Leitsatz

  1. Fenstererneuerung im Zweifel Sache der Gemeinschaft
  2. Zur Auslegung spezieller Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung
  3. Keine Sperrwirkung unterlassener Anfechtung eines Negativbeschlusses für spätere inhaltsgleiche Anträge auf verpflichtende Zustimmung zur Durchführung erwünschter Maßnahmen
 

Normenkette

§ 21 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 2 WEG

 

Kommentar

  1. In der Gemeinschaft war u.a. vereinbart, dass ein Sondereigentümer von ihm allein genutzte Gegenstände auf eigene Rechnung ordnungsgemäß zu pflegen, instand zu halten und instand zu setzen habe, insbesondere unabhängig von der Zuordnung zu Sonder- und Gemeinschaftseigentum in seinem räumlichen Bereich zur Instandhaltung und Instandsetzung verpflichtet sei. Dazu gehörten zunächst Schönheitsreparaturen einschließlich des Anstrichs der Innenseite der Fenster samt Rahmen hierzu; weiter war die Behebung von Glasschäden und die Instandhaltung und Instandsetzung der Außenfenster samt Fensterrahmen und Rollladen genannt. In diesem Zusammenhang lautet die Vereinbarung weiter: "Soweit dabei die Außenansicht (der Fenster) betroffen werde, sei eine einheitliche Ausführung unabdingbar; daher sei die Erneuerung des Außenanstrichs der Fenster samt Rahmen und Rollläden Sache der Eigentümergemeinschaft."

    Im Streit ging es um die privatgutachtlich auftrags des Sondereigentümers bestätigte Erneuerung von Wohnraumdachfenstern. Entsprechende Maßnahmen hatte die Gemeinschaft bereits im Jahr 2008 durch Negativbeschluss abgelehnt, ebenso Gutachtenerstattung; gleiche Ablehnung erfolgte auch in einer weiteren Versammlung 2010. Der klagende Sondereigentümer focht den neuerlichen Negativbeschluss an und beantragte weiterhin Durchführung der begehrten Maßnahmen zu Kostenlasten der Gemeinschaft.

    Amtsgericht und Landgericht hatten die Klage unter Hinweis auf die getroffenen Vereinbarungen abgelehnt. Mit zugelassener Revision verfolgte der Sondereigentümer zuletzt gestellte Anträge auf Ausbau und Erneuerung seiner Dachfenster nebst Laibung sowie Ersatz der Gutachterkosten weiter.

  2. Der BGH gelangte insoweit in Bestätigung der Revision zu einer anderen Auslegung der in diesem Fall getroffenen Vereinbarungen.

    1. Die unterlassene Anfechtung des früheren Negativbeschlusses entfaltet grundsätzlich keine Sperrwirkung für spätere, inhaltsgleiche Anträge (vgl. BGH, Beschluss v. 19.9.2002, BGHZ 152 S. 46/51). Ein Rechtsschutzbedürfnis auch für die Anfechtung eines Negativbeschlusses ist in der Regel zu bejahen (vgl. auch BGH, Urteil v. 15.1.2010, BGHZ 184 S. 88 Rn. 13); überdies hatte vorliegend der Kläger die Anfechtung des letzten Negativbeschlusses mit einem Antrag auf Zustimmung zur Durchführung begehrter Maßnahmen verbunden.
    2. Fenster mit Rahmen stehen gemäß § 5 Abs. 2 WEG zwingend im Gemeinschaftseigentum (h.M.). Grundsätzlich ist deshalb nach gesetzlicher Kompetenzzuweisung auch die Gemeinschaft für einen Austausch zuständig und hat die damit verbundenen Kosten zu tragen. Durch Vereinbarung unter Voraussetzung klarer und eindeutiger Regelungen kann allerdings eine abweichende Kostenverteilung getroffen werden, andernfalls bleibt es bei dieser gesetzlichen Zuständigkeit (ebenfalls h.M.).
    3. Vorliegend ist von einer auslegungsbedürftigen, vom Gesetz abweichenden Regelung hinsichtlich der Instandhaltung und Instandsetzung von Fenster auszugehen. Eine solche Auslegung grundbuchrechtlicher Erklärungen unterliegt auch in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Maßgebend sind Wortlaut und Sinn solcher Vereinbarungen, wie sie sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergeben, weil sie auch Sondernachfolger im Wohnungseigentum binden (ebenfalls h.M.).
    4. In Auslegung der getroffenen Vereinbarung unterliegt der Austausch des streitgegenständlichen Fensters nicht dem Kläger, sondern den beklagten Eigentümern, und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen anfänglichen oder einen nachträglichen Mangel handelt. Zwar ist ausdrücklich nur "Erneuerung des Außenanstrichs" zulasten der Gemeinschaft geregelt, nicht allerdings die vollständige Erneuerung der Fenster. Eindeutige Zuweisung auch dieser Aufgabe an einzelne Eigentümer ist jedoch der Gemeinschaftsordnung nicht zu entnehmen. Für eine Zuständigkeit des Sondereigentümers hinsichtlich der Erneuerung spricht zwar auf den ersten Blick, dass ihm nicht nur der Innenanstrich und die Behebung von Glasschäden, sondern auch die Instandhaltung und Instandsetzung der Außenfenster samt Fensterrahmen obliegen. Damit sind nicht nur die Kostenlasten geregelt (zu einer derartigen Regelung vgl. auch Urteil des BGH v. 10.6.2011, NZM 2011 S. 589), sondern auch die Verwaltungsbefugnis im Hinblick auf diesen Teil des Gemeinschaftseigentums. Nach gesetzlichem Sprachgebrauch umfasst Instandhaltung und Instandsetzung auch den Austausch. Die erforderliche Auslegung der differenzierten Regelung in ihrem Gesamtzusammenhang spricht aber dafür, dass der Begriff Instandhaltung und Instandsetzung enger gemeint ist und nicht die vollständige Erneuerung, sondern nu...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge