Einigermaßen verständlich ist die Gesetzeslage noch, wenn der Grundstücksnachbar bei der Errichtung eines Gebäudes zum Teil über die Grenze baut, damit also mit seinem Neubau fremden Grund und Boden beansprucht, ohne hierbei vorsätzlich oder grob fahrlässig zu handeln. Das BGB regelt diese Fallgestaltung als Überbau in den §§ 912 bis 916. Nach den ansonsten geltenden Eigentumsvorschriften müsste hier an sich auf Klage des beeinträchtigten Nachbarn hin der über die Grenze gebaute Gebäudeteil abgerissen werden. Da aber die Beseitigung des Bauwerks, soweit es über die Grenze gebaut ist, für den Bauherrn, den kein Vorwurf trifft, eine außerordentliche Härte bedeuten würde, hat der Gesetzgeber die Vorschriften über den Überbau geschaffen. Dabei ließ er sich von der Erwägung leiten, dass die Erhaltung eines bestehenden Gebäudes wichtiger ist, als die strenge Durchsetzung des Eigentums. Deshalb hat nach dem Willen des Gesetzgebers der beeinträchtigte Nachbar den Überbau gegen Zahlung einer Entschädigung in Form einer Geldrente zu dulden. Alternativ kann er verlangen, dass der "Verursacher" ihm den überbauten Teil seines Grundstücks abkauft (siehe hierzu ausführlich Wegner, Grenzüberbau).

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