unterbrochen worden, da die andere im Nachtdienst eingesetzte Pflegekraft in dieser Zeit Vollarbeit geleistet habe. Auf Belastungsunterschiede stelle die tarifliche Regelung der Wechselschichtzulage in § 33 a Abs. 1 BAT nicht ab.

II. Mit dieser Begründung kann dem Antrag nicht in vollem Umfang stattgegeben werden.

Nach dem vom Landesarbeitsgericht bislang festgestellten Sachverhalt liegen die tariflichen Voraussetzungen für die Wechselschichtzulage nach § 33 a Abs. 1 BAT nicht für alle Monate des Klagezeitraums vor.

1. Der Kläger hat zumindest einen Anspruch auf eine Wechselschichtzulage für die Monate Februar bis Mai, Juli und Oktober bis Dezember 1993. Für diesen Zeitraum erfüllt er die Voraussetzungen für die Gewährung der Wechselschichtzulage, nicht dagegen für die Monate Juni, August und September 1993.

a) Ein Anspruch auf eine Wechselschichtzulage nach § 33 a Abs. 1 BAT besteht nur, wenn der Kläger ständig nach einem Schichtplan eingesetzt war, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in "Wechselschichten" vorsah und wenn er dabei in fünf Wochen durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht geleistet hat. Dabei sind "Wechselschichten" nach § 15 Abs. 8 Unterabs. 6 Satz 2 BAT, auf den § 33 a Abs. 1 BAT ausdrücklich Bezug nimmt, wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird. § 33 a Abs. 1 BAT verlangt somit, daß zum einen im Arbeitsbereich des Angestellten Wechselschichtdienst i.S.d. § 15 Abs. 8 Unterabs. 6 BAT eingerichtet ist und zum anderen der Angestellte tatsächlich Wechselschichtarbeit leistet.

b) Bei dem Beklagten werden die Pflegekräfte auf der Station, in welcher auch der Kläger tätig war, nach einem Dienstplan an allen Tagen der Woche in Früh-, Spät- und Nachtschichten eingesetzt, die Patienten also täglich 24 Stunden betreut. Auch wird dort in wechselnden Arbeitsschichten gearbeitet. Der von dem Beklagten innerhalb des Nachtdienstes für einzelne Pflegekräfte angeordnete vierstündige Bereitschaftsdienst führt nicht zu einer schädlichen Unterbrechung der Wechselschicht i.S.d. tariflichen Wechselschichtbegriffs. § 33 a Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 8 Unterabs. 6 Satz 2 BAT stellt nämlich dafür, ob "Wechselschichten" vorliegen, nur darauf ab, ob im Arbeitsbereich des Angestellten ununterbrochen von Arbeitnehmern eine Arbeitsleistung erbracht wird. Nicht jedoch kommt es darauf an, ob der einzelne Angestellte "rund um die Uhr" arbeitet.

Dies folgt aus einer sachgerechten Auslegung der tariflichen Vorschriften.

aa) Bei der Auslegung eines Tarifvertrages ist in erster Linie auf den Wortlaut abzustellen. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Dabei ist über den reinen Tarifwortlaut hinaus der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, sofern und soweit er in der tariflichen Regelung seinen Niederschlag gefunden hat (BAG Urteil vom 12. September 1984 - 4 AZR 336/82 - BAGE 46, 308 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung, m.w.N.). Bei der Tarifauslegung ist auf den Gesamtzusammenhang abzustellen und darauf Bedacht zu nehmen, daß sie zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG Urteil vom 20. April 1983 - 4 AZR 497/8O - BAGE 42, 244 = AP Nr. 2 zu § 21 TVAL II).

bb) Aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 8 Unterabs. 6 Satz 2 BAT ergibt sich das Erfordernis einer ununterbrochenen Tätigkeit der einzelnen Angestellten für das Vorliegen von "Wechselschichten" nicht. Erforderlich ist nach dem Wortlaut dieser Vorschrift, daß an allen Kalendertagen "rund um die Uhr" gearbeitet wird. Das Merkmal "ununterbrochen" bezieht sich nur auf den Arbeitsbereich des Angestellten (so auch Crisolli/Ramdohr/Sieber/Meid, Das Tarifrecht der Angestellten im öffentlichen Dienst, Teil I, § 33 a Anm. 2; Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann/Pühler, BAT, Bd. I, § 33 a Erl. 3). Die in der Literatur teilweise vertretene Ansicht (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Bd. II Teil I, § 33 a Erl. 2 a), daß der Angestellte selbst "rund um die Uhr" arbeiten müsse, findet im Wortlaut der tariflichen Regelung keine Stütze.

Eine solche Voraussetzung folgt auch nicht aus dem Sinn und Zweck der tariflichen Regelung. Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 23. Juni 1993 (- 10 AZR 127/92 - AP Nr. 1 zu § 34 BAT) entschieden hat, wird durch die Wechselschichtzulage nach § 33 a Abs. 1 BAT alleine die sich aus der Arbeit in Wechselschicht und aus der Ableistung einer bestimmten Mindestzahl von Arbeitsstunden in der Nachtschicht ergebende Belastung vergütet.

Diese Erschwernis ist auch gegeben, wenn der Angestellte innerhalb einer Arbeitsschicht Bereitschaftsdienst leistet, sofern er die von § 33 a Abs. 1 BAT geforderten Mindestarbeitsstunden in der Nachtschicht erbracht hat. Würde man das Merkmal "ununterbrochen" - so wie der Beklagte - dahingehend auslegen, daß in Fällen, in denen innerhalb einer zu leistenden Schicht Bereitschaftsdienst angeordnet wird, nicht ununterbrochen bei Tag und Nacht gearbeitet wird und damit keine Wechselschicht vorliegt, würde dies dem Sinn und Zweck der Wechselschichtzulage als "Erschwerniszulage" nicht gerecht. Ein regelmäßiger Wechsel der täglichen Arbeitszeit, der erheblich auf den Lebensrhythmus einwirkt und dadurch zu Erschwerungen führt, liegt auch in diesem Fall vor. Für das Vorliegen von Wechselschichten ist nicht erforderlich, daß in allen Schichten der Arbeitsanfall gleich groß ist und deshalb in jeder Schicht die gleiche Anzahl von Angestellten arbeitet (BAG Urteil vom 18. Mai 1994 - 10 AZR 391/93 - AP Nr. 4 zu § 33 a BAT). Anders ist es nur, wenn in einem bestimmten Arbeitsbereich für alle Mitarbeiter nur Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst angeordnet wird. Dann liegt keine Wechselschicht vor (vgl. Crisolli/Ramdohr/Sieber/Meid, aaO; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, aaO, § 33 a Erl. 2 a; Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann/Pühler, BAT, Bd. I, § 33 a Erl. 3; Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, 3. Aufl., § 33 a Rz 6), da es dann einen Zeitraum gibt, in dem im Arbeitsbereich überhaupt nicht gearbeitet wird und somit eine Unterbrechung der wechselnden Arbeitsschichten gegeben ist.

Soweit der Beklagte auf konkrete Belastungsunterschiede für den einzelnen Angestellten abstellt, kommt es darauf nicht an. Wie der Senat bereits in seinen Entscheidungen vom 2. Oktober 1996 (- 10 AZR 232/96 - n.v. und - 10 AZR 233/96 - n.v.) ausgeführt hat, soll durch die Schichtzulagen des § 33 a BAT die generelle Belastung durch die Schichtarbeit honoriert werden, die im wesentlichen in den unterschiedlichen, den Lebensrhythmus bestimmenden Wechselschichten zum Ausdruck kommt, ungeachtet einzelner konkreter Belastungsfaktoren. Daran ist auch für den vorliegenden Fall festzuhalten.

Die tarifliche Bestimmung ist daher so auszulegen, daß "Wechselschichten" i.S.d. § 15 Abs. 8 Unterabs. 6 Satz 2 BAT schon dann vorliegen, wenn in dem Arbeitsbereich des Angestellten ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird, die Arbeit also zu keinem Zeitpunkt stillsteht. Ohne Bedeutung ist insoweit, wie das LAG zu Recht erkannt hat, daß die Arbeit eines einzelnen Angestellten durch Bereitschaftsdienst unterbrochen ist. Fehlt es an einer solchen ununterbrochenen Arbeitsleistung im Betrieb oder Arbeitsbereich des Angestellten, weil zu bestimmten Zeiten im Betrieb oder Arbeitsbereich überhaupt keine Arbeitsleistung durch Arbeitnehmer erbracht wird, so liegt bei Arbeit nach einem Schichtplan (Dienstplan), der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Zeitabschnitten von längstens einem Monat vorsieht, lediglich "Schichtarbeit" i.S.d. § 15 Abs. 8 Unterabs. 7 BAT vor (vgl. BAG Urteile vom 2. Oktober 1996, aaO).

c) In der Station G 3, auf der der Kläger eingesetzt war, wurde in "Wechselschichten" i.S.d. § 15 Abs. 8 Unterabs. 6 Satz 2 BAT gearbeitet. Daß der Kläger während der Nachtschicht teilweise nur Bereitschaftsdienst leistete, ändert daran nichts. Auch der Angestellte, der während einer der drei Schichten nur Bereitschaftsdienst leistet oder aus anderen Gründen keine volle Arbeitsleistung erbringen muß, ist den Belastungen ausgesetzt, die ein ständiger Wechsel der Arbeitszeiten mit sich bringt und zu deren Ausgleich die Wechselschichtzulage gezahlt wird.

d) Geht man von diesem Verständnis aus, erfüllte der Kläger für die Monate Februar bis Mai, Juli und Oktober bis Dezember 1993 die Anspruchsvoraussetzungen für eine Wechselschichtzulage nach § 33 a Abs. 1 BAT, da er nach den vorgelegten Dienstplänen auf der Station G 3 während dieses Zeitraums im regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten eingesetzt wurde und durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen Nachtschicht in je fünf Wochen geleistet hat.

In den Monaten Juni, August und September 1993 erfüllt der Kläger die tariflichen Voraussetzungen dagegen nicht. Entgegen den knappen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu den tatsächlich vom Kläger geleisteten Nachtschichtstunden hat der Kläger in diesen Monaten nicht die nach § 33 a Abs. 1 BAT erforderliche Zahl von "Arbeitsstunden" in der Nachtschicht geleistet. Das ergibt sich aus den vom Kläger vorgelegten Dienstplänen.

Ob einem Angestellten eine Wechselschichtzulage zusteht, ist für jeden Monat neu zu entscheiden (BAG Urteil vom 18. Mai 1994 - 10 AZR 391/93 - AP Nr. 4 zu § 33 a BAT). Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 7. Februar 1996 - 10 AZR 203/94 - AP Nr. 9 zu § 33 a BAT) ist für die Durchschnittsberechnung für jeden Monat darauf abzustellen, ob der Angestellte in den dem Monatsende vorausgehenden zehn Wochen 80 Stunden tatsächlich in der dienstplanmäßigen Nachtschicht gearbeitet hat. Dabei kann betriebseinheitlich entweder auf die dem Monatsende vorausgegangenen letzten 70 Kalendertage oder die letzten zehn vollen Kalenderwochen abgestellt werden.

e) Für die Monate Juni, August und September 1993 ergibt die Auswertung der vorgelegten Dienstpläne des Klägers nach beiden Berechnungsmethoden, daß er in je fünf Wochen weniger als 40 Nachtschichtstunden geleistet hat. Dabei ist, so wie in den Dienstplänen des Klägers auch angegeben und von dem Beklagten berechnet, während einer dienstplanmäßigen Nachtschicht von acht geleisteten Nachtschichtstunden auszugehen. Zur Ermittlung der für eine Wechselschichtzulage nach § 33 a Abs. 1 BAT erforderlichen "Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen Nachtschicht" können nur die Stunden berücksichtigt werden, in denen der Kläger außerhalb des Bereitschaftsdienstes innerhalb der Nachtschicht tatsächlich gearbeitet hat.

Der vierstündige Bereitschaftsdienst kann bei der Berechnung der Nachtarbeitsstunden nicht berücksichtigt werden. Der Bereitschaftsdienst stellt keine volle Arbeitsleistung dar (Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann/Pühler, aaO, § 15 Erl. 24). Bereitschaftsdienst liegt nach § 15 Abs. 6 a Satz 1 BAT vor, wenn der Arbeitnehmer sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten hat, um im Bedarfsfalle die Arbeit aufzunehmen. Der Bereitschaftsdienst unterscheidet sich von der Arbeitsbereitschaft u.a. dadurch, daß der Bereitschaftsdienst Leistende zur Arbeit aufgefordert werden muß; während der Arbeitsbereitschaft Leistende von sich aus tätig zu werden hat. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen kann auf der Station G 3 eine Pflegekraft während des Bereitschaftsdienstes schlafen. Sie kommt nur dann zum Einsatz, wenn sie zur Arbeit aufgefordert wird. Da aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt, handelt es sich vorliegend um Bereitschaftsdienst, § 15 Abs. 6 a Satz 2 BAT.

Hätten die Tarifvertragsparteien auch Bereitschaftsdienst bei der Ermittlung der in der Nachtschicht geleisteten Arbeit i.S.d. § 33 a Abs. 1 BAT mitberücksichtigen wollen, hätten sie dies im Tarifvertrag klargestellt.

Da der BAT zwischen Bereitschaftsdienst und der Leistung von Arbeit unterscheidet (vgl. § 15 Abs. 6 a BAT), ist aus der in § 33 a Abs. 1 BAT verwendeten Formulierung "40 Arbeitsstunden in der ... Nachtschicht leistet" zu schließen, daß Bereitschaftsdienst gerade nicht mitzuberücksichtigen ist.

Das ergibt auch der Zweck der in § 33 a Abs. 1 BAT geregelten Wechselschichtzulage.

Durch diese soll einmal die besondere Belastung abgegolten werden, die sich aus einem ständigen Wechsel der Arbeitszeit ergibt. Auch dient sie dazu, die Belastung durch eine Arbeit in der Nachtschicht auszugleichen. Sie stellt daher auf den Umfang dieser Arbeit in der Nachtschicht, auf die "geleisteten Arbeitsstunden" ab. Sie beträgt 200,00 DM, wenn der Angestellte mindestens 40 Stunden Nachtschichtarbeit in durchschnittlich 5 Wochen leistet, und nur 120,00 DM, wenn diese Stundenzahl erst in durchschnittlich 7 Wochen erreicht wird.

Während eines Bereitschaftsdienstes leistet der Angestellte aber keine Arbeit, deren Beschwernis durch die Wechselschichtzulage mit ausgeglichen werden soll.

2. Ob der Kläger im Jahre 1994 tatsächlich Wechselschichtarbeit im behaupteten Umfange geleistet hat, kann mangels ausreichender tatrichterlicher Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht abschließend beurteilt werden.

Die Vorinstanzen haben die erforderliche Zahl von "Arbeitsstunden" in der Nachtschicht nicht bindend festgestellt. Dienstpläne für 1994, aus denen diese zu entnehmen wären, sind nicht vorgelegt worden. Der Rechtsstreit ist insoweit nicht entscheidungsreif. Die Feststellung des Arbeitsgerichts, daß der Kläger im Jahr 1994 Nachtdienste im gleichen Umfang geleistet hat wie im Jahr 1993, auf die das Landesarbeitsgericht Bezug genommen hat, ist nicht ausreichend. Da für jeden Monat einzeln zu entscheiden ist, ob dem Angestellten eine Wechselschichtzulage zusteht, ist es erforderlich, die genaue zeitliche Lage der einzelnen vom Kläger geleisteten Nachtschichten festzustellen.

Demnach war der Rechtsstreit bezüglich der Entscheidung über die für das Jahr 1994 eingeklagten Wechselschichtzulagen zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

Matthes Hauck Böck

Hromadka N. Schuster

 

Fundstellen

Haufe-Index 519012

BB 1997, 1420 (Leitsatz 1-2)

DB 1997, 2622 (Leitsatz 1-2)

EBE/BAG Beilage 1997, Ls 152/97 (Leitsatz 1-2)

AiB Telegramm 1998, 8 (Leitsatz 1-2)

ARST 1997, 188 (Leitsatz 1)

NZA 1997, 1179

NZA 1997, 1179-1181 (Leitsatz 1-2 und Gründe)

AP § 33a BAT (Leitsatz 1-2 und Gründe), Nr 14

ArbuR 1997, 335 (Leitsatz 1-2)

EzBAT § 33a BAT, Nr 15 (Leitsatz 1-2 und Gründe)

MedR 1997, 416 (Leitsatz)

KHuR 1998, 35

PflR 1998, 7

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