Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmung bei Unterstützungskassenversorgung

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 8; ZPO § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Beschluss vom 19.05.1995; Aktenzeichen 5 TaBV 5/94)

ArbG Stuttgart (Beschluss vom 23.03.1994; Aktenzeichen 2 BV 1/93)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 19. Mai 1995 – 5 TaBV 5/94 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß dessen Anträge als unzulässig zurückgewiesen werden.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit einer Gesamtbetriebsvereinbarung vom 20. März 1985 über „die Neuordnung der von der S Unterstützungsgesellschaft mbH (S UGmbH) gewährten betrieblichen Altersversorgung für die Mitar-beiter der S AG und der inländischen Gesellschaften, an denen die S AG unmittelbar oder mittelbar mehrheitlich beteiligt ist (S -Gruppe)”.

Nach den bei der Arbeitgeberin verwendeten Arbeitsvertragsformularen findet auf die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter der Arbeitgeberin die in Form einer Gesamtbetriebsvereinbarung abgeschlossene Arbeitsordnung Anwendung. In deren Ziffer 2.13 heißt es:

„Unterstützungseinrichtung

Der Unterstützung der Mitarbeiter im Alter bzw. ihrer Hinterbliebenen sowie in besonderen Not- und Härtefällen dient die S Unterstützungs GmbH. Die Einzelheiten und die Voraussetzungen für Art und Höhe der Leistungen sind der Satzung und den Richtlinien zu entnehmen, die bei der Personalabteilung und dem Betriebsrat eingesehen werden können…”

Die S Unterstützungs-GmbH (im folgenden: Unterstützungskasse) hat nach ihrer Satzung vier Geschäftsführer, von denen zwei auf Vorschlag der Arbeitgeberin und zwei auf Vorschlag des Gesamtbetriebsrats durch die Gesellschafterversammlung zu bestellen sind (§ 6 der Satzung). Die von der Gesellschaft zu gewährenden Unterstützungen werden von der Geschäftsführung nach den von einem achtköpfigen Beirat gegebenen Richtlinien festgesetzt, wobei vier Mitglieder des Beirates von seiten der Arbeitgeberin und vier Mitglieder vom Gesamtbetriebsrat benannt werden.

Bis zum 31. Dezember 1984 bestimmten sich die Versorgungsrechte nach den vom Beirat beschlossenen Richtlinien der Unterstützungskasse vom 10. Juli 1975, die in den Folgejahren durch den Beirat in einzelnen Punkten geändert worden waren. Nach diesen Richtlinien konnten die Mitarbeiter eine betriebliche Altersrente erhalten, die sich wie folgt errechnete: Bemessungsgrundlage war das durchschnittliche Bruttomonatseinkommen der letzten fünf Jahre. Der Rentengrundbetrag nach Ablauf einer 10jährigen Wartezeit betrug 10 % dieses Betrages. Er stieg mit jedem weiteren Beschäftigungsjahr um 0,5 %, es sei denn, die Bemessungsgrundlage lag oberhalb der sozialversicherungsrechtlichen Beitragsbemessungsgrenze. In diesem Fall fand eine zusätzliche Steigerung um 1 % des Betrages statt, der über der Beitragsbemessungsgrenze lag. Die betriebliche Rente durfte nicht mehr als 35 % und zusammen mit den gesetzlichen Versorgungsleistungen nicht mehr als 75 % des durchschnittlichen Bruttomonatseinkommens der letzten drei Jahre betragen.

Im Herbst 1984 trat die Arbeitgeberin an den Gesamtbetriebsrat heran, um die künftigen Belastungen aus der betrieblichen Altersversorgung zu begrenzen. Am 20. März 1985 kam die streitbefangene Gesamtbetriebsvereinbarung zustande, nach deren Präambel die Vertragsparteien „eine Neuordnung des betrieblichen Versorgungswerkes beschlossen” haben, „das bisher in den Richtlinien der S UGmbH nach dem Stand vom 31.12.1984 (bisherige Fassung) geregelt war”. Für alle Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 1984 beginnt, bestimmt die Gesamtbetriebsvereinbarung, daß für jedes anrechnungsfähige Dienstjahr nach dem 31. Dezember 1984 ein fester Rentenbetrag gewährt wird. Dieser orientiert sich an einem Renteneckwert von 16,50 DM, der dann anzuwenden ist, wenn das rentenfähige Einkommen der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung zum Feststellungszeitpunkt entspricht. Ist dies nicht der Fall, wird der Renteneckwert im Verhältnis des rentenfähigen Einkommens zur maßgebenden Beitragsbemessungsgrenze erhöht oder vermindert. Dabei werden rentenfähige Einkommensteile, die die zum Feststellungszeitpunkt maßgebende Beitragsbemessungsgrenze übersteigen, für die Ermittlung des Festrentenbetrages mit ihrem zweifachen Betrag berücksichtigt.

Zur Wahrung entstandener Besitzstände bestimmt die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 20. März 1985:

„…

2. Versorgungsfälle bis 31.12.1989

Für Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis mit einer Gesellschaft der S -Gruppe vor dem 1.1.1985 begonnen hat und bei denen ein Versorgungsfall bis spätestens 31.12.1989 eintritt, bestimmt sich die betriebliche Altersversorgung nach den Richtlinien der bisherigen Fassung.

3. Versorgungsregelung für vor dem 1.1.1930 geborene Mitarbeiter

Für Mitarbeiter, die vor dem 1.1.1930 geboren wurden und deren Arbeitsverhältnis mit einer Gesellschaft der S -Gruppe vor dem 1.1.1985 begonnen hat, bestimmt sich die betriebliche Altersversorgung nach den Richtlinien in der bisherigen Fassung auch dann, wenn der Versorgungsfall nach dem 31.12.1989 eintritt.

4. Besitzstand zum 31.12.1984

Für alle übrigen, d.h. nicht unter Ziffer 2 oder 3 dieser Betriebsvereinbarung fallenden Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis mit einer Gesellschaft der S -Gruppe vor dem 1.1.1985 begonnen hat, wird als Bestandteil der betrieblichen Altersversorgung ein Besitzstandsbetrag zum 31.12.1984 auf der Basis der bisherigen Richtlinien ermittelt.

Der Besitzstandsbetrag entspricht dem nach § 2 Abs. 1 BetrAVG ermittelten zeitanteiligen DM-Betrag, wobei als rentenfähiges Einkommen das Brutto-Monatseinkommen nach dem Stand vom 31.12.1984 gemäß Ziffer 1.2.5 der bisherigen Richtlinien gilt.

Der Besitzstandsbetrag wird als Bestandteil der betrieblichen Altersversorgung nur gewährt, wenn im Zeitpunkt des Versorgungsfalles bzw. des Ausscheidens vor einem Versorgungsfall die Leistungsvoraussetzungen der Richtlinien bzw. die Unverfallbarkeitsvoraussetzungen gemäß § 1 BetrAVG erfüllt sind.

10. Veränderung des Besitzstandsbetrages

Eine Veränderung des Besitzstandsbetrages gemäß Ziffer 4 dieser Betriebsvereinbarung wird erstmals 1990, und dann nach vier Jahren entsprechend der Entwicklung der Lebenshaltungskosten vorgenommen. Ausgangsbasis für die erste Veränderung ist der 31.12.1984 = 100. Für den Fall, daß die Geschäftsleitung aus wirtschaftlichen Gründen nicht oder nur zu einem geringeren Satz oder zu einem späteren Zeitpunkt zu dieser Veränderung bereit ist, ist darüber mit dem Gesamtbetriebsrat unter Darlegung der Gründe zu verhandeln.”

In Nr. 16 der Gesamtbetriebsvereinbarung heißt es schließlich, daß Änderungen und Neufassungen der Richtlinien nach dem Gesellschaftsvertrag dem Beirat der S UGmbH oblägen, wobei der Inhalt der vorliegenden Betriebsvereinbarung bindend sei.

Auf der Grundlage dieser Gesamtbetriebsvereinbarung sind durch einstimmigen Beschluß des Beirats vom 4. Juli 1985 neue Richtlinien der U-Kasse für die Gewährung von Versorgungsleistungen mit Wirkung zum 1. Januar 1985 beschlossen worden, welche auch die hier interessierenden Regelungen der Gesamtbetriebsvereinbarung übernommen haben.

Der Gesamtbetriebsrat hat den Standpunkt eingenommen, die Gesamtbetriebsvereinbarung sei insgesamt rechtsunwirksam. Sie genüge den vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts in seinem Beschluß vom 16. September 1986 (BAGE 53, 42 = AP Nr. 17 zu § 77 BetrVG 1972) zur Rechtmäßigkeit einer eine Gesamtzusage ablösenden Betriebsvereinbarung aufgestellten Rechtsgrundsätzen nicht. Die Gesamtzusage habe keinen Abänderungsvorbehalt zugunsten der Betriebspartner enthalten. Sie könne auch durch einen kollektiven Günstigkeitsvergleich nicht gerechtfertigt werden, weil das Versorgungsvolumen insgesamt verringert worden sei.

Der Gesamtbetriebsrat hat weiter die Auffassung vertreten, zumindest die in Nr. 4 der Gesamtbetriebsvereinbarung getroffene Regelung sei rechtsunwirksam, weil hierdurch in eine erdiente Dynamik eingegriffen worden sei, ohne daß triftige Gründe vorgelegen hätten.

Der Gesamtbetriebsrat hat beantragt

festzustellen, daß die zwischen den Beteiligten am 20. März 1985 abgeschlossene Betriebsvereinbarung über die „Neuordnung der betrieblichen Altersversorgung der S Unterstützungs-GmbH” unwirksam ist,

hilfsweise

festzustellen, daß Punkt 4 der zwischen den Beteiligten am 20. März 1985 abgeschlossenen Betriebsvereinbarung über die „Neuordnung der betrieblichen Altersversorgung der S Unterstützungs-GmbH” insoweit unwirksam ist, als er den zum 31. Dezember 1984 erdienten Besitzstand der Arbeitnehmer nicht mit der zeitanteilig erdienten Dynamik sichert.

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Arbeitnehmer hätten lediglich eine Zusage erhalten, daß sie nach Maßgabe der jeweiligen Richtlinien der Unterstützungskasse Unterstützungen erhalten würden. Es komme nicht darauf an, ob die Beteiligten bei der Änderung der Richtlinie 1975 im Jahre 1985 eine Gesamtbetriebsvereinbarung abgeschlossen hätten und ob diese rechtswirksam sei. Maßgeblich sei allein der Beschluß des paritätisch besetzten Beirats der Unterstützungskasse über die Änderung der Richtlinie 1975, durch den die Rechte auf Mitbestimmung des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG gewahrt worden seien. Im übrigen liege ein Eingriff in die erdiente Dynamik auch nur scheinbar vor. Der von dem einzelnen Arbeitnehmer erreichbare oder erreichte Pensionsanspruch sei mit hoher Wahrscheinlichkeit jedenfalls nicht geringer, als er es bei Schließung des Versorgungswerks für die Zukunft unter Aufrechterhaltung der erdienten Dynamik gewesen wäre. Darüber hinaus habe es auch wirtschaftliche Notwendigkeiten gegeben, die Richtlinie 1975 zu ändern.

Das Arbeitsgericht hat den Hauptantrag zurückgewiesen und dem Hilfsantrag entsprochen. Gegen diesen Beschluß haben beide Beteiligten Beschwerde eingelegt. Die Beschwerde des Betriebsrats hatte keinen Erfolg. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin hat das Landesarbeitsgericht auch den Hilfsantrag zurückgewiesen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Rechtsbeschwerde des Gesamtbetriebsrats hat im Ergebnis keinen Erfolg. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts sind allerdings die Anträge nicht unbegründet, sondern bereits unzulässig. Der Betriebsrat hat kein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit einer bereits durchgeführten Betriebsvereinbarung (§ 256 Abs. 1 ZPO).

1. Mit seinen Anträgen will der Gesamtbetriebsrat die Unwirksamkeit der Neuregelung der Betriebsrentenansprüche ab dem 1. Januar 1985 insgesamt, zumindest aber was die Regelung in Nr. 4 der Gesamtbetriebsvereinbarung angeht, gerichtlich feststellen lassen. Dieses Ziel kann der Gesamtbetriebsrat mit seinen Anträgen nicht erreichen. Eine etwaige Rechtsunwirksamkeit der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 20. März 1985 hat keinen Einfluß auf die Versorgungsansprüche der einzelnen Arbeitnehmer.

a) Die Arbeitnehmer der A AG haben einen einzelvertraglichen Versorgungsanspruch nach Maßgabe der jeweiligen Richtlinien der Unterstützungskasse. Er beruht auf der entsprechenden Verweisung in der einzelvertraglich in Bezug genommenen Arbeitsordnung. Bei einer betrieblichen Versorgung unter Einschaltung einer Unterstützungskasse können sich die Ansprüche der Arbeitnehmer zwar auch aus einer Betriebsvereinbarung ergeben, die der Arbeitgeber dann in Versorgungsrichtlinien der von ihm beherrschten Unterstützungskasse umzusetzen hat. Im Unternehmen der A – AG ist in der Vergangenheit jedoch nicht dieser Weg, sondern eine einzelvertragliche Begründung von Versorgungsansprüchen gewählt worden.

b) Hieran hat die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 20. März 1985 nichts geändert. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, daß es die Betriebspartner unternehmen, an die Stelle der einzelvertraglichen Rechtsgrundlagen eine Betriebsvereinbarung als Anspruchsnorm zu setzen. Die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 20. März 1985 hatte jedoch nicht dieses Regelungsziel. Bei ihr ging es nur darum, die Neuregelungen festzulegen, die in die Versorgungsrichtlinien der Unterstützungskasse umgesetzt werden und die einzelvertraglichen Ansprüche modifizieren sollten.

Einen ersten Hinweis darauf, daß die Betriebspartner keine neue und eigenständige betriebsverfassungsrechtliche Rechtsgrundlage schaffen wollten, gibt die Präambel der Gesamtbetriebsvereinbarung. Dort wird zwar von einer beabsichtigten Neuordnung des betrieblichen Versorgungswerkes gesprochen, zugleich werden aber die Richtlinien ihrer bisherigen Fassung in Bezug genommen. Dies deutet darauf hin, daß es den Betriebspartnern um eine Neuordnung im Rahmen der Richtlinien, nicht um die Ersetzung der Richtlinien ging. Dieses Ziel wird dann in Nr. 16 der Gesamtbetriebsvereinbarung eindeutig zum Ausdruck gebracht, wenn die Betriebspartner dort festlegen, daß Änderungen und Neufassung der arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Richtlinien nach dem Gesellschaftsvertrag dem Beirat der Unterstützungskasse obliegen und der Inhalt der vorliegenden Betriebsvereinbarung dabei bindend sei. Die Betriebsparteien wollten keine neue Anspruchsgrundlage schaffen; sie wollten die betriebsverfassungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Änderung der einzelvertraglichen Ansprüche erfüllen. Hierfür spricht auch, daß die Gesamtbetriebsvereinbarung nicht alle regelungsbedürftigen Fragen im Zusammenhang mit der betrieblichen Altersversorgung bei der Arbeitgeberin geregelt hat. Die zum 1. Januar 1985 im Anschluß an die Gesamtbetriebsvereinbarung neu beschlossenen Richtlinien enthalten, etwa für den Bereich der Anwartschaften, gegenüber der Gesamtbetriebsvereinbarung weitergehende und zusätzliche Bestimmungen, die teilweise aus der vorangegangenen Richtlinie übernommen wurden, und die für eine umfassende Regelung des Gegenstandes erforderlich sind.

Die vom Antragsteller geltend gemachte etwaige Unwirksamkeit der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 20. März 1985 berührt damit die einzelvertraglichen Versorgungsansprüche der Arbeitnehmer nach Maßgabe der jeweiligen Richtlinie der Unterstützungskasse nicht unmittelbar.

c) Es kann sich hieraus auch keine mittelbare Wirkung auf die Ansprüche der Arbeitnehmer dergestalt ergeben, daß bei einer Unwirksamkeit der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 20. März 1985 die vorgenommene Änderung der Richtlinie der Unterstützungskasse zum 1. Januar 1985 rechtsunwirksam wäre.

aa) Bei einer betrieblichen Altersversorgung unter Einschaltung einer rechtlich selbständigen, tatsächlich aber abhängigen Sozialeinrichtung, wie es eine betriebliche Unterstützungskasse ist, kann bei einer Neuregelung das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG auf zwei Wegen verwirklicht werden: Wenn nichts anderes vereinbart ist, müssen mitbestimmungspflichtige Fragen zunächst zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ausgehandelt werden. Der Arbeitgeber hat dann dafür zu sorgen, daß seine Sozialeinrichtung die getroffene Regelung übernimmt. Neben dieser sog. zweistufigen Lösung ist es aber auch möglich, daß die Betriebsparteien den Weg der organschaftlichen Mitbestimmung wählen. Sie können vereinbaren, daß der Betriebsrat Vertreter in die paritätisch besetzten Organe der Sozialeinrichtung entsendet und mitbestimmungspflichtige Fragen nur noch in den Beschlußgremien der Sozialeinrichtung behandelt werden (ständige Senatsrechtsprechung seit BAGE 31, 11 = AP Nr. 5 zu § 87 BetrVG 1972 Altersversorgung, mit Anm. Hanau).

Wird das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG auf keinem der beschriebenen Wege eingehalten, ist eine etwaige Neuregelung in den Unterstützungskassenrichtlinien rechtsunwirksam. Auch insoweit gilt die Lehre von der Wirksamkeitsvoraussetzung betriebsverfassungsrechtlicher Mitbestimmung. Die rechtliche Selbständigkeit der Unterstützungskasse findet ihre Grenze in dem zwingenden Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Für dessen Ausübung kommt es entscheidend auf die tatsächliche Unselbständigkeit der Versorgungseinrichtung an (BAGE 58, 156 = AP Nr. 16 zu § 87 BetrVG 1972 Altersversorgung).

bb) Aus einer etwaigen Unwirksamkeit der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 20. März 1985 ergäbe sich aber kein Verstoß gegen die Mitbestimmungsrechte des Gesamtbetriebsrats bei der Neuregelung der Richtlinie der Unterstützungskasse mit Wirkung zum 1. Januar 1985.

Die Betriebspartner haben für diese Neuregelung ersichtlich das zweistufige Modell zur Verwirklichung des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG gewählt. Dieser Weg verlangt nicht, daß vor einer Richtlinienänderung eine wirksame Betriebsvereinbarung i.S. von § 77 BetrVG abgeschlossen worden ist. Voraussetzung ist nur, daß der Betriebsrat der vom Arbeitgeber beabsichtigten Neuverteilung der Versorgungsmittel zugestimmt hat. Daß dies geschehen ist, kommt in der Gesamtbetriebsvereinbarung zweifelsfrei zum Ausdruck.

cc) An der betriebsverfassungsrechtlich für die Wirksamkeit der Richtlinienneuregelung ausreichenden Zustimmung des Gesamtbetriebsrats können die vom Antragsteller geltend gemachten Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung vom 20. März 1985 nichts ändern. Sie sind in sich nicht tragfähig.

Die Betriebspartner haben am 20. März 1985 nicht die Versorgung der Arbeitnehmer der A AG neu geregelt, sondern eine Vereinbarung über den Inhalt der neu zu erlassenden Richtlinie getroffen. Es ging damit nicht um eine normativ wirkende Regelung zugunsten und zu Lasten der Arbeitnehmer, sondern lediglich um eine schuldrechtliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeberin und Gesamtbetriebsrat. Sie sollte die von den Betriebspartnern in die Unterstützungskasse entsandten Personen binden und zugleich den übereinstimmenden Willen der Betriebspartner zum Ausdruck bringen. Damit kommt es entgegen der Auffassung des Gesamtbetriebsrats auch nicht auf die Grundsätze an, die der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts für die Ablösung von Gesamtzusagen durch Betriebsvereinbarungen aufgestellt hat (BAGE 53, 42 = AP Nr. 17 zu § 77 BetrVG 1972). Es geht im vorliegenden Fall nicht darum, Umfang und Grenzen der Einwirkungsmacht der Betriebspartner auf Individualansprüche zu beschreiben, die auf der Grundlage einer Gesamtzusage entstanden sind. Die Betriebspartner der Vereinbarung vom 20. März 1985 haben eine solche Einwirkung nicht beabsichtigt.

2. Die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 20. März 1985 hat auch keine weitergehenden Auswirkungen auf das Verhältnis der Betriebspartner zueinander. Mit der betriebsverfassungsrechtlich wirksamen Neuregelung der Richtlinien zum 1. Januar 1985 entsprechend den in der Gesamtbetriebsvereinbarung getroffenen Festlegungen hat diese Vereinbarung ihre Aufgabe für die Änderung der Versorgungsregelungen erfüllt. Der Gesamtbetriebsrat ist durch diese Regelung auch nicht mehr gehindert, neue Initiativen zu einer etwaigen weiteren Änderung der Richtlinie zu ergreifen, nachdem die Mindestlaufzeit der Vereinbarung abgelaufen ist. Auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt scheidet damit ein Feststellungsinteresse für den Hauptantrag aus. Der Antrag ist unzulässig.

3. Auch der hiernach zur Entscheidung des Gerichts stehende Hilfsantrag des Gesamtsbetriebsrats ist unzulässig. Auf die Wirksamkeit des die Besitzstandswahrung betreffenden Teils der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 20. März 1985 kommt es ebenfalls im Rahmen des Rechtsschutzziels des Antragstellers nicht an. Die Versorgungsansprüche der betreffenden Arbeitnehmer richten sich ausschließlich nach der entsprechenden Bestimmung in § 22 der Richtlinie 1985. Ihr gegenüber bestehen nach der Zustimmung des Gesamtbetriebsrats zu der entsprechenden Änderung der Richtlinie jedenfalls keine betriebsverfassungsrechtlichen Bedenken.

4. Darüber, ob mit der übereinstimmend vorgenommenen Neuregelung in § 22 der Richtlinie 1985 in eine erdiente Dynamik eingriffen worden ist, und ob es bei der Arbeitgeberin die hierfür erforderlichen triftigen Gründe gegeben hat (vgl. hierzu BAGE 48, 337, 342 f. = AP Nr. 4 zu § 1 BetrAVG Ablösung, zu B II der Gründe), hat der Senat nicht zu entscheiden. Hierauf richtet sich der Antrag des Gesamtbetriebsrats nicht. Es bedarf daher auch keiner Entscheidung, ob der Gesamtbetriebsrat für einen solchen Antrag antragsbefugt wäre. Hieran hätten angesichts der fehlenden betriebsverfassungsrechtlichen Betroffenheit des Antragstellers Zweifel bestanden (vgl. hierzu zuletzt BAG Beschluß vom 20. Dezember 1995 – 7 ABR 8/95 –, zu B II 1 der Gründe, zur Veröffentlichung vorgesehen).

 

Unterschriften

Dr. Heither, Kremhelmer, Bepler, Weinmann, Horst, Schmitthenner

 

Fundstellen

Dokument-Index HI951855

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