Leitsatz

  1. Gemeinsame Heizungsanlage für mehrere Wohnungseigentümergemeinschaften mit anfänglich begründeter und separat verwalteter Betriebsgemeinschaft sowie grundbuchrechtlicher Grunddienstbarkeitsabsicherung (zur Kostenverteilung und Unterlassung eines anderen Heizwärmebezugs ohne Zustimmung der anderen Berechtigten)
  2. Einberufungsforderung einer beteiligten Wohnungseigentümergemeinschaft zum Zweck der Modernisierung der Heizanlage und Änderung des Maßstabs bisheriger Kostenverteilung aufgrund am eigenen Gemeinschaftseigentum zwischenzeitlich vorgenommener Wärmedämmmaßnahmen
  3. Forderungsberechtigung der klägerischen Gemeinschaft in gesetzlicher Prozessstandschaft gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG
 

Normenkette

§ 10 Abs. 6 WEG; §§ 96, 745, 675, 1025 BGB

 

1. Zum Sachverhalt:

Die Klägerin als eine von 9 Wohnungseigentümergemeinschaften wird über eine gemeinsame Anlage mit Heizwärme versorgt und fordert von dem beklagten Verwalter der Heizungsbetriebsgemeinschaft die Einberufung einer Eigentümerversammlung zum Zweck einer Vertragsänderung. Noch vor Aufteilung der Grundstücke in Wohnungseigentum wurde durch den teilenden Alleineigentümer zu Zwecken der Nutzung und Unterhaltung der gemeinsamen Heizanlage eine Grunddienstbarkeit im Grundbuch eingetragen, später in einer Verwalterversammlung der betroffenen Gemeinschaften ein mündlicher Verwaltervertrag mit dem Beklagten abgeschlossen. Die Verwalterkorrespondenz einschließlich aller Abrechnungen adressierte der Verwalter an die klägerische Gemeinschaft und schloss auch in deren Namen betreffende Erdgaslieferverträge ab. Zuletzt forderte die klägerische Gemeinschaft vom Verwalter der Betriebsgesellschaft die Einberufung einer Eigentümerversammlung mit angesprochenen Punkten. Der Verwalter vertrat die Ansicht, dass insoweit nur die einzelnen, aus der Grunddienstbarkeit berechtigten Wohnungseigentümer zur Verfahrensführung aktivlegitimiert seien, da sich § 10 Abs. 6 WEG nur auf die Rechtsfähigkeit einzelner Gemeinschaften hinsichtlich deren Verwaltung beziehe, ein entsprechender Beschluss auch nicht vorliege, insoweit auch mangels Beschlusskompetenz in dieser Forderungsfrage an die Betriebsgemeinschaft nichtig sei.

 

2. Aus den Gründen:

Nach Auffassung des Gerichts war die klagende Gemeinschaft berechtigt, vom Verwalter der Betriebsgesellschaft die Einberufung einer Mitgliederversammlung gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG, §§ 745, 675 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem seinerzeitigen Verwaltungsauftrag fordern zu können. Die klägerische Gemeinschaft war selbst Partei des Geschäftsbesorgungsvertrags mit dem Beklagten. Der Umfang der Verwaltungspflichten orientiert sich hier nach dem Sinn und Zweck seiner Beauftragung sowie nach Grundsätzen von Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (§§ 242, 157 BGB). Insoweit hätten die Gemeinschaften gemäß § 745 Abs. 2 BGB dem Beklagten als Dritten zulässigerweise die Verwaltung übertragen (BGH, NJW 1983 S. 449). Aus diesem Grund musste der Verwalter eine Willensbildung der Eigentümer nach § 745 BGB herbeiführen. Es musste auch allen Teilhabern und Mitgliedern Gelegenheit zur Teilnahme und rechtliches Gehör gewährt werden.

Da die zur Diskussion stehenden Fragen gemeinschaftsbezogene Rechte aller Eigentümer der klagenden Gemeinschaft betreffen, ist zwar nicht die klägerische Gemeinschaft selbst Mitglied der Heizungsbetriebsgemeinschaft, vielmehr sind dies deren Eigentümer. Allerdings ist die klagende Gemeinschaft gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG in gesetzlicher Prozessstandschaft berechtigt, den Einberufungsanspruch in eigenem Namen geltend zu machen. Wird nämlich das herrschende Grundstück einer Grunddienstbarkeit in Wohnungseigentum aufgeteilt, setzt sich die Berechtigung an den einzelnen Wohnungseigentumsrechten fort (als einheitliches Recht in Bruchteilsgemeinschaft). Den betreffenden Eigentümern steht hier eine Gesamtberechtigung analog §§ 428, 432 BGB zu; eine Regelung über die Wahrnehmung der Rechte aus der Grunddienstbarkeit kann auch als Inhalt des Sondereigentums in die Wohnungsgrundbücher eingetragen werden (h.M.). Insoweit folgt daraus nach Ansicht des Gerichts, dass Rechte und Pflichten aus der Grunddienstbarkeit als gemeinschaftsbezogene Rechte und Pflichten von der klagenden Gemeinschaft in aktiver Prozessstandschaft und damit im eigenen Namen gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG geltend gemacht werden können; bei der streitgegenständlichen Grunddienstbarkeit handelt es sich um einen wesentlichen Grundstücksbestandteil im Sinne des § 96 BGB. Mit Aufteilung in Wohnungseigentum bleibt die Grunddienstbarkeit als Bestandteil des gemeinschaftlichen Eigentums am Grundstück bestehen (mit den vertraglichen Absicherungen von Unterlassungs- und Duldungsverpflichtungen). Jetzige Eigentümer sind somit zugleich als Wohnungseigentümer und als gemeinschaftlich Berechtigte der Grunddienstbarkeit miteinander verbunden. Die Ausübung der Grunddienstbarkeit darf nach einer Teilung des herrschenden Grundstücks auch nicht für Eigentümer des dienenden Grundstücks...

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