Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Bildungsmaßnahmen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Begriff der Berufsbildung in § 98 Abs 1 BetrVG ist weit auszulegen. Er umfaßt zumindest alle Maßnahmen der Berufsbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes, also Berufsausbildung, berufliche Fortbildung und berufliche Umschulung. Zu den Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung gehören Seminare, die den Arbeitnehmern die für die Ausfüllung ihres Arbeitsplatzes und ihrer beruflichen Tätigkeit notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verschaffen sollen (Bestätigung der Senatsbeschlüsse vom 5. November 1985, 1 ABR 49/83 und 10. Februar 1988, 1 ABR 39/86, BAGE 50, 85 und 57, 295 = AP Nr 2 und 5 zu § 98 BetrVG 1972).

2. Die - mitbestimmungsfreie - Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers nach § 81 Abs 1 BetrVG erschöpft sich in der Einweisung eines Arbeitnehmers an einem konkreten Arbeitsplatz. Die Einweisung setzt voraus, daß der Arbeitnehmer die für die Ausübung der Tätigkeit an diesem Arbeitsplatz erforderlichen beruflichen Kenntnisse und Erfahrungen besitzt (BAG Beschluß vom 10.2.1988, 1 ABR 39/86 = BAGE 57, 295 = AP Nr 5 zu § 98 BetrVG 1972).

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 18.01.1990; Aktenzeichen 13 TaBV 9/89)

ArbG Mannheim (Entscheidung vom 09.12.1988; Aktenzeichen 2 BV 9/88)

 

Gründe

A. Der Arbeitgeber betreibt ein Unternehmen der pharmazeutischen Industrie. Antragsteller ist der für den Betrieb Mannheim gewählte Betriebsrat.

Der Arbeitgeber führte in der Vergangenheit mehrfach verschiedene Seminare und Schulungsveranstaltungen für Mitarbeiter ohne Zustimmung des Betriebsrats durch. Dabei handelt es sich, soweit in der Rechtsbeschwerdeinstanz noch von Bedeutung, im einzelnen um folgende Veranstaltungen:

- Seminare mit dem Titel " PC-Grundlagen", "Lotus 1-2-3" und "d Base III - Grundkurs".

Diese Seminare sind Teile der " PC-Schulung " des Arbeitgebers, die dieser seit 1986 veranstaltet. In dem Vorwort zum " PC-Schulungsprogramm 1988" heißt es:

"Der PC-Boom bei B hält unver-

mindert an. Um dieses Hilfsmittel der täglichen

Arbeit möglichst effizient zu nutzen, bieten wir

- nunmehr schon im dritten Jahr - wieder vielfäl-

tige Seminare zu den einzelnen Software-Produkten

an. Wie sie dem Programm entnehmen können, haben

wir viele Seminare aktualisiert. Vor allem haben

wir dem hohen DV-Ausbildungsstand unserer Mitar-

beiter Rechnung getragen. So sind in diesem Pro-

gramm verstärkt Workshops vorgesehen, in denen

das individuelle Wissen der PC-Anwender vertieft

werden kann. Daneben sind spezielle Seminare für

PC-Koordinatoren in den einzelnen Abteilungen

vorgesehen. Die Vielzahl der PC-Anwender mit

ihren verschiedenartigen Anwendungen machte die-

sen Schritt notwendig.

Neben diesem Trend, der sich nach mehrjähriger

PC-Praxis zwangsläufig abzeichnet, soll aber auch

allen Einsteigern wieder die Möglichkeit gegeben

werden, entsprechendes Grundlagenwissen zu erhal-

ten. Aufgrund der Erfahrungen der vergangenen

Jahre bitten wir, bereits in der Planungsphase

für einen PC-Einsatz die entsprechenden Seminar-

besuche rechtzeitig einzuplanen.

..."

Angeboten werden folgende Seminare:

PC-Grundlagen, LOTUS 1-2-3, LOTUS 1-2-3 Workshop,

Symphony, Symphony-Workshop, d Base III -

Grundkurs, d Base III - Programmierung, HP-

Gallery - Einführung, HP-Gallery - Workshop,

Chart - Praktikum, Systemmanager I, System-

manager II, Systemmanager III, Samna Word -

Grundkurs Textverarbeitung, Samna Word - Work-

shop, PC-Überblick für Führungskräfte.

Das eintägige Seminar " PC-Grundlagen " richtet sich nach dem Schulungsprogramm des Arbeitgebers an Mitarbeiter, die bislang noch keine Erfahrung mit dem IBM-PC oder IBM-kompatiblem PC und mit PC-Software haben. In dem Seminar sollen die Teilnehmer die Bedienung eines PC und seiner Peripheriegeräte, die Hauptaufgaben des Betriebssystems, die Nutzung seiner wesentlichen Möglichkeiten sowie die Beherrschung der programmabhängigen Tastaturfunktionen erlernen. Das Seminar "LOTUS 1-2-3", das zwei Tage dauert, richtet sich an Mitarbeiter, die in absehbarer Zeit mit LOTUS 1-2-3 arbeiten werden. Ziel ist es, den Seminarteilnehmer in die Lage zu versetzen, die Arbeitsweise des Programms zu verstehen, die Grundfunktionen sicher zu beherrschen, Statusinformationen einzuholen und zu interpretieren, komplexe Arbeitsblätter aufzubauen und dabei weiterführende Funktionen und Befehle einzusetzen, Grafiken und Ausdrucke besser zu gestalten, alle Programmteile von 1-2-3 kennenzulernen, gegeneinander abzugrenzen und richtig einzusetzen, einfache Macros zu schreiben und die Möglichkeiten der Macroprogrammierung zu erkennen sowie den Datenaustausch mit anderen Programmen zu verstehen. Für dieses Seminar werden die Teilnahme am Seminar " PC-Grundlagen " oder äquivalente Kenntnisse vorausgesetzt.

Das Seminar "d Base III - Grundkurs", das zwei Tage dauert, richtet sich an Mitarbeiter, die in absehbarer Zeit mit diesem Programm arbeiten werden. Lernziel ist es, den Mitarbeiter in die Lage zu versetzen, eine d Base III-Datenbank mit allen möglichen Feldtypen aufzubauen, mit dem ASSIST-Programm Datenbanken zu bearbeiten, im Befehlmodus Daten zu selektieren, durch Anlegen geeigneter Schlüsselfelder (Indexdateien) den Zugriff zu beschleunigen sowie verschiedene Datenbanken zu verknüpfen. Vorausgesetzt werden die Teilnahme am Seminar " PC-Grundlagen " oder äquivalente Kenntnisse.

- Veranstaltungen mit dem Titel "Grundkurs Hygiene I + II" und "Hygiene der nicht sterilen Arzneimittel", die jeweils eineinhalb Stunden dauern und die sich an die gewerblichen Arbeitnehmer aus dem Produktionsbereich, die unter hygienisch sterilen Bedingungen arbeiten müssen, sowie die Umrüster der hierzu benutzten Maschinen, richten. Mit den Veranstaltungen soll "Verständnis für Hygienemaßnahmen und Hygienetechnik in der Pharmaproduktion" bzw. "vertieftes Verständnis für Hygienemaßnahmen bei der Herstellung von Arzneimitteln" geweckt werden. Die Seminare finden nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu Beginn des Arbeitsverhältnisses statt und werden regelmäßig wiederholt, ohne daß jedoch eine Pflicht zur Teilnahme besteht.

- Für Außendienstmitarbeiter veranstaltete der Arbeitgeber ein "Grundlagenseminar Immunologie" (8. bis 12. Februar 1988), das die Themen "Immunologische Methoden, Monoklonale Antikörper, Schilddrüse, Physiologie, Pathophysiologie, ES 22-Vorstellung , Praktika am ES 22, Prolactin, Tumormarker, Allergie, Eisenstoffwechsel" behandelte;

ein "Seminar Gerinnung" (27. bis 29. Januar 1988), in dem Grundkenntnisse der Physiologie und Pathophysiologie der Blutstillung vermittelt wurden und ein Laborpraktikum zum sogenannten Quick-Test und Mepato Quick-Test einschloß;

ein "Hitachi 704 Operator Training" (1. bis 5. Februar 1988), bei dem die Teilnehmer in das Gerät Hitachi 704 vor Ort eingearbeitet wurden und die Nachbetreuung der Kunden erlernten.

Der Betriebsrat ist der Ansicht, diese Seminare und Veranstaltungen seien betriebliche Berufsbildungsmaßnahmen, bei deren Durchführung er nach § 98 Abs. 1 BetrVG mitzubestimmen habe. Entgegen seinem Verlangen habe der Arbeitgeber die Maßnahmen mehrfach ohne die Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats durchgeführt und damit grob gegen seine betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten verstoßen.

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt,

dem Arbeitgeber aufzugeben, die Durchführung

betrieblicher Berufsbildungsmaßnahmen ohne vorhe-

rige Mitwirkung des Betriebsrats zu unterlassen,

hilfsweise,

festzustellen, daß dem Betriebsrat bei folgenden

Schulungsmaßnahmen des Arbeitgebers ein Mitbe-

stimmungsrecht zusteht:

1. PC-Grundlagen und LOTUS 1-2-3

2. PC-Seminar d Base III Grundkurs

3. Hygienekurs

4. Einführungsseminar für neue Mitarbeiter

5. Außendienstschulung

a)Grundlagenseminar Immunologie

b)Seminar Gerinnung

c)Seminar Hitachi 704 Operator Training

d)Kolloquium für Gebietsverkaufsleiter.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

den Antrag abzuweisen,

hilfsweise,

1. festzustellen, daß sich das Mitbestimmungs-

recht des Betriebsrats gemäß § 98 Abs. 2 und 5

BetrVG nicht auf die Bestellung eines bestimm-

ten Bildungsbeauftragten i.S. von § 98 Abs. 2

BetrVG erstreckt;

2. festzustellen, daß sich das Mitbestimmungs-

recht des Betriebsrats gemäß § 98 BetrVG nicht

auf die inhaltliche Ausgestaltung des Einfüh-

rungsseminars für neue Mitarbeiter erstreckt;

3. festzustellen, daß das Verlangen des Betriebs-

rats, ein Mitglied seines Ausschusses für

Technologie und Organisation solle die Da-

tenschutzbelehrung im Rahmen von PC-Seminaren

übernehmen, nicht dem Mitbestimmungsrecht des

Betriebsrats gemäß § 98 BetrVG unterliegt.

Der Arbeitgeber ist der Ansicht, bei den streitgegenständlichen Maßnahmen handele es sich nicht um solche der betrieblichen Berufsbildung, sondern um arbeitsplatz- und unternehmensbezogene Informationen und somit um eine Unterrichtung der Arbeitnehmer im Sinne von § 81 BetrVG. Das Seminar " PC-Grundlagen " sei eine Einweisung in das Arbeitsmittel Personalcomputer und dessen Bedienung. Mit den Seminaren "LOTUS 1-2-3" und "d Base III - Grundkurs" sollen die Arbeitnehmer die Handhabung dieser Anwendungsprogramme so erlernen, daß sie mit dem Programm im Sinne eines technischen Hilfsmittels umgehen können. Bei den Veranstaltungen für die Außendienstmitarbeiter handele es sich um Produktinformationen, aufgrund derer die Mitarbeiter in die aktuell zum Verkauf bestimmten Produkte eingewiesen werden sollten. Mit den "Grundkursen Hygiene I + II" solle Verständnis für Hygienemaßnahmen und Hygienetechnik in der Pharmaproduktion geweckt werden. Den Mitarbeitern, die mit offenen Arzneimitteln, mikrobiologisch gefährdeten Diagnostika und infektiösem Material umgehen, solle das richtige hygienische Verhalten am Arbeitsplatz vermittelt werden. Dasselbe gelte für den Kurs "Hygiene der nicht sterilen Arzneimittel". Selbst wenn man ein Mitbestimmungsrecht bejahen würde, hätte der Arbeitgeber nicht grob gegen seine Pflichten aus dem Betriebsverfassungsgesetz verstoßen, weil die Abgrenzung zwischen betrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen und einer Unterrichtung nach § 81 BetrVG strittig und höchstrichterlich nicht geklärt sei.

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, daß dem Betriebsrat bei den Schulungsmaßnahmen PC-Grundlagen und LOTUS 1-2-3, PC-Seminar d Base III - Grundkurs, Grundlagenseminar Immunologie, Seminar Gerinnung und dem Seminar Hitachi 704 Operator Training ein Mitbestimmungsrecht zusteht und im übrigen die Anträge des Betriebsrats und des Arbeitgebers abgewiesen. Dagegen haben beide Beteiligte Beschwerde eingelegt.

Vor dem Landesarbeitsgericht hat der Betriebsrat zuletzt beantragt

1. dem Arbeitgeber aufzugeben, die Durchführung

betrieblicher Berufsbildungsmaßnahmen ohne

vorherige Mitwirkung des Betriebsrats zu un-

terlassen,

hilfsweise,

dem Arbeitgeber aufzugeben, die Durchführung der

betrieblichen Seminare

- PC-Grundlagen und LOTUS 1-2-3

- PC-d Base III - Grundkurs

- Grundlagen Immunologie

- Gerinnung

- Hitachi 704 Operator Training

- Hygiene der nicht sterilen Arzneimittel

- Grundkurs Hygiene I + II

ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats zu un-

terlassen,

2. festzustellen, daß dem Betriebsrat auch bei

den betrieblichen Schulungsmaßnahmen

- Hygiene der nicht sterilen Arzneimittel

- Grundkurs Hygiene I + II

ein Mitbestimmungsrecht zusteht,

3. die Anträge des Arbeitgebers abzuweisen.

Mit seiner Anschlußbeschwerde hat der Arbeitgeber beantragt, die Anträge des Betriebsrats insgesamt abzuweisen.

Das Landesarbeitsgericht hat unter Zurückweisung der Anschlußbeschwerde des Arbeitgebers und der Beschwerde des Betriebsrats im übrigen den Beschluß des Arbeitsgerichts abgeändert und

1. dem Arbeitgeber aufgegeben, die Durchführung

der betrieblichen Seminare

- PC-Grundlagen und LOTUS 1-2-3

- PC-d Base III - Grundkurs

- Grundlagen Immunologie

- Gerinnung

- Hitachi 704 Operator Training

- Hygiene I + II

- Hygiene der nicht sterilen Arzneimittel

ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats zu

unterlassen,

und

2. festgestellt, daß dem Betriebsrat auch bei den

betrieblichen Schulungsmaßnahmen

- Hygiene der nicht sterilen Arzneimittel

- Grundkurs Hygiene I + II

ein Mitbestimmungsrecht nach Maßgabe des § 98

BetrVG zusteht.

Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Arbeitgeber sein Begehren auf Abweisung der Anträge des Betriebsrats weiter. Der Betriebsrat beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

B. Die Rechtsbeschwerde ist teilweise begründet.

I. Streitgegenstand sind in der Rechtsbeschwerdeinstanz noch der Antrag des Betriebsrats auf Unterlassung der Durchführung der Seminare " PC-Grundlagen ", "LOTUS 1-2-3", "d Base III - Grundkurs" und der Veranstaltungen zu den Themen "Grundlagen Immunologie", "Gerinnung", "Hitachi 704 Operator Training", "Hygiene I + II" und "Hygiene der nicht sterilen Arzneimittel" ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats, der Hilfsantrag des Betriebsrats auf Feststellung, daß ihm bei den Schulungsmaßnahmen " PC-Grundlagen ", "LOTUS 1-2-3", d Base III - Grundkurs", "Grundlagen Immunologie", "Gerinnung" und "Hitachi 704 Operator Training" ein Mitbestimmungsrecht zusteht und der weitere Hauptantrag des Betriebsrats auf Feststellung, daß ihm auch bei den betrieblichen Schulungsmaßnahmen "Hygiene der nicht sterilen Arzneimittel" und "Grundkurs Hygiene I + II" ein Mitbestimmungsrecht nach Maßgabe des § 98 BetrVG zusteht.

Der Betriebsrat hat den Beschluß des Landesarbeitsgerichts nicht mit einer Rechtsbeschwerde angegriffen, so daß insoweit rechtskräftig feststeht, daß der Betriebsrat im Rahmen seines Mitbestimmungsrechtes nach § 98 BetrVG keinen Anspruch darauf hat, daß ein Mitglied seines Ausschusses für Technologie und Umwelt die Datenschutzbelehrung im Rahmen von PC-Seminaren übernimmt und daß der Antrag, dem Arbeitgeber aufzugeben, die Durchführung betrieblicher Berufsbildungsmaßnahmen ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats zu unterlassen, unzulässig ist.

Die in der ersten Instanz vom Arbeitgeber gestellten Hilfsanträge zu 1) und 2) sind vom Arbeitsgericht abgewiesen worden. Der Arbeitgeber hat das mit seiner Anschlußbeschwerde nicht angegriffen, so daß der Beschluß des Arbeitsgerichts insoweit rechtskräftig ist.

II. Der noch zur Entscheidung anstehende Unterlassungsantrag des Betriebsrats ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Der Antrag ist zulässig. Er ist insbesondere hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, der auch auf die Anträge im Beschlußverfahren Anwendung findet (BAGE 50, 29 = AP Nr. 18 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung; Germelmann/Matthes/ Prütting, ArbGG, 1990, § 81 Rz 8, m.w.N.). Bei einem Antrag auf Unterlassung soll die Bestimmtheit des Antrags der gerichtlichen Entscheidung im Erkenntnisverfahren einen vollstreckbaren Inhalt geben und sie als Vollstreckungstitel geeignet machen. Die Bestimmtheit des Tenors im Erkenntnisverfahren ist wegen der strafenden Elemente bei der Erzwingung von Unterlassungen sowohl nach § 890 ZPO wie nach § 23 Abs. 3 BetrVG unverzichtbare Voraussetzung; in beiden Fällen wird dem Schuldner für den Fall der Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot ein Ordnungsgeld angedroht; es entspricht daher rechtsstaatlichen Grundsätzen, daß er auch genau weiß, was er zu unterlassen hat. Auch wenn die Frage, wann bei erneuten Verstößen das Unterlassungsgebot einsetzt, erst im Vollstreckungsverfahren beurteilt wird, muß der Arbeitgeber, der zur Erfüllung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten angehalten werden soll, vorher wissen, in welchen zukünftigen Fällen er mit der Verhängung eines Ordnungsgeldes rechnen muß (Senatsbeschluß vom 27. November 1990 - 1 ABR 77/89 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, zu B I 1 der Gründe). Das ist vorliegend der Fall, weil der Betriebsrat die Maßnahmen, deren Durchführung der Arbeitgeber ohne Zustimmung des Betriebsrats unterlassen soll, genau bezeichnet hat. Auch die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs "Durchführung" in dem Antrag macht diesen nicht unbestimmt, weil die Beteiligten nicht darüber streiten, was hierunter zu verstehen ist, sondern darüber, ob die im Antrag bezeichneten Maßnahmen solche der betrieblichen Berufsbildung sind und deshalb ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Durchführung besteht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 17. März 1987 - 1 ABR 65/85 - AP Nr. 7 zu § 23 BetrVG 1972, zu B III 1 der Gründe, mit Anm. von Hoyningen-Huene , und vom 27. November 1990, aaO, zu B I 2 der Gründe).

Der noch zur Entscheidung anstehende Unterlassungsantrag war erstmals vor dem Landesarbeitsgericht gestellt worden. Das ist zulässig. Der Arbeitgeber hat der Antragsänderung zugestimmt, indem er die Abweisung dieses Antrages als unbegründet beantragt und sich damit auf den Antrag eingelassen hat, ohne der Antragsänderung zu widersprechen, § 87 Abs. 2 Satz 3 in Verb. mit § 81 Abs. 3 ArbGG (vgl. auch Senatsbeschluß vom 31. Januar 1989 - 1 ABR 60/87 - AP Nr. 12 zu § 81 ArbGG 1979, zu B II 2 b der Gründe).

2. Der Unterlassungsantrag des Betriebsrats ist unbegründet.

Voraussetzung für den Unterlassungsanspruch des Betriebsrats ist nach § 23 Abs. 3 BetrVG, daß der Arbeitgeber gegen das Mitbestimmungsrecht des § 98 Abs. 1 BetrVG grob verstoßen hat. Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht angenommen.

a) Nach § 98 Abs. 1 BetrVG hat der Betriebsrat bei der Durchführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung mitzubestimmen. Nur ein weites Verständnis des Begriffs der betrieblichen Berufsbildung wird dem Schutzzweck der Regelung des § 98 Abs. 1 BetrVG gerecht. Häufig entscheidet die Teilnahme an betrieblichen Schulungsmaßnahmen darüber, ob der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz behalten oder an einem beruflichen Aufstieg teilnehmen kann (BAGE 50, 85, 88 = AP Nr. 2 zu § 98 BetrVG 1972, zu B I 1 der Gründe). Dementsprechend umfaßt die betriebliche Berufsbildung zumindest alle Maßnahmen der Berufsbildung im Sinne von § 1 Abs. 1 BBiG, also der Berufsausbildung, der Berufsfortbildung und der beruflichen Umschulung. Andererseits sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats die mitbestimmungspflichtigen Berufsbildungsmaßnahmen von der mitbestimmungsfreien Unterrichtung nach § 81 Abs. 1 BetrVG abzugrenzen. Nach der Rechtsprechung des Senats gehören zu den Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung im Sinne von § 98 Abs. 1 BetrVG insbesondere solche, die den Arbeitnehmern diejenigen Kenntnisse und Erfahrungen verschaffen sollen, die zur Ausfüllung ihres Arbeitsplatzes und ihrer beruflichen Tätigkeit dienen; dazu gehört auch die berufliche Fortbildung (Senatsbeschlüsse vom 5. November 1985, BAGE 50, 85, 88 = AP Nr. 2 zu § 98 BetrVG 1972, zu B I 1 der Gründe, vom 10. Februar 1988, BAGE 57, 295, 301 = AP Nr. 5 zu § 98 BetrVG 1972, zu B II 1 a der Gründe und vom 4. Dezember 1990 - 1 ABR 10/90 - zur Veröffentlichung vorgesehen, zu B II 2 a der Gründe; Hammer, Berufsbildung und Betriebsverfassung, 1990, S. 57; Kraft, NZA 1990, 487 ff.; Heither, Die Beteiligung des Betriebsrats in personellen Angelegenheiten, AR-Blattei , Betriebsverfassung XIV C, unter III 2; Oetker, Die Mitbestimmung der Betriebs- und Personalräte bei der Durchführung von Berufsbildungsmaßnahmen, 1986, S. 84 f., jeweils m.w.N.). Damit gehören zur betrieblichen Berufsbildung alle Maßnahmen, die über die - mitbestimmungsfreie - Unterrichtung des Arbeitnehmers hinsichtlich seiner Aufgaben und Verantwortung, über die Art seiner Tätigkeit und ihrer Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebes sowie über die Unfall- und Gesundheitsgefahren und die Maßnahmen und Einrichtungen zur Abwendung dieser Gefahren im Sinne von § 81 BetrVG hinausgehen, indem sie dem Arbeitnehmer gezielt Kenntnisse und Erfahrungen vermitteln, die ihn zur Ausübung einer bestimmten Tätigkeit erst befähigen. Die Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers nach § 81 BetrVG erschöpft sich dagegen in der Einweisung an einem konkreten Arbeitsplatz. Dieser Einsatz setzt voraus, daß der Arbeitnehmer die für die Ausübung "seiner Tätigkeit" an diesem Arbeitsplatz erforderlichen beruflichen Kenntnisse und Erfahrungen schon besitzt. Nur auf der Grundlage dieser Kenntnisse und Erfahrungen kann dem Arbeitnehmer seine Tätigkeit im Betrieb zugewiesen werden, über deren konkrete Ausübung unter Einsatz seiner Kenntnisse und Erfahrungen er dann nach § 81 BetrVG zu unterrichten ist.

In der Literatur werden als Beispiele für eine mitbestimmungsfreie Unterrichtung nach § 81 BetrVG u. a. genannt die Anleitung zur Bedienung von Arbeitsgeräten/Maschinen und auf die Arbeitsaufgabe oder das Unternehmen bezogene Unterweisungen (Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., vor §§ 96 und 97 Rz 4; Kraft, GK-BetrVG , 4. Aufl., § 96 Rz 4; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 3. Aufl., § 96 Rz 6; Stege/Weinspach, BetrVG, 6. Aufl., §§ 96 bis 98 Rz 16; Natzel, Berufsbildungsrecht, 3. Aufl. 1982, S. 516; differenzierend Hammer, aaO, S. 84; Oetker, aaO, S. 86 ff.; vgl. auch Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 16. Aufl., § 81 Rz 4 und § 96 Rz 13 f.). Diese Unterrichtung nach § 81 BetrVG, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer weitgehend an sich schon individualrechtlich aus seiner Fürsorgepflicht schuldet (allgemeine Ansicht, vgl. nur Fitting/Auffarth/Kaiser/ Heither, aaO, § 81 Rz 2; Wiese, GK-BetrVG , 4. Aufl., vor § 81 Rz 11 ff.), braucht nicht notwendig gegenüber jedem Arbeitnehmer einzeln, sondern kann auch in kollektiver Form, z. B. in Form eines Kurses erfolgen (zutreffend Hammer, aaO, S. 73; Oetker, aaO, S. 87).

b) Die Anwendung dieser Grundsätze führt im vorliegenden Fall zu folgendem Ergebnis:

aa) Die Seminare " PC-Grundlagen ", "LOTUS 1-2-3" und "d Base III - Grundkurs" sind Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung, bei deren Durchführung der Betriebsrat nach § 98 Abs. 1 BetrVG mitzubestimmen hat.

Diese Computerschulungen des Arbeitgebers vermitteln den Arbeitnehmern nach der Konzeption der Seminare neue Kenntnisse und Fertigkeiten, die die Arbeitnehmer zur Ausfüllung ihres Arbeitsplatzes und ihrer beruflichen Tätigkeit benötigen (können). Sie sind deshalb Maßnahmen der betrieblichen Berufsfortbildung, weil sie die beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten der Arbeitnehmer an die technische Entwicklung anpassen. Die Anpassung der beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten an die technische Entwicklung ist aber nach § 1 Abs. 3 BBiG, § 41 Abs. 1 AFG Teil der beruflichen Fortbildung.

Die Unterrichtung über die Funktionen und die Bedienung eines Personalcomputers bzw. von Computerprogrammen geht über die Unterrichtung über die Arbeitsaufgabe und deren konkrete Ausübung im Sinne von § 81 BetrVG hinaus. Gegen eine Einweisung nach § 81 Abs. 1 BetrVG spricht schon, daß die Schulungen freiwillig sind und sich an Arbeitnehmer richten, die (noch) nicht die entsprechenden Kenntnisse für die Erfüllung der von ihnen geschuldeten Arbeitsleistung benötigen und bei denen auch nicht feststeht, daß sie auf diese in Zukunft angewiesen sind. Entscheidend ist aber, daß EDV-Kenntnisse heute in vielen Berufen schon als Bestandteil der Berufsausbildung angesehen werden, ihre Beherrschung als Teil der beruflichen Qualifikation behandelt wird. Entsprechende Schulungen vermitteln dem Arbeitnehmer Kenntnisse und Fertigkeiten, die ihm zur Ausübung einer bestimmten Tätigkeit - nämlich die Ausübung seines Berufes unter Einsatz eines Personalcomputers - erst befähigen und dem Arbeitnehmer unabhängig vom konkreten Arbeitsplatz beim jetzigen Arbeitgeber beruflich qualifizieren (im Ergebnis ebenso Hammer, aaO, S. 75).

Für dieses Ergebnis spricht auch die gesetzliche Regelung in § 81 Abs. 3 Satz 2 BetrVG. Der Einsatz von Personalcomputern am Arbeitsplatz verändert die Tätigkeit des Arbeitnehmers, er muß seine Arbeitsaufgabe nunmehr mit Hilfe des Personalcomputers verrichten. Hat er keine Kenntnisse und Erfahrungen mit Personalcomputern, reichen seine beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten zur Erfüllung seiner Aufgaben nicht mehr aus, so daß der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer nach § 81 Abs. 3 Satz 2 BetrVG erörtern muß, wie dessen berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten den künftigen Anforderungen angepaßt werden können. Das können eine betriebliche oder außerbetriebliche Berufsbildungsmaßnahme oder sonstige Maßnahmen (z. B. Eigenstudium des Arbeitnehmers) sein. Der Gesetzgeber geht also davon aus, daß im Falle des § 81 Abs. 3 Satz 2 BetrVG eine Anpassung der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten, also eine berufliche Fortbildung erforderlich ist und eine Unterrichtung im Sinne von § 81 Abs. 1 BetrVG nicht genügt.

bb) Die Veranstaltungen "Grundkurs Hygiene I + II" und "Hygiene der nicht sterilen Arbeitsmittel" sind dagegen keine Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung.

Sie vermitteln den Arbeitnehmern keine Kenntnisse und Erfahrungen für ihre berufliche Tätigkeit oder zur Ausfüllung ihres Arbeitsplatzes. Ziel dieser jeweils eineinhalbstündigen Veranstaltungen ist es, Verständnis für Hygienemaßnahmen und Hygienetechnik in der Pharmaproduktion bzw. vertieftes Verständnis für Hygienemaßnahmen bei der Herstellung von Arzneimitteln zu wecken. Die Arbeitnehmer können ihre Tätigkeit aber auch ohne dieses Verständnis bzw. vertiefte Verständnis ausüben. Müssen die Arbeitnehmer an ihren Arbeitsplätzen bestimmte Vorschriften einhalten, so ist nicht nur die Mitteilung dieser Vorschriften, sondern auch der Versuch des Arbeitgebers, den Arbeitnehmern den Sinn dieser Vorschriften deutlich zu machen, eine - mitbestimmungsfreie - Unterrichtung im Sinne von § 81 BetrVG.

cc) Bei dem "Grundlagenseminar Immunologie" und dem "Seminar Gerinnung" für Außendienstmitarbeiter über fünf bzw. drei Tage handelt es sich um betriebliche Berufsbildung in der Form von Fortbildungsmaßnahmen. Auf beiden Seminaren wird den Teilnehmern Grundlagenwissen über Immunologie und Gerinnungsdiagnostik vermittelt. Sie benötigen dieses Wissen, um die Wirkungsweise und Anwendung der vom Arbeitgeber auf diesem Gebiet entwickelten Diagnostika verstehen zu können und dann, wenn ihnen der Verkauf entsprechender Produkte übertragen wird, Sinn und Vorteile den Kunden erklären und in die Handhabung der Diagnostika einweisen zu können. Die Vermittlung solcher Grundlagenkenntnisse, die für die zukünftige Arbeit erforderlich sein kann, ist wie das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat, eine berufliche Fortbildungsmaßnahme, die es nach § 1 Abs. 3 BBiG u.a. ermöglichen soll, die beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten zu erweitern oder beruflich aufzusteigen. Für die Auffassung der Rechtsbeschwerde, es handele sich bei diesen Seminaren um eine produktbezogene Einweisung im Sinne von § 81 BetrVG, fehlt eine entsprechender Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen. Sprechen die Art der Seminare, die dort behandelten Themen und das vermittelte Wissen für eine berufliche Fortbildungsmaßnahme, ist es Sache des Arbeitgebers, die Umstände darzulegen, aus denen sich ergeben soll, daß es sich entgegen dem äußeren Schein im konkreten Falle nur um eine Produkteinführung handeln soll.

dd) Zu Recht ist die Rechtsbeschwerde davon ausgegangen, daß Produktinformationen für Außendienstmitarbeiter grundsätzlich eine Einweisung sein können, die über die mitbestimmungsfreie Unterrichtung nach § 81 Abs. 1 BetrVG nicht hinausgeht. Um eine solche Einführung handelt es sich bei dem "Hitachi 704 Operator Training". Mit dem Hitachi 704-Gerät können diagnostische Präparate des Arbeitgebers angewendet werden. Aus diesem Grunde hat der Arbeitgeber die Lizenz für den Vertrieb dieses Geräts erworben. Die Diagnostikareferenten haben das Gerät nicht zu verkaufen, sondern dem Kunden Aufbau und Arbeitsweise des Geräts zu erklären und zu demonstrieren und den Kunden bei der Einrichtung, Bedienung und Wartung des Geräts zu betreuen. Das Landesarbeitsgericht hat hier zu Unrecht allein darauf abgestellt, daß den Außendienstmitarbeitern Fertigkeiten und Kenntnisse vermittelt werden, die sie vorher nicht besaßen. Mit fast jeder Einweisung in einen Arbeitsplatz ist die Vermittlung irgendeines Wissens verbunden, ohne daß schon deshalb immer eine Fortbildungsveranstaltung angenommen werden kann. Vorliegend ist zu berücksichtigen, daß die Diagnostikareferenten des Arbeitgebers vor ihrem Einsatz eine Grundausbildung erhalten, die nach übereinstimmender Erklärung der Beteiligten ein halbes Jahr erreichen kann und sie erst danach für den Verkauf und die Beratung über die diagnostischen Präparate des Arbeitgebers eingesetzt werden. Zielsetzung und Themen des " Operator-Trainings " sprechen für eine Einweisung des Diagnostikareferenten in eine neue Arbeit, die nicht über den Rahmen einer Unterrichtung nach § 81 Abs. 1 BetrVG hinausgeht. In diesem Falle wäre es Sache des Betriebsrats gewesen, die näheren Umstände darzulegen, aus denen sich ergeben soll, daß eine betriebliche Berufsbildungsmaßnahme vorliegt. Da dies nicht geschehen ist, hatte der Senat davon auszugehen, daß es sich bei dem "Hitachi 704 Operator Training" lediglich um eine Unterrichtung im Sinne von § 81 Abs. 1 BetrVG handelt.

c) Trotz der Nichtbeachtung von Mitbestimmungsrechten hat der Betriebsrat keinen Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG.

Nach § 23 Abs. 3 BetrVG kann der Betriebsrat nur bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus diesem Gesetz beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Handlung zu unterlassen.

Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Arbeitgeber habe grob gegen seine betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten verstoßen, ist rechtsfehlerhaft. Das Landesarbeitsgericht geht zwar zutreffend davon aus, daß es auf ein Verschulden des Arbeitgebers nicht ankommt (Ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom 27. November 1990, aaO, zu B II 3 a der Gründe, m.w.N.) und ein grober Verstoß im Sinne von § 23 Abs. 3 BetrVG vorliegen kann, wenn in einer Mehrzahl von Fällen zwingende Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats mißachtet worden sind (BAGE 48, 246 = AP Nr. 5 zu § 23 BetrVG 1972). Es läßt jedoch außer Bedacht, daß der Arbeitgeber keinen groben Verstoß gegen seine Verpflichtungen aus dem BetrVG begeht, wenn er in einer schwierigen und ungeklärten Rechtsfrage eine bestimmte Meinung vertritt (Senatsbeschluß vom 14. November 1989 - 1 ABR 87/88 - AP Nr. 76 zu § 99 BetrVG 1972, zu B II 2 der Gründe, m.w.N.).

Zwar hat der Senat im Beschluß vom 5. November 1985 (aaO) den Begriff der betrieblichen Berufsbildungsmaßnahme im Sinne von § 98 Abs. 1 BetrVG definiert und im Beschluß vom 10. Februar 1988 (aaO) den Unterschied zur Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers nach § 81 BetrVG abstrakt dargelegt. Damit war aber nicht entschieden, ob EDV-Schulungen und Produktinformationen für Außendienstmitarbeiter Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung sind. Wenn der Arbeitgeber bei der nicht einfachen Subsumtion der von ihm veranstalteten Maßnahmen unter den vom Senat entwickelten Begriff der betrieblichen Berufsbildungsmaßnahme Fehler beging und eine Rechtsmeinung vertrat, die nicht auf den ersten Blick als grob falsch bezeichnet werden kann, liegt darin kein grober Verstoß im Sinne von § 23 Abs. 3 BetrVG.

d) Der vorliegende Fall bot keinen Anlaß, erneut zu der vom Senat (BAGE 42, 11 = AP Nr. 2 zu § 23 BetrVG 1972) verneinten Streitfrage Stellung zu nehmen, ob neben dem Anspruch aus § 23 Abs. 3 BetrVG der Betriebsrat sich auf einen allgemeinen Unterlassungsanspruch berufen kann. Denn ein solcher allgemeiner Unterlassungsanspruch ist auf die Zukunft gerichtet und setzt eine Wiederholungsgefahr voraus. Diese ist im vorliegenden Falle aber ausgeschlossen, weil der Verfahrensbevollmächtigte des Arbeitgebers erklärt hat, seine Mandantin werde die Beteiligungsrechte, so wie sie der Senat für gegeben halte, auch selbstverständlich beachten.

III. Der Hilfsantrag des Betriebsrats auf Feststellung eines Mitbestimmungsrechts "bei" den näher bezeichneten Schulungsmaßnahmen ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.

1. Das erforderliche Feststellungsinteresse folgt schon aus § 256 Abs. 2 ZPO. Danach kann durch Erweiterung des Klageantrags ein im Laufe des Verfahrens streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dem die Entscheidung des Rechtsstreits abhängt, gesondert zur Entscheidung gestellt werden. Die Entscheidung über den Unterlassungsantrag ist abhängig von dem Bestehen eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei den streitigen Bildungsveranstaltungen. Die Feststellung dieses Mitbestimmungsrechts kann damit ohne zusätzliche Voraussetzungen durch einen sogenannten "Zwischenfeststellungsantrag" beantragt werden.

2. Der Hilfsantrag des Betriebsrats ist auch teilweise begründet. Die Seminare " PC-Grundlagen ", "LOTUS 1-2-3", "d Base III - Grundkurs", "Immunologie" und "Gerinnung" sind, wie dargelegt, Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung. Ihre Durchführung unterliegt deshalb der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 98 Abs. 1 BetrVG. Insoweit erweist sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts im Ergebnis als richtig, obwohl es von seinem Standpunkt aus über den Hilfsantrag nicht hätte entscheiden dürfen.

IV. Der weitere Hauptantrag des Betriebsrats auf Feststellung eines Mitbestimmungsrechtes bei den Veranstaltungen "Hygiene der nicht sterilen Arzneimittel" und "Grundkurs Hygiene I + II" ist zumindest unbegründet, weil diese Veranstaltungen, wie dargelegt, keine Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung sind.

V. Dementsprechend war auf die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers der Beschluß des Landesarbeitsgerichts aufzuheben und der Unterlassungsantrag abzuweisen, ebenso war der Antrag des Betriebsrats festzustellen, daß ihm bei den betrieblichen Schulungsmaßnahmen "Hygiene der nicht sterilen Arzneimittel" und "Grundkurs Hygiene I + II" sowie dem "Hitachi 704 Operator Training" ein Mitbestimmungsrecht nach § 98 Abs. 1 BetrVG zusteht, abzuweisen. Im übrigen war die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

Matthes Dr. Weller Dr. Peifer

Dr. Schmidt Dr. Wohlgemuth

 

Fundstellen

BB 1992, 565

BB 1992, 565-567 (LT1-2)

DB 1991, 2347-2348 (LT1-2)

BetrVG, (2) (LT1-2)

EzB BetrVG § 98, Nr 11 (LT1-2)

NZA 1991, 817-821 (LT1-2)

RdA 1991, 319

AP § 98 BetrVG 1972 (LT1-2), Nr 7

AR-Blattei, Betriebsverfassung XIVA Entsch 45 (LT1-2)

AR-Blattei, ES 530.14.1 Nr 45 (LT1-2)

BDH-Kurier 1992, 67 (T)

EzA § 98 BetrVG 1972, Nr 7 (LT1-2)

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