Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

3. Streitwert: 26.488,– EUR.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte den Kläger ohne Mund-Nase-Bedeckung im örtlichen Rathaus tätig werden lassen muss, hilfsweise, ob die Beklagte verpflichtet ist, die vom Kläger zu erbringende Bürotätigkeit im Homeoffice erledigen zu lassen sowie um Vergütungsansprüche.

Der im Jahre … geborene, … und … zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit dem … bei der beklagten Kommune beschäftigt. Bis zum Beginn der Corona-Pandemie hatte der Kläger einen Arbeitsplatz im Rathaus der Gemeinde inne. Er war im Bauamt im Bereich Wasser und Abwasser eingesetzt. Seine Tätigkeiten erfolgten überwiegend im Büro, die restliche Zeit im Außendienst. Bei der Beklagten hat noch keine Umstellung der Bauakten auf digitale Akten stattgefunden. Es werden für die Arbeitsleistung teilweise große Pläne benutzt, die auf Kartentischen liegen und nicht digitalisiert sind. Flure und Treppenhäuser im Rathaus sind so schmal, dass sie einen Abstand von 1,5 m beim Aufeinandertreffen von Personen nicht ermöglichen.

Zu den weiteren Tätigkeiten des Klägers gehört auch die Bürgerberatung in Wasser und Abwasserfragen. Diese erfolgt teils vor Ort im Außendienst, teils nach terminlicher Anmeldung im Rathaus. Am 06.05.2020 ordnete die Beklagte für die im Rathaus gelegenen Arbeitsplätze das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung an. Der Kläger legte ein Attest vor, welches vom Werksarzt bestätigt wurde, nachdem ihm das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung nicht möglich ist. Auch die am 15.10.2020 erfolgte Aufforderung, die Tätigkeiten im Rathaus mit Gesichtsvisier als milderes Mittel des Infektionsschutzes zu erbringen, wurde vom Kläger abgelehnt. Er legte auch hierzu ein Attest vor, wonach ihm auch dieses nicht möglich sei.

Seit dem 19.10.2020 ist der Kläger nahezu durchgehend arbeitsunfähig. Bei der Beklagten gibt es eine Dienstvereinbarung zum Anspruch auf Telearbeit. Der Kläger erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen für einen Telearbeitsplatz im Rahmen dieser Dienstvereinbarung nicht.

Am 15.02.2021 fand per Videokonferenz ein BEM-Gespräch statt. Der Kläger hielt im Rahmen des BEM-Verfahrens eine ausschließliche Tätigkeit im Homeoffice für möglich. Diese hielt die Beklagte für nicht zumutbar, da sie die Persönlichkeit des Klägers so einschätzt, dass dieser ohne eine enge, direkte Führung durch Vorgesetzte nicht sinnvoll arbeiten könne und die Tätigkeit als solche auch nicht vollständig aus dem Homeoffice/mobilen Arbeitsplatz heraus erbracht werden kann. Der Leistungsaustausch und die Zurverfügungstellung der Bauakten, soweit sie transportabel seien, setzten den Besuch des Rathauses voraus. Die Zusammenarbeit und die Bürgerberatung seien wenigstens teilweise im Rathaus zu erbringen. Das BEM kam damit nicht zu dem Ergebnis, dass ein Arbeitsplatz durch Änderung der Arbeitsumstände eingerichtet werden könne, der die weitere Erkrankung des Klägers verhindert, bzw. beendet.

Der Kläger hat sein Begehren bereits in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (4 Ga 18/20; 2 SaGa 1/21) geltend gemacht. Der Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung ist rechtskräftig in beiden Instanzen abgewiesen worden. Im Laufe des Eilverfahrens hat der Kläger mitgeteilt, dass die Unmöglichkeit, Maske oder Visier zu tragen, auf einer Traumatisierung in Folge einer Straftat beruhe, deren Opfer er im Alter von 13 Jahren geworden sei. Dies mache es nun unmöglich, sein Gesicht zu bedecken.

Mit Klage vom 07.12.2020 begehrt der Kläger seine Beschäftigung und die Feststellung, dass er nicht verpflichtet sei, ein Gesichtsvisier oder eine Mund-Nasen-Bedeckung beim Betreten des Rathauses und bei Gängen über die Flure und in Gemeinschaftsräumen zu tragen.

Hilfsweise verlangt er, die Beschäftigung im Homeoffice. Er ist der Auffassung, durch die Atteste ausreichend dargetan zu haben, dass ihm aus gesundheitlichen Gründen das Tragen sowohl einer Mund-Nasen-Bedeckung als auch eines Gesichtsvisiers nicht zuzumuten sei. Er habe daher einen Anspruch auf Beschäftigung auch ohne entsprechende Gesichtsbedeckung. Alternativ könne die Beklagte im Homeoffice einsetzen, dies werde auch anderen Mitarbeitern gestattet. Zudem begehrt der Kläger Annahmeverzugslohn bzw. Schadensersatz in Höhe seines regelmäßigen Gehalts von der Beklagten. Die Beklagte habe ihr Direktionsrecht nicht ordnungsgemäß ausgeübt und sei somit im Annahmeverzug. Sie sei verpflichtet, dem erkrankten Kläger einen leidensgerechten Arbeitsplatz einzurichten. Sollte kein Annahmeverzugslohnanspruch bestehen, schulde die Beklagte dem Kläger Schadensersatz, das sie es versäumt habe für ihn eine leidensgerechte Beschäftigungsmöglichkeit einzurichten.

Der Kläger beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, ihn als Mitarbeiter der Verwaltung zu beschäftigen;
  2. festzustellen, dass er während seiner Arbeitszeit in den Räumen der Beklagten nicht verpflichtet ist, ein Gesichtsvisier oder eine Mund-Nasen-Bedeckung bei B...

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