Ein Arbeitsvertrag kann insgesamt oder in einzelnen Teilen gegen gesetzliche Verbote verstoßen und deshalb (in diesen Teilen) gemäß § 134 BGB nichtig sein.

Verbotsgesetze im Sinne des § 134 BGB sind in erster Linie die vielfältigen Regelungen der Arbeitnehmerschutzvorschriften (Kündigungsschutzgesetz, Entgeltfortzahlungsgesetz, Arbeitszeitgesetz usw.) sowie die Gesetze zum Schutz besonderer Personengruppen (Mutterschutzgesetz, Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, Schwerbehinderten- und Jugendarbeitsschutz).

 
Praxis-Beispiel

Ungleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten

Eine Vergütungsabrede, die einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer gegenüber einem vollzeitbeschäftigten Kollegen ohne sachlichen Grund benachteiligt, ist gemäß § 134 BGB nichtig, weil sie einen Verstoß gegen § 4 Abs. 1 TzBfG darstellt.

Insbesondere im Falle des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gewinnt die arbeitsrechtliche Regel Bedeutung, dass die Teilnichtigkeit einer bestimmten Vertragsklausel nicht zur Nichtigkeit des Gesamtvertrags führt. An die Stelle der nichtigen Regelung tritt die einschlägige gesetzliche oder tarifvertragliche Vorschrift. Demgemäß tritt im vorstehenden Beispiel an die Stelle der nichtigen Vergütungsvereinbarung die übliche Vergütung im Sinne des § 612 Abs. 2 BGB, d. h. die anteilige Vergütung der Vollzeitkräfte.

 
Hinweis

Verstoß gegen das Mindestlohngesetz (MiLoG)

Gemäß § 3 MiLoG sind Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, insofern unwirksam. Wegen Verstoßes gegen das Gesetz sind diese Vereinbarungen nichtig.

Die arbeitsvertraglichen Regelungen im Übrigen bleiben bestehen. Bei Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohns hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Nachzahlung des Differenzbetrags zwischen dem tatsächlich gezahlten Lohn und der üblichen Vergütung. Die übliche Vergütung richtet sich nach einer festen Übung für gleiche oder ähnliche Dienstleistungen gewährten Vergütung an dem betreffenden Ort mit Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse.[1]

Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen (Entgelttransparenzgesetz)

Das am 6.7.2017 in Kraft getretene Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen (EntgTranspG) schreibt das Verbot einer geschlechtsbedingten Lohndiskriminierung fest. Vereinbarungen, die gegen das Gebot des gleichen Entgelts für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit verstoßen, sind gem. § 8 EntgTranspG nichtig. Kern des Gesetzes ist jedoch ein individueller Auskunftsanspruch, der erstmals 6Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes geltend gemacht werden kann, die Durchführung freiwilliger Prüfverfahren sowie Berichtspflichten. Der individuelle Auskunftsanspruch nach

§ 10 EntgTranspG gibt grundsätzlich allen Beschäftigten in Betrieben mit in der Regel mehr als 200 Beschäftigten das Recht, Informationen über ihr Entgelt und die Zusammensetzung des Entgeltes sowie über gleiche bzw. gleichwertige berufliche Tätigkeiten zu erhalten. Dieser Anspruch ermöglicht jedem Beschäftigten zu überprüfen, ob das Entgeltgleichheitsgebot eingehalten wird. Durch die Auskunft erhält der Beschäftigte die erforderlichen Informationen, um seinen eventuellen Anspruch auf ein höheres, diskriminierungsfrei festgelegtes Entgelt in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren durchsetzen zu können. Kommt der Arbeitgeber dem Auskunftsverlangen nicht nach, hat dies für tarifgebundene und tarifanwendende Arbeitgeber jedoch keine gesetzlichen Folgen. Für nicht tarifgebundene/nicht tarifanwendende Arbeitgeber kommt es zu einer Beweislastumkehr, d. h. vor Gericht muss der Arbeitgeber beweisen, dass kein Verstoß gegen das Entgeltgleichheitsgebot vorliegt.

 
Wichtig

Verbotsvorschriften aus Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung

Zu den gesetzlichen Verbotsvorschriften im Sinne des § 134 BGB zählen auch solche, die sich aus einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ergeben.

Deshalb kann z. B. auch der Verstoß gegen die Vorgaben eines Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung zur Nichtigkeit der betreffenden arbeitsvertraglichen Klausel führen. Darüber hinaus ist im Verhältnis zu den kollektivrechtlichen Anspruchsnormen die Geltung des arbeitsrechtlichen Günstigkeitsprinzips zu berücksichtigen.

Schließlich können auch einzelne Grundrechte und Vorschriften des EG-Rechts als gesetzliche Verbote i. S. d. § 134 BGB wirken. So hat z. B. das BAG eine unmittelbar an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfende Ungleichbehandlung beim Arbeitsentgelt wegen Verstoßes gegen Art. 141 des Amsterdamer Vertrags für rechtsunwirksam erachtet.

 
Hinweis

Umgehung von Verbotsgesetzen führt zu Nichtigkeit

Nach der Rechtsprechung führt auch die Umgehung von Verbotsgesetzen zur Nichtigkeit der das Gesetz umgehenden Vertragsklausel.

Eine Gesetzesumgehung liegt vor, wenn der Zweck einer zwingenden Rechtsnorm dadurch vereitelt wird, dass andere rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten missbräuchlich, d. h. ohne sachlichen Grund, verwendet werden. Dab...

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