Die Beschwerde ist begründet.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers kann als im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneter Rechtsanwalt die in seinem Festsetzungsantrag genannte Vergütung verlangen.

1. Die gegen die Landeskasse gerichteten Vergütungsansprüche des Prozessbevollmächtigten des Klägers bestimmen sich nach dem Beschluss des ArbG, durch den die Prozesskostenhilfe bewilligt und er dem Kläger als Rechtsanwalt beigeordnet wurde (§ 48 Abs. 1 RVG). Die Bewilligung und Beiordnung beziehen sich dabei entgegen der Auffassung des ArbG auch auf die vergleichsweise Erledigung eines zuvor nicht rechtshängigen Gegenstandes. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hatte in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich den Prozesskostenhilfeantrag auf einen Mehrvergleich erstreckt. Dem Prozesskostenhilfeantrag des Klägers hat das ArbG durch den im Anschluss daran erfolgten Beschluss "in vollem Umfang" entsprochen und damit ausdrücklich eine Beiordnung auch für den Mehrvergleich angeordnet. Dass das ArbG Prozesskostenhilfe nur für den Gegenstand der Klage bewilligen wollte, lässt sich dem eindeutigen Wortlaut des genannten Beschlusses nicht entnehmen. Der Beschluss enthält auch – was ohnehin nicht zulässig wäre – hinsichtlich der zu erstattenden Anwaltsgebühren keine Einschränkungen, die zu bestimmen Sache des Vergütungsfestsetzungsverfahrens ist.

2. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers steht wegen des abgeschlossenen Mehrvergleichs sowohl eine 0,8 Verfahrensgebühr (Nr. 3101 Nr. 2 VV) als auch eine 1,5 Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV) sowie eine Terminsgebühr nach dem Wert des gesamten Gegenstands des Vergleichs (Nr. 3104 VV) zu.

a) Es ist umstritten, welche anwaltlichen Gebühren der im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt bei der vergleichsweisen Erledigung zuvor nicht rechtshängiger Gegenstände in einem gerichtlichen Vergleich verlangen kann. Nach einer Auffassung (vgl. hierzu nur LAG Hamm, Beschl. v. 21.11.2016 – 14 Ta 246/16; OLG Dresden, Beschl. v. 2.2.2017 – 20 UF 1100/16, FamRZ 2017, 993; KG, Beschl. v. 29.11.2016 – 25 WF 76/127; vgl. zudem BGH, Beschl. v. 8.6.2004 – VI ZB 49/03, NJW 2004, 2595) kann weder die genannte Verfahrensgebühr noch die erhöhte Terminsgebühr verlangt werden, weil das Gericht hinsichtlich der nicht rechtshängigen Verfahrensgegenstände die Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung oder -verteidigung nicht überprüfen könne und bei einem Vergleichsschluss im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens (§ 118 Abs. 3 S. 1 ZPO) ebenfalls nur eine Einigungsgebühr zu erstatten sei. Teilweise wird für das Entstehen von Verfahrens- und Terminsgebühr für die vergleichsweise Regelung nicht anhängiger Gegenstände verlangt, dass zwischen dem eigentlichen Verfahrensgegenstand und dem zusätzlich geregelten Gegenstand ein enger Zusammenhang besteht (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 29.4.2016 – 6 WF 57/16, FamRZ 2016, 587). Schließlich wird angenommen, dass bei einer Erweiterung der Prozesskostenhilfe auf den Abschuss eines Mehrvergleichs dem beigeordneten Rechtsanwalt sämtliche mit dem Vergleichsschluss anfallenden Gebühren aus der Staatskasse zu erstatten sind. Dabei werden vor allem der Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe sowie die Verfahrensökonomie in den Vordergrund gestellt (vgl. insbesondere BGH, Beschl. v. 17.1.2018 – XII ZB 248/16, juris m.w.N.; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 23. Aufl., 2017, § 48 Rn 160 ff., 170 ff., m.w.N. zu allen Auffassungen; vgl. auch LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 27.4.2016 – 5 Ta 118/15).

b) Die Beschwerdekammer folgt der zuletzt genannten Auffassung.

Der Anspruch auf Prozesskostenhilfe soll gewährleisten, dass unbemittelte Parteien in gleicher Weise Rechtsschutz in Anspruch nehmen können wie Parteien, die die Kosten der Prozessführung aus eigenen Mitteln bestreiten können. Er ist Ausfluss des verfassungsrechtlichen Gebots einer weitgehenden Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem in Art. 20 Abs. 3 GG niedergelegten Rechtsstaatsprinzips (BGH, Beschl. v. 17.1.2018, a.a.O.). Die Rechtsverfolgung oder -verteidigung Unbemittelter darf im Vergleich zu Bemittelten nicht unverhältnismäßig erschwert werden. Eine derartige Erschwerung träte jedoch ein, wollte man dem beigeordneten Rechtsanwalt bei Abschluss eines Mehrvergleichs die sich nach dem RVG danach ergebenden Gebühren nur teilweise aus der Staatskasse erstatten. Die unbemittelte Partei, die die anwaltlichen Gebühren nicht selbst tragen kann, wäre in diesem Fall gezwungen, hinsichtlich der nicht anhängigen Gegenstände ein weiteres gerichtliches Verfahren anzustrengen bzw. müsste sich einer – an sich sinnvollen – Gesamtbereinigung aller Ansprüche verweigern. Für diese Ungleichbehandlung gibt es keinen hinreichenden sachlichen Grund (BGH, a.a.O.). So ist es insbesondere nicht entscheidend, dass eine Prüfung der hinreichenden Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinsichtlich der in den ...

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