Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltfortzahlung nach Arbeitsunfähigkeit durch Hundebiss

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Arbeitnehmer führt eine Arbeitsunfähigkeit nicht schuldhaft im Sinne von § 3 EFZG herbei, wenn er als Hundebesitzer in eine Hunderauferei eingreift, um seinen Hund aus einer Notlage zu befreien, und hierbei Bissverletzungen erleidet, die zu einer Arbeitsunfähigkeit führen.

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Juli 2009 Entgeltfortzahlung in Höhe von 1.400,00 EUR brutto abzüglich bezahlter netto 368,22 EUR, abzüglich auf die Krankenkasse übergeleitete 476,46 EUR netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus dem Restbetrag seit 01.08.2009 zu bezahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 62 % und die Beklagte zu 38 %.

3. Der Urteilsstreitwert wird auf 555,32 EUR festgesetzt.

4. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Entgeltfortzahlung. Im Einzelnen liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Seit dem Jahre 2007 arbeitet der Kläger für die Beklagte als Fahrer zu einer Bruttomonatsvergütung von 1.400,00 EUR. Am 19.06.2009 besuchte der Kläger in seiner Freizeit in U. ein Fest des Vereins der … Begleitet wurde der Kläger von seinem Hund „Barry”, einer 8 Jahre alten Bernersennenmischung. Noch bevor das Fest begann wurde der Hund des Klägers unvermittelt von einer freilaufenden Dogge angegriffen. Die Dogge verbiss sich in den Hund des Klägers und hielt diesen schließlich hängend in ihrem Maul.

In dieser Situation griff der Kläger ein und befreite seinen Hund. Dabei biss die Dogge den Kläger in die linke Hand und verletzte ihn. Der Kläger ließ zunächst die Wunden seines Hundes tierärztlich versorgen. Anschließend begab er sich selbst in ärztliche Behandlung. Der behandelnde Arzt bescheinigte ihm für den Zeitraum vom 19.06.2009 – 18.07.2009 Arbeitsunfähigkeit.

Trotz Nachforschungen des Klägers am 19.06.2009 am Ort des Geschehens konnte der Halter der Dogge konnte nicht ermittelt werden. Der Kläger konnte lediglich in Erfahrung bringen, dass die Dogge zuletzt in einem „Ami-Schlitten” gesehen wurde.

Nach Aufforderung der Beklagten, zur Verfolgung von Regressansprüchen eine Anschrift des Halters mitzuteilen, teilte der Kläger schriftlich mit, dass er diesen nicht habe ermitteln können.

Der Kläger erhielt für den Monat Juli 2009 eine Nettovergütung von 368,22 EUR. Entgeltfortzahlung für den Zeitraum 01. bis 18.07.2009 leistete die Beklagte nicht. Stattdessen erhielt der Kläger von seiner Krankenkasse 476,46 EUR Krankengeld für diesen Zeitraum.

Die Anträge auf Zahlung von Vergütung für den Monat August 2009 sowie die Erteilung von Lohnabrechnungen für die Monate Juli und August 2009 sowie die Erteilung eines Zwischenzeugnisses wurden nach Erfüllung durch den Kläger zurückgenommen.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die durch den Hundebiss herrührende Arbeitsunfähigkeit nicht auf sein Verschulden zurückzuführen sei.

Zuletzt beantragte der Kläger:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Juli 2009 EUR 1.400,00 brutto abzüglich bezahlter netto EUR 368,22, abzüglich auf die Techniker Krankenkasse München übergeleiteter EUR 476,46 netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus dem Restbetrag seit 01.08.2009 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe die Bissverletzung durch die Dogge selbst verschuldet. Im Wissen um die Gefährlichkeit einer Dogge habe er versucht seinen Hund aus dem Maul der Dogge zu befreien. Somit habe der Kläger seine Verletzung selbst verschuldet. Außergerichtlich behauptete die Beklagte, der Kläger kenne den Halter der Dogge und wolle diesen vor Regressansprüchen schützen.

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll des Kammertermins vom 13.01.2010 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig und begründet. Für den Zeitraum vom 01. – 18.07.2009 steht dem Kläger Entgeltfortzahlung nach den §§ 3, 4 EFZG in der beantragten Höhe zu. In Abzug zu bringen ist der Entgeltfortzahlungsanspruch, soweit der Anspruch gemäß § 115 SGB X auf die Krankenkasse in Höhe des geleisteten Entgelts übergegangen ist. Ebenso in Abzug zu bringen ist die bereits erbrachte Teilzahlung für den Monat Juli 2009. Die Höhe der Entgeltfortzahlung steht zwischen den Parteien nicht in Streit.

Nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zu 6 Wochen, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, ohne dass ihn ein Verschulden trifft.

1. Der Kläger war vom 01. – 18.07.2009 unstreitig arbeitsunfähig erkrankt und wies dies durch ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gegenüber seinem Arbeitgeber nach.

2. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf ein Leistungsverweigerungsrecht berufen.

a) Die Beklagte trat mit a...

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