Leitsatz

Die Pflegeeltern eines zweieinhalbjährigen Kindes hatten den Erlass einer Verbleibensanordnung gem. § 1632 Abs. 4 BGB beantragt. Parallel hierzu war ein von der Kindesmutter eingeleitetes Sorgerechtsverfahren anhängig.

Der Antrag der Pflegeeltern auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde zurückgewiesen u.a. mit der Begründung, eine Verbleibensanordnung sei verfrüht beantragt, weil noch niemand - weder tatsächlich noch rechtlich - in die durch § 1632 Abs. 4 geschützten Rechte eingegriffen habe. Im Übrigen greife eine etwaige Verbleibensanordnung in das anderweitige geführte Sorgerechtsverfahren ein.

Gegen den ablehnenden PKH-Beschluss legten die Pflegeeltern Beschwerde ein. Daraufhin wurde der Prozesskostenhilfe verweigernde Beschluss aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das AG zurückverwiesen.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG vertrat die Auffassung, Prozesskostenhilfe dürfe den Pflegeeltern jedenfalls mit den in dem angegriffenen Beschluss aufgeführten Gründen nicht versagt werden. Meist treffe es zwar zu, dass Rechtsschutz nur nachgesucht werden könne, wenn ein Eingriff in eigenen geschützten Rechtsgütern bereits erfolgt sei, vorher bestehe i.d.R. kein Rechtsschutzbedürfnis für die Inanspruchnahme der Gerichte. Dies gelte allerdings nicht uneingeschränkt. Das Recht kenne u.a. den unter bestimmten Voraussetzungen gegebenen vorbeugenden Unterlassungsanspruch gegen konkret und akut drohende Rechtsverletzungen. Die hierzu geltenden Grundsätze müssten dann entsprechend angewandt werden, wenn einer Partei vom Gesetz ein Abwehrrecht gegen eine mögliche Veränderung der tatsächlichen oder der Rechtslage ausdrücklich zur Verfügung gestellt werde. So liege der Fall im Rahmen des § 1632 Abs. 4 BGB. Es sei nicht Ziel dieser Vorschrift, die auf die Wahrung der Kindesinteressen unter Kindeswohlgesichtspunkten abziele, dem Kind dieses Schutzinstrument erst nachträglich - nach Herausnahme aus einer Pflegefamilie - zur Verfügung zu stellen. Ein sonst eventuell eintretender Aufenthaltswechsel sei mit dem Kindeswohl meist gar nicht oder allenfalls schwer zu vereinbaren. Dafür spreche auch der Wortlaut des Gesetzes, der von einem Verbleib ausgehe und nicht von einer etwaigen Rückführung. Ein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag nach § 1632 Abs. 4 ZPO sei daher stets gegeben, wenn mit einiger Wahrscheinlichkeit entweder mit einer Kindesherausgabeanordnung eines Gerichts in einem anderen Verfahren oder mit tatsächlichem Verhalten eines - derzeit oder konkret erwartet künftigen - Sorgerechtsinhabers ernsthaft zu rechnen sei (Staudinger/Salgow, 12. Aufl., § 1632 Rz. 76; Hinz in MünchKomm/BGB, § 1632, Rz. 20; so i.E. auch: OLG Naumburg v. 30.10.2001 - 14 UF 73/01, FamRZ 2002, 1274). Ebenso sei der zu entscheidende Fall zu beurteilen. Danach könne die Entscheidung des AG, mit der den Pflegeeltern die nachgesuchte Prozesskostenhilfe verweigert worden war, keinen Bestand haben.

 

Link zur Entscheidung

Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 09.03.2006, 15 WF 103/06

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