Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Erhebung der Gerichtskosten

 

Leitsatz (amtlich)

Eine unrichtige Sachbehandlung i. S. des § 8 Abs. 1 GKG liegt auch dann vor, wenn das Berufungsurteil eine unrichtige Belehrung über die Zulässigkeit der Revision enthält. Zu den nicht zu erhebenden Kosten gehören dann auch diejenigen, die einer Partei dadurch erwachsen, daß sie aufgrund einer ihr günstigen aber unrichtigen Rechtsmittelbelehrung Revision einlegt (Aufgabe der im Urteil des Senates vom 2. Juli 1955 – 2 AZR 66/53 – AP Nr. 1 zu § 6 GKG vertretenen Ansicht).

 

Normenkette

GKG § 8 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Urteil vom 28.02.1986; Aktenzeichen 13 Sa 745/85)

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 05.06.1985; Aktenzeichen 14 Ca 482/84)

 

Tenor

  • Die Beklagte ist des eingelegten Rechtsmittels der Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 28. Februar 1986 – 13 Sa 745/85 – verlustig.
  • Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
  • Die Gerichtskosten des Revisionsverfahrens werden nicht erhoben.
 

Tatbestand

1. Die Beklagte hat gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 28. Februar 1986 – 13 Sa 745/85 – Revision eingelegt, diese jedoch mit ihrem Schriftsatz vom 8. September 1986, der am 12. September 1986 eingegangen ist, zurückgenommen.

Der Kläger hat den Antrag gestellt, die Beklagte des Rechtsmittels der Revion für verlustig zu erklären und ihr die Kosten des Revisionsverfahrens aufzuerlegen.

Diesem Antrag war nach § 72 Abs. 5 ArbGG in Verbindung mit §§ 566, 515 Abs. 3 ZPO zu entsprechen.

 

Entscheidungsgründe

2. Von der Erhebung der Gerichtskosten des Revisionsverfahrens ist jedoch gemäß § 8 Abs. 1 GKG abzusehen, da diese bei richtiger Behandlung der Sache durch das Landesarbeitsgericht nicht entstanden wären.

a) Das Landesarbeitsgericht hat die Revision nicht zugelassen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die Revision sei ohne besondere Zulassung gemäß § 72 Abs. 1 ArbGG statthaft. Das Berufungsurteil enthält zudem eine Rechtsmittelbelehrung, wonach gegen das Urteil Revision eingelegt werden kann.

b) Eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 8 GKG liegt dann vor, wenn das Gericht gegen eindeutige gesetzliche Normen verstoßen hat und dieser Verstoß offen zu Tage tritt oder wenn ein offensichtliches Versehen vorliegt (vgl. BGH LM Nr. 2 zu § 7 GKG; BAG Urteil vom 28. November 1972 – 1 AZR 445/71 – AP Nr. 5 zu § 7 GKG 1957; Tschischgale/Satzky, Das Kostenrecht in Arbeitssachen, 3. Aufl., S. 85; Drischier/Oestreich/Heun, Gerichtskostengesetz, Stand: Januar 1984, § 8 Rz 10, m.w.N.). Eine unrichtige Sachbehandlung liegt auch vor, wenn das Urteil eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung enthält (vgl. BFH DB 1978, 332) bzw. die Revision offensichtlich gesetzwidrig zugelassen worden ist (BGH NJW 1973, 1239: BGH MDR 1980, 203).

c) Vorliegend liegt die unrichtige Sachbehandlung des Landesarbeitsgerichts zum einen in der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung und zum anderen in dem fehlerhaften Hinweis in den Entscheidungsgründen, die Revision sei ohne besondere Zulassung statthaft. Ohne diese Belehrung bzw. diesen Hinweis wäre das Rechtsmittel nicht eingelegt worden. Zwar war die Einlegung des unzulässigen Rechtsmittels nicht unvermeidbar. Dem der Vorschrift des § 8 GKG zugrundeliegenden Billigkeitsgedanken würde jedoch nicht angemessen Rechnung getragen, wenn man außer acht ließe, daß die fehlerhafte Belehrung über ein Rechtsmittel für die dadurch begünstigte Partei eine starke Herausforderung bildet, dieses Rechtsmittel auch einzulegen (vgl. auch BGH NJW 1973, 1239). Der Senat gibt insoweit seine Rechtsprechung auf, wonach der im wesentlichen mit § 8 Abs. 1 Satz 1 übereinstimmende § 6 Abs. 1 Satz 1 GKG in der bis 1957 geltenden Fassung nur auf solche Kosten abzielt, die zur Ausräumung der falschen Behandlung durch die untere Instanz der durch die falsche Behandlung betroffenen Partei entstehen, nicht dagegen auf solche Kosten, die einer Partei dadurch erwachsen, daß sie sich eine ihr günstige, aber offenbar gesetzwidrige Entscheidung zunutze macht (Senatsurteil vom 2. Juli 1955 – 2 AZR 66/53 – AP Nr. 1 zu § 6 GKG).

 

Unterschriften

Hillebrecht, Triebfürst, Ascheid

 

Fundstellen

Haufe-Index 872410

BB 1987, 552

RdA 1987, 128

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