Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerstatus eines Dozenten an einer Musikschule/Volkshochschule

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.01.2010; Aktenzeichen 5 AZR 106/09)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Streitwert wird auf 1.724,58 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses.

Der beklagte Zweckverband führt unter anderem eine Abendrealschule. Nach § 2 der Verordnung der Landesregierung von Baden-Württemberg über die Abendrealschulen vom 16.7.1968 sind Abendrealschulen Schulen, die Berufstätige vorwiegend in Abendkursen in einem Lehrgang von mindestens zwei Jahren zum Realschulabschluss führen. Nach § 3 wird in Abendrealschulen nur aufgenommen, wer die Pflicht zum Besuch der Grundschule und einer auf ihr aufbauenden weiterführenden Schule erfüllt hat. Nach § 4 wird der Unterricht an Abendrealschulen grundsätzlich von Lehrkräften erteilt, die die Befähigung zum Lehramt an Realschulen nachweisen können. Der Kläger verfügt über den akademischen Grad eines „Magister Artium” (M.A.), weist jedoch keine Lehramtsbefähigung auf.

Seit dem 12.9.2005 unterrichtet der Kläger für den Beklagten an der Abendrealschule. Zunächst richtete sich das Vertragsverhältnis nach dem Honorarvertrag vom 19.9.2005 (Abl. 6 f.). Danach unterrichtete der Kläger im Fach Geschichte/Gemeinschaftskunde. Zuletzt sind die vertraglichen Bedingungen der Parteien im Honorarvertrag vom 5.2.2007 (Abl. 8 f.) geregelt worden. Danach unterrichtet der Kläger in den Fächern Geschichte/Gemeinschaftskunde (nunmehr EWG: Erdkunde/Wirtschaftskunde/Gemeinschaftskunde) und Biologie im Ober- und Unterkurs. Nach § 2 Satz 2 des Honorarvertrages ist Grundlage für den Unterricht der Bildungsplan für Realschulen. In den Hauptfächern (Mathematik, Englisch und Deutsch) werden die Prüfungsklausuren zentral gestellt. Sie sind identisch mit den Prüfungen an der „Tagesrealschule”. Die vom Kläger unterrichteten Fächer stellen sogenannte Nebenfächer dar. Sie sind nicht zwingender Bestandteil der Prüfung, die zum Realschulabschluss führt. Wählte ein Schüler für die frühere mündliche Prüfung ein Nebenfach, nahm der Kläger die Prüfung ab und erstellte die Prüfungsaufgaben. Zentral gestellte Aufgaben existierten nicht. Die frühere mündliche Prüfung ist mittlerweile durch die sog. „fächerübergreifende Kompetenzprüfung” abgelöst. Auch diese Prüfung beinhaltet nicht zwingend Nebenfächer. Vielmehr besteht auch die Möglichkeit, mehrere Hauptfächer miteinander zu verbinden. Wählt ein Schüler ein Nebenfach, nimmt der Kläger in Zusammenarbeit mit einem anderen Lehrer die entsprechende Prüfung ab und erstellt Prüfungsaufgaben. Für Nebenfächer existieren nach wie vor keine zentral gestellten Prüfungsaufgaben. Der Kläger erhält nach dem Honorarvertrag ein Honorar für tatsächlich erteilten Unterricht in Höhe von 22,11 EUR. Er ist nach § 2 Satz 5 des Honorarvertrages verpflichtet, an Lehrerkonferenzen teilzunehmen. Der Kläger vertritt auch andere Lehrer. Als vertretender Lehrer unterrichtet er sein eigenes Fach, nicht jedoch das des ausgefallenen Kollegen. Bei den als Arbeitnehmer beim Beklagten beschäftigten Lehrern handelt es sich bei der Vertretungstätigkeit um sogenannte Zusammenhangstätigkeiten, die nicht gesondert vergütet werden. Soweit aufgrund der Vertretungstätigkeit mehr Stunden unterrichtet werden als der Kläger vertraglich verpflichtet ist, erhält er hierfür eine gesonderte Vergütung. Der Beklagte vermeidet es auch gegenüber Lehrern, die einen Arbeitsvertrag mit dem Beklagten haben, sein Direktionsrecht auszuüben. Die Lehrer regeln die Vertretung vielmehr generell unter sich. Die zeitliche Lage der Unterrichtsstunden können die Lehrer untereinander absprechen. Ein Tausch der Tage, an denen sie Unterricht erteilen, ist intern zwischen ihnen möglich. Schulausflüge, Elternabende oder Klassenfeste finden in der Abendrealschule nur in sehr eingeschränktem Umfang statt. Normalerweise beschränken sich derartige Aktivitäten auf das Abschlussfest, das der Klassenlehrer ausrichtet. Eine Pausenaufsicht wie an allgemeinbildenden Schulen existiert nicht. Seit Einführung des Rauchverbots in öffentlichen Gebäuden wurden die Lehrer jedoch allgemein gebeten, auf die Einhaltung des Verbots ein Auge zu haben. Hintergrund ist auch, dass die Tagesrealschule, in deren Räumen der Beklagte die Abendrealschule betreibt, gegenüber dieser mehrfach beanstandete, dass Zigarettenreste umherliegen würden.

Nach § 4 des Honorarvertrages ist der Kläger im Falle der Erkrankung oder sonstigen Verhinderung verpflichtet, den Schulleiter der Abendrealschule unverzüglich zu verständigen.

Seit Bestehen der vertraglichen Beziehungen der Parteien gab es nur einen Unterrichtsbesuch am 25.1.2008 durch den pädagogischen Leiter der Abendrealschule. Hintergrund war ein Vorfall mit einem alkoholisierten Schüler, aufgrund dessen auch die Kriminalpolizei eingeschaltet werden musste. Die Anwesenheit des pädagogischen Leiters im Un...

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