Zusammenfassung

 
Überblick

Auch Arbeitsverträge unterliegen der AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB. Es gilt allerdings die Einschränkung des § 310 Abs. 4 BGB zu beachten, wonach einerseits Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen nicht von der Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle erfasst werden und andererseits die "im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen" sind.

Die AGB-Kontrolle findet auf 2 Ebenen statt:

  • Ist eine bestimmte formularmäßige Vereinbarung überhaupt Vertragsbestandteil geworden (sog. Einbeziehungskontrolle)?
  • Ist eine bestimmte Vereinbarung inhaltlich zulässig oder unwirksam?

Dieser Beitrag soll die Grundsätze der AGB-Kontrolle aufzeigen; die Zulässigkeit einzelner Vertragsklauseln wird in den themenspezifischen Fachbeiträgen behandelt, auf die an gegebener Stelle verwiesen wird.

1 Formulararbeitsverträge als Allgemeine Geschäftsbedingungen

1.1 Begriff der AGB

Die Kontrolle wird nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB für Allgemeine Geschäftsbedingungen durchgeführt. Das sind nach der gesetzlichen Definition alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die der Verwender (regelmäßig der Arbeitgeber) der anderen Vertragspartei (also dem Arbeitnehmer) stellt. Dazu zählen im Arbeitsrecht typischerweise Formulararbeitsverträge, aber auch standardisierte Aufhebungsverträge, Rückzahlungsverträge oder Ausgleichsquittungen. Auf die äußere Form kommt es dabei nicht an[1] – auch die handschriftliche Abfassung des Arbeitsvertrags schließt nicht aus, dass es sich um AGB handelt. Es ist nicht einmal erforderlich, dass die Vertragsbedingungen schriftlich vereinbart worden sind; sie können auch im Kopf des Verwenders gespeichert sein.[2] Ebenso wenig spielt es eine Rolle, woher die jeweiligen Vertragsformulierungen stammen – sie müssen nicht vom Verwender selbst entworfen worden sein, sondern können auch von dritter Seite bezogene Vertragsmuster sein. Maßgeblich ist alleine, dass sie zur mehrmaligen Verwendung bestimmt sind. Das Bundesarbeitsgericht verlangt eine wenigstens dreimalige Verwendungsabsicht[3], damit es sich um "Allgemeine" Geschäftsbedingungen – AGB – handelt. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass es tatsächlich zur dreimaligen Verwendung kommt. Die Beweislast dafür, dass der Vertrag oder Teile von diesem die Voraussetzungen der Definition der AGB erfüllen, liegt nach ganz überwiegender Meinung bei demjenigen, der sich auf das Eingreifen der §§ 305 ff. beruft, d. h. in der Regel beim Arbeitnehmer.[4] Regelmäßig spricht aber der Beweis des ersten Anscheins für das Vorliegen von AGB, wenn die äußere Form des Vertragsformulars auf deren vorformulierte und standardisierte Verwendung schließen lässt.[5] Dies ist z. B. der Fall, wenn der Vertrag zahlreiche formelhafte Klauseln enthält und nicht auf die individuelle Vertragssituation abgestimmt ist.[6] Der Anschein eines zur Mehrfachverwendung entwickelten Vertrags wird dabei nicht dadurch widerlegt, dass er in Teilen individuelle Vereinbarungen enthält.[7] Gelingt dem Arbeitnehmer dann nicht der Nachweis der beabsichtigten dreimaligen Verwendung, ist die Besonderheit des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB zu beachten: Die gerichtliche Inhaltskontrolle nach § 305 Abs. 2 und §§ 306 und 307 BGB findet auch auf einmalig verwendete, vorformulierte Klauseln Anwendung, obwohl diese Klauseln dann keine "allgemeinen" Geschäftsbedingungen darstellen.

Darüber hinaus müssen die Vertragsbedingungen vom Arbeitgeber "gestellt" werden. Das ist dann der Fall, wenn der Arbeitgeber die Einbeziehung der AGB vom Arbeitnehmer verlangt oder ihm ein konkretes Angebot zur Einbeziehung der Bedingungen macht. Für die arbeitsrechtliche Praxis hat dieses Merkmal durch § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB seine Bedeutung verloren: Bei Verbraucherverträgen, d. h. auch bei Arbeitsverträgen (Arbeitnehmer sind Verbraucher i. S. d. § 13 BGB) gelten AGB als vom Arbeitgeber gestellt, es sei denn, sie sind durch den Arbeitnehmer in den Vertrag eingeführt worden. Dies bedeutet, dass das in § 305 Abs. 1 BGB enthaltene Merkmal des "Stellens" der Vertragsbedingungen durch den Arbeitgeber fingiert wird.

Die Kontrolle findet nach § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht statt, wenn die Vertragsklauseln zwischen den Parteien im Einzelnen ausgehandelt sind. Das setzt voraus, dass der Arbeitgeber die Klauseln ernsthaft zur Disposition des Arbeitnehmers gestellt und ihm die reale Möglichkeit gegeben hat, diese zu beeinflussen. Allein die Bezeichnung einer Klausel als "Individualvereinbarung" oder "Zusatzvereinbarung" genügt dazu nicht. Der Arbeitgeber muss vielmehr bereit sein, die jeweilige Klausel auch abzuändern. Das setzt zumindest voraus, dass die Vertragsbedingungen ausführlich durchgesprochen wurden und die Klausel letztlich nur nach Diskussion mit dem Arbeitnehmer und mit seinem ausdrücklichen Einverständnis in den Vertrag aufgenommen wurde. Der Arbeitgeber hat dafür, dass eine ausgehandelte Klausel vorliegt, die Beweislast.[8] Beweiserleichterungen können sich aus dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags ergeben, z. B. Streichungen oder handschriftliche Abänderungen.[9]...

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