Die Entscheidung des LG Karlsruhe ist richtig, sie ist hervorragend begründet und sie ist wichtig für die Anwaltschaft.

Die Herausgeber und Mitarbeiter dieser Zeitschrift sehen es seit langem als ihre Aufgabe an, gebührenrechtliche Rechtsprechung kritisch zu kommentieren, unabhängig davon, ob sie anwaltsfreundlich oder – teilweise auch nur vermeintlich – anwaltsfeindlich ist. Es wird als eine Frage der geistigen Hygiene betrachtet, objektiv falsche Entscheidungen auch dort zu kritisieren, wo sie anwaltsfreundlich daherkommen, und mit Zuspruch nicht zu sparen, wenn sie den Interessen der Anwaltschaft zuwiderlaufen scheinen, tatsächlich aber die Sach- und Rechtslage zutreffend wiedergeben.

Im vorliegenden Fall hat es ein Rechtsanwalt einer Rechtsschutzversicherung ernsthaft zugemutet, den an ihn gezahlten Vorschuss im Klagewege zurückfordern zu müssen, obgleich er den entsprechenden Betrag zu gegebener Zeit von seinem Gegner erhalten hatte.

Das Verhältnis zwischen Anwaltschaft und Rechtsschutzversicherungsbranche ist bekanntermaßen seit geraumer Zeit angespannt und diese Situation dürfte zumindest auch auf Verhaltensweisen von Rechtsanwälten zurückzuführen sein, die so agieren wie hier im Urteil wiedergegeben:

Ein Rechtsanwalt begehrt erfolgreich eine Deckungszusage, macht die übliche Vorschussforderung geltend, kassiert diesen Vorschuss und weigert sich anschließend, den Vorschuss ordnungsgemäß abzurechnen.

Soweit ein solches Verhalten von vereinzelten Gerichten toleriert wird, ist dies tatsächlich nicht hinzunehmen.[1]

Der Rechtsanwalt, der für seine Partei auftragsgemäß eine Deckungszusage einholt und damit zwangsläufig die Hintergründe des Mandats – zumindest mit konkludentem Einverständnis des Mandanten – schildert, kann sich nach Abschluss des Mandates und nach Einkassieren des von der Rechtsschutzversicherung geleisteten Vorschusses nicht ernsthaft auf seine Verschwiegenheitsverpflichtung genau dieser Rechtsschutzversicherung gegenüber berufen.

Seine Verpflichtung, die erhaltenen Vorschüsse mit einer Endabrechnung unter Berücksichtigung von Kostenerstattungsbeträgen ordnungsgemäß abzurechnen, obliegt ihm gem. den gesetzlichen Vorschriften, die das LG Karlsruhe zutreffend zitiert.

Dass hier der Vorschuss vom Rechtschutzversicherer geleistet wurde, ändert nichts an der Sach- und Rechtslage und hat allenfalls zur Folge, dass die Abrechnung nunmehr gegenüber dem Rechtschutzversicherer als Leistendem zu erfolgen hat.

In dem hier zu beurteilenden Fall kam hinzu, dass der verklagte Rechtsanwalt bereits durch ein Anschreiben der klagenden Rechtsschutzversicherung Jahre zuvor gebeten worden war, eine Sachstandsmitteilung abzugeben und den zur Verfügung gestellten Kostenvorschuss ordnungsgemäß abzurechnen.

Dies hat er in der Tat – wie das Gericht zutreffend feststellt – pflichtwidrig und schuldhaft unterlassen, und zwar ohne erkennbar nachvollziehbare Gründe.

Völlig zu Recht hat das Gericht auch festgehalten, dass der Rechtsanwalt unter den gegebenen Umständen nicht auf den Mandanten verweisen konnte, der schließlich weder mit dem gezahlten Vorschuss der Rechtsschutzversicherung noch mit dem geleisteten Erstattungsbetrag der gegnerischen Haftpflichtversicherung etwas zu tun hatte.

Der betroffene Rechtsanwalt hat hier ganz offensichtlich schlicht und einfach doppelt abkassiert. Bei einem derartigen Verhalten ist es nicht nur, aber ganz im Besonderen auch einem Organ der Rechtspflege verwehrt, sich auf die Einrede der Verjährung ernsthaft zu berufen.

Als Rechtsanwalt war dem Betroffenen nämlich bekannt, dass die dem Versicherungsnehmer der Klägerin zunächst zustehenden Ansprüche gem. § 17 Abs. 8 S. 1 ARB 2000 auf diese übergegangen waren, nachdem der Vorschuss geleistet worden war.

Die Entscheidung des LG Karlsruhe lässt sich im Übrigen auch noch auf eine andere Betrachtung stützen, die hier ganz bewusst bekannt gegeben und hervorgehoben werden soll:

In Höhe des gezahlten Vorschusses kann man durchaus auch einen Forderungsübergang nach § 86 Abs. 2 S. 1 VVG annehmen, sodass in Höhe des unstreitig gezahlten Vorschusses der Kostenerstattungsanspruch gegen die Gegenseite auch insoweit auf den Rechtschutzversicherer übergegangen ist. In diesem Fall würde es sich bei dem unterstellten Einzug der Kosten bei der Gegenseite – jedenfalls in der Höhe des Vorschusses – um Fremdgeld handeln, das der Anwalt vereinnahmt hat.

Soweit der Rechtsanwalt das Fremdgeld ordnungsgemäß auf einem gesonderten Konto verwaltet hätte, was angesichts des Sachverhalts eher fraglich ist, würde es sich nach wie vor um Geld handeln, das der Rechtsschutzversicherung zusteht, sodass sich die Frage der Verjährung überhaupt nicht stellen würde.

Soweit der Rechtsanwalt den der Rechtsschutzversicherung zustehenden Fremdgeldbetrag allerdings mit eigenem Geld vermischt hätte, dürfte insoweit sogar eine Unterschlagung vorliegen, die strafrechtliche Konsequenzen hätte, jedenfalls aber die Verjährungsfrist auf zehn Jahre ausdehnen würde (vgl. § 199 Abs. 3 S. 1 BGB).

So richtig...

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