Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung einer Betriebsratswahl. Arbeitnehmereigenschaft von Sprachlehrern einer privaten Sprachschule

 

Leitsatz (redaktionell)

Arbeitnehmerstatus von Lehrkräften an Sprachschule

 

Normenkette

BetrVG § 5 Abs. 1, §§ 7, 19 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Beschluss vom 20.10.1995; Aktenzeichen 3 TaBV 8/94)

ArbG Hamburg (Beschluss vom 17.05.1994; Aktenzeichen 5 BV 5/94)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 20. Oktober 1995 – 3 TaBV 8/94 – wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

A. Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines Wahlanfechtungsverfahrens streitig, ob ein Teil der für die Antragstellerin tätigen Sprachlehrer Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes sind.

Die Antragstellerin unterhält bundesweit zahlreiche Sprachschulen. In ihrer H. Sprachschule fanden am 11. April 1994 Betriebsratswahlen statt, deren Ergebnis am selben Tage bekannt gemacht wurde. Von den 31 abgegebenen Stimmen betrachtete der Wahlvorstand 28 als gültig. Die zugrunde liegende Wählerliste umfaßte 35 Personen. Darunter befanden sich acht Lehrkräfte, mit denen die Antragstellerin auf der Grundlage der bei ihr verwendeten Formularverträge eine „Vereinbarung über freie Mitarbeiter Typ C” abgeschlossen hatte. Dieser Vertrag hat u.a. folgenden Inhalt:

  1. „Herr/Frau … stellt sich ab … der Schule zur Erteilung von Sprachunterricht in der … Sprache auf freiberuflicher Basis zur Verfügung. Zwischen ihm/ihr und der Schule besteht kein Arbeitgeber-/Arbeitnehmerverhältnis.
  2. Die Unterrichtseinheiten werden ihm/ihr von Fall zu Fall angeboten. Es besteht kein Anspruch auf eine bestimmte Anzahl von Unterrichtseinheiten innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Die Unterrichtsdurchführung basiert auf der von B. entwickelten Sprachlehrmethode, die auch etwaige Inspektionen einschließt.
  3. Herr/Frau … hat als freie/r Mitarbeiter/in das Recht, ihm/ihr angebotene Unterrichtseinheiten ohne Angabe von Gründen abzulehnen. Die Beendigung der Bereitschaft gemäß Ziffer 1 für die Schule zu unterrichten, ist an keine Fristen gebunden. Eine rechtzeitige Mitteilung wird als Anstandspflicht vorausgesetzt.
  4. Aus der Beendigung der Bereitschaft gemäß Ziffer 1 leitet die Schule ebenso wenig Rechte, wie Herr/Frau … daraus, daß die Schule trotz bestehender Bereitschaft hiervon nur im Rahmen obiger Ziffer 2 oder gar keinen Gebrauch macht. Im übrigen sind die Parteien darüber einig, daß eine Weisungsbefugnis der Schule nicht besteht; dies ändert jedoch nichts an der Unterrichtsdurchführung gemäß der B.-Sprachlehrmethode.
  5. Das Honorar richtet sich nach der Anzahl der erteilten Unterrichtseinheiten multipliziert mit einem Entgeltsatz von … DM (Standard-/Nichtstandardunterricht) pro Unterrichtseinheit. Das Honorar wird von der Hauptverwaltung nach Erhalt der Honorar-Abrechnung aus der Schule monatlich auf ein von dem/der freien Mitarbeiter/in zu benennendes Konto bei einer Bank oder Sparkasse überwiesen.
  6. Der/Die freie Mitarbeiter/in hat keinen Honoraranspruch bei Krankheit, Feiertagen, Urlaub oder auf sonstige Sozialleistungen der Schule; er/sie wird nicht in den Schulbetrieb integriert, sondern nur von Fall zu Fall und in zeitlicher Übereinstimmung zwischen ihm/ihr und der Schulleitung eingesetzt.
  7. …”

Die Übernahme von Unterrichtsstunden erfolgte jeweils durch mündliche Absprachen zwischen der Antragstellerin und den Lehrkräften. Soweit diesen Lehrkräften auch längerfristig die Betreuung von Gruppen übertragen war, konnten sie während der übernommenen Kursdauer jederzeit die Lehrtätigkeit abbrechen.

Mit einem am 22. April 1994 beim Arbeitsgericht Hamburg eingegangen Schriftsatz hat die Antragstellerin die Wahl angefochten. Sie hat die Ansicht vertreten, bei der Betriebsratswahl sei gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht verstoßen worden. Die acht in der Wählerliste aufgeführten, auf der Grundlage der „Vereinbarung über freie Mitarbeiter Typ C” beschäftigten Lehrkräfte seien keine Arbeitnehmer und demnach nicht wahlberechtigt im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes.

Die Antragstellerin hat beantragt,

die Wahl des Betriebsrats vom 11. April 1994 für ungültig zu erklären.

Der Betriebsrat hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Der Betriebsrat hat die Ansicht vertreten, die auf der Grundlage der Vereinbarung Typ „C” beschäftigten Lehrkräfte seien Arbeitnehmer. Dies ergebe sich aus der vertraglichen Bindung an die umfassenden methodischen und didaktischen Regelungen der B.-Sprachlehrmethode. Bei Diensten höherer Art könne zur Statusbestimmung nicht entscheidend auf das Merkmal der persönlichen Abhängigkeit abgestellt werden. Die arbeitsrechtliche Einordnung solcher Dienstleistungen habe nach den Grundsätzen zu erfolgen, die von der Rechtsprechung zur Beurteilung einer Einstellung im Sinne des § 99 BetrVG entwickelt worden seien. Daher reiche es aus, daß die zu verrichtende Tätigkeit ihrer Art nach eine weisungsgebundene sei, die der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks des Betriebes zu dienen bestimmt und daher vom Arbeitgeber organisiert werden müsse. Dafür komme es nicht darauf an, ob tatsächlich Weisungen erteilt würden. Unabhängig davon liege eine Weisungsabhängigkeit auch tatsächlich vor. Zum einem bringe die Antragstellerin durch die von ihr aufgestellten Dienstpläne die Erwartung ständiger Dienstbereitschaft auch der als freie Mitarbeiter eingestellten Lehrkräfte zum Ausdruck. Des weiteren bestünden für die auf der Grundlage des Vertrags Typ „C” beschäftigten Sprachlehrer zumindest in demselben Maße Vorgaben und Kontrollen wie für Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen, deren Arbeitnehmereigenschaft der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts in ständiger Rechtsprechung bejahe.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betriebsrat mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die antragstellende Arbeitgeberin beantragt hat.

 

Entscheidungsgründe

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. An der Betriebsratswahl in der H. Schule der Antragstellerin haben sich die auf der Grundlage des Vertrags Typ „C” beschäftigten Sprachlehrer beteiligt, die keine Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG sind. Damit ist bei der Wahl gegen § 7 BetrVG und damit gegen eine wesentliche Vorschrift über das Wahlrecht verstoßen worden (§ 19 Abs. 1 BetrVG). Dadurch konnte auch das Wahlergebnis objektiv beeinflußt werden.

1. Die formellen Voraussetzungen für die Wahlanfechtung sind erfüllt. Die nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG anfechtungsberechtigte Arbeitgeberin hat die am 11. April 1994 durchgeführte Betriebsratswahl mit ihrem am 22. April 1994 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG angefochten.

2. Der Wahlanfechtungsantrag ist auch begründet. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, daß die auf der Grundlage des Vertrags Typ „C” beschäftigten Sprachlehrer keine Arbeitnehmer sind und damit nicht berechtigt waren, sich an der am 11. April 1994 durchgeführten Betriebsratswahl zu beteiligen.

a) In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat das Landesarbeitsgericht darauf abgestellt, in welchem Maße für die auf der Grundlage dieses Vertragstyps beschäftigten Sprachlehrer nach dem Inhalt ihrer Verträge und der tatsächlichen Handhabung ihrer Vertragsbeziehungen eine persönliche Abhängigkeit besteht.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unterscheidet sich das Arbeitsverhältnis von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters (Dienstverhältnis) durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit des Dienstleistungsverpflichteten gegenüber dem Dienstberechtigten. Arbeitnehmer ist, wer seine Dienstleistung gegenüber einem Dritten im Rahmen einer von diesem bestimmten Arbeitsorganisation zu erbringen hat. Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation ergibt sich daraus, daß der Arbeitnehmer hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der Ausführung der übernommenen Dienste einem umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (ständige Rechtsprechung, BAGE 41, 247, 253 = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 1 der Gründe; BAG Beschluß vom 29. Juni 1991 – 7 ABR 67/90 – AP Nr. 2 zu § 9 BetrVG 1972, zu B II 2 b aa der Gründe, m.w.N.). Die Seltenheit oder kurze Dauer der Einsätze und die weitgehende Bestimmung der zu erbringenden Dienstleistung im jeweiligen Vertrag selbst sprechen gegen eine persönliche Abhängigkeit des Dienstverpflichteten und damit gegen das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses. Bei der Frage nach der persönlichen Abhängigkeit muß vor allem auf die Eigenart der jeweiligen Tätigkeit abgestellt werden. Daher lassen sich abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse gleichermaßen geltende Kriterien nicht aufstellen. Eine Reihe von Tätigkeiten kann sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses erbracht werden. Maßgebend für ein Arbeitsverhältnis ist, daß der Arbeitgeber innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens über die Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers verfügen darf (vgl. Senatsbeschluß vom 19. Juni 1991, a.a.O.).

bb) Über die Einordnung eines Rechtsverhältnisses als freier Dienstvertrag oder als Arbeitsvertrag entscheidet der Geschäftsinhalt, nicht die von den Parteien gewählte Bezeichnung. Der den Vertragstyp bestimmende Geschäftsinhalt ergibt sich aus den getroffenen Vereinbarungen oder aus der tatsächlichen Durchführung des Vertrages. Steht die Vereinbarung im Widerspruch zu der tatsächlichen Handhabung, so ist letztere maßgebend (BAG Beschluß vom 29. Januar 1992 – 7 ABR 27/91 – AP Nr. 1 zu § 7 BetrVG 1972, zu II 1 b der Gründe, m.w.N.).

b) In Anwendung dieser Grundsätze ist das Landesarbeitsgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, daß die durch den Abschluß des Vertrages Typ „C” begründete Rahmenrechtsbeziehung kein Arbeitsverhältnis ist. Die Antragstellerin verwendet für ihre sogenannten freien Sprachlehrer Verträge, die sie nach Typ „A”, „B” und „C” unterscheidet. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts enthält der Vertragstyp „C” gegenüber den anderen Vertragsgestaltungen keine rechtserheblichen Abweichungen. Wie der Senat bereits in seinem Beschluß vom 28. November 1990 (– 7 ABR 51/89 – ZTR 1991, 435, 436, zu B II 2 der Gründe) für die Vertragstypen „A” und „B” entschieden hat, wird durch diese Verträge keine Verpflichtung zur Dienstleistung begründet. Das gilt auch für den Vertragstyp „C”. Eine Dienstleistungspflicht kann erst entstehen, wenn der Sprachlehrer ein entsprechendes Angebot der Antragstellerin zur Durchführung bestimmter Unterrichtsstunden angenommen hat. Die Antragstellerin kann aufgrund einseitiger Weisung nicht die Übernahme von Unterrichtsstunden anordnen. Soweit der Erste Senat in seinem Beschluß vom 28. April 1992 (– 1 ABR 73/91 – AP Nr. 98 zu § 99 BetrVG 1972, zu IV der Gründe) unter Beachtung des Zweckgedankens der Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei Einstellungen angenommen hat, daß bereits durch den Abschluß einer Rahmenvereinbarung, der weder unmittelbar zur Dienstleistung verpflichtet noch dem Arbeitgeber ein entsprechendes Weisungsrecht einräumt, ein Arbeitsverhältnis begründet wird, liegt dieser Auffassung eine andere Vertragspraxis zugrunde. Sie unterscheidet sich von der vorliegenden schon dadurch, daß in dem vom Ersten Senat entschiedenen Fall die Arbeitnehmer nicht berechtigt waren, die übernommene Dienstleistung von sich aus vorzeitig zu beenden.

c) Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt, daß die auf der Grundlage des Vertrags Typ „C” beschäftigten Sprachlehrer auch während der durch eine gesonderte Absprache übernommenen Unterrichtseinsätze keine Arbeitnehmer waren. Zwar wird durch diese gesonderten Absprachen jeweils eine auf die Dauer des jeweiligen Unterrichtseinsatzes beschränkte Dienstleistungspflicht und damit ein (befristeter) Dienstvertrag begründet. Diese Dienstleistung wird aber nicht in persönlicher Abhängigkeit erbracht.

aa) Die auf der Grundlage des Vertrags Typ „C” beschäftigten Sprachlehrer unterliegen keinem Weisungsrecht der Arbeitgeberin hinsichtlich Zeit und Dauer der Tätigkeit. Die Möglichkeit der Mitgestaltung der Arbeitszeit ist nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluß vom 30. Oktober 1991 – 7 ABR 19/91 – AP Nr. 59 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu II 4 d der Gründe; Urteil vom 13. November 1991 – 7 AZR 31/91 – AP Nr. 60 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu III 5 der Gründe) ein maßgebliches Kriterium zur Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft im Rahmen einer Lehrtätigkeit.

Die Antragstellerin konnte vorliegend nicht durch einseitige Weisung die betroffenen Sprachlehrer zur Dienstleistung in einem bestimmten Umfang zu bestimmten Zeiten verpflichten, wie sich unmittelbar aus Ziff. 3 und 4 des Vertrages ergibt. Eine Bindung an eine bestimmte Unterrichtszeit ergibt sich erst aufgrund der Annahme eines Angebots der Antragstellerin auf Übernahme bestimmter Unterrichtsstunden, wobei die Annahme der Lehrkraft freisteht. Auch bei der Übernahme einer längerfristigen Gruppenbetreuung war es nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts den einzelnen Lehrkräften jederzeit möglich, die Lehrtätigkeit abzubrechen. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß die tatsächliche Durchführung nicht der vertraglichen Vereinbarung entsprochen hat. Darüber hinaus fehlt es auch an Hinweisen darauf, daß die den Sprachlehrern verbliebene Dispositionsbefugnis über den zeitlichen Umfang ihrer Tätigkeit für sie ohne jede Bedeutung gewesen ist. Der Vortrag des Betriebsrats läßt jedenfalls nicht erkennen, daß die davon betroffenen Lehrkräfte von sich aus jedes Interesse an einer solchen Vertragsgestaltung vermissen ließen.

Soweit der Betriebsrat in der Beschwerdeinstanz auf die Existenz von Dienstplänen abstellt und sich auf die Rechtsprechung des Fünften Senats (Urteil vom 16. Februar 1994 – 5 AZR 402/93 – AP Nr. 15 zu § 611 BGB Rundfunk, zu II der Gründe; Urteil vom 20. Juli 1994 – 5 AZR 627/93 – AP Nr. 73 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu II der Gründe; Urteil vom 30. November 1994 – 5 AZR 704/93 – AP Nr. 74 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu II 2 b der Gründe) zur Bedeutung der Dienstpläne bei Mitarbeitern im Rundfunkbereich beruft, rechtfertigt auch dies keine andere rechtliche Beurteilung. Der Fünfte Senat stellt in den genannten Entscheidungen nicht auf die Existenz der Dienstpläne ab, sondern wertet die einseitige Aufstellung von Dienstplänen als ein Indiz dafür, daß die Arbeitgeberin ständige Dienstbereitschaft der im Plan aufgeführten Mitarbeiter erwartet und so über deren Arbeitsleistung verfügt. Abgesehen davon, daß für die Aufstellung längerfristiger Dienstpläne vorliegend nichts ersichtlich ist und das vom Betriebsrat geschilderte Verfahren nicht als Aufstellung von Dienstplänen, sondern nur als Abklärung des Unterrichtsbedarfs als Vorbereitung zur Abgabe eines entsprechenden Angebots auf Übernahme einzelner Unterrichtseinheiten gewertet werden kann, fehlt es vorliegend gerade an dieser Erwartung ständiger Dienstbereitschaft und einer Verfügung über die Arbeitskraft. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts findet jede Unterrichtserteilung nur aufgrund von Einzelabsprachen statt. Bei längerfristiger Betreuung kann die Unterrichtstätigkeit jederzeit vom Mitarbeiter abgebrochen werden. Außerhalb der vereinbarten Zeiten kann die Antragstellerin über die Arbeitskraft der Sprachlehrer nicht verfügen. Dementsprechend hat der Senat (Beschluß vom 28. November 1990 – 7 ABR 51/89 –, a.a.O.) auch für die Verträge vom Typ „A” und „B” ausgeführt, daß sich eine persönliche Abhängigkeit nicht aus der zeitlichen Bindung an die in Verfügbarkeitsplänen festgesetzten Zeiten ergibt.

bb) Auch die Bindung an einen Leistungsort begründet keine für ein Arbeitsverhältnis typische Abhängigkeit. Im pädagogischen Bereich können auch freie Mitarbeiter ihre Tätigkeit regelmäßig nur in den zur Verfügung gestellten Räumen verrichten und sind damit an einen bestimmten Ort gebunden. Diese äußeren Umstände schließen eine selbständige Tätigkeit nicht aus (BAG Beschluß vom 28. November 1990 – 7 ABR 51/89 –, a.a.O., zu II 3 b der Gründe; BAG Beschluß vom 30. Oktober 1991 – 7 ABR 19/91 – AP Nr. 59 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu II 4 e der Gründe).

cc) Im Hinblick auf die zeitliche Ungebundenheit kann sich eine persönliche Abhängigkeit auch nicht aus einer vertraglichen Bindung zur inhaltlichen und methodischen Gestaltung des Unterrichts ergeben.

Der Senat hat in seinem Beschluß vom 28. November 1990 (– 7 ABR 51/89 –, a.a.O., zu II 3 c der Gründe) ausgeführt, weder die Bindung an einen bestimmten Unterrichtsstoff noch an die spezielle B.-Methode könne maßgeblich eine persönliche Abhängigkeit begründen, da es sich hierbei um die Abgrenzung des Vertragsgegenstandes handele. Der Senat hat auch im Rahmen seiner Entscheidungen zur Einordnung der Tätigkeit von Lehrkräften an einer Bildungseinrichtung bzw. Volkshochschuldozenten (Beschluß vom 30. Oktober 1991, a.a.O.; Urteil vom 13. November 1991, a.a.O.) der inhaltlichen und methodischen Bindung kein entscheidendes Gewicht beigemessen, so daß dieser Gesichtspunkt zur Verneinung der Arbeitnehmereigenschaft der betroffenen Sprachlehrer entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts nicht tragend war.

Durch die inhaltlichen und methodischen Vorgaben wird die zu erbringende Dienstleistung im einzelnen umschrieben. Derartige Vorgaben sind aber kein typisches Kennzeichen für ein Arbeitsvertragsverhältnis. Im Bereich selbständiger Dienstleistungen oder Werkleistungen kann der Gegenstand der zu erbringenden Leistung im einzelnen vom Auftraggeber vorgegeben sein. Das hat zur Folge, daß dann nur noch diese Leistung verlangt werden kann und eine Änderung nicht mehr durch Weisung, sondern nur durch Vertragsänderung herbeiführbar ist. Es spricht dann mehr für ein freies Mitarbeiterverhältnis, wenn die zu leistenden Dienste nicht nur rahmenmäßig umschrieben werden, sondern vertraglich festgelegt sind (BAG Beschluß vom 30. Oktober 1991 – 7 ABR 19/91 – AP Nr. 59 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu II 4 b bb der Gründe; BAG Urteil vom 13. November 1991 – 7 AZR 31/91 – AP Nr. 60 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu III 5 a der Gründe).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Betriebsrat herangezogenen Rechtsprechung des Fünften Senats (Urteil vom 26. Juli 1995 – 5 AZR 22/94 – AP Nr. 79 zu § 611 BGB Abhängigkeit; Urteil vom 24. Juni 1992 – 5 AZR 384/91 – AP Nr. 61 zu § 611 BGB Abhängigkeit) zur Einordnung der Tätigkeit von Volkshochschuldozenten. Der Fünfte Senat stellt bei der Einordnung von Lehrkräften stärker auf eine typisierende Betrachtungsweise unter dem Gesichtspunkt des Unterrichtsgegenstandes und auf ein Weisungsrecht hinsichtlich der Arbeitszeit der Lehrkräfte ab. Lehrkräfte, die in schulischen Kursen oder allgemeinbildenden Schulen Unterricht erteilen, sind danach in aller Regel Arbeitnehmer, während Lehrkräfte bei einer Volkshochschule oder einer Musikschule auch als freie Mitarbeiter beschäftigt werden können und zwar selbst dann, wenn es sich bei ihrem Unterricht um aufeinander abgestimmte Kurse mit vorher festgelegtem Programm handelt. Arbeitnehmer sind sie nur dann, wenn im Einzelfall festzustellende Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, daß der für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses erforderliche Grad der persönlichen Abhängigkeit gegeben ist.

Auch bei einer derartigen typisierenden Betrachtungsweise sind die hier zu beurteilenden Lehrkräfte nicht zwangsläufig Arbeitnehmer, weil sie nicht in schulischen Kursen oder an allgemeinbildenden Schulen eingesetzt werden. Die Auffassung des Betriebsrats, eine für die Arbeitnehmereigenschaft von Lehrern an allgemeinbildenden Schulen typische Bindung an Gesetze, Verordnungen, Verwaltungsvorschriften und Einzelanweisungen entspreche der Bindung des Sprachlehrers an die B.-Methode und begründe damit deren Arbeitnehmereigenschaft, wird der Rechtsprechung des Fünften Senats nicht gerecht. Abgesehen davon, daß vorliegend für erteilte Einzelanweisungen nichts ersichtlich und vorgetragen ist, stellt der Fünfte Senat im Rahmen der typologischen Betrachtung nicht nur auf dieses Merkmal ab. Er stützt seine Rechtsprechung auf ein Bündel weiterer Gesichtspunkte, wie insbesondere verstärkte Aufsicht und Kontrolle der Schüler, Anfall von Neben- und Zusatzarbeiten, wie z.B. Unterrichtsvorbereitung, Korrektur schriftlicher Arbeiten, Abnahme von Prüfungen, Pausenaufsicht sowie die Begleitung bei Schulfreizeiten usw. Von diesen Merkmalen ist keines vorliegend gegeben. Im Gegensatz zu einem Schulträger allgemeinbildender Schulen könnte die Antragstellerin vorliegend eine durch Änderung der unterrichtsgestaltenden Vorgaben notwendige Anpassung der Unterrichtsinhalte auch nicht einseitig durch Weisung anordnen, sondern müßte dafür eine Vertragsänderung herbeiführen.

dd) Eine persönliche Abhängigkeit folgt schließlich nicht aus vertraglich eingeräumten Möglichkeiten zur Unterrichtsinspektion. Ein solches Kontrollrecht der ordnungsgemäßen Erfüllung der geschuldeten Leistung ist – wie der Senat bereits in seinem Beschluß vom 28. November 1990 (a.a.O., zu II 3 d der Gründe) ausgeführt hat – kein typisches Kennzeichen eines Arbeitsvertrages, sondern beschreibt das Recht eines jeden Gläubigers, die Erbringung einer geschuldeten Leistung auch zu kontrollieren. Auch soweit die Sprachlehrer im Interesse des Erhalts weiterer Unterrichtsaufträge eventuellen Beanstandungen Rechnung tragen, ist auch dies nicht nur arbeitsvertragstypisch, sondern gilt für jede Art freiberuflicher Tätigkeit.

d) Mit seiner Beurteilung setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zum Beschluß des Ersten Senats vom 27. Juli 1993 (– 1 ABR 7/93 – AP Nr. 3 zu § 93 BetrVG 1972). Der Erste Senat hat in dieser Entscheidung nicht inzident die Arbeitnehmereigenschaft der auf der Grundlage des Vertrags Typ „C” tätigen Sprachlehrer bejaht. Dies wird insbesondere daraus deutlich, daß er sich im Rahmen der Prüfung einer auf § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG gestützten Zustimmungsverweigerung ausführlich damit befaßt, ob eine Stellenausschreibung auch für Arbeitsplätze verlangt werden kann, die mit freien Mitarbeitern besetzt werden sollen (zu II 1 c der Gründe). Dieser Erwägungen hätte es schon nicht bedurft, wenn der Erste Senat von der Arbeitnehmereigenschaft der betroffenen Sprachlehrer ausgegangen wäre.

e) Die von der Rechtsbeschwerde vorgebrachten Bedenken gegen die Abgrenzung des Arbeitsverhältnisses vom Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters anhand des Merkmals der persönlichen Abhängigkeit rechtfertigen keine Abkehr von der ständigen Senatsrechtsprechung.

Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist eine wirtschaftliche Abhängigkeit für sich gesehen kein geeignetes Abgrenzungskriterium zur Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft. Dies verdeutlicht bereits die Bestimmung des § 5 Abs. 3 ArbGG. Der wirtschaftlich abhängige, aber im übrigen selbständige (Einfirmen-)Handelsvertreter gilt unter bestimmten Voraussetzungen lediglich als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes. Der Gesetzgeber geht also selbst davon aus, daß eine wirtschaftliche Abhängigkeit für sich gesehen die Arbeitnehmereigenschaft nicht begründet.

3. Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist auch die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, die Antragstellerin habe durch die Verwendung des Vertrags Typ „C” nicht rechtsmißbräuchlich gehandelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stellt sich die Frage des Mißbrauchs der Gestaltungsfreiheit erst, wenn ebensoviel für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses spricht wie dagegen (BAG Urteil vom 21. September 1977 – 5 AZR 373/76 – AP Nr. 24 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu 4 der Gründe, m.w.N.). Das gilt unabhängig davon, ob sich die betroffenen Beschäftigten auch darauf berufen. Die Frage einer mißbräuchlichen Vertragsgestaltung stellt sich aber vorliegend schon deswegen nicht, weil es an einer für ein Arbeitsverhältnis notwendigen persönlichen Abhängigkeit fehlt und damit eine eindeutige Zuordnung des Vertragstyps möglich ist.

4. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht auch angenommen, daß durch die Beteiligung nicht wahlberechtigter Personen das Wahlergebnis beeinflußt werden konnte. Entscheidend ist insoweit, ob eine hypothetische Betrachtung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zum selben Wahlergebnis führt (BAG Beschluß vom 14. September 1988 – 7 ABR 93/87 – AP Nr. 1 zu § 16 BetrVG 1972, zu IV 2 der Gründe). Dies hat das Landesarbeitsgericht anhand der festgestellten Stimmenverteilung zutreffend verneint.

 

Unterschriften

Steckhan, Düwell, Schmidt, Peter Haeusgen, G. Metzinger

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1089210

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