Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsrechtlicher Status pauschal bezahlter Bildberichterstatter

 

Leitsatz (redaktionell)

Pauschal bezahlte Bildberichterstatter, die einer Zeitungsredaktion monatlich eine bestimmte Zahl von Bildern liefern, sind keine Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs 1 BetrVG, wenn sie in der Übernahme der Fototermine frei sind.

 

Normenkette

BetrVG § 5 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 05.12.1990; Aktenzeichen 15 (4) TaBV 27/89)

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 18.11.1988; Aktenzeichen 8 BV 108/88)

 

Gründe

A. Der Betriebsrat (Antragsteller) begehrt die Feststellung, die zu 3) beteiligten Bildberichterstatter seien betriebsverfassungsrechtlich Arbeitnehmer der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin. Sie gibt die Zeitung "R " heraus und beschäftigt die beteiligten Bildberichterstatter als sogenannte "Pauschalisten" in ihren Lokalredaktionen.

Nach den im wesentlichen gleichlautenden vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Arbeitgeberin und den Bildberichterstattern liefern diese gegen eine Pauschale monatlich eine festgelegte Anzahl von Bildern zur Veröffentlichung. Jedes darüber hinaus veröffentlichte Bild wird gesondert mit einem festen Betrag honoriert. Für die Versteuerung haben die Bildberichterstatter selbst zu sorgen. Bis auf zwei Ausnahmen enthalten die Vereinbarungen den ausdrücklichen Zusatz, daß ein Anstellungsverhältnis durch den Pauschalvertrag nicht begründet werde. Teilweise enthalten sie Regelungen über den Erholungsurlaub und über eine für den Pauschalisten beim Versorgungswerk der Presse GmbH abzuschließende Lebensversicherung mit finanzieller Beteiligung der Arbeitgeberin.

Jeder Bildberichterstatter erhält zur Zeit eine monatliche Pauschalvergütung von 2.100,-- DM; hierfür hat er 55 Fotos abzuliefern. Für jedes weitere veröffentlichte Bild erhält er 34,-- DM. Die Pauschalvergütung wird während des Urlaubs der Bildberichterstatter für 18 Arbeitstage gezahlt. Zum Teil wird auch im Krankheitsfall Vergütungsfortzahlung gewährt. Die Bildberichterstatter erhalten ein Weihnachtsgeld in Höhe von 1.000,-- DM. Die Arbeitgeberin trägt einen Teil der Beiträge zum Presseversorgungswerk. Die Bildberichterstatter versteuern ihr Einkommen selbst. Sie stellen der Arbeitgeberin Mehrwertsteuer in Rechnung.

Die erforderliche Fotoausrüstung einschließlich Labor sowie das Arbeitsmaterial stellen die Bildberichterstatter selbst. Es steht ihnen frei, wo sie ihre Aufnahmen entwickeln. Zum Teil haben sich die Bildreporter in der jeweiligen Lokalredaktion selbst ein Fotolabor eingerichtet. Die Negative der angefertigten Aufnahmen verbleiben bei den Bildberichterstattern. Sie haben das Recht, diese weiter wirtschaftlich zu verwerten. Es ist ihnen gestattet, auch für Dritte zu arbeiten.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Pauschalisten seien im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses tätig. Sie seien in die Arbeitsorganisation der Lokalredaktion fest eingebunden und täglich in der Redaktion anwesend, um dort die Anweisungen für die wahrzunehmenden Fototermine entgegenzunehmen. Ihr Tagesablauf werde durch die Vorgaben hinsichtlich der Zeit und des Ortes der Fototermine bestimmt. Insoweit seien die Pauschalisten einem Weisungsrecht unterworfen. Art und Umfang der Tätigkeit seien deshalb fremdbestimmt. Aufgrund der Vorgaben könnten die Pauschalisten nicht über den Einsatz ihrer Arbeitskraft frei entscheiden. Sie seien nicht berechtigt, von der Redaktion erteilte Aufträge abzulehnen. Auch ihren Urlaub könnten sie nur nach Rücksprache mit der Redaktion nehmen. Die Pauschalisten seien nahezu ausschließlich für die Arbeitgeberin tätig und von ihr wirtschaftlich abhängig. Für die Erstellung der Lokalausgabe sei die beteiligte Arbeitgeberin andererseits auf deren Einsatz angewiesen.

Der Betriebsrat hat beantragt

festzustellen, daß es sich bei den zu 3) betei-

ligten Bildberichterstattern um Arbeitnehmer im

Sinne von § 5 Abs. 1 BetrVG handelt.

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Bildberichterstatter seien von ihr nicht persönlich abhängig und stünden deshalb nicht zu ihr in einem Arbeitsverhältnis. Nach den mit ihnen getroffenen Vereinbarungen sei ein Anstellungsverhältnis nicht begründet worden. Auch nach der Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses seien die Pauschalisten nicht als Arbeitnehmer anzusehen. Sie seien nicht in den Redaktionsablauf eingebunden. Außerhalb der übernommenen Fototermine seien sie in ihrer Zeiteinteilung völlig frei. Insoweit verfüge sie nicht über die Arbeitskraft der Pauschalisten. Für diese bestehe auch keine Präsenzpflicht. Die Anfertigung von Bildern erfolge nicht nur nach Wünschen der Lokalredaktionen, sondern die Pauschalisten böten auch auf eigene Initiative hin gemachte Fotos an. Eine rechtliche Verpflichtung der Pauschalisten zur Übernahme von Aufträgen bestehe nicht. Teilweise seien Aufträge abgelehnt worden. Für die Zeit seines Urlaubs stelle jeder Pauschalist einen Vertreter. Jeder Bildberichterstatter sei mit eigenen Arbeitsmitteln auf eigene Rechnung tätig und könne sein Arbeitsergebnis selbst verwerten.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Feststellungsbegehren weiter. Die Arbeitgeberin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die für die beteiligte Arbeitgeberin als sogenannte Pauschalisten tätigen Bildberichterstatter sind nicht deren Arbeitnehmer i.S. des § 5 Abs. 1 BetrVG.

I. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß der Begriff des Arbeitnehmers i.S. des § 5 Abs. 1 BetrVG bis auf hier nicht interessierende Besonderheiten dem allgemeinen Arbeitnehmerbegriff entspricht. Rechtlich ebenso zutreffend hat es die vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Rechtsgrundsätze für die Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft zugrunde gelegt.

1. Wesentliches Merkmal der Arbeitnehmereigenschaft ist die persönliche Abhängigkeit des Mitarbeiters (ständige Rechtsprechung, vgl. BAGE 41, 247, 253 = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 1 der Gründe; BAGE 52, 133, 140 = AP Nr. 102 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 2 der Gründe; BAG Urteil vom 3. Mai 1989 - 5 AZR 158/88 - BB 1990, 779, zu I der Gründe; BAG Beschluß vom 28. November 1990 - 7 ABR 51/89 -, n.v., zu II 1 der Gründe). Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters (Dienstvertrag) durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in welcher der zur Dienstleistung Verpflichtete jeweils steht. Danach ist Arbeitnehmer derjenige Mitarbeiter, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation zu erbringen hat. § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB, der über seinen unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus eine allgemeine gesetzgeberische Wertung zum Ausdruck bringt, enthält ein typisches Abgrenzungsmerkmal für die Unterscheidung von Dienstvertrag und Arbeitsvertrag (ständige Rechtsprechung, vgl. BAGE 41, 247, 253 = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 1 der Gründe; BAG Urteil vom 9. Mai 1984 - 5 AZR 195/82 - AP Nr. 45 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu 2 der Gründe; BAGE 52, 133, 140 = AP Nr. 102 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 2 der Gründe). Nach dieser Vorschrift ist selbständig, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Unselbständig und daher persönlich abhängig ist folglich der Mitarbeiter, dem dies nicht möglich ist. Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation wird insbesondere dadurch deutlich, daß ein Arbeitnehmer hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der Ausführung der versprochenen Dienste einem umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Häufig tritt auch eine fachliche Weisungsgebundenheit hinzu, sie ist andererseits für Dienste höherer Art nicht immer typisch (vgl. BAGE 41, 247, 253 = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 1 der Gründe; BAG Urteil vom 3. Mai 1989 - 5 AZR 158/88 - BB 1990, 779, zu II 3 b der Gründe; BAG Beschluß vom 28. November 1990 - 7 ABR 51/89 -, n.v., zu II 1 der Gründe).

2. Bei der Frage, ob und in welchem Maße der Mitarbeiter persönlich abhängig ist, muß vor allem die Eigenart der jeweiligen Tätigkeit berücksichtigt werden; abstrakte, für alle Arbeitnehmer geltende Kriterien lassen sich nicht aufstellen (vgl. BAGE 30, 163, 169 = AP Nr. 26 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 2 der Gründe; BAGE 41, 247, 254 f. = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 2 der Gründe; BAG Urteil vom 27. März 1991 - 5 AZR 194/90 - BB 1991, 1414, 1415, zu III der Gründe).

3. Die in den vertraglichen Vereinbarungen beschriebenen und von den beteiligten Pauschalisten auch tatsächlich erbrachten Leistungen als Fotografen können an sich sowohl Gegenstand eines Arbeitsverhältnisses als auch eines freien Dienstvertrages oder Werkvertrages sein. Die Grenzen zwischen diesen Vertragstypen sind fließend. Ihre Abgrenzung kann nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles erfolgen (vgl. BAG Urteil vom 3. Mai 1989 - 5 AZR 158/88 - BB 1990, 779, zu II 3 a der Gründe; BAGE 19, 324, 329 = AP Nr. 6 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu 1 der Gründe). Die das Rechtsverhältnis prägenden charakteristischen Merkmale sind zu beurteilen, wie sie sich aus dem Inhalt des Vertrages und der praktischen Durchführung und Gestaltung der Vertragsbeziehungen ergeben (ständige Rechtsprechung vgl. BAGE 41, 247, 258 f. = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 3 der Gründe; BAG Beschluß vom 28. November 1990 - 7 ABR 51/89 -, n.v., zu II 1 der Gründe). Für die Einordnung des Rechtsverhältnisses ist eine von den Parteien gewählte Bezeichnung oder von ihnen gewünschte Rechtsfolge, die dem Geschäftsinhalt in Wahrheit nicht entspricht, nicht erheblich. Maßgeblich ist vielmehr, wie die Vertragsbeziehung nach ihrem wirklichen Geschäftsinhalt objektiv einzuordnen ist. Dieser Geschäftsinhalt kann sich aus den getroffenen Vereinbarungen wie auch aus der praktischen Durchführung des Vertrages ergeben. Widersprechen Vereinbarungen und tatsächliche Durchführung des Vertrages einander, ist die letztere maßgeblich. Aus der praktischen Handhabung lassen sich Rückschlüsse darauf ziehen, von welchen Rechten und Pflichten die Parteien ausgegangen sind (vgl. statt vieler: BAGE 41, 247, 258 f. = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 3 der Gründe, m.w.N.; BAG Beschluß vom 28. November 1990 - 7 ABR 51/89 -, n.v., zu II 1 der Gründe).

II. Auch die subsumierenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten der Prüfung in der Rechtsbeschwerde stand. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, bei den Bildberichterstattern, um die es im vorliegenden Verfahren geht, fehle es an dem für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses hinreichenden Grad persönlicher Abhängigkeit.

1. Das Landesarbeitsgericht hat dazu im wesentlichen ausgeführt: Die Bildberichterstatter führten ihre vertraglichen Aufgaben nicht in einem für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses nötigen Grad persönlicher Abhängigkeit aus. Hierfür sei die Verpflichtung zur Erbringung einer vertraglich festgelegten Mindestarbeitszeit ein wesentliches Merkmal. Diese sei bei den Pauschalisten nicht gegeben. Der Umfang ihrer Tätigkeit werde nicht durch eine feste Wochenarbeitszeit, sondern durch die Mindestzahl der zu liefernden Fotos bestimmt. Ihre Vergütung erfolge nicht für eine bestimmte Dienstzeit, sondern nur für tatsächlich erbrachte Leistungen. Daß eine Verpflichtung bestehe, über die für die Pauschale zu liefernden 55 Bilder hinaus unbegrenzt weitere Aufträge zu übernehmen, könne nicht angenommen werden. Es stehe fest, daß drei der Bildreporter einige Male Fotoaufträge abgelehnt hätten. Da nicht vorgetragen sei, daß für die einzelnen Pauschalisten unterschiedliche Vertragspflichten bestünden, könne davon ausgegangen werden, daß sie generell ein Recht zur Ablehnung von Aufträgen haben. Nicht entscheidend sei, ob sie hiervon in der Vergangenheit Gebrauch gemacht haben. Daß die meisten Bildreporter in der Vergangenheit alle Fotoaufträge entgegengenommen hätten, besage nichts über eine entsprechende Verpflichtung.

Gegen die Arbeitnehmereigenschaft spreche auch, daß die Pauschalisten das Material für ihre Bilder selbst stellten und es ihnen freigestellt sei, die Filme zu Hause oder in der Redaktion zu entwickeln. Das den Pauschalisten zustehende Recht der weiteren wirtschaftlichen Verwertung der Bilder sei im Rahmen eines Arbeitsvertrages unüblich. Ein Indiz für den Status als freier Mitarbeiter sei ferner die eigene Versteuerung der Arbeitsvergütung durch die Pauschalisten.

Diesem Status stehe nicht entgegen, daß sie einen dreiwöchigen bezahlten Urlaub erhielten, da gemäß § 2 Satz 2 BUrlG auch arbeitnehmerähnlichen Personen ein gesetzlicher Urlaubsanspruch zustehe. Auch die Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall spreche nicht zwingend für die Arbeitnehmereigenschaft, da ein derartiger Anspruch gemäß § 616 BGB auch denjenigen zustehe, die aufgrund eines freien Dienstvertrages tätig sind.

2. Diese Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde führen die Vorgaben hinsichtlich Zeit und Ort der anzufertigenden Bilder nicht dazu, daß die Pauschalisten bei der zeitlichen Ausgestaltung ihrer Tätigkeit in einer Form weisungsgebunden sind, aus der sich die Leistung der Dienste in persönlicher Abhängigkeit ergibt. Zeitliche Vorgaben oder die Verpflichtung, bestimmte Termine für die Erledigung der übertragenen Aufgaben einzuhalten, sind für sich allein kein wesentliches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis. Auch im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen können von dem Empfänger der Leistung Termine für die Erledigung der Arbeit bestimmt werden, ohne daß daraus eine zeitliche Weisungsabhängigkeit folgt, wie sie für das Arbeitsverhältnis kennzeichnend ist (vgl. BAG Urteil vom 27. März 1991 - 5 AZR 194/90 - BB 1991, 1414, 1415, zu III der Gründe; BAG Urteil vom 14. September 1988 - 5 AZR 642/87 -, n.v., zu II 3 der Gründe). Die Verbindlichkeit der Vorgaben hinsichtlich Zeit und Ort der Fototermine ergeben sich aus den sachlichen Erfordernissen der von den Pauschalisten vertraglich geschuldeten Leistung. Derartige Vorgaben können auch bei Vorliegen eines freien Dienstvertrages oder eines Werkvertrages erfolgen. Für die Frage der persönlichen Abhängigkeit haben solche Vorgaben daher keinen Aussagewert. Sie beruhen nicht vorwiegend auf einem persönlichen Weisungsrecht eines Arbeitgebers, sondern beschreiben den Inhalt der vertraglich geschuldeten Dienst- bzw. Werkleistung. Die Tätigkeit der Bildberichterstatter unterscheidet sich nicht von der eines freischaffenden Fotografen. Auch er ist in seiner Zeiteinteilung davon abhängig, wann das zu fotografierende Ereignis stattfindet bzw. das Fotoobjekt zur Verfügung steht. Die Vorgabe von Zeit und Ort des anzufertigenden Bildes hängt hiervon ab und läßt deshalb nicht zwingend auf ein Arbeitsverhältnis schließen. Durch sie wird vielmehr lediglich der konkrete Gegenstand der vertraglich geschuldeten Leistung festgelegt (vgl. BAG Urteil vom 14. September 1988 - 5 AZR 642/87 -, n.v., zu II 3 b der Gründe). Die Verpflichtung, die vereinbarten Leistungen zu bestimmten Terminen zu erbringen, beinhaltet für sich nicht, daß der Dienstverpflichtete in der Einteilung der Arbeitszeit der Disposition des Vertragspartners unterworfen und insoweit persönlich abhängig ist.

b) Über die genannten Vorgaben hinausgehende Weisungen werden den Pauschalisten weder nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch nach dem Vorbringen des Antragstellers erteilt. Die Durchführung und inhaltliche Gestaltung ihrer Tätigkeit, der Zeitaufwand für die Anfertigung und Entwicklung der Fotos sowie der Zeitpunkt der Laborarbeiten unterliegt grundsätzlich ihrer eigenen Disposition. Arbeitsbegleitende Anweisungen bestehen weder im Einzelfall noch in Form allgemeiner Richtlinien. Die Pauschalisten sind daher nicht an Weisungen gebunden wie ein Arbeitnehmer. Außerhalb der übernommenen, d.h. vereinbarten Fototermine nimmt die Arbeitgeberin auf die Gestaltung der Arbeitszeit der Pauschalisten keinen Einfluß. An eine regelmäßige Tages- oder Wochenarbeitszeit sind die Pauschalisten nicht gebunden. Sie sind lediglich gehalten, ein fehlerfreies Arbeitsergebnis zu einem bestimmten Termin vorzulegen. Ihnen sind die Ziele ihrer Tätigkeit vorgegeben, während es ihrer Entscheidung überlassen bleibt, die Art und Weise zu bestimmen, wie sie diese Ziele erreichen. Eine persönliche Abhängigkeit der Pauschalisten ergibt sich aus diesen Umständen der Vertragsdurchführung nicht.

3. In den aus der Art der Tätigkeit sich ergebenden und für ein Arbeitsverhältnis nicht typischen zeitlichen Vorgaben liegt für sich genommen keine ständige Dienstbereitschaft (vgl. BAG Urteil vom 14. September 1988 - 5 AZR 642/87 -, n.v., zu II 3 a der Gründe). Die Dauer des Zeitaufwandes für die Anfertigung der Bilder wird von der Arbeitgeberin nicht vorgegeben. Zwar wäre auch bei einer derartigen Gestaltung der Vertragsbeziehungen das Bestehen einer persönlichen Abhängigkeit zu erwägen, wenn die Terminvorgaben so eng gesetzt wären, daß letztlich eine Disposition der Bildberichterstatter über ihre Arbeitszeit nach eigenen Vorstellungen nicht mehr möglich wäre und nach der praktischen Handhabung die Vertragsparteien davon ausgingen, die Pauschalisten müßten auf Anforderung jederzeit zur Verfügung stehen (vgl. BAG Urteil vom 7. Mai 1980 - 5 AZR 293/78 - AP Nr. 35 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu 3 c, d der Gründe).

Für eine derartige Handhabung ergeben aber weder die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch das Vorbringen des Antragstellers hinreichende Anhaltspunkte.

Vielmehr sind nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die Pauschalisten gerade nicht verpflichtet, jeden von der Redaktion erteilten Auftrag zu übernehmen. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit ausgeführt, es stehe fest, daß drei der Pauschalisten einige Male Fotoaufträge abgelehnt hätten. Daß in der Regel alle Aufträge angenommen worden seien, besage nichts über eine entsprechende Verpflichtung. Da nicht vorgetragen sei, daß für die einzelnen Pauschalisten unterschiedliche Vertragsbedingungen bestünden, könne davon ausgegangen werden, daß generell ein Recht zur Ablehnung von Aufträgen bestehe. Nicht entscheidend sei, ob hiervon Gebrauch gemacht worden sei.

Die dieser Würdigung zugrunde liegenden Feststellungen sind mit Verfahrensrügen nicht angegriffen worden. Der aus diesen Umständen gezogene Schluß, den Pauschalisten stehe ein Recht zur Ablehnung von Aufträgen zu, ist möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze. Auch der Wortlaut der vertraglichen Vereinbarungen beinhaltet keine ausdrückliche Verpflichtung der Pauschalisten, über die für die Pauschale geschuldete Anzahl von Fotos hinaus unbegrenzt weitere Aufträge zu übernehmen.

4. Auch aus den sonstigen Umständen ergibt sich kein für die Annahme der Arbeitnehmereigenschaft hinreichender Grad persönlicher Abhängigkeit.

a) Dies betrifft insbesondere die Entwicklung der Bilder in den Redaktionsräumen. Es ist den als Pauschalisten tätigen Bildberichterstattern nicht vorgegeben, ihre Bilder in den Redaktionsräumen der Arbeitgeberin zu entwickeln. Sie machen dies vielmehr aus freien Stücken, soweit ihnen von der Arbeitgeberin ein Raum in der jeweiligen Redaktion zur Verfügung gestellt worden ist, in welchem sie ihr eigenes Fotolabor eingerichtet haben.

b) Zudem spricht auch die Tatsache, daß die Bildberichterstatter nur das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht für den ersten Abzug anzudienen bzw. zu liefern haben, sie aber frei sind, ihre Fotografien ansonsten auf eigene Rechnung zu verwerten, erheblich gegen ihre Arbeitnehmereigenschaft. Die von der Rechtsbeschwerde hervorgehobene angebliche wirtschaftliche Abhängigkeit der Bildberichterstatter von der Arbeitgeberin wie auch umgekehrt deren Angewiesensein auf die Tätigkeit der Bildberichterstatter führen zu keiner anderen Beurteilung. Die bloße wirtschaftliche Abhängigkeit ist für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses weder ausreichend noch erforderlich.

c) Aus der Gewährung bezahlten Erholungsurlaubs von drei Wochen und der Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall läßt sich ebenfalls, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, nicht darauf schließen, die Bildberichterstatter seien Arbeitnehmer der beteiligten Arbeitgeberin. Bezahlter Erholungsurlaub steht arbeitnehmerähnlichen Dienstnehmern nach § 2 Satz 2 BUrlG zu. Vergütungsfortzahlung nach § 616 Abs. 1 BGB setzt nicht den Bestand eines Arbeitsverhältnisses voraus.

III. Insgesamt erweist sich die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats daher als unbegründet.

Dr. Steckhan Kremhelmer Schliemann

Kordus Prof. Dr. Knapp

 

Fundstellen

Haufe-Index 440982

BB 1992, 1490

BB 1992, 1490-1491 (LT1)

DB 1992, 1781-1782 (LT1)

BetrVG, (5) (LT1)

BR/Meuer SGB IV § 7, 29-01-92, 7 ABR 25/91 (LT1)

DOK 1993, 712 (K)

NZA 1992, 835

NZA 1992, 835-837 (LT1)

RdA 1992, 223

USK, 9213 (LT)

WzS 1993, 92 (L)

AP § 5 BetrVG 1972 (LT1), Nr 47

AR-Blattei, ES 110 Nr 33 (LT1)

EzA § 4 BetrVG 1972, Nr 52 (LT1)

ZUM 1992, 652-655 (LT1)

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