Leitsatz

Wird von Dritten die Zwangsversteigerung in ein Wohnungseigentum betrieben, ist der Verwalter grundsätzlich verpflichtet, die gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG bevorrechtigten Hausgeldansprüche der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in dem Zwangsversteigerungsverfahren anzumelden.

 

Normenkette

WEG § 27 Abs. 1 Nr. 4; ZVG § 10 Abs. 1 Nr. 2

 

Das Problem

  1. Besteller X erwirbt vom Bauträger, der T-GmbH, 2 Wohnungseigentumsrechte mit den Nummern 14 und 15. Der Besteller zahlt in den Jahren 2001 bis 2007 kein Hausgeld (insgesamt 7.932,64 EUR). Über das Vermögen der T-GmbH wird das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 6. November 2007 werden die Wohnungseigentumsrechte in einem von Dritten betriebenen Zwangsversteigerungsverfahren beschlagnahmt. Der Verkehrswert der Wohnungseigentumsrechte wird auf 62.000 EUR bzw. 76.000 EUR festgesetzt. In der Versammlung im Mai 2008 teilt der Verwalter B den Stand der Zwangsversteigerung der Wohnungseigentumsrechte 14 und 15 mit, da die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ihre Ansprüche anmelden muss. Der Zuschlag über die Wohnungseigentumsrechte 14 und 15 erfolgt im August 2008 auf ein Gebot von 124.000 EUR. Eine Anmeldung der offenen Hausgeldforderungen ist bis dahin nicht erfolgt.
  2. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K verklagt daraufhin B auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 7.932,64 EUR zuzüglich Nebenforderungen. Dieser Klage gibt das Amtsgericht im Wege eines Versäumnisurteils statt. Auf den Einspruch des B erhält das Amtsgericht das Versäumnisurteil mit der Maßgabe aufrecht, dass B zum Ersatz offener Hausgelder für die Jahre 2006 und 2007 in Höhe von 4.324,76 EUR zuzüglich Nebenforderungen verurteilt ist. Im Übrigen weist es die Klage ab. Die Berufung der K, mit der sie erreichen will, dass das Versäumnisurteil auch im Hinblick auf den Ersatz der Hausgeldbeiträge für das Jahr 2005 in Höhe von weiteren 994,08 EUR zuzüglich Nebenforderungen aufrechterhalten wird, weist das Landgericht zurück. K stehe bereits dem Grunde nach kein Schadensersatzanspruch zu. B habe es nicht oblegen, die Ansprüche in der Zwangsversteigerung anzumelden. § 27 WEG sehe eine solche Pflicht nicht vor. Der Verwalter müsse zwar auf die Rückstände, die laufende Zwangsversteigerung und die Möglichkeit der Geltendmachung hinweisen, sei aber nicht gehalten, einen Beschluss anzuregen oder vorzubereiten, der ihn zum Handeln ermächtige. Die ihm obliegenden Hinweispflichten habe der Verwalter erfüllt. Zudem scheitere ein Schadensersatzanspruch auch an dem fehlenden Verschulden, da die Frage, ob Hausgeldansprüche gegen den werdenden Wohnungseigentümer in der Zwangsversteigerung gegen den teilenden Bauträger angemeldet werden könnten, kontrovers diskutiert werde.
  3. Mit der Revision verfolgt K ihr Begehren weiter.
 

Die Entscheidung

Mit Erfolg! Mit der Begründung des Landgerichts lasse sich gegen den Verwalter ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 BGB nicht verneinen. Werde von einem Dritten die Zwangsversteigerung in ein Wohnungseigentumsrecht betrieben, sei ein Verwalter grundsätzlich verpflichtet, die gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG bevorrechtigten Hausgeldansprüche der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in dem Zwangsversteigerungsverfahren anzumelden.

  1. Obwohl § 27 Abs. 1 WEG hierzu keine ausdrückliche Regelung treffe, entspreche es einhelliger Ansicht, dass der Verwalter die Anmeldung herbeizuführen habe (Hinweis u.a. auf Jacoby, ZWE 2015, S. 297, 300 und Hügel/Elzer, WEG, 2. Auflage, § 27 Rn. 39). Dass die Anmeldung als Anforderung der Kostenbeiträge im Sinne von § 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG anzusehen und von dem Verwalter als Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 WEG ohne Weiteres vorzunehmen sei, lasse sich damit begründen, dass sie die Durchsetzung der Kostenbeiträge mit geringem Aufwand ermöglicht und einen endgültigen Forderungsausfall abwenden könne. Die Anmeldung bevorrechtigter Ansprüche sei in § 45 Abs. 3 ZVG bewusst einfach ausgestaltet worden, um der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Rechtsverfolgung zu erleichtern (Hinweis auf BT-Drucksache 16/887, S. 46). Eines Titels bedürfe es nicht zwingend. Die Ansprüche könnten auch durch die Niederschrift der Beschlüsse einschließlich ihrer Anlagen oder in sonst geeigneter Weise glaubhaft gemacht werden; nur müssten sich aus dem Vorbringen die Zahlungspflicht, die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit ergeben (Hinweis auf § 45 Abs. 3 ZVG). Mit wirtschaftlichen Risiken sei die Anmeldung nicht verbunden. Weder fielen Gebühren an noch müssten Vorschüsse geleistet werden. Weil die bevorrechtigten Ansprüche den Rechten der nachfolgenden Rangklassen vorgingen, werde in der Regel eine effektive Rechtsdurchsetzung ermöglicht. Die Zuordnung der Anmeldung zu den Pflichten des Verwalters sei auch im Hinblick auf den zeitlichen Ablauf der Zwangsversteigerung geboten. Denn nur auf rechtzeitige Anmeldung würden die nicht aus dem Grundbuch ersichtlichen, aber in § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG bevorrechtigt...

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