Entscheidungsstichwort (Thema)

Zinsen vom Brutto- oder Nettobetrag des Arbeitsentgelts

 

Normenkette

ArbGG § 45 Abs. 3 Sätze 1, 3; BGB § 288 Abs. 1 S. 1, § 291

 

Verfahrensgang

BAG (Beschluss vom 11.08.1998; Aktenzeichen 9 AZR 122/95 (A))

 

Tenor

Der Vierte Senat ist der Auffassung, daß seine Rechtsprechung der Rechtsauffassung des Neunten Senats nicht entgegensteht.

 

Gründe

Der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts möchte die Auffassung vertreten, daß der Arbeitnehmer als Gläubiger einer Bruttoentgeltforderung die gesetzlichen Verzugs- und Prozeßzinsen im Sinne von § 288 Abs. 1 Satz 1, § 291 BGB vom Bruttobetrag der Forderung beanspruchen kann. Der Neunte Senat meint, damit von der Rechtsprechung des Vierten Senats in den Urteilen vom 20. April 1983 (– 4 AZR 497/80 – BAGE 42, 244 = AP Nr. 2 zu § 21 TVAL II) und vom 13. Februar 1985 (– 4 AZR 295/83 – AP Nr. 3 zu § 1 TVG Tarifverträge: Presse) abzuweichen, nach der dem Arbeitnehmer Zinsen nur von einem dem Bruttobetrag entsprechenden Nettobetrag zustehen sollen.

Diese Abweichung liegt nicht vor.

Der Vierte Senat hat zwar in dem Urteil vom 20. April 1983 (– 4 AZR 497/80 – BAGE 42, 244, 258 f. = AP, aaO) für seine Auffassung, daß dem Arbeitnehmer Rechtshängigkeitszinsen aus Arbeitsentgelt nur aus den Nettobeträgen zustünden, im wesentlichen wirtschaftlich argumentiert: Dem Kläger fließe nur der dem eingeklagten Bruttobetrag entsprechende Nettobetrag zu. Die anfallenden Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge führe der Arbeitgeber an den Steuerfiskus oder an die Einzugsstelle der Sozialversicherungsträger ab.

In der Entscheidung vom 13. Februar 1985 (– 4 AZR 295/83 – AP Nr. 3 zu § 1 TVG Tarifverträge: Presse) hat der Vierte Senat aber mit einem neuen Begründungsansatz diese Entscheidung der Sache nach aufgegeben. Er hat an das Vollstreckungsrecht angeknüpft. Die Annahme des Vierten Senats, dem Kläger fließe nur der Nettobetrag zu, setzt voraus, daß der Arbeitgeber dem Gerichtsvollzieher die Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen an die zuständigen Stellen belegt. Dann liegt ein Fall der teilweisen Erfüllung vor. Der Gerichtsvollzieher vollstreckt nur noch den Nettobetrag, der zu verzinsen ist. Nur wenn die Abführung der Steuern und Beiträge nicht belegt werden kann, ist der Bruttobetrag zu vollstrecken. Dieser Betrag ist dann auch zu verzinsen. Das alles ergibt sich aus dem Vollstreckungsrecht. Ein allgemeiner Grundsatz, daß Zinsen nur aus dem Nettobetrag mit Erfolg durchgesetzt werden können, ist in dem Urteil des Vierten Senats vom 13. Februar 1985 (– 4 AZR 295/83 – aaO) gerade nicht aufgestellt. Es handelt sich vielmehr um eine am Vollstreckungsrecht orientierte differenzierende Lösung.

 

Unterschriften

Schliemann, Bott, Friedrich, Dräger, Kiefer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1810744

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge