Zu Nr. 1 des Leitsatzes:

Das OLG Rostock hat zutreffend entschieden, dass eine in eine Strafprozessvollmacht aufgenommene Abtretung des Anspruchs auf Erstattung notwendiger Auslagen nicht unwirksam ist. Das gilt insbesondere dann nicht, wenn wie in dem vom OLG Rostock entschiedenen Fall die Abtretungspassage in der Vollmacht durch Fettdruck hervorgehoben wird.

Teilweise wird zwar die Auffassung vertreten, dass die Aufnahme der Abtretung von Kostenerstattungsansprüchen in die Prozessvollmacht unzulässig ist und zur Unwirksamkeit der Abtretung führt.[1] Das OLG Nürnberg[2] hält die Abtretung dann für unwirksam, wenn sie in der formularmäßig ausgestalteten Vollmachtsurkunde "erklärt" (also ein Angebot auf Abschluss eines Abtretungsvertrags abgegeben) wird, ohne dass in der Überschrift oder sonst in hervorgehobener Weise ein deutlicher Hinweis hierauf erfolgt. Das OVG Nordrhein-Westfalen hatte in seiner Entscheidung die Unwirksamkeit der in einer Vollmacht enthaltenen Abtretung deshalb festgestellt, weil eine derartige Abtretung in Verwaltungs- und Verwaltungsstreitverfahren überraschend i.S.v. § 3 AGBG a.F. (vgl. jetzt § 305c BGB) ist. Ob das auch für Strafsachen gilt, halte ich für zweifelhaft.[3]

Die Aufnahme der Abtretung des Kostenerstattungsanspruchs in die Strafprozessvollmacht hinsichtlich der Verteidigervergütung macht die Abtretung nicht unwirksam, weil die Möglichkeit der Abtretung des Kostenerstattungsanspruchs in § 43 RVG gesetzlich ausdrücklich vorgesehen ist.[4] Es existiert keine gesetzliche Regelung, gegen die durch Aufnahme der Abtretung des Kostenerstattungsanspruchs in eine Strafprozessvollmacht verstoßen wird. Eine überraschende Klausel i.S.v. § 305c BGB liegt insbesondere dann nicht vor, wenn die Vollmacht übersichtlich und auch nicht so gestaltet ist, dass der Unterschreibende nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages nicht mit der Abtretung rechnen könnte.[5] Erstreckt sich die Abtretung in der Strafprozessvollmacht aber auch auf von § 43 RVG nicht erfasste Erstattungsansprüche (z.B. Parteiauslagen), besteht die Gefahr, dass dies als überraschend i.S.v. § 305c BGB anzusehen ist.[6]

Die Abtretung sollte deshalb angesichts der abweichenden Auffassungen in der Rspr. vorsichtshalber in einer besonderen Urkunde erfolgen, um Streit und Unklarheiten zu vermeiden. Zudem kann die stereotype Aufnahme von Abtretungen in die Strafprozessvollmacht im Hinblick auf etwaige Anwaltswechsel zu Problemen auch für den Mandanten führen.[7] Sofern die Abtretung in die Strafprozessvollmacht aufgenommen wird, sollte aber in der Überschrift der Vollmacht oder sonst in hervorgehobener Weise (z.B. durch Fettdruck) darauf hingewiesen werden, dass neben der Vollmacht auch noch eine Regelung über die Abtretung vorhanden ist.[8] Darauf hat auch das OLG Rostock in seiner Entscheidung ausdrücklich hingewiesen.

Zu Nr. 2 des Leitsatzes:

Ziffer 2 des Leitsatzes erweckt den Anschein, dass das OLG Rostock im Falle der Verteidigung zunächst durch einen Wahlverteidiger und später durch einen anderen Rechtsanwalt, der als Pflichtverteidiger bestellt worden ist, beiden Rechtsanwälten Ansprüche auf Wahlgebühren gegen die Staatskasse zugesteht. Denn bei (teilweisem) Freispruch des zunächst durch einen Wahlverteidiger und später durch einen anderen, ihm beigeordneten Rechtsanwalt verteidigten Angeklagten, hat dieser auch einen Anspruch gegen die Staatskasse auf (anteiligen) Ersatz der Differenz zwischen den Wahl- und Pflichtverteidigergebühren.

Die Gründe der Entscheidung tragen das allerdings in dieser Form nicht.

In dem entschiedenen Fall hatte der Mandant seinen Anspruch auf Erstattung notwendiger Auslagen an den zunächst mandatierten Wahlverteidiger abgetreten. Dieser konnte dadurch nach Freispruch die Wahlverteidigergebühren im eigenen Namen gegen die Staatskasse gem. § 464b StPO geltend machen. Die nochmalige Abtretung seiner gegen die Staatskasse bestehenden Ansprüche auf Ersatz seiner notwendigen Auslagen an den später bestellten Pflichtverteidiger lässt die Wirksamkeit der früheren Abtretung an den Wahlverteidiger unberührt.

Allerdings weist das OLG Rostock dann darauf hin, dass auch bei Inanspruchnahme mehrerer Wahlverteidiger bzw. im Verhältnis zwischen ursprünglichem Wahlverteidiger und späterem Pflichtverteidiger grds. nur die Kosten eines Wahlverteidigers gegenüber der Staatskasse erstattungsfähig sind. Deshalb erstattet das OLG Rostock dem freigesprochenen Angeklagten von den Gebühren des Wahlverteidigers nur den (anteiligen) Unterschiedsbetrag zu den Kosten des Pflichtverteidigers.

Insoweit ist aber zu differenzieren:

Werden Pflicht- und Wahlverteidigung durch verschiedene Rechtsanwälte wahrgenommen oder sind für den Beschuldigten mehrere Pflichtverteidiger bestellt worden und steht dem Beschuldigten ein Erstattungsanspruch gegen die Staatskasse zu, folgt nach der überwiegenden Meinung in Rspr. und Lit. aus § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO und § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO der Grundsatz, dass die Staatskasse auch im Fall des Zusammentreffe...

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