Leitsatz

  1. Aufopferungsanspruch (Mietausfall) aufgrund eines über längere Zeit nicht nutzbaren Laden-Teileigentums wegen statischer Probleme der Decke nicht zweifelsfrei, wenn als Anspruchsgegner sowohl die restlichen Eigentümer als auch die Gemeinschaft als Verband in Betracht kommen
  2. In Wohnungseigentumssachen nach FGG auch Zuständigkeit des Landgerichts als Erstbeschwerdegericht für Schadensersatz- oder Aufopferungsansprüche, wenn ein Beteiligter seinen allgemeinen Gerichtsstand im Ausland hat
 

Normenkette

§§ 14 Nr. 4, 21 Abs. 4, 44 Abs. 4 Satz 2 WEG a. F.; § 119 Abs. 1 Nr. 1 GVG; § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB

 

Kommentar

  1. In Wohnungseigentumssachen der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, die einen Schadensersatz- oder Aufopferungsanspruch zum Gegenstand haben, ist das LG auch dann zur Entscheidung über die Erstbeschwerde berufen, wenn ein Beteiligter seinen allgemeinen Gerichtsstand im Ausland hat (im Anschluss an OLG Düsseldorf v. 23.8.2006, I-3 Wx 64/06, FGPrax 2007, 12 zu Ansprüchen auf Beseitigung von Beeinträchtigungen und zur Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen; vgl. auch OLG Düsseldorf v. 3.2.2006, I-3 Wx 230/05, NJW 2006, 1143 und OLG Stuttgart v. 6.2.2006, 8 W 589/05, NJW 2006, 1144). § 119 Abs. 1 Nr. 1 GVG ist insoweit nicht anwendbar und damit die Sonderzuständigkeit des OLG zu verneinen.
  2. Eine Rubrumsberichtigung scheidet aus, wenn als materielle Anspruchsgegner (hier für einen Schadensersatz- bzw. Aufopferungsanspruch) sowohl die Wohnungseigentümer als auch die Eigentümergemeinschaft als Verband in Betracht kommen. Ist die Frage der Passivlegitimation offen, kann in Übergangsfällen vor und nach der BGH-Entscheidung zur Teilrechtsfähigkeit der Gemeinschaft vom 2.6.2005 (V ZB 32/05, NJW 2005, 2061) eine Rubrumsberichtigung durch das Gericht – zumal ohne Anhörung der Beteiligten – nicht vorgenommen werden. Vielmehr ist es zunächst Sache der Antragstellerseite, zu bestimmen, gegen wen von mehreren in Betracht kommenden Verpflichteten sich ein Anspruch richten soll.

    Kommen mehrere (richtige) Anspruchsgegner in Betracht, fehlt es an den Voraussetzungen einer Rubrumsberichtigung schon deshalb, weil nicht von einer äußerlich unrichtigen Parteibezeichnung ausgegangen und zweifelsfrei bestimmt werden kann, dass (ausschließlich) ein anderes Rechtssubjekt nach dem objektiven Sinn der Fehlbezeichnung betroffen sein soll. Für den verschuldensunabhängigen Aufopferungsanspruch nach § 14 Nr. 4 HS 2 WEG wird die Passivlegitimation unterschiedlich gesehen. In der Rechtsprechung werden die übrigen Wohnungseigentümer als richtige Anspruchsgegner bezeichnet (OLG Frankfurt v. 17.1.2006, 20 W 362/04, ZMR 2006, 625; ebenso Rechenberg, ZWE 2005, 47, 56). Von einer Schuldnerschaft der Gemeinschaft (gemeinschaftliche Haftungszuständigkeit geht Wenzel aus (ZWE 2006, 462, 468). Eine kumulative Haftung der Eigentümer neben dem Verband erachtet Elzer (ZMR 2006, 628, 630) als gegeben an.

  3. Vorliegend wurde zu Recht der Streit vom LG an das AG zurückverwiesen.

    Zum weiteren Verfahren ist vom Senat noch anzumerken, dass ein Aufopferungsausgleichsanspruch in Form eines Mietausfallschadens sowie vergeblicher Aufwendungen für Gas und Strom nicht zweifelsfrei erscheint, selbst wenn der Erdgeschossladen des Antragstellers wegen statischer Probleme der Decke über längere Zeit nicht nutzbar war. Es geht hier um zeitlich verzögerte oder gar vollständig unterbliebene Maßnahmen im Bereich des Gemeinschaftseigentums, ohne die das Sondereigentum des Antragstellers überhaupt nicht vermietbar bzw. benutzbar war. Dass sich Mängel des Gemeinschaftseigentums vorrangig auf die Benutzbarkeit des im EG gelegenen Sondereigentums auswirken, eröffnet allein noch nicht den Anwendungsbereich des § 14 Nr. 4 HS 2 WEG.

    Allerdings können im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander auch verschuldensunabhängige, nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche aus § 906 Abs. 2 Satz 3 BGB analog anwendbar sein (OLG Stuttgart v. 27.10.2005, 7 U 135/05, NJW 2006, 1744; Wenzel, NJW 2005, 241, 244), sofern Umbaumaßnahmen in den Obergeschossen erst dazu geführt hätten, dass die Deckenkonstruktion gerade über dem Sondereigentum des Antragstellers statisch ungenügend geworden wäre.

    Für Substanzschäden im Sondereigentum des Antragstellers kommt unmittelbar ein Ersatzanspruch nach § 14 Nr. 4 HS 2 WEG in Betracht, soweit auf Veranlassung der Gemeinschaft die dem Antragsteller gehörende Inneneinrichtung und Installation ausgebaut und nach der abgeschlossenen Sanierung der Deckenstatik nicht wieder eingebaut wurde. Insoweit kann auch eine Schadensschätzung durch das Gericht nach § 287 ZPO in Betracht kommen. Kosten sind solche der Verwaltung und nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel auf alle Wohnungseigentümer (auch den Antragsteller) umzulegen.

    Zu prüfen sind u. U. auch Schadensersatzansprüche aus Verletzung von Pflichten zur Mitwirkung bei Maßnahmen ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn Verwalter und ggf. auch Wohnungseigentümer eine die Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums ermöglichen...

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