Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung von Vorruhestandsgeld

 

Leitsatz (amtlich)

  • Hat ein Arbeitgeber bei der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes einen Antrag auf Anerkennung des Anspruchs auf Erstattung von Vorruhestandsleistungen gestellt und hat die Kasse einen Vorbescheid erlassen, in dem die Erstattungspflicht dem Grunde nach anerkannt wird, so kann sie später keine Einwendungen gegen die Erstattungspflicht dem Grunde nach erheben. Anerkennungsantrag und Vorbescheid ergeben einen Schuldbestätigungsvertrag.
  • Die Begrenzung der Erstattungspflicht der Zusatzversorgungskasse durch einen späteren abändernden Tarifvertrag von 100 vH auf 90 vH der Vorruhestandsleistungen ist wirksam.
 

Normenkette

VRG § 2; BGB § 780; TVG § 1 Tarifverträge: Bau; Tarifvertrag über den Vorruhestand im Baugewerbe (Vorruhestandstarifvertrag) vom 26. September 1984 § 10; Tarifvertrag über das Verfahren für den Vorruhestand im Baugewerbe (TV Vorruhestandsverfahren) vom 12. Dezember 1984 §§ 5-6; Tarifvertrag zur Änderung des Tarifvertrages über den Vorruhestand im Baugewerbe vom 17. Dezember 1985 § 10; ZPO §§ 256-257

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Urteil vom 21.12.1987; Aktenzeichen 14 Sa 367/87)

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 14.01.1987; Aktenzeichen 7 Ca 2672/86)

 

Tenor

  • Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 21. Dezember 1987 – 14 Sa 367/87 – aufgehoben, soweit es das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert hat.
  • Die Berufungen der Klägerin und des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 14. Januar 1987 – 7 Ca 2672/86 – werden zurückgewiesen.
  • Im übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
  • Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte 9/10 und die Klägerin 1/10.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Erstattung von Vorruhestandsleistungen, die sie ihrem ehemaligen Prokuristen erbracht hat.

Die Klägerin betreibt eine Bauunternehmung. Sie ist kraft Organisationszugehörigkeit an die Tarifverträge des Baugewerbes gebunden. Der Beklagte ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes, die für die Bauwirtschaft auch die Aufgaben einer Ausgleichskasse nach dem VRG erfüllt.

Bei der Klägerin war seit 1964 der im Jahre 1926 geborene Prokurist H… als leitender Angestellter beschäftigt. Anfang 1985 prüften die Arbeitsvertragsparteien, ob H… in den Vorruhestand nach dem Tarifvertrag über den Vorruhestand im Baugewerbe (Vorruhestandstarifvertrag, im folgenden VRTV-Bau) vom 26. September 1984 versetzt werden könne. Als leitender Angestellter war er vom Geltungsbereich des VRTV-Bau ausgenommen (§ 1 Abs. 3 Satz 2); dagegen war für die Belegung der Wartezeiten mit Beschäftigungszeiten unerheblich, welcher Arbeitnehmergruppe er angehörte. Am 9. Mai 1985 teilte der Beklagte der Klägerin zu Händen des Prokuristen H… mit:

“Fällt ein ehemaliger GmbH-Geschäftsführer aber bei Antragstellung unter den persönlichen Geltungsbereich, so stellt sich die Frage, ob die Wartezeit nach § 2 Abs. 2 Buchstabe b – d Vorruhestandstarifvertrag erfüllt wird.

Als Wartezeit kann nur die Tätigkeitszeit in Betrieben des Baugewerbes anerkannt werden, in denen die Personen abhängig beschäftigt waren und somit grundsätzlich der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlagen.

Sofern Sie uns einen Nachweis beibringen, daß in diesem Zeitraum Sozialversicherungspflicht bestand, bestehen bei uns grundsätzlich keine Bedenken gegen die Anerkennung dieser Zeit als Wartezeit.”

Zum 1. Oktober 1985 wurde die Prokura H… widerrufen; er wurde hinfort nur noch als technischer Angestellter beschäftigt. Am 24. Oktober 1985 beantragte er bei der Klägerin die Zahlung von Vorruhestandsgeld. Diese beantragte nach dem Tarifvertrag über das Verfahren für den Vorruhestand im Baugewerbe (TV-Vorruhestandsverfahren) vom 12. Dezember 1984 die Erstattung der aufzubringenden Vorruhestandsleistungen. § 6 dieses Tarifvertrages lautet:

“§ 6

Vorbescheid und Ablehnungsbescheid

  • Die ZVK-Bau hat dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen, daß der Erstattungsanspruch dem Grunde nach besteht (Vorbescheid), wenn die Wartezeitvoraussetzungen bis zum Ablauf des Tages vor dem beantragten Beginn des Vorruhestandes erfüllt sein können. Der Bescheid ergeht unter dem Vorbehalt, daß die Wartezeiten des § 2 Abs. 2 Vorruhestandstarifvertrag bis zum Beginn des Vorruhestandes erfüllt werden.
  • Können die Anspruchsvoraussetzungen bis zum Ablauf des Tages vor dem beantragten Beginn des Vorruhestandes nicht erfüllt sein, so ist dem Arbeitgeber mitzuteilen, daß kein Erstattungsanspruch besteht (Ablehnungsbescheid).
  • …”

Im Vorbescheid vom 12. Dezember 1985 teilte der Beklagte der Klägerin mit:

“Wir teilen Ihnen mit, daß der in Betreff genannte Arbeitnehmer die Voraussetzungen für den Bezug von Vorruhestandsgeld bei ununterbrochenem Verbleib in Ihrem Betrieb/Unternehmen bis zum beantragten Vorruhestandsbeginn erfüllt. Sie können daher im Rahmen der einschlägigen tarifvertraglichen Bestimmungen Vorruhestandsgeld an den Arbeitnehmer zahlen und die Erstattung der von Ihnen erbrachten Vorruhestandsleistungen bei uns beantragen.

Nach den uns vorliegenden Unterlagen kann dem Arbeitnehmer längstens bis zum 31.05.1989 Vorruhestandsgeld gezahlt werden. …”

Am 29. Januar 1986 beantragte die Klägerin die Erstattung der Vorruhestandsleistungen für H…, der am 1. Februar 1986 in den Vorruhestand trat und von K… nach B… umzog. Der Beklagte lehnte am 3. Februar 1986 die Erstattung ab, weil H… die Wartezeit nicht erfüllt habe. Dabei berief er sich auf den am 17. Dezember 1985 abgeschlossen Tarifvertrag zur Änderung des Tarifvertrages über den Vorruhestand im Baugewerbe (VR-ÄndTV). In diesem Änderungstarifvertrag ist vorgesehen, daß nur noch solche Arbeitnehmer vorruhestandsberechtigt sind, die unmittelbar vor Beginn des Vorruhestands mindestens zwölf Monate als vom Geltungsbereich des Tarifvertrages erfaßte Arbeitnehmer dem Betrieb angehört haben. Ferner wurde die Erstattungspflicht des Beklagten auf 90 v. H. der erbrachten Vorruhestandsleistungen begrenzt, wenn der Vorruhestand nach dem 31. Dezember 1985 beginnt. Der VR-ÄndTV wurde auf den im Bundesanzeiger am 28. Dezember 1985 veröffentlichten Antrag am 22. Februar 1986 rückwirkend zum 1. Januar 1986 für allgemeinverbindlich erklärt. Seit dem 1. Oktober 1986 erstattet der Beklagte die Vorruhestandsleistungen in Höhe von 90 v. H.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, daß dem nicht kraft Organisationszugehörigkeit tarifgebundenen H… und ihr der VR-ÄndTV nicht entgegengehalten werden könne, weil die rückwirkend erfolgte Allgemeinverbindlicherklärung unwirksam sei. Der VR-ÄndTV habe nicht mehr in bereits erwachsene Rechtspositionen eingreifen können. Unabhängig davon sei aber durch den Vorbescheid ein Erstattungsanspruch begründet worden. Sie habe im Vertrauen auf den Vorbescheid Vermögensdispositionen getroffen. Ein anderer Mitarbeiter sei in die Stelle H… aufgerückt. Der Versetzung in den Vorruhestand hätte sie nicht zugestimmt, wenn sie gewußt hätte, daß nur 90 v. H. der Vorruhestandsleistungen erstattet würden.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihr ab 1. Februar 1986 monatlich 4.200,-- DM an den früheren Arbeitnehmer Hans H… ausgezahlte Vorruhestandsgelder zu erstatten.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, der VR-ÄndTV habe mit Rücksicht auf die Veröffentlichung des Antrages am 28. Dezember 1985 rückwirkend für allgemeinverbindlich erklärt werden können. Dem Vorbescheid komme nur die Bedeutung einer unverbindlichen Auskunft zu.

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 90 v.H. entsprochen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat es zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zum Teil begründet. Die Klägerin kann 90 v.H. der von ihr an H… erbrachten Vorruhestandsleistungen erstattet verlangen.

I. Die Feststellungsklage, mit der die Klägerin ihr Zahlungsbegehren verfolgt, ist zulässig. Nach § 256 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger an der Feststellung ein rechtliches Interesse hat. Die Klägerin begehrt die Feststellung der Zahlungsverpflichtung der Beklagten ab 1. Februar 1986. Hieran hat sie wegen des bestehenden Streits ein rechtliches Interesse. Dem Feststellungsbegehren steht nicht entgegen, daß sie bei Klageerhebung im Mai 1986 bereits auf zukünftige Leistung hätte klagen können (§ 257 ZPO). Macht ein Kläger Ansprüche für Vergangenheit und Zukunft geltend, ist er nicht genötigt, die in der Vergangenheit fällig gewordenen Ansprüche mit der Leistungsklage zu verfolgen und allein wegen der zukünftig fällig werdenden Feststellungsklage zu erheben. Soweit eine Klage auf künftige Leistung in Betracht kommt, steht diese einem Feststellungsinteresse nicht entgegen (BAG Urteil vom 11. Oktober 1988 – 3 AZR 639/86 – AP Nr. 1 zu § 5 VRG, zu I der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen). Da das Gericht über den einheitlichen Anspruch entscheiden muß, verbietet die Prozeßökonomie nicht, die Gesamtforderung im Wege der Feststellungsklage zu verfolgen.

II. Der Beklagte muß vom 1. Februar 1986 bis zum 30. September 1986 die Vorruhestandsleistungen in Höhe von 90 v. H. erstatten. Dagegen ist die Klage unbegründet, soweit die Klägerin mehr als 3.780, -- DM verlangt.

1. Nach § 10 Abs. 1 VRTV-Bau hat der Beklagte als Ausgleichskasse die Vorruhestandsleistungen zu erstatten, wenn der Arbeitgeber aufgrund der Tarifverträge zur Erbringung von Vorruhestandsgeld verpflichtet ist.

a) Die Erstattungspflicht des Beklagten wird nur ausgelöst, wenn der Arbeitgeber aufgrund der tariflichen Vorschriften zur Erbringung von Vorruhestandsleistungen verpflichtet ist. In § 10 Abs. 1 VRTV-Bau wird nach Grund und Höhe auf die tariflichen Anspruchs- und Berechnungsvorschriften verwiesen. In dem in Bezug genommenen § 5 VRTV-Bau wird der tarifliche Anspruch angesprochen.

b) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß H… die Voraussetzungen für die Gewährung von Vorruhestandsgeld nach dem VRTV-Bau erfüllte. Dies wird auch von dem Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Dagegen erfüllte H… nicht mehr die Voraussetzungen für den Bezug des Vorruhestandsgeldes nach dem VR-ÄndTV, weil er vor Versetzung in den Vorruhestand nicht mindestens ein Jahr vom tariflichen Geltungsbereich erfaßt war. Ob die Beteiligten an diese Tarifänderung infolge der Allgemeinverbindlicherklärung des VR-ÄndTV gebunden sind, kann unentschieden bleiben. Der Beklagte kann sich wegen seiner Erstattungspflichten gegenüber der Klägerin nicht auf die Tarifänderung berufen, weil die Erstattungspflicht durch den Vorbescheid vom 12. Dezember 1985 dem Grunde nach festgelegt worden ist.

2. Der Vorbescheid enthält einen Schuldbestätigungsvertrag, von dem der Beklagte nicht mehr einseitig abrücken kann.

Ein Schuldbestätigungsvertrag ist dann gegeben, wenn ein bestehendes Schuldverhältnis bestätigt und dem weiteren Streit der Parteien entzogen werden soll, indem bestehende oder auch noch erwachsende Einwendungen dem Schuldner abgeschnitten werden (BGH Urteile vom 10. Januar 1984 – IV ZR 64/82 – VersR 1984, 383, 384 und vom 17. November 1969 – VII ZR 83/67 – NJW 1970, 321, 322). Dabei kann ein Schuldbestätigungsvertrag im allgemeinen nur angenommen werden, wenn zwischen den Parteien zuvor Streit oder Ungewißheit über das Bestehen der Schuld oder einzelne rechtserhebliche Punkte besteht. Ob ein Schuldbestätigungsvertrag vorliegt, ist durch Auslegung der beiderseitigen Willenserklärungen zu ermitteln.

In dem Vorbescheid vom 12. Dezember 1985 heißt es ausdrücklich, daß H… die Voraussetzungen für den Bezug von Vorruhestandsgeld erfüllt, wenn er bis zum geplanten Vorruhestandsbeginn in den Diensten der Klägerin verbleibt. Der in Satz 2 des Vorbescheides enthaltene Vorbehalt, im Rahmen der einschlägigen tarifvertraglichen Bestimmungen Vorruhestandsgeld zu erstatten, bezieht sich allein auf die Höhe der Leistungen, nicht aber auf die Verpflichtung dem Grunde nach. Die Verpflichtung zur Erstattung folgt bereits aus dem Vorbescheid. Sie ergibt sich aber auch aus dem Verfahrensablauf.

Nach § 5 TV-Vorruhestandsverfahren hat der Arbeitgeber zunächst den Antrag auf Anerkennung der Erstattungspflicht zu stellen. In diesem Antrag ist die Wartefrist für die erforderliche Betriebszugehörigkeit darzulegen; die erforderlichen Belege sind beizufügen. Der Beklagte hat darauf nach § 6 TV-Vorruhestandsverfahren einen Vorbescheid zu erlassen, der entweder auf Anerkennung der Erstattungspflicht oder auf Ablehnung lauten kann. Dem von dem Beklagten eingereichten Gutachten des Professors Dr. W. kann nicht gefolgt werden, bei dem Vorbescheid oder dem Ablehnungsbescheid handele es sich um unverbindliche Auskünfte. Wenn der Beklagte nur eine unverbindliche Auskunft zu erteilen brauchte, reichte es aus, wenn er ein Merkblatt oder den VRTV-Bau übersenden würde. Anerkennung und Ablehnung der Erstattungspflicht sind keine unverbindlichen Auskünfte, sondern rechtsgeschäftliche Erklärungen, die bei der häufig schwierigen und unsicheren Beurteilung der sozialversicherungsrechtlichen Daten des Arbeitnehmers dem Arbeitgeber die Entscheidung über die Eingehung eines Vorruhestandsvertrages mit dem Arbeitnehmer erleichtern sollen.

Auch der Zweck der Regelung ergibt, daß dem Vorbescheid ein rechtlich erheblicher Erklärungswert zukommt. Der Arbeitgeber muß mit seinem Arbeitnehmer einen Vorruhestandsvertrag abschließen, einen anderen Arbeitnehmer einstellen und das Ausmaß seiner finanziellen Belastung kalkulieren und mögliche Erstattungen berechnen. Dies alles ist nur möglich, wenn verbindliche Erklärungen abgegeben werden.

Die Wirksamkeit des Vorbescheides wird auch durch den VR-ÄndTV nicht berührt. Der Schuldbestätigungsvertrag bleibt bestehen und bindet die Parteien.

3. Die Klage ist unbegründet, soweit die Klägerin mehr als 90 v. H. des Vorruhestandsgeldes ersetzt verlangt.

a) Nach § 10 Abs. 1 VRTV-Bau hatte der Beklagte 100 v.H. des gezahlten Vorruhestandsgeldes zu erstatten. Durch § 10 Abs. 1 Satz 2 VR-ÄndTV ist die Erstattungspflicht auf 90 v.H. begrenzt worden. Der VR-ÄndTV, der insoweit das Rechtsverhältnis der Klägerin zum Beklagten regelt, erfaßt diese Beziehungen. Die Klägerin unterhält einen Baugewerbebetrieb und wird vom Geltungsbereich des Tarifvertrages erfaßt. Sie ist an den Tarifvertrag kraft Organisationszugehörigkeit gebunden, so daß die Wirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärung dahingestellt bleiben kann.

b) Der VR-ÄndTV ist – entgegen der Auffassung der Klägerin- insoweit wirksam.

Der VR-ÄndTV konnte den VRTV-Bau ändern. Im Verhältnis von zwei Tarifverträgen untereinander gilt die Zeitkollisionsregel, nach der der spätere Tarifvertrag den früheren ablöst. Dabei kann der ablösende Tarifvertrag die Leistungen verbessern oder auch verschlechtern. Dies gilt nicht nur im Verhältnis vom Arbeitnehmer zum Arbeitgeber, sondern auch im Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien zu gemeinsamen Einrichtungen (vgl. BAG Urteil vom 1. Juni 1970 – 3 AZR 166/69 – AP Nr. 143 zu § 242 BGB Ruhegehalt, zu II 3c der Gründe; BAGE 41, 163, 168 = AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Besitzstand, zu II 3 der Gründe; Urteil vom 28. November 1984 – 5 AZR 195/83 – AP Nr. 2 zu § 4 TVG Bestimmungsrecht, zu 1a, 3a der Gründe; Urteil vom 10. Oktober 1989 – 3 AZR 200/88 –, zu II 3 der Gründe, zur Veröffentlichung vorgesehen; Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 4 Rz 149). Die Tarifvertragsänderungen unterliegen nur der Rechtskontrolle dahin, ob sie gegen höherrangiges Recht verstoßen (zuletzt BAG Urteil vom 10. Oktober 1989 – 3 AZR 200/88 –, zu II 3a der Gründe, mit weiteren Nachweisen, zur Veröffentlichung vorgesehen).

Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht liegt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht vor.

Wenn die Tarifvertragsparteien für Vorruhestandsfälle nach dem 31. Dezember 1985 den Erstattungsanspruch auf 90 v.H. beschränken, so liegt hierin kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Arbeitgeber des Baugewerbes. Es ist nicht zu beanstanden, wenn ein Stichtag eingeführt wird, der auf sachlichen Gründen beruht. Alle Arbeitgeber vor und nach dem Stichtag werden gleichbehandelt. Ein sachlicher Grund war gegeben, denn anderenfalls hätten die Beiträge zur Zusatzversorgungskasse erhöht werden müssen, um den Erstattungspflichten zu genügen.

Ebensowenig haben die Tarifvertragsparteien Grundsätze des Wettbewerbsrechts verletzt, indem sie die Erstattungspflichten unterschiedlich regelten. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist auf Tarifverträge nicht anzuwenden (BAG Urteil vom 27. Juni 1989 – 1 AZR 404/88 – DB 1989, 2228 = NZA 1989, 969, zu II 3 der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen).

Schließlich haben die Tarifvertragsparteien nicht gegen den sich aus dem Rechtsstaatsgebot (Art. 28 Abs. 1 GG) ergebenden Vertrauensgrundsatz verstoßen. Sie haben nicht in bereits abgeschlossene Rechtsverhältnisse eingegriffen, sondern nur für die Zukunft die Erstattungspflicht anderweitig geregelt. Hiergegen sind Bedenken nicht zu erheben.

 

Unterschriften

Dr. Heither, Schaub, Griebeling, Halberstadt, Dr. Schwarze

 

Fundstellen

Haufe-Index 841009

BAGE, 276

RdA 1990, 314

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