Die Klägerin kann sowohl gem. den §§ 675 Abs. 1, 667 BGB als auch über § 812 Abs. 1 S. 2, 1. Alt. BGB jeweils i.V.m. § 17 Abs. 3 S. 1 ARB 2000 Herausgabe bzw. Rückzahlung des verauslagten Vorschusses in Höhe von 940,50 EUR verlangen. Es kann dahinstehen, ob infolge grob fahrlässiger Unkenntnis der Klägerin Verjährung eingetreten ist. Jedenfalls ist es der Beklagten in Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben gem. § 242 BGB verwehrt, sich auf diese Einrede zu berufen, da er die Verjährung durch eine zum Schadenersatz verpflichtende Handlung mit verursacht hat (vgl. zu dieser Fallgruppe: Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Aufl., § 212, Überblick vor § 194 Rn 21 m.w.Nachw.)

Unstreitig hat der Beklagte in Gestalt des am 27.3.2003 gem. § 17 BRAGO verauslagten Vorschusses in Höhe von 940,50 EUR etwas aus der entgeltlichen Geschäftsbesorgung erlangt, §§ 667, 812 Abs. 1 BGB.

Dies geschah bei der bereicherungsrechtlich gebotenen wertenden Betrachtung durch eine Leistung des Versicherungsnehmers der Klägerin, weil nur dieser, nicht aber jene in vertragliche Beziehung mit dem Beklagten stand (vgl. Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 8. Aufl. 2010, ARB 2000, § 17 Rn 7 ff.; Feuerich/Weyland, BRAO, 7. Aufl. 2008, § 44 Rn 29) und sich die Rückabwicklung erbrachter Leistungen im jeweiligen Vertragsverhältnis vollzieht.

Dadurch, dass unter dem 16.6.2003 die tatsächlich angefallenen Rechtsanwaltsgebühren des Beklagten in Höhe von 709,34 EUR von dem gegnerischen Haftpflichtversicherer zum Ausgleich gebracht wurden, fiel der rechtliche Grund für das Erhaltendürfen des Vorschusses nachträglich weg.

Diese dem Versicherungsnehmer der Klägerin zustehenden Ansprüche sind gem. § 17 Abs. 8 S. 1 ARB 2000 auf diese übergegangen.

2. Selbst wenn man zugunsten des Beklagten unter Zugrundelegung der dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB von grob fahrlässiger Unkenntnis der Klägerin gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB (vgl. hierzu: BGH NJW-RR 2009, 544) und speziell für den Fall des Unterlassens einer Nachfrage: BGH NJW-RR 2010, 681) im Jahr 2005 ausgeht und demzufolge Verjährung der aufgezeigten Ansprüche eingetreten wäre, könnte sich der Beklagte hierauf nicht berufen. Dieser hat es – trotz ausdrücklicher Aufforderung – pflichtwidrig und schuldhaft unterlassen, über das Mandat und insbesondere über den erhaltenen Vorschuss abzurechnen, so dass er die Forderung als unverjährt gelten zu lassen hat (so auch: OLG Frankfurt RuS 1990, 341; AG Hamburg RuS 1996, 316; AG Eschweiler RuS 2000, 246; LG Hannover, Urt. v. 29.8.2003 – 12 S 42/03).

Bezahlt der Rechtsschutzversicherer den vom Rechtsanwalt angeforderten Vorschuss (§§ 9 RVG, 17 BRAGO) an diesen, so hat dieser auch abzurechnen (§§ 8 Abs. 1 S. 1, 10 RVG, 16, 18 BRAGO) und einen sich gegebenenfalls ergebenden Überschuss zurückzuerstatten (vgl. Harbauer, a.a.O., § 5 Rn 178).

Dem entspricht es, dass der Rechtsschutzversicherer in diesem Fall vom Rechtsanwalt die erforderlichen Auskünfte verlangen kann (vgl. Feuerich/Weyland, a.a.O., § 44 Rn 29; OLG Düsseldorf VersR 1980, 231).

Im vorliegenden Fall wurde der Beklagte durch das Anschreiben der Klägerin v. 5.8.2005, das er – im Gegensatz zu den anderen Schreiben – unstreitig erhalten hat, um Sachstandsmitteilung gebeten und zur Abrechnung unter Berücksichtigung des verauslagten Kostenvorschusses aufgefordert. Obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als zwei Jahre über die von dem gegnerischen Haftpflichtversicherer endgültig regulierten Rechtsanwaltsgebühren verfügt hatte, unterließ er dies in der Folge pflichtwidrig, schuldhaft (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB) und ohne erkennbar nachvollziehbare Gründe.

Der Hinweis, sich an den Mandanten zu wenden, dem angeblich sämtliche Unterlagen gegeben worden seien, genügt nicht, um den genannten Pflichten in Ausprägung der §§ 43a Abs. 5 BRAO, 4 BORA zu genügen. Jedenfalls wäre zu fordern gewesen, dass der Beklagte der Klägerin gegenüber eine Abrechnung vornimmt und hierüber Auskunft erteilt, so dass er durch das Unterlassen die – unterstellte – Verjährung durch einen zum Schadenersatz verpflichtete Handlung mit verursacht hat und für diesen Schaden gem. § 249 Abs. 1 BGB aufzukommen hätte. Dies vollzieht sich in der Form, dass er die geltend gemachte Forderung als unverjährt gelten zu lassen hat.

Mitgeteilt von Ass. iur. Hans-Willi Scharder, Mönchengladbach

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