Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristetes Arbeitsverhältnis mit Studenten

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Befristung von Arbeitsverträgen mit Studenten, die neben ihrem Studium bezahlte Beschäftigungsmöglichkeiten suchen, ihre Erwerbstätigkeit aber immer wieder den wechselnden Erfordernissen ihres Studiums anpassen müssen, ist im Arbeitsleben üblich und sachlich gerechtfertigt.

 

Normenkette

BGB § 620

 

Verfahrensgang

LAG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 19.01.1989; Aktenzeichen 6 Sa 582/88)

ArbG Lübeck (Entscheidung vom 15.09.1988; Aktenzeichen 1 Ca 1415/88)

 

Nachgehend

BVerfG (Urteil vom 24.09.1990; Aktenzeichen 1 BvR 938/90)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit besteht, ob dieses Arbeitsverhältnis infolge einer von der Klägerin als unwirksame Änderungskündigung angesehenen Erklärung der Beklagten sein Ende gefunden hat und ob der Klägerin Ansprüche auf Arbeitsentgelt, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bzw. Zuschuß zum Mutterschaftsgeld zustehen.

Die im Jahre 1949 geborene Klägerin studierte Geschichts- und Literaturwissenschaften an der Universität Hamburg. Zur Zeit der Klageerhebung (Juli 1988) befand sie sich im 31. Semester. Während ihres Studiums arbeitete die Klägerin im Druckereibetrieb der Beklagten als Arbeiterin.

Die Beklagte setzt in ihrer Druckerei neben den ständig und vollschichtig beschäftigten Arbeitnehmern Arbeitskräfte ein, mit denen sie jeweils eine Woche vorher Schichten für die folgende Woche vereinbart. Bei den derart eingesetzten Arbeitnehmern handelt es sich vor allem um Studenten. Diese rufen bei der Beklagten an und fragen, ob sie in der darauffolgenden Woche arbeiten können. Die Beklagte entscheidet dann, ob und welche Schichten sie jeweils anbietet. Sind die derart angebotenen Schichten von dem Studenten angenommen worden, so ist die Ableistung der Schichten und deren Bezahlung für beide Seiten verbindlich.

Die Klägerin hat auf diese Weise ihre erste Schicht am 29. Oktober 1983 angenommen. Sie wurde bis zum 27. April 1988 immer wieder bei der Beklagten tätig, nachdem jedesmal in der oben beschriebenen Weise die Ableistung der Schichten vereinbart worden war. Die Beklagte rechnete den Lohn der Klägerin monatlich ab. In den schriftlichen Lohnabrechnungen, die die Klägerin für die Monate September 1987 bis März 1988 vorgelegt hat, sind u. a. folgende Angaben ausgedruckt: Personalnummer, Berufsgruppe, Eintrittsdatum, Geburtsdatum, Stundenlohn, Steuerklasse, Abrechnungsart sowie für den jeweiligen Monat die Tagesdaten der einzelnen Arbeitseinsätze, die eigentliche Lohnabrechnung, der im Kalenderjahr verdiente Gesamtbruttobetrag und die Daten unter der Rubrik "Beschäftigt von - bis" für das jeweils laufende Kalenderjahr einschließlich des letzten Abrechnungsmonats. Die Beklagte verwahrte die Lohnsteuerkarte der Klägerin und führte die auf den jeweiligen Monatsverdienst der Klägerin berechneten Beträge für Lohn- und Kirchensteuern ab. Sozialversicherungsbeiträge wurden mit Rücksicht auf die studentische Versicherung der Klägerin nicht abgeführt. Die Klägerin nahm an den Betriebsratswahlen im Betrieb der Beklagten und an dortigen Betriebsversammlungen teil und erhielt die Zeit der Teilnahme an Betriebsversammlungen von der Beklagten vergütet.

Die Klägerin hat seit dem 27. April 1988 nicht mehr bei der Beklagten angerufen, um zu Arbeitsschichten eingeteilt zu werden.

Anfang Juni 1988 erhielt die Beklagte ein auf den 1. Juli 1988 datiertes Schreiben der Klägerin, in dem es heißt:

"... hiermit teile ich Ihnen mit, daß ich schwanger

bin. Der mutmaßliche Tag der Entbindung wird

der 5. Oktober 1988 sein.

Ich habe seit dem 27. April 1988 urlaubsbedingt

keine Schichten mehr angenommen. Ab sofort möch-

te ich wieder arbeiten. Wegen der Beschäftigungs-

verbote der §§ 4, 8 MuSchG gehe ich jedoch davon

aus, daß eine Weiterbeschäftigung unzulässig ist.

Gemäß § 11 MuSchG sind sie verpflichtet, den

Durchschnittsverdienst weiterzuzahlen, der nach

meiner Berechnung DM 1.510,63 monatlich beträgt.

Im übrigen bitte ich Sie, für meine Urlaubszeit

vom 27. April 1988 bis jetzt ebenfalls den Durch-

schnittsverdienst gemäß § 11 BUrlG an mich zu

zahlen. Der Durchschnittsverdienst der letzten 13

Wochen vor meinem Urlaub betrug nach meiner Be-

rechnung monatlich DM 1.506,02.

Bei der Berechnung der Durchschnittsverdienste

sind eventuelle Lohnerhöhungen noch nicht mit

berücksichtigt worden.

Ich hoffe, daß Sie für meine Situation Verständnis

haben und sich bald bei mir melden werden."

Unter dem 29. Juni 1988 schrieb die Beklagte an die Klägerin u. a. wie folgt:

"... hiermit bestätigen wir den Eingang Ihres Schrei-

bens vom 19. Juni d.J. sowie des erbetenen

Schwangerschaftsattestes. Der von Ihnen für das

Attest verauslagte Betrag ist sicherlich in der

Zwischenzeit auf Ihrem Konto eingegangen.

Seit einiger Zeit haben Sie, wie Sie uns in Ihrem

bei uns am 3. d.M. eingegangenen Schreiben mitteil-

ten, aus urlaubsbedingten Gründen keine Schichten

mehr angenommen.

Nach Vorlage des Schwangerschaftsattestes haben wir

für Sie andere Aufgaben vorgesehen. Es bestand und

besteht für Sie die Möglichkeit, nach direkter Ab-

sprache mit Herrn Peter S , an mehreren

Wochentagen in der Zeit von ca. 12.00 bis 16.00 Uhr

Aufgaben, die mit der Bearbeitung von Versandpapieren

im Zusammenhang stehen, wahrzunehmen. Diese im

Sitzen zu verrichtende Tätigkeit könnte von Ihnen bis

zum Eintritt des Beschäftigungsverbotes, 6 Wochen vor

der Entbindung, ausgeübt werden."

Unter dem 23. Juli 1988 schrieb wiederum die Klägerin an die Beklagte:

"... für Ihr Schreiben vom 11. Juli 1988 und das wie-

derholte Angebot einer anderen Beschäftigung

danke ich Ihnen.

Leider kann ich ihr Angebot wegen der ungünsti-

gen Arbeitszeit nicht annehmen. Mein Studium er-

fordert, daß ich an Werktagen tagsüber die Uni-

versität besuche. Daher habe ich bisher auch nur

nachts und an Sonn- und Feiertagen gearbeitet.

Nur in Ausnahmefällen habe ich Schichten ange-

nommen, bei denen ich von 12.00 bis 16.00 Uhr

arbeiten mußte. Der Grund lag zumeist darin, daß

ich anderenfalls gut bezahlte Schichten nicht er-

halten hätte. Zudem habe ich die Tagesschichten

auch nur dann angenommen, wenn sie entweder

7,5 Stunden dauerten, oder erst um 15.00 Uhr be-

gannen. Somit war an den Tagen, an denen ich

die Universität nicht besuchen konnte, der Ver-

dienst höher. Bei Arbeitsbeginn 15.00 Uhr konnte

ich wenigstens vormittags meinem Studium nach-

gehen.

Nach Ihrer nur sehr groben Beschreibung der mir

jetzt angebotenen Tätigkeit gehe ich im übrigen

davon aus, daß eine derartige Beschäftigung in

meinem Arbeitsvertrag nicht vorgesehen ist, so

daß die von Ihnen gewünschte Umsetzung einer

Änderungskündigung bedarf."

Am 29. September 1988 ist die Klägerin von ihrem Sohn entbunden worden.

Mit ihrer am 6. Juli 1988 eingereichten Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, daß sie sich in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten befindet und daß dieses Arbeitsverhältnis durch das als Änderungskündigung anzusehende Schreiben der Beklagten vom 29. Juni 1988 nicht aufgelöst worden ist. Außerdem macht sie Zahlungsansprüche für die Zeit vom 22. Juni 1988 bis zum 20. Januar 1989 geltend. Zur Begründung hat sie vorgetragen:

Zwischen ihr und der Beklagten sei ein Dauerarbeitsvertrag abgeschlossen worden, der u. a. vorgesehen habe, daß die Beklagte die Einzelschichten gemäß § 315 BGB habe festlegen sollen. Beide Parteien hätten den Willen gehabt, einen Dauerarbeitsvertrag mit der Verpflichtung zu schließen, derart Arbeit auf Abruf zu leisten. Die Beklagte habe einen festen Bewerberkreis für solche Arbeitsschichten. Ihr - der Klägerin - seien Schichten auch dann zugewiesen worden, wenn sich andere um dieselbe Schicht beworben hätten. Allerdings habe die Beklagte bisher regelmäßig zum Ausdruck gebracht, daß mit den bei ihr beschäftigten Studenten ein Arbeitsverhältnis im herkömmlichen Sinne auf unbestimmte Zeit nicht bestehe. Indessen ergebe sich aus den tatsächlichen Umständen der Wille der Beklagten zum Abschluß eines solchen Vertrages. Deren gegenteiligen Äußerungen stellten einen unbeachtlichen geheimen Vorbehalt oder eine Scheinerklärung dar. Sie - die Klägerin - habe auch ein schutzwürdiges Interesse an einem Dauerarbeitsverhältnis. Einkünfte in Höhe von über 1.000,-- DM netto im Monat seien ihre Existenzgrundlage und ermöglichten ihr die Fortsetzung ihres Studiums. Sie könne sich bei ihrem Studium der Geschichts- und Literaturwissenschaften die Studienzeiten weitgehend frei einteilen, wenn gesichert sei, daß sie tagsüber Bibliotheken besuchen könne. Dementsprechend habe die Arbeitszeit überwiegend abends oder nachts oder an Wochenenden gelegen. Seit fünf Jahren sei die Lage der Schichten gegenseitig abgestimmt worden. Ein weitergehendes Interesse, das Studium mit Arbeit zu verbinden, habe bei ihr nicht bestanden. Die von der Beklagten vorgenommene Befristung der Arbeitsverhältnisse auf jeweils eine Woche oder den konkreten Arbeitseinsatz werde dem von der Beklagten unterstellten Interesse von Studenten, sich möglichst nur für kurze Zeit zu binden, nicht gerecht.

Die Klägerin, die zunächst auch noch die Zahlung von - im Juni unstreitig gezahltem - Urlaubsentgelt für die Zeit vom 28. April bis 1. Juni 1988 verlangt hatte, ist der Ansicht, die Beklagte schulde ihr für die Zeit vom 2. Juni 1988 bis 23. August 1988 Mutterschutzlohn einschließlich Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, sodann für die Dauer der Mutterschutzfristen Zuschuß zum Mutterschaftsgeld, anschließend wiederum Verzugslohn bis zum 20. Januar 1989 in Höhe der zuletzt gestellten Zahlungsanträge.

Die Klägerin hat - nach mehrfacher Teilrücknahme bzw. Erweiterung ihrer angekündigten oder im ersten Rechtszug gestellten Anträge - im Berufungsrechtszug zuletzt beantragt:

I. Es wird festgestellt, daß zwischen der

Klägerin und der Beklagten ein unbefriste-

tes Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist.

II. Es wird festgestellt, daß das Arbeitsver-

hältnis der Parteien durch die Änderungskün-

digung der Beklagten vom 29. Juni 1988 nicht

aufgelöst wurde.

III. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin

5.045,54 DM Bruttoarbeitslohn nebst 8,25 %

Zinsen auf

DM 739,41 seit dem 22.6.1988 sowie auf weitere

DM 792,23 seit dem 07.7.1988 sowie auf weitere

DM 792,23 seit dem 22.7.1988 sowie auf weitere

DM 792,23 seit dem 05.8.1988 sowie auf weitere

DM 714,58 seit dem 05.8.1988 sowie auf weitere

DM 792,23 seit dem 22.8.1988 sowie auf weitere

DM 52,82 seit dem 07.9.1988 zu zahlen.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin

weitere DM 1.488,64 netto nebst 8,25 % Zinsen

auf

DM 114,94 seit dem 07.09.1988 sowie auf weitere

DM 492,60 seit dem 07.10.1988 sowie auf weitere

DM 503,44 seit dem 07.11.1988 sowie auf weitere

DM 377,66 seit dem 07.12.1988 zu zahlen.

V. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin

weitere 4.330,88 DM Bruttoarbeitslohn nebst

8,25 % Zinsen auf

DM 1.584,45 seit dem 22.11.1988 sowie auf weitere

DM 369,74 seit dem 07.12.1988 sowie auf weitere

DM 792,23 seit dem 22.12.1988 sowie auf weitere

DM 792,23 seit dem 06.01.1989 sowie auf weitere

DM 792,23 seit dem 20.01.1989 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat erwidert, zwischen den Parteien sei es nicht zu einem Dauerarbeitsverhältnis gekommen. Die Klägerin sei nicht verpflichtet gewesen, mit ihr - der Beklagten - stets neue Vereinbarungen über die Leistung von Arbeitsschichten oder Einsatzzeiten einzugehen. Vielmehr sei jeweils für den einzelnen Einsatz ein Arbeitsvertrag geschlossen worden, der aber keine Wirkungen darüber hinaus gehabt habe. Die sogenannten Unständigen, zu denen auch die Klägerin gehöre, fragten bei ihr - der Beklagten - an, ob sie in der darauffolgenden Woche arbeiten könnten. Dann biete sie jeweils konkret Arbeitsschichten bzw. Einsätze an. Wenn die unständige Kraft zusage, komme jeweils für den Arbeitseinsatz ein Arbeitsvertrag zustande. Die Klägerin habe stets selbst entscheiden können, ob sie von ihrem Angebot zur Leistung bestimmter Schichten Gebrauch mache oder nicht und ob die angebotenen Schichten mit ihrer Studienplanung in Einklang zu bringen seien. Jeweils im Einzelfall habe die Klägerin dann ihr Vertragsangebot angenommen oder nicht. Andererseits habe sie - die Beklagte - sich gegenüber der Klägerin auch nicht verpflichtet, dieser überhaupt Schichten anzubieten. Sie habe auch nie den Willen gehabt, mit der Klägerin ein auf Dauer angelegtes Arbeitsverhältnis einzugehen, sondern immer nur für eine Woche oder einen konkreten Einsatz ein Schichtarbeitsverhältnis begründen wollen und dies gegenüber der Klägerin auch stets zum Ausdruck gebracht.

Aus der tatsächlichen Handhabung ergebe sich nichts anderes. Die Teilnahme an Betriebsversammlungen ändere daran nichts. Zudem habe ein sachlicher Grund für die Befristung der einzelnen Arbeitsverhältnisse vorgelegen; denn die Befristungen hätten dem überwiegenden Interesse der Klägerin als Studentin und der Studentenschaft insgesamt entsprochen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin, die ihren Tatsachenvortrag zur Vereinbarung von Arbeitsschichten für den 9. und 10. August 1988 nicht aufrechterhält, ihre Anträge weiter, während die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das ihre Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts mit Recht zurückgewiesen.

A. Der Antrag auf Feststellung, daß zwischen der Klägerin und der Beklagten ein unbefristeter Arbeitsvertrag zustandegekommen sei, ist nicht begründet. Die Parteien haben keinen unbefristeten Arbeitsvertrag, sondern jeweils befristete Arbeitsverträge abgeschlossen. Die Befristung des letzten dieser Arbeitsverträge ist wirksam. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

I. Ein unbefristetes Dauerarbeitsverhältnis haben die Parteien nicht vereinbart.

Daß eine ausdrückliche Vereinbarung dieser Art getroffen worden wäre, hat die Klägerin selbst nicht behauptet. Aber auch durch schlüssiges Verhalten ist ein Arbeitsvertrag auf unbestimmte Zeit nicht zustande gekommen. Das Verhalten der Parteien läßt nicht darauf schließen, daß sie sich über die jeweils verabredeten Wocheneinsätze hinaus auf unbestimmte Zeit arbeitsvertraglich binden wollten, insbesondere also die Klägerin gegenüber der Beklagten verpflichtet sein sollte, auf Dauer ein bestimmtes Maß an Arbeit zu leisten, sei es daß diese Arbeitsleistung von vornherein festgelegt worden wäre, sei es daß der Beklagten insoweit ein Leistungsbestimmungsrecht gemäß § 315 BGB zustehen sollte. Für die Annahme eines derartigen auf Dauer angelegten Bindungswillens der Parteien fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten.

Entgegen der Ansicht der Klägerin läßt sich aus der Aufbewahrung ihrer Lohnsteuerkarte bei der Beklagten, aus den monatlichen Lohnabrechnungen und den darin enthaltenen Angaben, aus der Zahlung von Urlaubsvergütung und zusätzlichem Weihnachtsgeld und aus ihrer Teilnahme an Betriebsversammlungen nicht entnehmen, die Parteien hätten sich arbeitsvertraglich auf unbestimmte Zeit binden wollen. Eine solche Handhabung liegt auch bei häufig wiederkehrenden, jeweils kurzzeitig befristeten Arbeitsverhältnissen nahe und spricht deshalb nicht ohne weiteres für ein unbefristetes Dauerarbeitsverhältnis. Einer derartigen Annahme steht hier aber vor allem entgegen, daß die Beklagte der Klägerin stets erklärt hat, sie begründe mit ihr kein Arbeitsverhältnis auf Dauer. Bei diesen Erklärungen der Beklagten handelt es sich nicht etwa, wie die Klägerin meint, um rechtlich unbeachtliche Scheinerklärungen oder geheime Vorbehalte. Um einen geheimen Vorbehalt handelt es sich bereits deshalb nicht, weil die Klägerin selbst behauptet, die Beklagte habe entsprechende Erklärungen ausdrücklich abgegeben. Es handelt sich aber auch nicht um Scheinerklärungen. Vielmehr stimmen diese Erklärungen der Beklagten mit den vom Landesarbeitsgericht festgestellten unstreitigen Umständen, die zu den jeweiligen wöchentlichen Einsätzen der Klägerin bei der Beklagten führten, überein. Danach ging die Initiative zur Anbahnung der jeweiligen konkreten, auf die Schichten einer Woche bezogenen Arbeitsverhältnisse nicht von der Beklagten aus, sondern von den bei ihr unständig beschäftigten Studenten. Diese fragten jeweils telefonisch bei der Beklagten an, ob sie in der darauffolgenden Woche bei ihr arbeiten könnten. Die Beklagte entschied dann, ob und welche Schichten sie anbot. Erst wenn der Student ein solches konkretes Angebot annahm, war er zur Leistung der damit versprochenen Dienste verpflichtet. So verhielt es sich auch bei der Klägerin.

II. Haben die Parteien hiernach jeweils befristete Arbeitsverträge abgeschlossen, so ist ihr Arbeitsverhältnis mit Ablauf des letzten befristeten Vertrages am 27. April 1988 ohne Kündigung zu Ende gegangen, wenn die Befristungsvereinbarung wirksam war. Das ist hier der Fall, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist bei mehreren aneinandergereihten befristeten Arbeitsverträgen grundsätzlich nur die Befristung des letzten Arbeitsvertrags auf ihre sachliche Rechtfertigung hin zu prüfen. Ob die vorangegangenen Verträge wirksam befristet waren, ist grundsätzlich unerheblich. Durch den vorbehaltlosen Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages stellen die Parteien ihr Arbeitsverhältnis auf eine neue Rechtsgrundlage, die fortan für ihre Rechtsbeziehungen allein maßgeblich sein soll. Des neuen Arbeitsvertrages hätte es nicht bedurft, wenn die Befristung des vorangegangenen Vertrages unwirksam gewesen wäre, sich die Parteien deshalb bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befunden hätten und sie dieses hätten aufrecht erhalten wollen. Ein unbefristetes und ein befristetes Arbeitsverhältnis mit sonst gleichem Inhalt können nicht nebeneinander bestehen; beide schließen sich gegenseitig aus. Deshalb liegt in dem vorbehaltlosen Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrags zugleich notwendig die Auflösung eines früheren unbefristeten Arbeitsverhältnisses (BAGE 49, 73, 79, 80; 50, 298, 307; 51, 319, 323, 324 = AP Nr. 97, 100 und 103 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAG Urteil vom 21. Januar 1987 - 7 AZR 265/85 - AP Nr. 4 zu § 620 BGB Hochschule).

Der letzte Arbeitsvertrag ist derjenige, den die Parteien befristet bis zum 27. April 1988 abgeschlossen haben. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Klägerin nach dem 27. April 1988 nicht mehr bei der Beklagten angerufen, um zu Arbeitsschichten eingeteilt zu werden. Damit unterliegt der gerichtlichen Befristungskontrolle nur der auf diesen Zeitpunkt befristete Arbeitsvertrag.

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit dem Beschluß des Großen Senats vom 12. Oktober 1960 - GS 1/59 - (BAGE 10, 65 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses nach § 620 BGB grundsätzlich möglich. Wird jedoch dem Arbeitnehmer durch die Befristung der Schutz zwingender Kündigungsschutzbestimmungen entzogen, so bedarf die Befristung eines sie rechtfertigenden sachlichen Grundes. Fehlt es an einem sachlichen Grund für die Befristung, so liegt eine objektiv funktionswidrige und deshalb mißbräuchliche Vertragsgestaltung vor mit der Folge, daß sich der Arbeitgeber auf die Befristung nicht berufen kann.

Im vorliegenden Falle kann mit dem Landesarbeitsgericht davon ausgegangen werden, daß der Klägerin durch die Befristung ihres Arbeitsvertrages der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz entzogen wird. Zwar bestand der letzte für die Befristungskontrolle maßgebliche Arbeitsvertrag der Parteien - ebenso wie auch jeweils die vorangegangenen Arbeitsverträge - nur eine Woche, während der Kündigungsschutz nach § 1 Abs. 1 KSchG erst eingreift, wenn das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat. Auf die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG sind jedoch die Zeiten eines früheren Arbeitsverhältnisses mit demselben Arbeitgeber anzurechnen, wenn das neue Arbeitsverhältnis in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem früheren Arbeitsverhältnis steht. Für den engen sachlichen Zusammenhang kommt es insbesondere auf den Anlaß und die Dauer der Unterbrechung sowie auch auf die Art der Weiterbeschäftigung an (zusammenfassend: BAG Urteil vom 10. Mai 1989 - 7 AZR 450/88 - AP Nr. 7 zu § 1 KSchG 1969 Wartezeit, zu II c aa der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt).

Das Landesarbeitsgericht hat einen solchen engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang des letzten Arbeitsverhältnisses mit den vorangegangenen Arbeitsverhältnissen der Parteien angenommen und ihn aus der Regelmäßigkeit des Einsatzes der Klägerin und aus dem Umfang ihrer Heranziehung hergeleitet. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wird auch von der Beklagten nicht in Frage gestellt.

3. Das Landesarbeitsgericht hat die Befristung als sachlich gerechtfertigt angesehen, weil die Eingehung solcher auf kurze Zeit befristeten Arbeitsverträge im Interesse der Klägerin wie auch der übrigen Studenten bei der Beklagten liege, die ihre Interessen an einer vernünftigen Durchführung des Studiums einerseits und an der Erzielung von Einkünften andererseits miteinander in Einklang bringen müßten. Das ist zutreffend.

Bei der Prüfung, ob ein sachlich rechtfertigender Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags vorliegt, ist auch auf die Üblichkeit im Arbeitsleben und darauf abzustellen, was verständige und verantwortungsbewußte Parteien zu vereinbaren pflegen (BAGE 10, 65, 72 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu C 3 der Gründe). Wiederholte, auf den jeweiligen Einsatz befristete Arbeitsverhältnisse mit Studenten wie hier bei der Klägerin sind im Arbeitsleben weitgehend üblich. Studenten können und wollen sich zu Beginn ihrer Beschäftigung nicht von vornherein auf Dauer auf einen bestimmten zeitlichen Umfang der von ihnen zu erbringenden Arbeitsleistungen festlegen, weil sie die Arbeitsleistung jeweils mit den wechselnden Erfordernissen ihres Studiums in Einklang bringen müssen und sie sich deshalb nicht auf unbestimmte oder längere Zeit an eine feste Arbeitszeit binden können. Sie wollen und müssen insoweit frei bleiben. Von daher ist auch kein Raum für die Annahme, ein Student wolle dem jeweiligen Arbeitgeber das Recht einräumen, den jeweiligen Umfang seiner Arbeitspflicht einseitig gemäß § 315 BGB zu bestimmen. Wegen der wechselnden Inanspruchnahme durch das Studium können Studenten immer nur für einen begrenzten Zeitraum übersehen, in welchem Umfang und zu welchen Zeiten sie sich neben ihrem Studium noch arbeitsvertraglich binden können. Eine konkrete vertragliche Festlegung erfolgt deshalb in der Regel nur kurzfristig und auch nur für einen überschaubaren Zeitraum. Dies hat das Bundesarbeitsgericht schon mehrmals entschieden, so z. B. für studentische Nachtwachen in Krankenhäusern und für studentische Krankenpflegehilfen (BAG Urteile vom 18. August 1982 - 7 AZR 353/80 - und vom 13. Februar 1985 - 7 AZR 345/82 -, beide nicht veröffentlicht). In beiden Fällen waren die Studenten über Jahre hinweg immer wieder befristet für jeweilige Nachtwachen bzw. Pflegedienstschichten, die im nächsten Monat lagen, angestellt worden. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

Gemessen hieran erweist sich die Befristung auch des letzten Arbeitsvertrags der Parteien auf die in der Woche bis zum 27. April 1988 geleisteten Schichten als wirksam. Die Klägerin ist eine studentische Arbeitskraft. Die Tatsache, daß sie zuletzt bereits im 31. Semester studierte, ändert hieran nichts. Sie hat trotz der langen Dauer ihre Studien ernsthaft betrieben und sich im Juni 1988 zur Magisterprüfung gemeldet. Gerade dies zeigt, daß die Klägerin in besonderem Maße darauf angewiesen war, im Interesse der Durchführung ihres Studiums nur kurzfristig Arbeitsverhältnisse für einen jeweils begrenzten, überschaubaren Zeitraum einzugehen. Auch das Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 23. Juli 1988 macht das Interesse der Klägerin an der Durchführung ihres Studiums deutlich. Darin teilte sie der Beklagten mit, sie könne deren Angebot einer geänderten Beschäftigung wegen der ungünstigen Arbeitszeit nicht annehmen, weil ihr Studium erfordere, tagsüber Bibliotheken zu besuchen. Daher habe sie bisher nur nachts oder an Sonn- und Feiertagen und nur ausnahmsweise tagsüber an Werktagen gearbeitet. Soweit die Klägerin nachträglich geltend macht, ihre Interessen würden sich ändern, hat das Landesarbeitsgericht zu Recht darauf hingewiesen, daß künftige, sich möglicherweise ändernde Interessen der Klägerin nicht geeignet sind, die Wirksamkeit der vorherigen Befristung ihres Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten in Frage zu stellen.

War das Arbeitsverhältnis der Parteien mithin wirksam bis zum 27. April 1988 befristet, so hat es an diesem Tage durch Fristablauf sein Ende gefunden.

B. Das Landesarbeitsgericht hat auch die weiteren Anträge, die auf die Feststellung der Unwirksamkeit einer Änderungskündigung sowie auf Zahlung von Brutto- und Nettobeträgen gerichtet sind, zu Recht abgewiesen.

I. Der Antrag auf die Feststellung, daß das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die Änderungskündigung der Beklagten vom 29. Juni 1988 nicht aufgelöst worden sei, ist unbegründet. Entgegen der Ansicht der Klägerin stellt das Schreiben der Beklagten keine Änderungskündigung dar. Eine Änderungskündigung des Arbeitgebers liegt nur vor, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigt und er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen anbietet (vgl. § 2 Satz 1 KSchG). Diese Voraussetzungen sind durch das Schreiben der Beklagten vom 29. Juni 1988 nicht erfüllt. Es enthält keine Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sondern mit Rücksicht auf die Schwangerschaft der Klägerin nur das Angebot, daß die Klägerin künftig nach näherer Absprache Aufgaben wahrnehmen könne, die mit der Bearbeitung von Versandpapieren zusammenhängen und im Sitzen verrichtet werden können.

Am 29. Juni 1988 hat zwischen den Parteien zudem kein Arbeitsverhältnis bestanden, das durch das Schreiben der Beklagten hätte "geändert" werden können. Wie dargelegt wurde, hat das letzte Arbeitsverhältnis der Parteien infolge seiner Befristung nur bis zum 27. April 1988 bestanden.

II. Auch hinsichtlich der Zahlungsanträge ist die Klage nicht begründet.

1. Im Antrag auf Zahlung von Bruttoarbeitslohn in Höhe von insgesamt 9.376,42 DM nebst Zinsen ist ein Betrag von 714,58 DM brutto enthalten. Ihn hat die Klägerin als zusätzliches "Urlaubsgeld" bezeichnet, wobei sie den Anspruch hierauf aus § 3 Abs. 10 Ziff. 5 b des Lohnrahmentarifvertrags der Druckindustrie herleitet. Das Vorbringen der Klägerin ist nicht schlüssig. Es bleibt völlig unklar, inwieweit ihr ein derartiger tarifvertraglicher Anspruch zustehen soll. Die Klägerin hat weder dargelegt, daß der Tarifvertrag kraft beiderseitiger Tarifbindung zwingend anzuwenden sei (vgl. § 3 TVG) noch daß die Anwendung des Tarifvertrags insgesamt oder auch nur hinsichtlich dieser tarifvertraglichen Einzelbestimmung zwischen den Parteien arbeitsvertraglich vereinbart worden sei. Zudem ist nicht nachvollziehbar, wie die Klägerin diesen Betrag errechnet hat.

2. In dem Bruttobetrag von 9.376,42 DM ist ferner eine Forderung über 1.584,45 DM enthalten, die die Klägerin als "Weihnachtsgeld" bezeichnet. Auch insoweit ist nicht ersichtlich, auf welcher Rechtsgrundlage der Klägerin eine derartige Forderung zustehen soll. Die Behauptung der Klägerin, die Beklagte zahle "regelmäßig ein Weihnachtsgeld, so auch für das Jahr 1988", vermag einen solchen Anspruch nicht zu begründen; denn die Klägerin stand schon seit dem 27. April 1988 nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten. Zwar hat die Beklagte erklärt, daß sie studentischen Hilfskräften, die ihr am 23. November des Jahres noch zur Verfügung stehen, Weihnachtsgeld zahle. Die Klägerin hat aber nicht vorgetragen, daß diese Voraussetzung bei ihr vorlag, daß sie also der Beklagten noch am 23. November 1988 für weitere Einsätze zur Verfügung stand.

3. Einschließlich der Frage der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sind alle weiteren Bruttoforderungen der Klägerin wie auch die Forderung auf Zuschuß zum Mutterschaftsgeld, die sie netto einklagt, schon deshalb unbegründet, weil zwischen den Parteien zu der Zeit, für die diese Forderungen erhoben werden, ein Arbeitsverhältnis nicht mehr bestanden hat. Die Forderungen werden für die Zeit ab 2. Juni 1988 bis 20. Januar 1989 geltend gemacht. Zuletzt haben die Parteien aber am 27. April 1988 in einem Arbeitsverhältnis gestanden.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Dr. Seidensticker Dr. Steckhan Schliemann

Ruppert Lappe

 

Fundstellen

Haufe-Index 441166

BAGE 65, 86-98 (LT1)

BAGE, 86

BB 1990, 1907

BB 1990, 1907-1909 (LT1)

DB 1990, 1874 (LT1)

EBE/BAG 1990, 140-143 (LT1)

EzB BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag, Nr 32 (LT1)

ARST 1990, 183-186 (LT1)

EWiR 1990, 1073 (L1)

NZA 1991, 18-20 (LT1)

RdA 1990, 314

RzK, I 9a Nr 56 (LT1)

ZAP, EN-Nr 747/90 (S)

ZTR 1990, 483-484 (L1)

AP § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag (LT1), Nr 136

AR-Blattei, ES 1810 Nr 3 (LT1)

AR-Blattei, Werkstudent Entsch 3 (LT1)

EzA § 620 BGB, Nr 107 (LT1)

EzBAT, SR 2y BAT Nr 31 (LT1)

MDR 1990, 1143 (LT1)

PersR 1990, 342 (L1)

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