Begriff

Die Möglichkeit der Aufrechnung spielt im Wohnungseigentumsrecht nur eine untergeordnete Rolle, da diese, ebenso wie die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts, auf wenige Fälle beschränkt und ansonsten ausgeschlossen ist. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist auf die Zahlung der Hausgelder dringend angewiesen. Deshalb kann ausschließlich mit anerkannten bzw. rechtskräftig festgestellten Ansprüchen sowie mit solchen, die aus einer sog, "Notgeschäftsführung" resultieren, aufgerechnet werden.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die grundsätzliche Möglichkeit der Aufrechnung mit einer Forderung gegen die Forderung eines anderen regeln die §§ 387 ff. BGB.

LG Frankfurt a. M., Urteil v. 13.9.2018, 2-13 S 92/17: Hat ein Wohnungseigentümer keine Vorauszahlungen auf den Wirtschaftsplan geleistet, stellt eine "negative Abrechnungsspitze" keine Forderung des Wohnungseigentümers dar, gegen den die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Aufrechnung mit Gegenforderungen erklären kann.

LG Frankfurt a. M., Urteil v. 13.8.2018, 2-09 S 85/17: Auch ein ehemaliger Wohnungseigentümer kann gegenüber rückständigen Hausgeldforderungen nur mit Gegenforderungen aus Notgeschäftsführung oder mit anerkannten oder rechtskräftig festgestellten Gegenforderungen aufrechnen. Dies gilt auch für Gegenforderungen des ehemaligen Wohnungseigentümers, die wegen des Eintritts der Verjährung aktiv nicht mehr geltend gemacht werden können.

BGH, Urteil v. 29.1.2016, V ZR 97/15: Gegen Beitragsforderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft kann ein Wohnungseigentümer grundsätzlich nur mit Forderungen aufrechnen, die anerkannt oder rechtskräftig festgestellt sind. Ein Hausverwalter kann eine mit einem Wohnungseigentümer vereinbarte Lastschriftabrede kündigen, wenn dieser an seiner Ansicht festhält, mit einer streitigen Forderung gegen eine Beitragsforderung der Wohnungseigentümergemeinschaft aufrechnen zu können, und daraus weitere Konflikte drohen.

 
Die häufigsten Fallen
  1. Keine nicht aufrechnungsfähige Forderung akzeptieren

    In der Praxis ist der Verwalter vereinzelt mit dem Problem konfrontiert, dass einzelne Miteigentümer gegen den sich aus der Jahresabrechnung ergebenden Nachzahlungs- bzw. Nachschussanspruch der Gemeinschaft mit irgendwelchen "Gegenforderungen" aufrechnen. Eine Aufrechnung gegenüber Ansprüchen der Gemeinschaft auf Hausgeldzahlung sowie der Zahlung von Beiträgen zur Erhaltungsrücklage oder sonstigen gebildeten Rücklagen, kommt ausschließlich mit anerkannten oder rechtskräftig festgestellten Forderungen oder solchen aus einer Notgeschäftsführung in Betracht.

  2. Eingehend prüfen, ob Notgeschäftsführung tatsächlich vorlag

    Soweit der Verwalter mit einer Aufrechnung aus einer angeblichen Notgeschäftsführung eines Wohnungseigentümers konfrontiert ist, sollte er eingehend prüfen, ob überhaupt eine Notgeschäftsführung vorliegt. Eine "Notgeschäftsführung" liegt nämlich nur dann vor, wenn der Wohnungseigentümer in berechtigter Weise ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer Maßnahmen getroffen hat, die zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens notwendig gewesen sind. An diesen Voraussetzungen fehlt es häufig in der Praxis.

  3. Keine Hausgeldklage ohne Berücksichtigung bereits berechtigterweise zur Aufrechnung gestellter Forderungen

    Liegt die Ausnahme vor, dass ein Wohnungseigentümer gegen eine Hausgeldforderung der Gemeinschaft berechtigterweise aufrechnen kann, sollte in Höhe der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung ein an das Gericht gerichteter Zahlungsantrag entsprechend gemindert werden. Ansonsten würde die Hausgeldklage kostenpflichtig teilweise abgewiesen werden. Hier droht dann eine entsprechende Schadensersatzpflicht des Verwalters.

  4. Vorsicht beim Anerkenntnis zweifelhafter Forderungen

    Mit seitens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer anerkannten Forderungen kann aufgerechnet werden. Es sollte aber genau geprüft werden, ob ein Anerkenntnis tatsächlich vorliegt.

  5. Verwalter kann mit Gegenansprüchen aufrechnen

    Der Verwalter kann mit Forderungen aus dem Verwaltervertrag gegen solche der Gemeinschaft aufrechnen. Ihm steht jedoch kein Zurückbehaltungsrecht an Verwaltungsunterlagen gegenüber Forderungen an die Gemeinschaft zu.

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