Zusammenfassung

Ein aus einer Publikums-KG ausgeschlossener Kommanditist kann seinen gegen den Ausschließungsbeschluss gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung grundsätzlich nicht gegen die Gesellschaft richten. Soweit der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht, sind in Anlehnung an das Hauptsachverfahren die Gesellschafter der KG, die von der Wirksamkeit des Ausschließungsbeschlusses ausgehen, die richtigen Antragsgegner.

Hintergrund

Der Verfügungskläger war bis zu seinem Ausschluss Kommanditist der Verfügungsbeklagten, einer Publikums-KG. Mittels einer Beschlussanfechtungsklage wandte er sich im Hauptsacheverfahren gegen den seinem Ausschluss zugrunde liegenden Gesellschafterbeschluss. Da der Verfügungskläger darüber hinaus bis zur endgültigen gerichtlichen Klärung des Hauptsacheverfahrens weiterhin als Kommanditist behandelt werden wollte, begehrte er zusätzlich den Erlass einer dementsprechenden einstweiligen Verfügung.

Im Gesellschaftsvertrag der KG war geregelt, dass fehlerhafte Beschlüsse durch "Klage gegen alle Gesellschafter" anzufechten seien. Nichtsdestotrotz richtete der Verfügungskläger seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die KG. Dies begründete er unter anderem damit, dass die gesellschaftsvertragliche Regelung lediglich für Klagen und nicht für ein Vorgehen im einstweiligen Rechtsschutz gelte. Überdies sei eine gegen die einzelnen Gesellschafter gerichtete einstweilige Verfügung deutlich komplizierter zu vollziehen als eine direkt gegen die Gesellschaft gerichtete Verfügung, weswegen die gesellschaftsvertragliche Regelung nicht gelten könne.

Das erstinstanzlich zuständige LG Essen bejahte die Passivlegitimation der KG, wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung jedoch trotzdem mangels Verfügungsgrundes ab. Hiergegen wandte sich der Verfügungskläger mit der Berufung zum OLG Hamm.

Das Urteil des OLG Hamm, 8 U 112/17

Die Berufung blieb erfolglos. Im Gegensatz zum LG Essen verneinte das OLG Hamm bereits die Passivlegitimation der Gesellschaft. So sei ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz grundsätzlich gegen die im zugehörigen Hauptsacheverfahren beklagte Partei zu richten. Im vorliegenden Fall, der eine Grundlagenstreitigkeit bezüglich des Gesellschaftsverhältnisses zum Gegenstand habe, seien dies diejenigen Gesellschafter der KG, die im Gegensatz zum Verfügungskläger von der Wirksamkeit des streitgegenständlichen Beschlusses ausgingen. Grundlage hierfür sei zum einen die gesellschaftsvertragliche Regelung, zum anderen jedoch auch die höchstrichterliche Rechtsprechung. So sei nach dem BGH, vorbehaltlich abweichender Regelungen im Gesellschaftsvertrag, die Nichtigkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung einer KG grundsätzlich durch Feststellungsklage gegen die Mitgesellschafter geltend zu machen.

Die vom Verfügungskläger vorgetragenen Schwierigkeiten der Vollziehung führten nicht zu einem anderen Ergebnis. Dieser habe sich durch den Beitritt zur KG mit der konkreten Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags einverstanden erklärt. Spiegelbildlich folge aus der gesellschaftsvertraglichen Regelung aber für die Mitgesellschafter auch ein prozessualer Anspruch, ihre Rechte zur Verteidigung der Beschlussfassung selbst ausüben zu können. Da die Mitgesellschafter die Wahrnehmung von Grundlagenstreitigkeiten vertraglich gerade nicht auf die Gesellschaft übertragen hätten, sei es unbillig, ihnen dieses Recht zu nehmen.

Anmerkung

Das OLG Hamm betont zwei grundlegende Dinge: Die Abhängigkeit des einstweiligen Verfügungsverfahrens vom Hauptsacheverfahren und die grundlegende Bedeutung des Gesellschaftsvertrags für die Ausgestaltung der innergesellschaftlichen Rechte und Pflichten. Beidem ist vollumfänglich zuzustimmen.

Der einstweilige Rechtsschutz verfolgt grundsätzlich keinen Selbstzweck, sondern soll bei Dringlichkeit eine vorläufige Entscheidung ermöglichen. Diese Entscheidung unterliegt sodann der späteren Nachprüfung im Hauptsacheverfahren. Zwischen beiden Verfahren besteht folglich eine untrennbare Verbindung, die sich folgerichtig auch in der einheitlichen Bestimmung der passivlegitimierten Partei niederschlagen muss.

Zudem unterstreicht das Gericht zutreffend, dass sich Rechte und Pflichten von Gesellschaftern zuvorderst immer nach dem richten, was im Gesellschaftsvertrag zur Grundlage des Zusammenschlusses gemacht wurde. Für Zweckerwägungen ist in diesem Kontext kein Raum.

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