GKG §§ 41 Abs. 2, 63 Abs. 3 S. 2, 68 Abs. 1 S. 3, 68 Abs. 1 S. 1; RVG § 32 Abs. 2

Leitsatz

Der Abschluss eines neuen Mietvertrags im Rahmen eines Prozessvergleichs über eine Räumung rechtfertigt keine Erhöhung des Gegenstandswertes für den Vergleich (Bestätigung OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.6.2008 – 24 W 17/08 [= AGS 2008, 462]).

OLG Hamm, Beschl. v. 26.4.2018 – 18 W 11/18

1 Sachverhalt

In einem Räumungsrechtsstreit vor dem LG hatte sich der Kläger mit den beiden Beklagten dahingehend verglichen, dass ein neuer Mietvertrag mit neuen Konditionen abgeschlossen werde. Darüber hinaus haben sich die Parteien über eine weitere nicht anhängige Forderung des Beklagten zu 1) i.H.v. 4.780,00 EUR geeinigt. Gegen die Wertfestsetzung des LG hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten Beschwerde erhoben und geltend gemacht, dass für die Vereinbarung über den Abschluss des neuen Mietvertrags ein Mehrwert hätte festgesetzt werden müssen. Die Beschwerde hatte insoweit keinen Erfolg.

2 Aus den Gründen

Die Beschwerde der Bevollmächtigten der Beklagten "aus eigenem Recht" (§ 32 Abs. 2 RVG) ist statthaft, weil der Beschwerdewert für den Fall, dass ihre Rechtsauffassung zutreffen sollte, 200,00 EUR übersteigt (§ 68 Abs. 1 S. 1 RVG). Sie ist auch fristgerecht eingelegt worden (§§ 68 Abs. 1 S. 3, 63 Abs. 3 S. 2 GKG).

Die Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg.

1. Der Streitwert für das auf Räumung gerichtete Verfahren bemisst sich nach § 41 Abs. 2 GKG. Maßgeblich ist das für die Dauer eines Jahres zu zahlende Entgelt, allerdings einschließlich der Umsatzsteuer, sofern der Mieter bzw. Pächter sie vereinbarungsgemäß – wie hier – zu zahlen hat (BGH NZM 2006, 138; Hartmann, KostG, 46. Aufl., § 41 GKG Rn 25; Bub/Treier/Fischer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Aufl., Kap. IX Rn 372). Es ergibt sich daher ein Streitwert von (12 x 595,00 EUR =) 7.140,00 EUR.

Auch wenn die Beschwerdeführer den Streitwert selbst nicht angegriffen haben, ist dessen Berichtigung von Amts wegen vorzunehmen (§ 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GKG).

2. Der Gegenstandswert für den Vergleich beläuft sich auf (7.140,00 EUR zuzüglich 4.780,00 EUR =) 11.920,00 EUR.

a) Einzubeziehen war neben dem Streitwert für die Räumungsklage die außergerichtlich geltend gemachte Gegenforderung des Beklagten zu 1) i.H.v. 4.780,00 EUR.

b) Zu Recht hat das LG indes für den Abschluss des neuen Mietvertrags im Rahmen des Vergleichs keinen "Mehrwert" in Ansatz gebracht. Die vom OLG Düsseldorf geäußerte Auffassung (Beschl. v. 9.6.2008 – 24 W 17/08, NJW-RR 2008, 1697 [= AGS 2008, 462]), die auch in der Kommentierung Zustimmung gefunden hat (Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 3 Rn 16 Stichwort "Vergleich"; Mayer/Kroiß/Rohn, RVG, 7. Aufl., Anh. 1 Kap. VI Rn 61), erscheint zutreffend. Maßgeblich ist, dass das neue Mietverhältnis weder rechtshängig war noch sonst in Streit stand und deshalb nicht Gegenstand eines Vergleichs (im Sinne eines materiell-rechtlichen Vergleichsvertrages, mit dem im Wege gegenseitigen Nachgebens der Streit oder die Ungewissheit über – bereits bestehende – Rechtsverhältnisse beigelegt wird) sein konnte.

Zu beachten ist jedoch, dass der "Mehrwert" des Vergleichs, wie er sich hier durch die Berücksichtigung der (lediglich) vom Beklagten zu 1) geltend gemachten Forderung über 4.780,00 EUR ergab, auch nur im Verhältnis des Klägers zum Beklagten zu 1) zum Tragen kommt (Zöller/Herget, a.a.O.; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.9.2015 – 18 W 31/15, TransportR 2016, 77). Im Verhältnis zum Beklagten zu 1) beträgt der Gegenstandswert deshalb nur 7.140,00 EUR.

Soweit damit für die Beschwerdeführer eine Verschlechterung (sog. reformatio in peius) eintritt, hindert dies wegen § 63 Abs. 3 GKG eine Korrektur nicht.

3 Anmerkung

Soweit das OLG einen Mehrwert für Abschluss des neuen Mietvertrages abgelehnt hat, ist dies im Ergebnis richtig. Aus den Gründen ergibt sich leider nicht, wie sich der genaue Sachverhalt verhielt.

Insoweit ist dem OLG in seinen Gründen zwar Recht zu geben, dass der Abschluss eines Mietvertrages selbst noch keine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV auslöst. Zwar setzt ein solcher Vertrag eine Einigung voraus, allerdings lediglich eine Einigung i.S.d. §§ 145 ff. BGB, also Angebot und Annahme. Für den Anfall einer Einigungsgebühr reicht dies aber nicht aus. Die betreffende Einigung muss vielmehr das Nachgeben mindestens einer Vertragspartei beinhalten und darüber hinaus den Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt haben. Daher genügt es nicht, wenn der Vertrag das Rechtsverhältnis erst schafft[1] oder er ein unstreitiges und gewisses Rechtsverhältnis umgestaltet.[2]

Bezogen auf den neuen Mietvertrag bestand hier ersichtlich kein Streit, da keine der Parteien behauptet hatte, einen Anspruch auf Abschluss eines neuen Mietvertrags zu haben. Dies wäre zwar theoretisch denkbar, etwa wenn eine Partei behauptet, es sei ein Vorvertrag geschlossen worden, aus dem heraus sie nunmehr den Abschluss eines Hauptvertrages verlangen könne. Ein solcher Fall war hier nach dem Sachverhalt aber nicht gegeben.

Es verhält si...

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