Nach bereits erfolgter Anklageerhebung zeigte der beschwerdeführende Verteidiger im Zwischenverfahren unter Vorlage einer auf den 13.11.2013 datierenden Vollmacht des damaligen Angeschuldigten die Übernahme des Wahlmandats an und beantragte zugleich seine Beiordnung als Pflichtverteidiger. In der vom Angeschuldigten unterzeichneten und vom Verteidiger zu den Gerichtsakten gereichten Vollmachtsurkunde findet sich – durch Fettdruck gegenüber dem restlichen Text hervorgehoben – folgende Erklärung des Mandanten:

 
Hinweis

"Zukünftige Kostenerstattungsansprüche werden unwiderruflich an den Rechtsanwalt J. zur Sicherung dessen Honoraransprüchen abgetreten“."

Mit Schreiben v. 21.11.2013 meldete sich auch Rechtsanwalt T. unter Vollmachtsvorlage als Wahlverteidiger des früheren Angeschuldigten und beantragte ebenfalls seine Beiordnung als Pflichtverteidiger. In dem Schreiben versicherte Rechtsanwalt T. zugleich "Kostenneutralität", die er wie folgt definierte:

 
Hinweis

"Also alle Kosten, die bisher bei Herrn Rechtsanwalt J. angefallen sind, sollen auch bei diesem verbleiben".

Später teilte der Angeklagte mit, er wolle Rechtsanwalt T. zum Pflichtverteidiger. Rechtsanwalt J. habe er "nunmehr" das Mandat gekündigt.

Daraufhin wurde Rechtsanwalt T. dem Angeklagten mit Vorsitzendenbeschluss als notwendiger Verteidiger beigeordnet.

Das LG verurteilte den Angeklagten unter Freispruch i.Ü. wegen Diebstahls in zwei Fällen zu seiner Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30,00 EUR und bestimmte, dass von den ihn betreffenden Kosten des Verfahrens und seinen notwendigen Auslagen die Staatskasse 49/50 und der Angeklagte 1/50 zu tragen hätten.

Die u.a. gegen den Teilfreispruch des Angeklagten gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft wurde durch Urteil des BGH als unbegründet verworfen.

Der Pflichtverteidiger Rechtsanwalt T. hat sukzessiv seine gesamten Gebühren und Auslagen gegenüber der Staatskasse geltend gemacht, zunächst vorschussweise die Pflichtverteidigergebühren und dann im eigenen Namen auch die gem. § 52 Abs. 1 RVG gegen seinen Mandanten geltend gemachte Differenz zu den Wahlverteidigerhöchstgebühren, deren Erstattung als notwendige Auslagen i.H.v. 49/50 der ehemals Angeklagte nun seinerseits von der Staatskasse ebenso beanspruche wie den Ersatz von 49/50 seiner Reisekosten. Seinen Anspruch gegen die Staatskasse auf Ersatz dieser notwendigen Auslagen habe der Mandant mit Erklärung v. 16.4.2015 an ihn – Rechtsanwalt T. – abgetreten. Weiterhin hat Rechtsanwalt T. eine Pauschgebühr nach § 51 Abs. 1 RVG beantragt, die ihm vom Senat mit Beschl. v. 28.10.2015 – 20 AR 41/15 – i.H.v. 27.500,00 EUR zuerkannt worden ist.

Mit Schreiben v. 28.8.2015 beantragte auch Rechtsanwalt J. unter Hinweis auf die in der ihm erteilten Vollmacht enthaltene Abtretungserklärung im eigenen Namen ("beantrage ich") die Festsetzung der Grund- und der Verfahrensgebühr gem. Nrn. 4100, 4112 VV jeweils in Höhe der Mittelgebühr, der Dokumenten- sowie der Post- und Telekommunikationspauschalen zuzüglich darauf entfallender Umsatzsteuer i.H.v. insgesamt 525,25 EUR und beantragte die Verzinsung mit 5 % über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB.

Diesen Antrag wies die Rechtspflegerin des LG mit der Begründung zurück, die geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühren seien auch für die abgeurteilten Delikte entstanden. Außerdem wären auf einen ausscheidbaren Betrag die Pflichtverteidigergebühren anzurechnen. Dem Angeklagten stünde deshalb kein weiterer Anspruch auf Erstattung seiner notwendigen Auslagen (gegen die Staatskasse) zu.

Gegen diese Entscheidung wendet sich Rechtsanwalt J. mit seiner wiederum im eigenen Namen eingelegten "Beschwerde" vom selben Tag. Er macht geltend, soweit der Angeklagte verurteilt worden sei, betreffe dies nur solche Delikte, die während der Dauer seines Wahlmandats noch nicht Gegenstand des Verfahrens waren, weshalb sich auch die Vollmacht des Angeklagten nicht darauf erstreckt habe.

Die Rechtspflegerin hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Vorgänge dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

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