Nachgehend

Hessisches LAG (Urteil vom 30.08.1994; Aktenzeichen 6 Sa 1282/93)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf DM 148.865,83 festgesetzt.

 

Tatbestand

Nach Abschluß eines Teil Vergleiches im Kammertermin über 3 Klageanträge und den Widerklageantrag zu 1, sowie Rücknahme des Widerklageantrages zu 2 streiten die Parteien noch um die Wirksamkeit einer personenbedingten Kündigung, Weiterbeschäftigungs-, Annahmeverzugs- sowie Schadensersatzansprüche des Klägers.

Der 44-jährige verheiratete Kläger war seit April 1989 als Co-Pilot bei der Beklagten eingesetzt, seit 1.1.1991 auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 28.9.1990 i.V.m. der Beschäftigungsordnung der Beklagten; wegen der Regelungen im einzelnen, insbesondere in § 2 des Arbeitsvertrages und in § 3 und 9 der Beschäftigungsordnung wird auf Bl. 4 f und 58–62 d.A. Bezug genommen.

Seine Lizenz als Verkehrsflugzeugführer – befristet bis 20.6.1992 (Bl. 14 d.A.) – wurde mit Ablauf des 20.6.1992 ungültig. Die nach der Luftverordnung über Luftfahrtpersonal erforderlichen Überprüfungen des Klägers konnten zunächst wegen dessen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit in der Zeit vom 7.4. bis 28.6.1992 nicht durchgeführt werden. Nach seiner Gesundung einigten sich die Parteien dahin, daß der Kläger zunächst seinen etwa 4-wöchigen Jahresurlaub (wie bereits Anfang 1992 beantragt) nahm.

Am 21.8.1992 fand der für die Lizenzerneuerung erforderliche Überprüfungsflug auf einem Simulator statt, den der als Sachverständige des Luftfahrtbundesamtes anerkannte Herr Dollinger als nicht bestanden wertete (Bl. 18 f d.A.).

Danach erhielt der Kläger – in streitigem Umfang – Gelegenheit, erneut im Simulator zu üben, ehe am 10.9.1992 eine 2. Überprüfung durchgeführt wurde. Dieser Check erfolgte durch den ebenfalls als Sachverständiger des Luftfahrtbundesamtes anerkannten Herrn Wanner. Auch diese Überprüfung wurde als nicht bestanden gewertet (Bl. 15, 17 d.A.). Das Luftfahrtbundesamt ist reine Verwaltungsbehörde und betreibt selbst weder Flugzeuge noch beschäftigt es angestellte Sachverständige. Die Sachverständigen Dollinger und Wanner sind bei der Beklagten als Flugzeugkapitäne angestellt.

Am 14.9. bis 22.10.1992 erkrankte der Kläger erneut arbeitsunfähig.

Mit Schreiben vom 14.9.1992 erklärte die Beklagte dem Kläger wegen des Fehlens der Flugführererlaubnis die ordentliche Kündigung zum 31.12.1992. Sie rechnete bis 11.9.1992 ab und zahlte ab 12.9.1992 keine Vergütung mehr.

Nach seiner Genesung forderte der Kläger wiederholt telefonisch seine Lohnsteuerkarte sowie den Versicherungsnachweis für 1992 und eine Arbeitsbescheinigung an. Unter dem 29.10.1992 stellte die Beklagte Bescheinigungen zur Vorlage bei Arbeitsamt und Krankenkasse aus und sandte sie an den Kläger; am 7.12.1992 schickte sie ihm eine „beglaubigte” Kopie der Lohnsteuerkarte. Am 12.2.1993 gingen die begehrten Originalpapiere beim Kläger ein.

Der Kläger hält die personenbedingte Kündigung für unwirksam. Die Prüfungen am 21.8. und 10.9.1992 seien weder öffentlich rechtlich wirksam noch ordnungsgemäß erfolgt. Zum einen seien die Beklagte und die Prüfsachverständigen Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens i.S.d. §§ 20, 13, 9 Bundesverwaltungsverfahrensgesetz. Zum anderen seien die Prüfungen auch regelwidrig abgelaufen; wegen der Einzelheiten des klägerischen Vertrages wird auf dessen Schriftsatz vom 8.12.1992, Seite 9 ff (Bl. 32 ff d.A.) verwiesen. Daß die Lizenz des Klägers nicht erneuert wurde, sei allein von der Beklagten zu vertreten. Die Prüfer seien ausschließlich auf deren Weisung eingesetzt worden. Die Initiative, den Kläger „herauszuschießen”, gehe auf entsprechende Wünsche der Geschäftsleitung oder einer in der Zwischenzeit beim Flugbetriebsleiter Schelske eingetretenen Aversion gegen den Kläger zurück. Die Fehlleistungen der beiden Sachverständigen müsse die Beklagte sich nach § 278 BGB zurechnen lassen. Sie schulde dem Kläger eine reguläre, der flugbetriebsrechtlichen Ordnung entsprechende Erneuerungsprüfung.

Zwar habe infolge Lizenzverlusts/Unmöglichkeit gem. § 308 BGB vorgelegen. Diese aber habe die Beklagte durch ihre Verschleppung und die sich anschließende arglistige Vereitlung der Erneuerung bewirkt. Daher sei die Beklagte schadensersatzpflichtig für die Verschlechterung der fliegerischen Fertigkeiten des Klägers. Wie der Weiterbeschäftigungsanspruch konkret zu erfüllen sei, richte sich nach den luftfahrt(prüfungs)rechtlichen Bestimmungen; erst nach erforderlichem Training und notwendigen Prüfungen könne dann eine Weiterbeschäftigung als verantwortlicher Flugzeugführer erfolgen.

Die Beklagte sei verpflichtet, dem Kläger über den 10.9.1992 hinaus die monatliche Bruttovergütung zu zahlen, zumal das Arbeitsverhältnis jedenfalls bis 31.12.1992 bestanden habe. Die monatlichen Bruttobezüge hätten sich auf insgesamt 11.055,67 DM belaufen. Der Verfall der Lizenz mit dem 20.6.1992 habe auf der krankheitsbedingten Arbeitsunfä...

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