A. Überblick

I. Umfang der Angelegenheit

 

Rz. 1

Das gesamte Verbundverfahren, also die Ehesache und die Folgesachen, ist gem. § 16 Nr. 4 eine Angelegenheit i.S.d. § 15, so dass der Anwalt seine Gebühren nur einmal aus den nach § 44 Abs. 2 S. 2 FamGKG zusammengerechneten Verfahrenswerten erhält (§ 15 Abs. 2).

 

Rz. 2

Auch die Auslagen entstehen nur einmal; insbesondere entsteht im gesamten Verbundverfahren nur eine Postentgeltpauschale nach VV 7002 (siehe Rdn 177). Soweit Dokumentenpauschalen abzurechnen sind, ist für das gesamte Verfahren einheitlich durchzuzählen (siehe Rdn 177).

 

Rz. 3

Das gesamte Verbundverfahren richtet sich auch durchweg nach derselben Fassung des RVG. Gesetzesänderungen während des Verbundverfahrens haben – auch im Falle einer Abtrennung – keine Auswirkungen (§ 60). Das gilt auch für eventuelle Änderungen der Wertvorschriften des FamGKG (§ 60 Abs. 1 S. 6). Siehe dazu die Kommentierung zu § 60.

 

Rz. 4

Zu den Sonderfällen der

Abtrennung aus dem Verbund siehe Rdn 125 ff.,
Trennung aus dem Verbund siehe Rdn 136 ff. und
Aufnahme in den Verbund siehe Rdn 142 ff.
 

Rz. 5

Ebenfalls nur eine Angelegenheit ist gegeben, wenn der Scheidungsantrag vom FamG zurückgewiesen worden ist, das OLG diese Entscheidung nach § 146 FamFG aufhebt und die Sache an das FamG zurückverweist (§ 21 Abs. 2). Siehe Rdn 165 ff.

 

Rz. 6

Wird dagegen ein Scheidungsantrag zurückgenommen und später erneut gestellt, liegen zwei verschiedene Angelegenheiten vor, auch wenn dazwischen nicht mehr als zwei Kalenderjahre liegen.[1] Unabhängig von der Regelung des § 15 Abs. 5 S. 2 löst ein erneut gestellter Scheidungsantrag eine neue Angelegenheit aus. Ihm liegt eine andere Trennungszeit zugrunde und er schafft andere Stichtage für den Versorgungsausgleich und den Zugewinnausgleich.

[1] OLG Zweibrücken AGS 2017, 72 = RVGreport 2017, 133 = NZFam 2017, 131; AG Ludwigshafen AGS 2016, 509 = NZFam 2016, 902.

II. Gebühren

 

Rz. 7

Die Gebühren des Anwalts richten sich nach den VV 3100 ff. Hinzukommen können eine Einigungsgebühr (VV 1000) und/oder eine Aussöhnungsgebühr (VV 1001).

 

Rz. 8

Denkbar ist hier auch eine Zusatzgebühr für besonders umfangreiche Beweisaufnahmen (VV 1010).

B. Gegenstandswert

I. Überblick

 

Rz. 9

Der Gegenstandswert eines Scheidungsverbundverfahrens bemisst sich gem. § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 44 Abs. 2 S. 2 FamGKG nach der Summe der Werte von Ehe- und Folgesachen. Die Werte von Ehe- und Folgesachen sind zunächst gesondert zu ermitteln und dann zusammenzurechnen (§ 44 Abs. 2 S. 2 u. 3 FamGKG).

 

Rz. 10

Für die Ehesache und die einzelnen Folgesachen gelten dabei die Wertvorschriften, die auch für die isolierten Verfahren gelten. Lediglich für bestimmte Kindschaftssachen als Folgesachen ist im Verbundverfahren ein von den isolierten Verfahren abweichender Wert vorgesehen (§ 44 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 FamGKG).

 

Rz. 11

Die nachfolgende Darstellung kann insoweit nur einen Überblick geben. Hinsichtlich weiterer Fragen wird auf die einschlägige Literatur zum FamGKG verwiesen.[2]

[2] Siehe Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG, 3. Aufl. 2019; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 15. Aufl. 2021.

II. Ehesache

1. Scheidung

 

Rz. 12

Der Wert der Scheidungssache ist in § 43 FamGKG geregelt. Der Verfahrenswert ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen zu bestimmen (§ 43 Abs. 1 S. 1 FamGKG). Hinsichtlich der die Einkommensverhältnisse der beteiligten Ehegatten ist in § 43 Abs. 2 FamGKG festgelegt, dass das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Ehegatten anzusetzen ist.

2. Wechselseitige Scheidungsanträge

 

Rz. 13

Die Werte wechselseitiger Scheidungsanträge werden nicht addiert (§ 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG). Es bleibt beim einfachen Wert, und zwar berechnet nach dem Datum des ersten Scheidungsantrags.

3. Mehrere Ehesachen

 

Rz. 14

Sind Gegenstand des Verbundverfahrens mehrere Ehesachen (z.B. Aufhebung der Ehe und Scheidung), so sind die Werte jeder Ehesache bezogen auf den Zeitpunkt ihrer Antragstellung gesondert zu bewerten (§ 34 S. 1 FamGKG). Anschließend sind die Werte zusammenzurechnen,[3] es sei denn, einer der Anträge ist nur hilfsweise gestellt. Dann wird nur addiert, wenn über den hilfsweise gestellten Antrag entschieden wird (§ 39 Abs. 1 S. 2, 3 FamGKG).

[3] OLG Zweibrücken AGS 2002, 38 = FamRZ 2002, 156 u. 255.

III. Folgesachen

1. Versorgungsausgleich

a) Überblick

 

Rz. 15

Der Wert der Folgesache Versorgungsausgleich (§§ 217 ff. FamFG) ist in § 50 FamGKG geregelt. Diese Regelung gilt auch für den Scheidungsverbund. Für jedes Anrecht ist ein Betrag in Höhe von 10 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens beider Ehegatten anzusetzen, wenn es um Wertausgleich bei der Scheidung geht.

 

Rz. 16

Ausgleichsansprüche nach der Scheidung (§§ 2026 VersAusglG) sind zwar nicht von Amts wegen Gegenstand des Verbundverfahrens. Sie sind aber auf Antrag verbundfähig, wenn ausnahmsweise zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung die Voraussetzungen des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG vorliegen.[4] Für diesen Fall ist für jedes schuldrechtliche Anrecht ein Betrag in Höhe von 20 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens beider Ehegatten anzusetzen.

[4...

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