Leitsatz

Fehlerhafte Verteilung einzelner Kostenpositionen (hier: der Verwaltervergütung) führt regelmäßig nicht zur Gesamtungültigkeit aller Abrechnungs- oder Wirtschaftsplangenehmigungen

 

Normenkette

§ 28 Abs. 2 WEG; § 139 BGB

 

Kommentar

  1. In der Beschlussanfechtung beanstandete der Kläger die Verteilung der Verwalterkosten, d.h. rechnerisch selbstständige und abgrenzbare Teile des Abrechnungs- und Wirtschaftsplangenehmigungsbeschlusses.
  2. Sinn und Zweck des § 139 BGB ist es, ein teilweise nichtiges Rechtsgeschäft nach Möglichkeit im Übrigen aufrechtzuerhalten, wenn dies dem tatsächlichen oder hypothetischen Parteiwillen entspricht (vgl. BGH, NJW 2009 S. 1135/1136). Bei der Beurteilung der Frage, welche Entscheidung Parteien bei Kenntnis der Teilnichtigkeit nach Treu und Glauben getroffen hätten, ist i.d.R. davon auszugehen, dass sie das objektiv Vernünftige gewollt hätten (BGH, NZM 2006 S. 653). Wie im Regelfall entspricht es auch vorliegend dem Willen der Beteiligten, den im Vordergrund stehenden überwiegenden (und nicht beanstandeten) Teil des Geschäfts aufrechtzuerhalten, wenn nur ein geringfügiger Teil unwirksam ist.
  3. Ist nur eine betroffene Ausgabenposition falsch verteilt, wirkt sich dies nicht auf die Gesamtabrechnung aus, sondern allenfalls auf die Einzelabrechnungen. Der Interessenlage der Eigentümer entspricht es gerade bei Jahresabrechnungsbeschlüssen, möglichst rasch und abschließend diese Angelegenheit zu bewältigen und damit über entscheidungsreife Positionen auch bald Beschlussgenehmigung herbeizuführen. Rechtmäßige Positionsansätze sollen damit in Bestandskraft erwachsen und einem Streit entzogen sein und dies auch dann, wenn als Folge einer Teilunwirksamkeit auch einer Abrechnungsspitze die Grundlage entzogen wird. Nachfolgend müssen sich dann Eigentümer nur noch über nachgebesserte Positionen einschließlich einer daraus resultierenden Abrechnungsspitze befassen.
  4. Allein von Teilnichtigkeit nach mutmaßlichem Willen der Eigentümer ist dann allerdings nicht auszugehen, wenn Beschlussmängel vorliegen sollten, die zu einer nicht mehr oder nur noch schwer nachvollziehbaren Restabrechnung führten (h.M.), wie vorliegend nicht.

    Gleiche Grundsätze gelten auch für Wirtschaftsplan-Genehmigungsbeschlüsse (vgl. auch Spielbauer/Then, § 28 Rn. 18 sowie BGH, NZM 2011 S. 514).

  5. Der Streit musste mangels Entscheidungsreife an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Was die Nachvollziehbarkeit des Rechenwerks betrifft, ist insoweit auf das Verständnis eines durchschnittlichen Wohnungseigentümers abzustellen (OLG München, NZM 2008 S. 489).
 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 11.5.2012, V ZR 193/11, NZM 2012 S. 566

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