Zusammenfassung

 
Begriff

Grundsätzlich haftet der Arbeitnehmer nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen (§§ 280 ff., 823 ff. BGB) für von ihm verursachte Schäden. Aufgrund der arbeitsrechtlichen ­Besonderheiten (Risiko eines Schadenseintritts, mögliche Schadenshöhe, Betriebsrisiko des Arbeitgebers) gewährt die Rechtsprechung dem Arbeitnehmer ein weitgehendes Haftungsprivileg gegenüber einer Inanspruchnahme durch den Arbeitgeber. Für Personenschäden erstreckt sich der Haftungsausschluss gem. §§ 105 ff. SGB VII auch auf die Kollegen. Zudem hat der Arbeitnehmer u. U. einen Freistellungsanspruch ggü. dem Arbeitgeber bei im Zusammenhang mit der Arbeitsleistung verursachten Rechtsgutsverletzungen Dritter.

Haftet der Arbeitnehmer für beruflich veranlasste Schäden, so können die Schadensersatzleistungen Werbungskosten sein. Sind die Ersatzleistungen privater Natur, kommt eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung in Betracht.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Arbeitsrecht: Anspruchsgrundlagen sind die §§ 280 ff., 823 ff. BGB, bzgl. des Haftungsprivilegs § 254 BGB sowie §§ 104 ff. SGB VII. Pflichtverstöße können sich neben § 241 Abs. 2 BGB (allgemeine Rücksichtnahmepflicht der Vertragsparteien) aus arbeitsrechtlichen Spezialgesetzen (z. B. AGG), aber auch aus allen allgemeinen Vorschriften ergeben (z. B. StVO, StGB etc.).

Arbeitsrecht

1 Grundlagen

Die Arbeitnehmerhaftung erfasst im weitesten Sinne die Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis. Anspruchsgrundlagen für eine Haftung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber können der Vertrag oder gesetzliche, insbesondere deliktische Ansprüche[1] sein. Gegenüber Dritten (Kunden, andere Arbeitnehmer) ergeben sich mangels vertraglicher Beziehung allein gesetzliche Ansprüche; z. T. finden sich hier Sondervorschriften. So gelten bei der Verletzung von Kollegen die Spezialnormen der §§ 104 ff. SGB VII. Vertragliche Schadensersatzansprüche können aus der Nicht- oder Schlechterfüllung der Arbeitspflicht oder der den Arbeitnehmer treffenden Nebenpflichten resultieren. Die Haftung kann auch allgemeinen gesetzlichen Haftungsnormen entspringen, z. B. bei einer unerlaubten Handlung gemäß § 823 BGB durch Diebstahl, Unterschlagung etc.

Allgemeine Voraussetzung für das Eingreifen der Haftung des Arbeitnehmers ist zunächst, dass ein bestimmtes Verhalten (Handlung, Duldung, Unterlassung) benannt werden kann, durch das arbeitsvertragliche oder gesetzliche Rechte des Arbeitgebers oder Dritter verletzt worden sind. Diese Rechtsgutverletzung muss sich als eine Folge des Verhaltens des Arbeitnehmers darstellen (sog. haftungsbegründende Kausalität) und die entstandenen Schadensfolgen müssen adäquat-kausal auf die Handlung zurückführbar sein (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Des Weiteren muss der Arbeitnehmer sich schuldhaft verhalten haben, wobei Vorsatz oder Fahrlässigkeit in Betracht kommen.[2]

Die wesentliche Abweichung der Haftung des Arbeitnehmers gegenüber anderen Schuldverhältnissen besteht im Haftungsprivileg zugunsten des Arbeitnehmers – abgeleitet aus einer analogen Anwendung von § 254 BGB.

Unabhängig davon muss sich der Arbeitgeber ein eventuelles, unmittelbares Mitverschulden gemäß § 254 BGB anrechnen lassen (z. B. mangelnde Anleitung, fehlerhafte Arbeitsgeräte, Überforderung). Konkret wurde ein Mitverschulden des Arbeitgebers in Fällen eines Organisationsverschuldens[3] oder bei unterlassenen Kontrollmaßnahmen angenommen.[4] Dabei muss das Mitverschulden für die Entstehung des Schadens unmittelbar ursächlich gewesen sein.[5]

2 Arbeitspflichtverletzungen

2.1 Verletzung einer Hauptleistungspflicht

Ein Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers entsteht bei schuldhafter Verletzung der arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflicht, also der Erfüllung der Arbeitsleistung. Welche der Pflichten der Arbeitnehmer im Einzelnen zu erfüllen hat, ist dem jeweiligen Arbeitsvertrag, im Zweifel durch Auslegung, zu entnehmen. Vertragliche Hauptpflicht ist stets die Leistung der versprochenen Dienste. Da das Arbeitsvertragsrecht im Gegensatz zum Werkvertragsrecht keine Gewährleistungsvorschriften kennt und der Arbeitnehmer nur seine Dienste, nicht einen konkreten Erfolg schuldet, ist es ausgeschlossen, im Hinblick auf eine Schlecht- oder Minderleistung das Arbeitsentgelt zu kürzen.[1]

Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer jedoch wegen der aus einer mangelhaften Arbeitsleistung erwachsenden weiteren Schäden in Anspruch nehmen. Diese Ansprüchen kann er gegen die Lohnansprüche aufrechnen. Der Arbeitnehmer haftet nicht für eine zu geringe Arbeitsleistung, wenn er seine individuelle Normalleistung erbracht hat, also so gearbeitet hat, wie er dies bei angemessener Anspannung seiner individuellen Kräfte und Fähigkeiten konnte ("Der Arbeitnehmer muss tun, was er tun soll, so gut er es tun kann"). Schadensersatzansprüche wegen Verzugs mit der Arbeitsl...

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