Leitsatz

  1. Nachträgliche Unterteilung von Wohnungseigentum ohne Zustimmung der übrigen Eigentümer führt bei Geltung des Kopfstimmrechts nicht zu weiteren Stimmrechten
  2. Auch die vereinbarte Zustimmung des Verwalters zu anschließenden Teilveräußerungen führt nicht zu einer Vermehrung der Stimmrechte
 

Normenkette

§§ 12, 25 Abs. 2 Satz 1 WEG

 

Kommentar

  1. 1982 wurde ein Vorderhaus mit 11 Einheiten und ein Hinterhaus als 12. Einheit begründet. 2009 teilte der klagende Hinterhaus-Wohnungseigentümer ohne Mitwirkung der übrigen Eigentümer seine Einheit in 9 selbstständige Einheiten auf und veräußerte anschließend sein Eigentum mit vereinbarter Zustimmung des Verwalters. Durch Feststellungsklage wollte der Erwerber einer neuen Einheit festgestellt wissen, dass ihm und auch künftigen Erwerbern weiterer Einheiten ein eigenes Stimmrecht zustehe. Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen (Tatsacheninstanzen) keinen Erfolg. Dieses Ergebnis bestätigte nun auch der BGH im zugelassenen Revisionsverfahren.
  2. Der BGH hat bereits zum Kopf- und Objektstimmrecht im Fall nachträglicher Aufteilung und Veräußerung eines Wohnungseigentumsrechts ohne Mitwirkung der übrigen Eigentümer eine Stimmrechtsvermehrung verneint (BGH, Beschluss v. 24.11.1978, V ZB 2/78 und BGH, Beschluss v. 7.10.2004, V ZB 22/04). Spätere Unterteilung bedarf auch nicht der Zustimmung der übrigen Eigentümer (so BGH, Beschluss v. 17.1.1968, V ZB 9/67). Auch ist die anschließende Veräußerung einer neu geschaffenen Einheit vorbehaltlich getroffener Vereinbarung gemäß § 12 WEG zustimmungsfrei. Allerdings muss in solchen Fällen der Status der übrigen Wohnungseigentümer gewahrt bleiben; die ursprüngliche Stimmenzahl darf hier keine Änderung erfahren. Aufgrund der Selbstständigkeit neu geschaffener Einheiten ist von Bruchteilsstimmen der Erwerber auszugehen, nicht einer Stimmrechtsausübung zur gesamten Hand analog § 25 Abs. 2 Satz 2 WEG. Dies hat nicht nur für das Objektstimmrecht zu gelten, sondern in gleicher Weise für das Kopfstimmrecht, wenn die neu geschaffenen Einheiten an unterschiedliche Erwerber veräußert werden (so auch die überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur).

    Die Rechtsfolge bei sukzessiv erfolgenden Bauträgerveräußerungen kann hier nicht auf die spätere Schaffung neuer Einheiten ohne Mitwirkung der übrigen Eigentümer übertragen werden. Entscheidend ist, ob eine Vermehrung von Stimmrechten in der Teilungserklärung angelegt und damit vorhersehbar ist oder nicht. Hält ein Eigentümer mehrere Einheiten, ist jederzeit damit zu rechnen, dass aufgrund des Kopfstimmrechts bei einer Veräußerung an Dritte neue Stimmrechte entstehen. Daran fehlt es, wenn – wie im vorliegenden Fall – eine Einheit nachträglich ohne Mitwirkung der übrigen Eigentümer aufgeteilt und die neu geschaffenen Einheiten veräußert werden. Die Schutzbedürftigkeit der neuen Erwerber solcher Einheiten kann nicht über die der bisherigen Eigentümer gestellt werden. Es ist Aufgabe des unterteilenden Eigentümers, seine Erwerber über ein nur zu einem Bruchteil bestehendes Stimmrecht aufzuklären. Allerdings kann es sich nicht zulasten der übrigen Eigentümer auswirken, wenn der unterteilende Eigentümer seinen kaufvertraglichen Pflichten nicht nachkommt.

  3. Auch eine vereinbarte Verwalterzustimmung zur Veräußerung neu geschaffener Einheiten kann nicht zur Entstehung weiterer voller Stimmrechte führen. Zustimmungsverbote verfolgen hier eine ganz andere Zweckrichtung und beziehen sich nicht auf Stimmrechtsfragen.
Anmerkung

Um Stimmengewichtungen in bestehender Gemeinschaft nicht zu verschieben oder gar zu verzerren, hat der BGH bei nachträglichen Sondereigentums-Unterteilungen und Veräußerungen (im Gegensatz zu Bauträgerveräußerungen und erkennbarer Kopfstimmenmehrung) bei geltendem Kopfstimmrecht "Kopfspaltung" im Sinne von Bruchteils-Stimmrechten der neuen Eigentümer bestätigt (analog auch zu früherer BGH-Rechtsprechung im Fall vereinbarten Objektprinzips). Dass sich die Stimmengewichtungen innerhalb der Gemeinschaft durch solche nachträglichen eigenmächtigen Unterteilungen und Personenvermehrungen nicht zum Nachteil der bisherigen Eigentümer verändern dürfen, kann sicher kaum beanstandet werden, da andernfalls gerade in kleineren Gemeinschaften durch Unterteilungen gewisse Manipulationsmissbräuche nicht von der Hand zu weisen sein dürften. Hier Bruchteilsstimmen nach Veräußerung unterteilten Wohnungseigentums bei Geltung des Kopfstimmrechtsprinzips zu bilden, erscheint sicher vertretbar, fordert allerdings Versammlungsleiter nicht unerheblich bei Auszählung von Abstimmungsergebnissen, wenn hier dann auch Bruchteilsstimmen mitberücksichtigt werden müssen. Unter Berücksichtigung der Interessen der restlichen Eigentümer könnte allerdings auch Problemlösung über analoge Anwendung der gesetzlichen Regelung in § 25 Abs. 2 Satz 2 WEG vertretbar erscheinen; insoweit hätten sich dann die Neueigentümer unterteilten Wohnungseigentums intern vorab auf ein Votum zu einigen. Eigenständiges, wenn auch gequoteltes Stimmrech...

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