Das LG verurteilte den Angeklagten am 2.12.2010 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten. Die Revision des Angeklagten gegen dieses Urteil hat der BGH mit Beschl. v. 18.7.2011 nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Das Urteil des LG ist mithin seit dem 19.7.2011 rechtskräftig.

Mit Fax-Eingang am 30.12.2014 hat der Antragsteller unter selbigem Datum die Festsetzung der ihm entstandenen Pflichtverteidigergebühren i.H.v. insgesamt 12.151,44 EUR beantragt.

Diesen Antrag hat der Rechtspfleger des LG mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Pflichtverteidigerbestellung bislang nicht nachgewiesen sei. Auf die hiergegen erhobene Erinnerung hat der Rechtspfleger diesen Einwand fallen lassen, nunmehr aber mit Genehmigung des Präsidenten des LG die Verjährungseinrede erhoben. Diese begründete der Bezirksrevisor im Wesentlichen wie folgt:

 
Hinweis

"Mit Beschl. v. 18.12.2009 wurde Rechtsanwalt… dem Beschuldigten tatsächlich als Pflichtverteidiger beigeordnet, sodass dieser dem Grunde nach einen Anspruch auf Pflichtverteidigervergütung hat."

Allerdings verjährt gem. § 195 BGB der Vergütungsanspruch des als Pflichtverteidiger bestellten Rechtsanwaltes gegen die Staatskasse binnen drei Jahren. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Entstanden ist der Anspruch, sobald er erstmalig geltend gemacht werden kann. Dies ist grds. mit dem Eintritt der Fälligkeit der Fall (Palandt, BGB, 70. Aufl., § 199 Rn 3). Nach § 8 Abs. 1 RVG wird die Vergütung des Rechtsanwaltes fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Das erstinstanzliche Verfahren war mit Erlass der Entscheidung vom 2.12.2010 beendet. Damit war gem. § 8 Abs. 1 RVG auch die Vergütung des Pflichtverteidigers fällig. Die dreijährige Verjährungsfrist gem. § 195 BGB für die Geltendmachung der Vergütung begann gem. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB am 1.1.2011 und endete mit dem 31.12.2013. Der Vergütungsantrag ging erst am 30.12.2014 und damit nach Ablauf der Frist beim Gericht ein. Es ist nicht ersichtlich und durch den Rechtsanwalt nicht dargetan, welche objektiven Gründe der rechtzeitigen Geltendmachung der Vergütung entgegengestanden haben.

Im Rahmen des rechtlichen Gehörs hat der Rechtsanwalt der Verjährung widersprochen und angemerkt, dass die dreijährige Verjährungsfrist nach Maßgabe der ab dem 19.7.2011 eingetretenen Rechtskraft des Urteils des LG erst ab dem 1.1.2012 zu laufen beginne und somit am 31.12.2015 endete, weshalb der am 30.12.2014 gestellte Kostenfestsetzungsantrag nicht verfristet sei. Er verweise insoweit auf die Rspr. (vgl. zuletzt OLG Braunschweig, Beschl. v. 25.4.2016 – 1 ARs 9/16, Pkt. 11.3.)

Der Bezirksrevisor hielt hierauf unter dem 19.12.2016 an seiner erhobenen Verjährungseinrede fest. Er führte ergänzend an, dass zwar der Lauf der Verjährungsfrist gem. § 8 Abs. 2 S. 2 RVG gehemmt sei, solange das Verfahren nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Insoweit sei aber zu beachten, dass diese Vorschrift nicht den Lauf bzw. den Beginn der Verjährungsfrist hindert, sondern lediglich deren Ablauf hemmt. Die Verjährung beginne nach Wegfall der Hemmung also nicht erneut, sondern der Zeitraum der Hemmung werde bei der Verjährungsfrist lediglich nicht eingerechnet (Schneider/Wolf, RVG, 5. Aufl., Rn 126 zu § 8 RVG).

Dies bedeute im vorliegenden Fall deshalb gerade nicht, dass sich der Beginn der Verjährungsfrist auf den 1.1.2012 hinausschöbe. Vielmehr verlängere sich gem. § 209 BGB die Verjährungsfrist in konkreter Berechnung der Hemmungszeit (Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., Rn 66 zu § 8). Somit verlängere sich der Lauf der am 1.1.2011 begonnenen Verjährungsfrist um den Zeitraum der Hemmung, sodass die dreijährige Verjährungsfrist infolge der Hemmung taggenau ab dem 20.7.2011 "weiter lief" und mit dem 19.7.2014 endete. Damit sei der am 31.12.2014 eingegangene Kostenfestsetzungsantrag in jedem Fall verspätet gewesen (BI. 1803 Band VIII).

Dieser Rechtsauffassung des Bezirksrevisors hat der Rechtsanwalt widersprochen und insbesondere auf die von ihm bereits zitierte Rspr. sowie auf den Beschluss des 1. Strafsenats des KG v. 15.4.2015 – 1 ARs 22/14 [= AGS 2015, 386] – verwiesen.

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