Leitsatz

Wird eine Wohnung in dem der Eintragungsbewilligung beigefügten Aufteilungsplan lediglich in einer horizontalen Ebene dargestellt, lässt sich nach der Grundbucheintragung, die sich hierzu nicht verhält, nicht feststellen, dass sich das Sondereigentum auch auf einen etwaigen über dem Dachgeschoss befindlichen Raum beziehen soll.

 

Normenkette

WEG § 1 Abs. 5, § 5 Abs. 2, § 7 Abs. 4

 

Das Problem

  1. Herr X, Herr Y sowie Herr Z erwerben im Jahr 1986 von Bauträger T jeweils 1 Wohnungseigentum. Y erwirbt das im Dachgeschoss liegende Wohnungseigentumsrecht Nr. 3. In der Teilungserklärung heißt es in Bezug auf dieses Wohnungseigentum, es bestehe "aus dem Sondereigentum an der im Dachgeschoss gelegenen Wohnung nebst einem Kellerraum".
  2. Die Wohnung von Herrn Y geht bei Kauf bis zur Dachhaut. Herr Y hält das für verschwendeten Raum. Er zieht daher eine Zwischendecke ein und versieht den so entstandenen weiteren, ca. 22 m2 großen Raum ("Spitzboden") mit Heizkörpern, Fenstern und Dachgauben. Der Spitzboden ist über eine Treppe erreichbar. Seit dem Umbau gebraucht der jeweilige Eigentümer des Wohnungseigentums Nr. 3 den Spitzboden zu Wohnzwecken.
  3. Im Jahr 2000 ändern die Wohnungseigentümer die Teilungserklärung unter Verweisung darauf, bei Renovierung und Ausbau des Gebäudes sei von den Aufteilungsplänen und der Teilungserklärung abgewichen worden. In der geänderten Teilungserklärung heißt es u.a., dass ein 1.948/10.000 MEA verbunden mit dem Sondereigentum an der im Dachgeschoss gelegenen Wohnung "nebst Spitzboden" und Keller, sämtlich im Aufteilungsplan mit Nr. 3 bezeichnet (Größe ca. 143 qm), gebildet worden sei. Zudem wird der Umlageschlüssel der Gemeinschaftsordnung geändert. Die Kosten sind jetzt grundsätzlich nach dem Verhältnis der Größe der Nutzflächen zu tragen, wobei sich für das Wohnungseigentum Nr. 1, 2 und 3 Anteile von 37,5 %, 32,4 % und 30,1 % ergeben.
  4. Im Jahr 1999 erwirbt die Wohnungseigentümerin K das Wohnungseigentum Nr. 1 von ihrem Vater, Herrn X. Wohnungseigentümer B erwirbt im Jahr 2015 das Wohnungseigentum Nr. 3.
  5. K meint, der Spitzboden stünde im gemeinschaftlichen Eigentum. Sie erhebt daher gegen B Klage. Es soll festgestellt werden, dass der Spitzboden zum gemeinschaftlichen Eigentum gehört. B meint, der Spitzboden stehe in seinem Eigentum. Jedenfalls durch die Änderung der Teilungserklärung und deren Eintragung sei wirksam Sondereigentum am Spitzboden zugunsten des Wohnungseigentums Nr. 3 geschaffen worden.
  6. Das Landgericht (LG) weist die Klage ab. Zwar sei die Klage zulässig, da die Auseinandersetzung über die Zuordnung von Räumlichkeiten zum Sondereigentum oder gemeinschaftlichen Eigentum im Zivilprozessverfahren auszutragen sei. Die Klage sei jedoch unbegründet. Denn der Spitzboden stehe im Sondereigentum des B. Dies folge zwar nicht aus der ursprünglichen Teilungserklärung, in der von einem Spitzboden "keine Rede" sei. Die Zuordnung des "im Spitzboden errichteten Raums" zum Sondereigentum des Wohnungseigentums Nr. 3 ergebe sich aber aus der geänderten Teilungserklärung. Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit der Änderung im Hinblick auf die geänderte Zuordnung von Sondereigentum bestünden nicht. Insbesondere sei nicht ersichtlich, inwieweit das von K gerügte Fehlen einer Abgeschlossenheitsbescheinigung bei der Beurkundung zur Nichtigkeit oder Unwirksamkeit der geänderten Teilungserklärung als solche führen sollte, zumal selbst bei unvollständiger oder unrichtiger Beurkundung durch den Notar die Beurkundung nicht unwirksam sei.
  7. Hiergegen legt K Berufung ein. Das LG gehe rechtsirrig davon aus, der Raum im Spitzboden gehöre zum Gegenstand des Sondereigentums des Wohnungseigentums Nr. 3. Die aktuellen Eintragungen nähmen unverändert auf die Eintragungsbewilligungen zur ersten Teilungserklärung Bezug. Eine geänderte Zuordnung des Spitzbodens sei später nicht erfolgt. Eine solche hätte eine Änderung des Gegenstandes des Sondereigentums erfordert, die nicht vorliege. Die Beschreibung des Wohnungseigentums Nr. 3 nebst Spitzboden und die Änderung der Gemeinschaftsordnung stellten Vereinbarungen nach § 10 Abs. 2 WEG dar. Eine Änderung des gemeinschaftlichen Eigentums sei nur wirksam, wenn deren Eintragung im Grundbuch von den Eigentümern bewilligt und beantragt und die Eintragung im Grundbuch tatsächlich erfolgt sei. Dies sei nicht der Fall.
 

Die Entscheidung

Die Berufung ist nach Ansicht des Oberlandesgerichts (OLG) zulässig und begründet.

Zulässigkeit

Das LG habe seine sachliche Zuständigkeit zutreffend bejaht.

  1. Die Streitigkeit sei nicht durch § 43 Nr. 1 WEG den Wohnungseigentumsgerichten zur Entscheidung zugewiesen, da es nicht um ein aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer erwachsenes Recht gehe, sondern darum, ob der Spitzboden im Sondereigentum des B oder im gemeinschaftlichen Eigentum stehe (Hinweis auf BGH, Urteil v. 30.6.1995, V ZR 118/94, BGHZ 130 S. 159).
  2. Die Zulässigkeit der Feststellungsklage (§ 256 ZPO) scheitere auch nicht am Vorrang der Leistungsklage. Auch wenn die Feststellungs...

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