Kommt es zur Trennung von Verfahren (§ 145 ZPO), ist die gerichtliche Verfahrensgebühr neu zu berechnen. Dabei sind für die nunmehr einzelnen Verfahren gesonderte Gebühren anzusetzen, die sich nach den Streitwerten der jeweiligen Verfahren berechnen.

 

Beispiel

In einer Zivilsache werden zwei Ansprüche wegen Zahlung von 5.000,00 EUR und 8.000,00 EUR geltend gemacht. Das Gericht trennt den Anspruch über 8.000,00 EUR von dem Verfahren ab.

Infolge der Abtrennung sind folgende Gerichtsgebühren zu erheben:

Verfahren 1

 
3,0-Verfahrensgebühr, Nr. 1210 GKG-KostVerz. (Wert: 5.000,00 EUR) 438,00 EUR

Verfahren 2

 
3,0-Verfahrensgebühr, Nr. 1210 GKG-KostVerz. (Wert: 8.000,00 EUR) 609,00 EUR

Aufgrund der Degression in der Gebührentabelle im GKG führt die nachträgliche Entstehung von Einzelgebühren zu einer Deckungslücke. In deren Folge hat das Gericht die ungedeckten Gerichtsgebühren, die mit der Verfahrenstrennung fällig werden, unverzüglich nachzufordern (§ 15 Abs. 1 KostVfg). Die Rspr. hat hierzu nunmehr entschieden, dass die in dem ursprünglichen Verfahren nach § 12 Abs. 1 GKG geleistete Vorauszahlung auf die in den getrennten Verfahren entstandenen Gerichtskosten nach dem Verhältnis der Einzelgebühren zueinander anzurechnen ist.[3] Sie ist damit der bis dahin in der Lit. vertretenen Auffassung gefolgt, die ebenfalls eine anteilsmäßige Anrechnung vorsah, da die Vorauszahlung für beide Ansprüche geleistet wurde und das Gesetz keine Anrechnungsreihenfolge vorsieht.[4] Gleichwohl wird in der Praxis die Vorauszahlung zumeist zunächst nur auf das ursprüngliche Verfahren angerechnet und der verbleibende Rest auf das abgetrennte Verfahren, da bei dieser Vorgehensweise nur in einem Verfahren statt in beiden nachgefordert werden muss.

Zu der Frage, wie die fehlenden Gerichtsgebühren nachzufordern sind, hat die Rspr. festgestellt, dass die Verfahrenstrennung keine erneute Vorauszahlungspflicht (d.h. Abhängigmachung) nach § 12 Abs. 1 GKG auslöst. Trotz der Entstehung von Einzelgebühren darf deshalb die weitere Tätigkeit des Gerichts nicht von der Zahlung der fehlenden Gerichtsgebühren abhängig gemacht werden.[5] Dabei ist jedoch genau zu differenzieren, denn eine fehlende Abhängigmachung nach § 12 Abs. 1 GKG kann nur dann vorliegen, wenn die Klage vor der Verfahrenstrennung bereits zugestellt war. Zudem betrifft die vorgenannte Rspr. lediglich die Frage der Abhängigmachung der gerichtlichen Tätigkeit von der vorherigen Zahlung. Denn auch wenn eine solche nicht nach § 12 Abs. 1 GKG besteht, hat das Gericht im Falle der Verfahrenstrennung die weiteren Gerichtsgebühren einzuziehen, da sie mit der Trennung fällig geworden sind (§ 6 Abs. 1 GKG). Die Zahlung hat aber keinen Einfluss mehr auf den Fortgang des Verfahrens und ist deshalb auch mit Sollstellung anzufordern. Lediglich dann, wenn bei Verfahrenstrennung noch keine Klagezustellung erfolgt war, wird vor ihrer Zustellung hingegen eine Pflicht zur Abhängigmachung bestehen.

 

Beispiel

In einer Zivilsache werden zwei Ansprüche wegen Zahlung von 5.000,00 EUR und 8.000,00 EUR geltend gemacht. Das Gericht trennt nach Klagezustellung den Anspruch über 8.000,00 EUR von dem Verfahren ab. In dem Verfahren wurde durch den Kläger ursprünglich eine Vorauszahlung (§ 12 Abs. 1, Nr. 1210 GKG-KostVerz.) nach einem Streitwert von 13.000,00 EUR i.H.v. 801,00 EUR geleistet.[6]

Die Vorauszahlung muss nunmehr wie folgt verrechnet werden:

Verfahren 1 (Wert: 5.000,00 EUR)

(5.000,00 EUR : 13.000,00 EUR) x 801,00 EUR = 308,08 EUR

Verfahren 2 (Wert: 8.000,00 EUR)

(8.000,00 EUR : 13.000,00 EUR) x 801,00 EUR = 492,92 EUR

Infolge der Verfahrenstrennung sind daher noch folgende Gebühren nachzufordern:

Verfahren 1

 
3,0-Verfahrensgebühr, Nr. 1210 GKG-KostVerz. (Wert: 5.000,00 EUR) 438,00 EUR
anzurechnen: – 308,08 EUR
nachzufordern sind: 129,92 EUR

Verfahren 2

 
3,0-Verfahrensgebühr, Nr. 1210 GKG-KostVerz. (Wert: 8.000,00 EUR) 609,00 EUR
anzurechnen: – 492,92 EUR
nachzufordern sind: 116,08 EUR

Da die Klage bereits zugestellt war, kann der Fortgang des Verfahrens nicht von der vorherigen Zahlung der fehlenden Gerichtsgebühren abhängig gemacht werden. Die Kosten sind jedoch mittels Sollstellung vom Kläger anzufordern (§ 6 Abs. 1 GKG, § 15 Abs. 1 S. 1 KostVfg).

Da durch die Verfahrenstrennung Mehrkosten ausgelöst werden, stellt sich zudem die Frage, ob in Einzelfällen eine Nichterhebung wegen unrichtiger Sachbehandlung (§ 21 Abs. 1 GKG) in Betracht kommen kann. Hierzu hat auch die jüngere Rspr. an der zu § 21 GKG bestehenden allgemeinen Auffassung festgehalten, dass die Nichterhebung nur bei offensichtlichen und schwerwiegenden Fehlern gerechtfertigt ist.[7] Die Nichterhebung von Kosten kann deshalb nur dann erfolgen, wenn sich die Verfahrenstrennung als Verstoß gegen klare gesetzliche Vorgaben darstellt.[8]

[3] LG Essen JurBüro 2012, 152.
[4] Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Aufl., 2014, Nr. 1210 GKG-KostVerz. Rn 17 f.; NK/Gesamtes Kostenrecht/H. Schneider, 2. Aufl., 2016, Nr. 1220 KV-FamGKG Rn 28; Oestreich/Hellst...

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