1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Zahlung weiterer 205,00 EUR aus §§ 677, 683, 670 BGB. Soweit der Antrag der Klägerin über den zugesprochenen Betrag hinausgeht, war die Berufung zurückzuweisen.

a) Der Anspruch auf Erstattung der Kosten für ein Abschlussschreiben steht dem Gläubiger als Aufwendungsersatzanspruch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683, 670 BGB) zu. Mit dem Abschlussschreiben, das der Vermeidung eines Hauptsacheverfahrens dient, führt der Gläubiger ein objektiv fremdes Geschäft, so dass eine zum Aufwendungsersatz berechtigende Geschäftsbesorgung für den Schuldner vorliegt. Voraussetzung für den Anspruch ist, dass die Versendung des Abschlussschreibens erforderlich war und dem mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprach.

b) Wird eine einstweilige Verfügung durch Urteil erlassen oder nach Widerspruch bestätigt, so ist das kostenauslösende Abschlussschreiben nur erforderlich und entspricht nur dem mutmaßlichen Willen des Schuldners (§ 677 BGB), wenn der Gläubiger dem Schuldner zuvor eine angemessene Zeit gewährt hat, um die Abschlusserklärung unaufgefordert von sich aus abgeben zu können. Ebenso wie bei einer durch Urteil ergangenen oder nach Widerspruch bestätigten einstweiligen Verfügung ist es im Regelfall geboten und ausreichend, wenn der Gläubiger eine Wartefrist von zwei Wochen, gegebenenfalls unter Beachtung des § 193 BGB, nach Zustellung der einstweiligen Verfügung einhält. Die Interessenlage des Gläubigers ist dieselbe, unabhängig davon, ob er eine einstweilige Verfügung in Beschluss- oder Urteilsform erwirkt (BGH, Urt. v. 30.3.2017 – I ZR 263/15, GRUR 2017, 1160 Rn 57 – Bretaris Genuair). Der Gläubiger hat ein nachvollziehbares Interesse, alsbald Klarheit zu erlangen, ob er noch ein Hauptsacheverfahren einleiten muss.

c) Die Zustellung der Beschlussverfügung erfolgte am 9.2.2017 (einem Donnerstag). Das Abschlussschreiben datiert vom 23.2.2017. Damit wurde die Zweiwochenfrist exakt eingehalten. Unerheblich ist, dass der Beklagte vor Versendung des Abschlussschreibens bereits Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung eingelegt hatte. Der Klägerin war dieser Umstand bei Abfassung des Abschlussschreibens noch nicht bekannt, da ihr der Widerspruch erst am 27.2.2017 zuging (vgl. zu einem solchen Fall auch BGH a.a.O., Rn 58).

d) Dem Anspruch steht auch nicht entgegen, dass das Abschlussschreiben unmittelbar an den Beklagten und nicht an seinen Prozessbevollmächtigten gesandt wurde. Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsgegnervertreter sich bis zu diesem Zeitpunkt gegenüber der Antragstellerin für das einstweilige Verfügungsverfahren legitimiert hatte. Die schriftliche Anzeige der Vertretung wegen der mit der Abmahnung geforderten Unterlassungserklärung genügt insoweit nicht. Die Widerspruchsschrift ging der Antragstellerin nach den unangegriffenen tatbestandlichen Feststellungen des LG erst am 27.2.2017 zu.

e) Der Höhe nach kann die Antragstellerin Erstattung von nur 205,00 EUR verlangen. Dies entspricht einer 0,3-Gebühr zuzüglich Auslagenpauschale aus einem Streitwert von 15.000,00 EUR. Das Abschlussschreiben ist im Streitfall als "Schreiben einfacher Art" nach Nr. 2302 VV anzusehen. Zwar ist für die Kosten des Abschlussschreibens im Regelfall von der 1,3-fachen Geschäftsgebühr in durchschnittlichen Rechtssachen auszugehen (BGH GRUR 2015, 822, Rn 31, 34 – Kosten für Abschlussschreiben II [= AGS 2015, 358]). Anders liegt es allerdings, wenn sich das Schreiben in einer bloßen Bezugnahme auf die bereits ergangene einstweilige Verfügung erschöpft, keine erneute rechtliche Prüfung des Sachverhalts erfordert und auch keine weiteren Ziele, etwa ein Verzicht des Antragsgegners auf sämtliche Gegenrechte, verfolgt werden (vgl. BGH GRUR 2010, 1038, Rn 30–32 – Kosten für das Abschlussschreiben I [= AGS 2011, 316]). Davon ist im Streitfall auszugehen. Das Schreiben vom 23.2.2017 erschöpft sich in der Aufforderung, die einstweilige Verfügung anzuerkennen. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass dem Schreiben weitere Prüfungen oder über den Inhalt des Schreibens hinausgehende Erwägungen und Absprachen mit der Mandantschaft vorausgingen. Der für das Abschlussschreiben angesetzte Streitwert von 15.000,00 EUR ist nicht zu beanstanden.

2. Das LG hat die Klage hinsichtlich der Zustellkosten für die einstweilige Verfügung zu Recht als unzulässig abgewiesen. Insoweit kann auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden, gegen die die Berufung nichts erinnert.

3. Das LG hat zu Recht die Kosten des Rechtsstreits gem. §§ 92 Abs. 2, 93 ZPO der Klägerin auferlegt. Der Beklagte hat den Hauptanspruch innerhalb der Klageerwiderungsfrist anerkannt. Er hat keinen Anlass zur Klage gegeben. Die Hauptsacheklage wurde am 17.3.2017 – drei Tage nach Verkündung der Entscheidung im Eilverfahren – anhängig gemacht. Um Kostennachteile aus § 93 ZPO zu vermeiden, muss der Unterlassungsgläubiger nach Erlass eines Urteils, das die Unterlassungsverfügung bestätigt, ...

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