Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung nach § 99 BetrVG. Einstufung nach dem Entgeltrahmentarifvertrag (ERA-TV) Baden-Württemberg

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 12.01.2011; Aktenzeichen 7 ABR 34/09)

LAG Baden-Württemberg (Beschluss vom 16.01.2009; Aktenzeichen 5 TaBV 2/08)

 

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

 

Tatbestand

A)

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob dem antragstellenden Betriebsrat bei der Zuordnung der Mitarbeiter zu den nach §§ 4 – 7 des Entgeltrahmentarifvertrags beschriebenen Arbeitsaufgaben durch den Arbeitgeber ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG zusteht.

Die Antragsgegnerin ist ein 100 %-iges Tochterunternehmen der Z. AG mit Betriebssitz in O.. Sie ist tarifgebunden, bei ihr gelten die Tarifverträge der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden.

Bei der Antragsgegnerin gilt zwischenzeitlich der Entgeltrahmentarifvertrag (ERA-TV).

In den §§ 4 – 7 ERA-TV sind Art und Weise der Grundentgeltermittlung geregelt. Nach § 7 ERA-TV wird dazu in den Betrieben eine Paritätische Kommission gebildet, deren Aufgabe es ist bestehende, aber nicht bewertete Arbeitsaufgaben sowie neu entstehende oder veränderte Arbeitsaufgaben einzustufen.

§ 7.3 des ERA-TV regelt dazu detailliert die Entscheidungsfindung in der Paritätischen Kommission.

§ 9.1 ERA-TV bestimmt den Grundentgeltanspruch der Beschäftigten und lautet einschließlich der Protokollnotiz wie folgt:

„Der Beschäftigte hat Anspruch auf das Grundentgelt derjenigen Entgeltgruppe, die der Einstufung der im Rahmen der festgelegten Arbeitsorganisation ausgeführten Arbeitsaufgabe entspricht.

Protokollnotiz zur § 9.1:

Es besteht Einigkeit, dass der Grundentgeltanspruch der Beschäftigten ausschließlich davon bestimmt ist, wie die Arbeitsaufgabe in betrieblichen Verfahren nach den Bestimmungen des Tarifvertrags bewertet worden ist.

Da ein besonderer Eingruppierungsvorgang, also die Zuordnung des Beschäftigten zu einer bestimmten Entgeltgruppe, nicht mehr stattfindet, gehen die Tarifvertragsparteien ebenso übereinstimmend davon aus, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Verfahren nach § 99 BetrVG bezüglich einer Eingruppierung/Umgruppierung nicht mehr vorliegen.”

Der Antragsteller vertritt im Wesentlichen die Ansicht, dass der Arbeitgeber unter Geltung des ERA-TV durch die Zuordnung von Mitarbeitern zu bewerteten Arbeitsaufgaben ein- bzw. umgruppiere, was das Mitbestimmungsrecht des § 99 BetrVG auslöse. Durch den Abstraktionsgrad der tariflichen Niveaubeispiele und durch die Schaffung weiterer Zusatz- und Analogbeispiele stehe dem Arbeitgeber ein Entscheidungsspielraum zu, welchem Mitarbeiter welche Arbeitsaufgabe zugewiesen werde.

Der Antragsteller beantragt:

Es wird festgestellt, dass bei der Zuordnung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durch die Antragsgegnerin zu den nach §§ 4 – 7 ERA-TV vom 16.09.2003 bewerteten Arbeitsaufgaben außerhalb von Einstellungen und Versetzungen ein Beteiligungsrecht des Antragstellers nach § 99 BetrVG besteht.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Die Antragsgegnerin vertritt im Wesentlichen die Auffassung, dass dem Arbeitgeber kein Wertungsspielraum hinsichtlich der zutreffenden Entgeltgruppe für eine verbindlich bewertete Arbeitsaufgabe verbleibe. Sei der Arbeitgeber aber für die Entgelthöhe im Rahmen der übertragenen Arbeitsaufgabe an die festgelegte Bewertung gebunden, so entfalle auch das Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrates. Der Arbeitgeber organisiere seinen Betrieb bzw. übe das Direktionsrecht aus, hierfür komme dem Betriebsrat aber gerade kein Mitbestimmungsrecht zu.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 13.11.2007 und 20.03.2008 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

B)

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist gemäß § 2 a Absatz 1 Nummer 1 ArbGG eröffnet, denn die Beteiligten streiten über Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz. Der Antragsteller berühmt sich insbesondere der Mitbestimmungsrechte aus § 99 BetrVG. Der Antrag ist zulässig, jedoch unbegründet.

I)

Der Antrag ist zulässig.

1. Insbesondere erweist sich der Feststellungsantrag an § 256 Absatz 1 ZPO analog gemessen als zulässig.

So geht es um ein Rechtsverhältnis im Sinne der Vorschrift insbesondere auch dann, wenn zwischen den Beteiligten über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Mitbestimmungsrechts oder dessen Umfang gestritten wird (vgl. Fitting, nach § 1 BetrVG, Randnr. 18; Mattes in: Germelmann, § 81 ArbGG Randnr. 16; BAG vom 19.02.2002, AP Nummer 27 zu § 1 TVG Tarifverträge Lufthansa).

Auch besteht ein ausreichendes Feststellungsinteresse. Bei Feststellungsanträgen besteht ein rechtliches Interesse, wenn ein bestehender Streit über das (Nicht-)Bestehen eines Rechtsverhältnisses durch eine gerichtliche Entscheidung ausgeräumt werden kann (vgl. Künzl, in: Ostrowicz/Künzl/Schäfer, Handbuch des arbeitsgerichtlichen Verfahrens, 3. Auflage 2006, Randnr. 704). Diese Voraussetzung ist...

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