Leitsatz

Der Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung verjährt nicht.

 

Normenkette

§§ 21 Abs. 4, 22 Abs. 1 WEG

 

Das Problem

  1. Die Wohnungseigentümer fassen folgenden, bestandskräftigen Beschluss:

    Die Eigentümer stimmen der Klage von Wohnungseigentümer K auf Beseitigung der Fertiggarage, des daran angeschlossenen Nebenraums, der über der Garage belegenen Lüftungsanlage und der an die Dachterrasse und das Restaurant angrenzenden Treppenanlage gegen Wohnungseigentümer B zu. Die Zustimmung erstreckt sich auch auf eine Klage auf Duldung der Beseitigung der vorgenannten baulichen Anlagen durch und auf Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bzw. aller Eigentümer sowie eine entsprechende Feststellungsklage bezüglich einer solchen Duldungspflicht. Ferner erstreckt sich die Zustimmung auf das Rechtsmittelverfahren vor dem Berufungsgericht.

  2. Gestützt auf diese Ermächtigung begehrt Wohnungseigentümer K von Wohnungseigentümer B die Duldung der Beseitigung. Das Amtsgericht weist die Klage ab. Es meint, K's Ansprüche seien jedenfalls verjährt. Die verlangte Duldung stelle im Übrigen eine bauliche Maßnahme i.S.v. § 22 Abs. 1 WEG dar. Hierzu müsse ein Beschluss sämtlicher Wohnungseigentümer vorliegen, deren Rechte über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden würden. Daran fehle es. Hinsichtlich der Feuertreppe bestehe ein Anspruch auf Duldung bereits deswegen nicht, weil dadurch ein baurechtswidriger Zustand geschaffen werden würde.
  3. Mit ihrer Berufung wendet sich K gegen diese Entscheidung.
 

Die Entscheidung

  1. Mit Erfolg! Der Wohnungseigentümer sei berechtigt, die Ansprüche auf Duldung der Beseitigung der Fertiggarage, des daran anschließenden Nebenraums, der über der Garage montierten Lüftungsanlage sowie der zur Seeseite gelegenen Treppenanlage gerichtete Individualansprüche der Wohnungseigentümer als Prozessstandschafterin geltend zu machen (Hinweis auf BGH v. 5.12.2014, V ZR 5/14, NZM 2015 S. 220). Die Wohnungseigentümer hätten ihn hierzu ermächtigt. Ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse des klagenden Wohnungseigentümers, Individualansprüche der Wohnungseigentümer geltend zu machen, folge aus § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG.
  2. K's Anspruch ergebe sich aus § 21 Abs. 4 WEG. Der Anspruch sei sowohl auf die (erstmalige) Herstellung eines planmäßigen, der Teilungserklärung entsprechenden Zustands als auch auf die Beseitigung von (später erfolgten) baulichen Veränderungen gerichtet. Sofern die Garage, der Nebenraum und die Lüftungsanlage bereits vor Herstellung der Wohnungseigentumsanlage und vor Abgabe der Teilungserklärung errichtet worden seien, könne K von B die Duldung der erstmaligen Herstellung eines der Teilungserklärung entsprechenden Zustands der Anlage verlangen. Denn die Teilungserklärung sehe derartige bauliche Anlagen nicht vor. Sollten die Garage, der Nebenraum und die Lüftungsanlage erst nachträglich errichtet worden sein, sei der aus § 21 Abs. 4 WEG resultierende Duldungsanspruch auf die Beseitigung von nicht genehmigten baulichen Veränderungen i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG gerichtet. Denn die Anlagen stellten eine Beeinträchtigung dar, die über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgehe. Sie seien von außen deutlich sichtbar und würden im Übrigen einen Teil des den Wohnungseigentümern zugewiesenen Parkplatzbereichs in Anspruch nehmen. Als bauliche Veränderung sei auch die Treppenanlage zu bewerten. Es könne dabei offenbleiben, ob diese eine Beeinträchtigung i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG darstelle. Das wäre dann nicht der Fall, wenn die Anlage der Beseitigung eines baurechtswidrigen Zustands dienen würde, wovon das Amtsgericht ausgegangen ist. Allerdings hätten die Wohnungseigentümer dann das Recht zur Vorbefassung mit dieser Angelegenheit gehabt, welches insbesondere die Berechtigung beinhaltet, über den Ort der Aufstellung sowie über die Form der Treppe im Beschlusswege zu entscheiden (§ 21 Abs. 1 WEG). Ein Recht zur eigenmächtigen Aufstellung der Treppenanlage habe B, wie sich aus dem Umkehrschluss des § 21 Abs. 2 WEG ergebe, nicht zugestanden. Unerheblich sei der Umstand, dass die Treppe von der im Sondereigentum der B stehenden Hotelterrasse in deren Sondernutzungsbereich, den Garten, hineinführe. Denn die Treppe sei von außen deutlich sichtbar und berühre damit die Belange der übrigen Sondereigentümer. Durch die eigenmächtige Errichtung der Treppe habe B ihre eigene Entscheidung an die Stelle einer erst zu treffenden Entscheidung der Wohnungseigentümer gesetzt.
  3. Der Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung unterliege nicht der Verjährung. Sofern eine Maßnahme im Interesse einer ordnungsmäßigen Verwaltung notwendig sei, erfordere sie ständig ihre Durchführung (Hinweis auf BGH v. 24.4.2012, V ZR 107 70/11, NZM 2012 S. 508 Rn. 10).
 

Kommentar

Anmerkung

Hat ein Wohnungseigentümer das gemeinschaftliche Eigentum, ohne hierzu berechtigt zu sein, baulich verändert, kann er von jedem Wohnungseigentümer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Gilt es demgegenüber den vorherigen Zustand wiederherzus...

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