RVG §§ 1 Abs. 3, 33 Abs. 8 S. 2; AsylG 1992 § 80

Leitsatz

Der Beschwerdeausschluss nach § 80 AsylG erstreckt sich in Rechtsstreitigkeiten nach dem AsylG auch nach Einführung von § 1 Abs. 3 RVG auf die Festsetzung des Gegenstandswerts als Nebenverfahren (Fortführung VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 2.9.2011 – A 12 S 2451/11).

VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 28.2.2017 – A 2 S 271/17

1 Aus den Gründen

Über die gem. § 32 Abs. 2 RVG zulässigerweise im eigenen Namen erhobene Beschwerde entscheidet nach Übertragung mit Beschl. v. 27.2.2017 gem. § 33 Abs. 8 S. 2 RVG der Senat.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des VG über die Festsetzung des Gegenstandswerts ist als unzulässig zu verwerfen. Denn bei dem zugrunde liegenden Verfahren handelte es sich um eine Rechtsstreitigkeit nach dem Asylgesetz. Entscheidungen in derartigen Verfahren können nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 80 AsylG). Dieser Beschwerdeausschluss gilt auch für alle gerichtlichen Entscheidungen in Nebenverfahren (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 2.9.2011 – A 12 S 2451/11, juris; BayVGH, Beschl. v. 22.5.2013 – 8 C 13.30078, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 25.11.1993 – A 16 S 2045/92, juris; VG Frankfurt, Beschl. v. 18.12.1997 – 5 J 31686/97.A, AuAS 1998, 48; Funke-Kaiser, in: GK-AsylG, § 80 Rn 10; Renner/Bergmann, AuslR, § 80 AsylG Rn 2; Hailbronner, AuslR, § 80 AsylG Rn 9).

Der vom VG unter Bezugnahme auf einen Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg vom 26.7.2016 (OVG 3 K 40.16, juris) vertretenen Rechtsauffassung, dass die Vorschrift des § 1 Abs. 3 RVG seit ihrer Einführung durch das 2. KostRMoG zum 1.8.2013 den "älteren" Beschwerdeausschluss des § 80 AsylG verdränge, ist nicht zu folgen. Nach § 1 Abs. 3 RVG gehen die Vorschriften des RVG über die Erinnerung und die Beschwerde den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor. Schon der Wortlaut spricht dafür, dass sich der Vorrang des RVG allein auf Beschwerdevorschriften in den Verfahrensvorschriften der einzelnen Gerichtszweige – wie VwGO oder SGG oder FGO – bezieht. Die vom Gesetzgeber mit § 1 Abs. 3 RVG beabsichtigte einheitliche, vom Gerichtszweig unabhängige Regelung gilt ohnehin nicht ausnahmslos. Soweit eine spezielle Regelung des RVG wegen einer Erinnerung oder Beschwerde auf Vorschriften eines anderen Gesetzes verweist, bleibt es – abweichend von § 1 Abs. 3 RVG – bei der Anwendung dieser Verfahrensvorschriften (vgl. Hartung/Schons/Enders, RVG, § 1 Rn 153). Weit gewichtiger ist jedoch, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung des Asylverfahrensgesetzes zum 1.7.1992 in Abschnitt 9 des Gesetzes (§§ 74–83c) weitgehende, von der VwGO abweichende, spezielle Regelungen für das gerichtliche Verfahren getroffen hat. Bei Einführung des § 80 AsylG (damals AsylVfG 1992), welcher trotz der weitreichenden Einschränkung des Rechtsschutzes bei Eilverfahren zu unmittelbar drohenden Abschiebungen weder gegen Art. 19 Abs. 4 GG noch gegen das allgemeine Rechtsstaatsprinzip verstößt, entsprach es dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, dass der Rechtsmittelausschluss dieser Ausnahmevorschrift weit und umfassend zu verstehen ist und daher auch sämtliche Nebenentscheidungen davon erfasst sein sollen (BT-Drucks 12/2062, 42). Dass sich an dem Willen des Gesetzgebers, für Asylverfahren spezielle gerichtliche Vorschriften zu treffen und insbesondere Rechtsmittel jeglicher Art zu beschränken, durch Einführung des § 1 Abs. 3 RVG etwas geändert haben sollte, findet in den Gesetzgebungsmaterialien (BT-Drucks 17/11471) keine Stütze. Dort heißt es zunächst (nur), dass der vorgeschlagene neue Absatz der Klarstellung diene (S. 266). Ergänzend wird auf die Begründung zu Art. 1 § 1 Abs. 6 GNotKG-E verwiesen, wo es heißt, dass die gelegentlich auftretende Frage nach dem Verhältnis der Verfahrensvorschriften des Kostenrechts zu den Verfahrensvorschriften der für das jeweilige Verfahren geltenden Vorschriften dahingehend geklärt werden solle, dass die kostenrechtlichen Vorschriften als die spezielleren Vorschriften vorgehen (S. 154). Ein Wille des Bundesgesetzgebers, dass durch Einführung des § 1 Abs. 3 RVG die spezielle asylrechtliche Vorschrift des § 80 AsylG (damals AsylVfG 1992) verdrängt werden solle, lässt sich den Gesetzesmaterialien ersichtlich nicht entnehmen.

An der somit im vorliegenden Fall fehlenden Statthaftigkeit der Beschwerde ändert der Umstand nichts, dass das VG dem Beschl. v. 11.1.2017 – nach dem Vorstehenden fälschlicherweise – eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt hat, wonach § 33 Abs. 3 S. 1 RVG der Vorschrift des § 80 AsylG vorgehe. Denn ein durch das Gesetz nicht vorgesehenes Rechtsmittel kann auch durch richterliche Entscheidung nicht zugelassen werden (BVerwG, Beschl. v. 6.12.1982 – 9 B 3520.82, BVerwGE 66, 312; Urt. v. 28.2.1985 – 2 C 14.84, BVerwGE 71, 73; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 3.6.2004 – 13 E 598/04.A, juris; BayVGH, Beschl. v. 1.3.2010 – 20 CE 10.30057, juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 83b AsylG. Das Verfahren über di...

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