Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates. abweichende Vereinbarung von der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung. Auslegung von Betriebsvereinbarungen, hier: Sozialplan. Betriebsverfassungsrecht. Betriebliche Altersversorgung. Umstrukturierung

 

Orientierungssatz

  • Für die Änderung unternehmenseinheitlicher Ruhegeldrichtlinien ist der Gesamtbetriebsrat zuständig. Wegen der finanziellen und steuerlichen Auswirkungen der betrieblichen Altersversorgung ist seine Zuständigkeit objektiv notwendig.
  • Die in § 50 Abs. 1 BetrVG festgelegte Zuständigkeitsverteilung zwischen örtlichem Betriebsrat und Gesamtbetriebsrat ist zwingend. Weder durch Tarifvertrag noch durch Betriebsvereinbarung kann die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates abbedungen werden. Der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates für eine betriebsübergreifende Regelung kann auch nicht durch freiwillige Vereinbarung auf betrieblicher Ebene vorgegriffen werden mit der Folge, daß Änderungen der Vereinbarungen nunmehr nur noch auf betrieblicher Ebene möglich wären.
 

Normenkette

BetrVG § 50 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

LAG München (Beschluss vom 31.01.2002; Aktenzeichen 2 TaBV 34/01)

ArbG München (Beschluss vom 29.03.2001; Aktenzeichen 27 BV 197/99)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts München vom 31. Januar 2002 – 2 TaBV 34/01 – wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

A. Die Beteiligten streiten um die Anwendbarkeit einer in Form einer Gesamtbetriebsvereinbarung abgeschlossenen “Versorgungsordnung 1997”.

Der Beteiligte zu 1) ist der für den Betrieb M… O… der Beteiligten zu 2) gewählte Betriebsrat. Die Beteiligte zu 2) (Arbeitgeberin) ist ein auf Konstruktion und Bau von Hubschraubern spezialisiertes Unternehmen der Luftfahrtindustrie, das zur D… C… A…-Gruppe gehört. Die Arbeitgeberin unterhält in D… einen weiteren, hauptsächlich der Fertigung dienenden Betrieb. Der Beteiligte zu 3) ist der für beide Betriebe zuständige Gesamtbetriebsrat.

Der Betrieb O… gehörte ursprünglich zur B… GmbH, später zur M…-B…-B… GmbH (MBB). Die MBB gewährte mittels der MBB-Versorgungskasse eine betriebliche Altersversorgung. Die für die MBB-Versorgungskasse maßgebliche Versorgungsordnung wurde durch Gesamtbetriebsvereinbarung vom 19. November 1975 neu gefaßt. Mit gleichem Datum schlossen die MBB und ihr damaliger Gesamtbetriebsrat eine weitere Gesamtbetriebsvereinbarung mit dem Inhalt ab, Mitarbeiter mit einer Pensionszusage nach Maßgabe der Ruhegeldordnung der B… GmbH ab 1. Januar 1974 gemäß der MBB-Versorgungsordnung zu versorgen.

Später wurde die MBB von der A… AG beherrscht. Es wurde beschlossen, den Unternehmensbereich Hubschrauber mit den Betrieben D… und einem Betriebsteil des Standortes O… auszugliedern und auf die neu zu gründende Arbeitgeberin zu übertragen. Im Zuge dieser Maßnahme schloß MBB mit dem Betriebsrat des Werkes O… unter dem 18. Juni 1991 einen Interessenausgleich und Sozialplan ab, der auszugsweise wie folgt lautet:

“1. INTERESSENAUSGLEICH

1.1 Der Unternehmensbereich Hubschrauber in O… wird auf die E… GmbH übertragen, es kommt insoweit zu einer gesellschaftsrechtlichen Ausgliederung dieses Bereiches und zu einer Betriebsaufspaltung am Standort O….

2. SOZIALPLAN

2.2 Aus Anlaß der Unternehmensausgliederung im Unternehmensbereich UH und deren Eingliederung in die E… GmbH werden alle bisher am Standort O… gewährten MBB-Sozialleistungen weder eingeschränkt noch verändert.

2.5 MBB verpflichtet sich, mit der E… GmbH unverzüglich einen Vertrag zu schließen, durch den die E… GmbH ihrerseits verpflichtet wird, die bestehenden Arbeitsbedingungen und sozialen Leistungen der in O… beschäftigten MBB-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmensbereiches UH zu übernehmen, d.h. insbesondere die Rechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus bei MBB bestehenden Tarifverträgen, Betriebs- und Gesamtbetriebsvereinbarungen und Einzelzusagen.

Dies gilt insbesondere für die Aufrechterhaltung der betrieblichen Altersversorgung zum Zeitpunkt der Eingliederung in die E… GmbH. Die E… GmbH wird die bei MBB verbrachten Dienstjahre in vollem Umfang anrechnen.

Sollte die E… GmbH diesen Verpflichtungsvertrag nicht abschließen, so werden die Parteien dieser Vereinbarung weitere Regelungen treffen, um Nachteile für die von der Unternehmensausgliederung betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auszugleichen.

3. SCHLUßBESTIMMUNGEN

Die Vereinbarungen enden mit der vollständigen Abwicklung aller Regelungen, wie sie in Ziffer 2 vereinbart sind.”

In Verfolgung des neuen Strukturkonzepts schlossen die MBB und der bei ihr bestehende Gesamtbetriebsrat am 26. August 1991 weiter eine Gesamtbetriebsvereinbarung über den Wechsel des Versorgungsweges ab. Ab dem Datum der Unterzeichnung dieser Gesamtbetriebsvereinbarung sollten sich die Versorgungsansprüche der begünstigten MBB-Mitarbeiter nicht mehr gegen die Versorgungskasse, sondern im Sinne einer Direktzusage unmittelbar gegen MBB richten. Der Betriebsübergang fand am 16. Dezember 1991 auf die Arbeitgeberin statt.

Unter dem 11. Juni 1992 schlossen Arbeitgeberin und der antragstellende Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung ab, in der ua. folgendes geregelt wurde:

“E… GmbH und der Betriebsrat O… vereinbaren, entsprechend Ziffer 2.5 des Interessenausgleichs/Sozialplans vom 18.06.1991, die Übernahme der zum Zeitpunkt des Übergangs des Betriebes E… GmbH in O… bestehenden Arbeitsbedingungen und sozialen Leistungen in O…, d.h. insbesondere die Übernahme der Rechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den bei MBB O… bestehenden Tarifverträgen, Betriebs- und Gesamtbetriebsvereinbarungen und Einzelzusagen.

Dies gilt insbesondere für die Aufrechterhaltung der betrieblichen Altersversorgung zum Zeitpunkt der Eingliederung in die E… GmbH am 16.12.1991.

Die jeweilige Rechtsqualität der zugrunde liegenden Regelung, z. B. als Betriebsvereinbarung, Gesamt- oder Einzelzusage, wird hierdurch nicht berührt.

Die E… GmbH rechnet die bei MBB verbrachten Dienstjahre in vollem Umfang an.

Diese Betriebsvereinbarung tritt mit der Unterzeichnung in Kraft und ist unkündbar. Für die einzelnen übernommenen Betriebsvereinbarungen gelten die darin vereinbarten bzw. die gesetzlichen Kündigungsfristen.”

Ende 1995 wurde zwischen Arbeitgeberin und Gesamtbetriebsrat strittig, ob eine Gesamtbetriebsvereinbarung vom 23. März 1993, die Versorgungsleistungen nach den Bestimmungen der MBB-Versorgungsordnung regeln sollte, überhaupt wirksam zustande gekommen war. Danach wandte sich die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 30. Januar 1996 an ihre beiden Betriebsräte in D… und O… und teilte ua. mit:

“Für den Fall der Unwirksamkeit der BV vom 23.03.93 gründen sich die Versorgungswerke im wesentlichen auf betriebsvereinbarungsoffene Gesamtzusagen. Vorsorglich erklärt die Geschäftsführung der E… hiermit gegenüber den örtlichen Betriebsräten O… und D… die Schließung dieser Versorgungswerke in O… und D… für Aktive und Neueintritte ebenfalls zum 29.02.96.

Soweit Versorgungsanwartschaften für Aktive auf einer Betriebsvereinbarung beruhen (z. B. auf der zwischen der MBB GmbH und der GBR geschlossenen BV über Pensionszusagen vom 19.11.75) kündigen wir vorsorglich die entsprechenden Betriebsvereinbarungen hiermit zum nächstmöglichen Kündigungstermin.”

Am 30. November 1998 schlossen Gesamtbetriebsrat und Arbeitgeberin eine Gesamtbetriebsvereinbarung “über die Versorgungsordnung im Konzern D… C… A… ” (VO 1997) und eine Gesamtbetriebsvereinbarung zur Besitzstands- und Übergangsregelung aus Anlaß der Einführung dieser Versorgungsordnung ab. Der Betriebsrat hatte zuvor dem Gesamtbetriebsrat abgeraten, diese konzerneinheitliche Versorgungsregelung für den Bereich der Arbeitgeberin zu übernehmen.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, mangels Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates komme die VO 1997 nicht zur Anwendung für Mitarbeiter, die unter den persönlichen Geltungsbereich des Sozialplanes aus dem Jahre 1991 fielen. Dieser und die Betriebsvereinbarung vom 11. Juni 1992 seien bewußt, gewollt und ausdrücklich jeweils nur auf der Ebene des örtlichen Betriebsrates abgeschlossen worden. Dies schließe eine einheitliche Regelung auf der Ebene des Gesamtbetriebsrates aus. Es sei eine nicht abänderbare, statische Festschreibung der Zusage auf den Zeitpunkt der Übernahme des Betriebsteils O… durch die Arbeitgeberin erfolgt.

Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt

festzustellen, daß die Betriebsvereinbarung über die Versorgungsordnung im Konzern D… C… A…, abgeschlossen zwischen der Arbeitgeberin einerseits und dem Gesamtbetriebsrat andererseits (VO 1997), abgedruckt im E… -Handbuch Nr. 32 D 35 vom 30. November 1998, sowie die Besitzstands- und Übergangsregelung hierzu für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Arbeitgeberin, die unter den persönlichen Geltungsbereich des Interessenausgleichs und Sozialplans der Firma M…-B…-B… GmbH vom 18. Juni 1991, Nr. 023000 B 75 fallen und auf die Arbeitgeberin übergegangen sind, nicht zur Anwendung kommt.

Hilfsweise hat er den gleichen Antrag mit der Maßgabe gestellt,

daß die Formulierung “nicht zur Anwendung kommt” ersetzt wird durch die Formulierung “unwirksam ist”.

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hält den Gesamtbetriebsrat für die unternehmensweite Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung für zuständig. Die Kompetenzregelung des § 50 Abs. 1 BetrVG stehe nicht zur Disposition. Eine alleinige Zuständigkeit des örtlichen Betriebsrates habe weder vereinbart werden sollen noch können. Der Sozialplan 1991 sehe lediglich vor, daß es nur “aus Anlaß der Unternehmensausgliederung” nicht zu Veränderungen kommen dürfe.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Die Beschwerde des Betriebsrates blieb erfolglos. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seine zuletzt gestellten Anträge weiter.

 

Entscheidungsgründe

B. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die Parteien streiten ausschließlich darüber, ob der Gesamtbetriebsrat zum Abschluß der VO 1997 zuständig war und ob es auf örtlicher Ebene die Neuregelung sperrende Vereinbarungen gab. Über diesen Verfahrensgegenstand hat das Landesarbeitsgericht zutreffend entschieden.

  • Auf Grund der Kompetenzverteilung in § 50 Abs. 1 BetrVG war der Gesamtbetriebsrat für den Abschluß der VO 1997, mit der die betriebliche Altersversorgung betriebsübergreifend einheitlich geregelt wurde, gesetzlich zuständig.

    1. Die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates ist begründet, wenn ein zwingendes Erfordernis für eine betriebsübergreifende Regelung besteht, wobei auf die Verhältnisse des einzelnen Unternehmens und seiner Betriebe abzustellen ist. Bei vernünftiger Würdigung muß sich eine sachliche Notwendigkeit für eine einheitliche Regelung der Angelegenheit innerhalb des Unternehmens ergeben, die bloße Zweckmäßigkeit einer unternehmenseinheitlichen Regelung reicht dagegen nicht aus (BAG 30. August 1995 – 1 ABR 4/95 – BAGE 80, 366, 372; 14. Dezember 1999 – 1 ABR 27/98 – BAGE 93, 75, 81). Wegen der finanziellen und steuerlichen Auswirkungen der betrieblichen Altersversorgung ist die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates für die Änderung unternehmenseinheitlicher Ruhegeldrichtlinien objektiv notwendig (Senat 30. Januar 1970 – 3 AZR 44/68 – BAGE 22, 252, 270; 8. Dezember 1981 – 3 ABR 53/80 – BAGE 36, 327, 333). Jedenfalls in Bereichen der mitbestimmungsfreien Angelegenheiten bestimmt der Arbeitgeber dabei die betriebsverfassungsrechtliche Regelungsebene durch seine Entscheidung, ob eine betriebs- oder eine unternehmensweit geltende Regelung eingeführt werden soll ( BAG 5. Mai 1977 – 3 ABR 24/76 – AP BetrVG 1972 § 50 Nr. 3 = EzA BetrVG 1972 § 50 Nr. 4, zu II 2 der Gründe; 6. Dezember 1988 – 1 ABR 44/87 – BAGE 60, 244, 251 f.; 28. April 1992 – 1 ABR 68/91 – AP BetrVG 1972 § 50 Nr. 11 = EzA BetrVG 1972 § 50 Nr. 10, zu B II 1b der Gründe).

    2. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Arbeitgeberin gehört dem D… C… A…-Konzern an, bei dem die bereits bestehenden Leistungssysteme für alle Unternehmen und ihre Betriebe vereinheitlicht werden sollten. Die Umsetzung der konzerneinheitlichen Vorgaben läßt im Bereich der Arbeitgeberin allein eine unternehmenseinheitliche Regelung für die Betriebe in O… und D… als sinnvoll und vernünftig erscheinen.

    3. Gem. § 50 Abs. 2 BetrVG kann zwar der örtliche Betriebsrat Angelegenheiten auf den Gesamtbetriebsrat übertragen; die umgekehrte Möglichkeit der Delegation vom Gesamtbetriebsrat auf den örtlichen Betriebsrat ist jedoch im Gesetz nicht vorgesehen. Die in § 50 Abs. 1 BetrVG festgelegte Zuständigkeitsverteilung zwischen örtlichem Betriebsrat und Gesamtbetriebsrat ist zwingend und kann weder durch Tarifvertrag noch durch Betriebsvereinbarung abbedungen werden (BAG 28. April 1992 – 1 ABR 68/91 – AP BetrVG 1972 § 50 Nr. 11 = EzA BetrVG 1972 § 50 Nr. 10, zu B II 1b der Gründe; 11. November 1998 – 4 ABR 40/97 – BAGE 90, 135, 146). Vorliegend sind auch schon früher mit dem Gesamtbetriebsrat betriebsübergreifende Regelungen zur Einführung der betrieblichen Altersversorgung 1975 und zum Wechsel des Versorgungsweges 1991 abgeschlossen worden. Im übrigen enthält der für den Betrieb O… am 18. Juni 1991 auf örtlicher Ebene mit MBB abgeschlossene Interessenausgleich und Sozialplan weder eine Kompetenzzuweisung für die betriebliche Altersversorgung an den örtlichen Betriebsrat noch eine dahingehende Selbstbindung des Arbeitgebers. Das gleiche gilt für die zwischen Arbeitgeberin und Betriebsrat abgeschlossene Betriebsvereinbarung vom 11. Juni 1992, die Übernahme der betrieblichen Altersversorgung von MBB betreffend. In Satz 3 dieser Betriebsvereinbarung ist vielmehr ausdrücklich festgehalten, daß die jeweilige Rechtsqualität der zugrundeliegenden Regelung, zB als Betriebsvereinbarung, Gesamt- oder Einzelzusage unberührt bleiben sollte.

  • Der Anwendung der vom zuständigen Gesamtbetriebsrat abgeschlossenen VO 1997 stehen auch keine früheren, auf örtlicher Ebene abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen entgegen, die zu einer Unablösbarkeit der zum Zeitpunkt des Betriebsteilübergangs geltenden Zusagen führen würden.

    1. Interessenausgleich und Sozialplan vom 18. Juni 1991 stehen einer Ablösung durch die VO 1997 nicht entgegen.

    a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde legen Interessenausgleich und Sozialplan vom 18. Juni 1991 keine Verpflichtung der Arbeitgeberin zur unabänderlichen Gewährung einer Altersversorgung mit Stand des Betriebsübergangs fest. Dies ergibt sich bereits aus dem klaren Wortlaut der Ziff. 2.2 des Sozialplans: “Aus Anlaß der Unternehmensausgliederung” dürfen die bisher am Standort O… gewährten Sozialleistungen weder eingeschränkt noch verändert werden. Sinn dieser Regelung ist der Schutz der MBB-Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnisse auf die Arbeitgeberin übergeleitet wurden, vor nachteiligen Auswirkungen durch die Überleitung ihrer Arbeitsverhältnisse. Da nur ein Teil des Betriebes O… auf die Arbeitgeberin überging und deswegen die Weitergeltung der Betriebsvereinbarungen sowie die einjährige Veränderungssperre gem. § 613a Abs. 1 BGB in Frage stand, haben die Betriebsparteien zur Bewältigung dieses Aspektes der Betriebsänderung iSv. § 111 BetrVG eine Sicherungsklausel im Sozialplan vereinbart. Den übergeleiteten Arbeitnehmern sollte aber kein besserer und stärkerer Schutz verschafft werden als den bei MBB verbleibenden Mitarbeitern oder solchen, die umfassend nach § 613a BGB geschützt würden. Eine Veränderungssperre für die Arbeitsbedingungen der übergeleiteten Mitarbeiter oder für die Bedingungen ihrer betrieblichen Altersversorgung ist nicht vereinbart worden.

    b) Aus dem mit dem örtlichen Betriebsrat abgeschlossenen Interessenausgleich und Sozialplan läßt sich auch nicht die Verpflichtung der Arbeitgeberin ableiten, etwaige Änderungen der betrieblichen Altersversorgung nur mit dem örtlichen Betriebsrat zu vereinbaren.

    Im übrigen könnte auch ein Sozialplan mit dem von der Rechtsbeschwerde gesehenen Inhalt eine originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates für eine betriebsübergreifende Regelung nicht beseitigen. Wie ausgeführt ist für den Regelungsgegenstand einer unternehmensweiten betrieblichen Altersversorgung kraft Gesetzes der Gesamtbetriebsrat für die Ausübung der Mitbestimmung zuständig. Dem kann nicht durch freiwillige Vereinbarung auf betrieblicher Ebene vorgegriffen werden mit der weiteren Folge, daß ändernde Vereinbarungen nunmehr nur noch auf betrieblicher Ebene möglich wären. In solchen Angelegenheiten kann deshalb die mit dem von Gesetzes wegen zuständigen Gesamtbetriebsrat getroffene Regelung die freiwillige Vereinbarung ablösen, die zuvor ein Betriebsrat abgeschlossen hatte (BAG 11. Dezember 2001 – 1 AZR 193/01 – AP BetrVG 1972 § 50 Nr. 22 = EzA BetrVG 1972 § 50 Nr. 18, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 2a der Gründe).

    2. Gleiches gilt für die zwischen antragstellendem Betriebsrat und Arbeitgeberin am 11. Juni 1992 abgeschlossene Betriebsvereinbarung. Sie enthält ebenfalls keine statische Zusage. Wie bereits den einleitenden Formulierungen dieser Betriebsvereinbarung zu entnehmen ist, sollte sie der Umsetzung des Sozialplans 1991, dort Ziff. 2.5 dienen, und über dessen Sinn und Zweck nicht hinausgehen. Zwar ergibt sich aus Satz 5 der Betriebsvereinbarung, daß die Verpflichtung der Arbeitgeberin, die geltenden Regelungen zu übernehmen, unkündbar sein sollte. Die Revision verkennt aber, daß damit nicht auch eine Unkündbarkeit der so übernommenen Regelungen vereinbart wurde. Vielmehr wurde in Satz 3 der Betriebsvereinbarung ausdrücklich die Rechtsqualität der übernommenen Regelungen bestätigt und in Satz 6 klargestellt, daß für die einzelnen übernommenen Betriebsvereinbarungen die darin vereinbarten bzw. die gesetzlichen Kündigungsfristen gelten sollten. Damit haben die Betriebsparteien bereits im Wortlaut der Betriebsvereinbarung mit hinlänglicher Klarheit ausgedrückt, daß die übernommenen Regelungen bei der Überleitung in ihrer rechtlichen Substanz unverändert und damit auch gemäß den jeweiligen Kündigungsbestimmungen abänderbar bleiben sollten. Die durch die Gesamtbetriebsvereinbarungen zur betrieblichen Altersversorgung der Jahre 1975 und 1991 in Bezug genommenen MBB-Versorgungsordnungen sahen jedoch in § 15 ausdrücklich einen Änderungsvorbehalt zu Lasten der begünstigten Arbeitnehmer vor.

  • Der Hilfsantrag hat keine selbständige Bedeutung. Dieses Rechtsschutzbegehren wird vom Hauptantrag mitumfaßt.
 

Unterschriften

Reinecke, Kremhelmer, Breinlinger, Kaiser, Perreng

 

Fundstellen

Haufe-Index 966792

DB 2003, 2131

FA 2003, 343

JR 2004, 44

NZA 2003, 992

ZTR 2004, 53

EzA-SD 2003, 14

EzA

ArbRB 2003, 299

NJOZ 2003, 2274

SPA 2003, 7

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