Verstöße gegen die Bestimmungen des AGG können insbesondere schon bei der Auswahl der Bewerber für eine Wohnung eintreten. Vermieter sollten bereits bei der Vermietungsanzeige z. B. in einer Tageszeitung vermeiden, den Kreis der Bewerber für die angebotene Wohnung zu beschränken.

 
Praxis-Beispiel

"Wunschmieter"

Aus einem Inserat, mit dem für eine Wohnung eine "ältere, alleinstehende Dame" gesucht wird, könnte sich der Vorwurf der Diskriminierung sowohl von jüngeren (Merkmal "Alter") als auch von männlichen Bewerbern (Merkmal "Geschlecht") herleiten lassen.

Gleiches gilt, wenn der Formulierung des Inserats zu entnehmen ist, dass eine Vermietung "nur an Deutsche" erfolgen wird.[1]

Das Benachteiligungsverbot bei der Vergabe von Wohnungen verbietet eine Ungleichbehandlung z. B. aufgrund ausländisch klingender Namen auch schon bei der Auswahl derjenigen Mietinteressenten, die zu einem Besichtigungstermin eingeladen werden.

Ein sog. "Testing-Verfahren", mit dem ein Vermieter daraufhin überprüft wird, ob er das Benachteiligungsverbot verletzt, indem ihm Bewerbungen von fiktiven Bewerbern übermittelt werden, die sich nur durch ein Kriterium unterscheiden, aufgrund dessen eine Benachteiligung vermutet wird (hier: deutsch bzw. ausländisch klingende Namen), ist zulässig. Gelingt dem Mietinteressenten z. B. der Nachweis, mit seinem ausländisch klingenden Namen Absagen und mit einem deutsch klingenden fiktiven Namen Einladungen zur Besichtigung erhalten zu haben, liegen Indizien für die Vermutung einer unzulässigen Diskriminierung vor.

Kann der Wohnungsgeber diese Vermutung nicht widerlegen, soll das "Testing-Verfahren" vor Gericht auch als Nachweis für die Benachteiligung verwendet werden können.[2]

Daher sollte der Anbieter (Vermieter, Hausverwalter, Makler) auch bei der Wohnungsbesichtigung keinerlei Äußerungen zu bevorzugten ("Wir vermieten nur an Ehepaare") bzw. für ihn nicht infrage kommenden Zielgruppen ("Wir vermieten nicht an Ausländer") abgeben; anderenfalls könnte ein Bewerber, der nicht zur bevorzugten bzw. zu einer nicht infrage kommenden Zielgruppe gehört, daraus den Vorwurf einer Diskriminierung konstruieren.

 
Praxis-Tipp

Selbstauskunft von jedem Mietbewerber verlangen

Der Anbieter sollte Bewerber keinesfalls im Voraus ablehnen und daher jedem Bewerber, d. h. auch solchen, die für ihn als Mieter – aus welchen Gründen auch immer – nicht infrage kommen, ein Selbstauskunftsformular übergeben mit der Bitte, dies vollständig ausgefüllt und bis zu einem bestimmten Termin an ihn zurückzuleiten.

Werden die darin enthaltenen zulässigen Fragen nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig beantwortet, ist dies für den Anbieter bereits ein sachlicher Grund, den Bewerber ohne Verstoß gegen das AGG abzulehnen.

Sachliche Ablehnungsgründe können sich ferner aus den Angaben des Bewerbers in der Selbstauskunft bzw. aus daraus resultierenden Nachfragen, z. B. beim Vorvermieter ergeben:

  • mangelnde Solvenz, kein zur Zahlung von Miete und Betriebskosten ausreichendes Einkommen, andere Bewerber mit besserer Solvenz
  • negative Auskünfte des Vorvermieters, der Bank des Bewerbers (Bankauskunft), der SCHUFA oder einer Auskunftei, bei der im Rahmen eines sog. Solvenz-Checks Daten über die Solvenz eines Bewerbers abgefragt werden können
  • unerwünschte Haustierhaltung, unerwünschte teilgewerbliche Nutzung der Wohnung
  • Uneinigkeit über Mietdauer, Miethöhe, Kaution/Bürgschaft, umlegbare Betriebskosten etc.

Bei der Vermietung von Wohnraum ist eine unterschiedliche Behandlung ferner zulässig im Hinblick auf die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse.[4] Damit wollte der Gesetzgeber einer sog. Ghettobildung vorbeugen. Allerdings hat der Gesetzgeber u. a. offengelassen, bei welchem Prozentsatz einer bestimmten Mieterschaft die Strukturen ausgewogen sind, sodass auch insofern die Rechtsprechung abgewartet werden muss.

Ebenso können im laufenden Mietverhältnis Benachteiligungen einer Mietpartei zum Vorwurf einer Diskriminierung führen, wenn sie nicht sachlich begründet werden können.

 
Praxis-Beispiel

Unterschiedliche Behandlung muss begründet sein

  • In einem Mietshaus verbietet der Vermieter einem Mieter mit ausländischer Staatsangehörigkeit oder der alleinstehenden Mutter das Abstellen des Kinderwagens im Hausflur, während er dies einem deutschen Mieterehepaar mit Kindern erlaubt. Hier wäre das Verbot dann sachlich begründet, wenn der Kinderwagen aufgrund baulicher Gegebenheiten vor der Wohnung des Ausländers bzw. der alleinstehenden Mutter den Durchgang behindert, während vor der Wohnung des Ehepaars genügend Platz ist.
  • Ein homosexuelles Mieterpaar wird wegen laufend unpünktlicher Zahlung abgemahnt und gekündigt, während der Vermieter dies bei anderen Mietern hinnimmt. Hier würde ein sachlicher Differenzierungsgrund dann bestehen, wenn das homosexuelle Mieterpaar erst vor Kurzem eingezogen ist, während das Mietverhältnis mit den and...

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