Die Entscheidung ist m.E. unzutreffend. Besteht am Grundstück Gesamthandseigentum ("alles gehört allen", so bedarf – im Gegensatz zu Bruchteilseigentum – der gesamte Vertrag der Genehmigung durch das FamG. Bei der Veräußerung von Gesamthandseigentum ist eine "Teil-"Genehmigung nicht möglich. Es ist auch nicht möglich, dass die übrigen Gesamthandseigentümer ihren Anteil veräußern, da es sich nur um einen ideellen Anteil handelt. Die anderen Gesamthandsmiteigentümer könnten ggfs. ihren Erbteil veräußern (§§ 2371 ff. BGB). Das würde aber nichts daran ändern, dass die Gesamthandsgemeinschaft mit den Erwerbern fortbestünde und eine Veräußerung wiederum nur mit diesen einheitlich möglich wäre. Die Veräußerung lässt sich nicht aufteilen. Das Gericht muss den gesamten Vertrag genehmigen.

Von daher ist es m. E. – entgegen der hier vom OLG Karlsruhe vertretenen Auffassung – zutreffend, in diesem Fall den vollen Verkehrswert[1] und nicht nur den anteiligen Wert des minderjährigen Kindes anzusetzen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass es "den Anteil" des minderjährigen Kindes als solchen gar nicht gibt, da es sich hier nur um einen ideellen Anteil handelt. Insbesondere bei einer Erbengemeinschaft ist dem minderjährigen Kind ein Anteil am Grundstück ja gar nicht zuzuordnen. Man denke nur an den Fall, dass der Erblasser hinsichtlich des Grundstücks eine Teilungsanordnung nach § 2048 BGB getroffen hat.

 

Beispiel

Der Erblasser hinterlässt seine Ehefrau und ein minderjähriges Kind. Im Nachlass befindet sich ein Grundstück im Wert von 100.000,00 EUR und ein Sparbuch mit 500.000,00 EUR. Der Erblasser hat seine Ehefrau und sein Kind als Erben zu je 1/2 eingesetzt und hat gem. § 2048 BGB angeordnet, dass die Ehefrau das Grundstück und 200.000,00 EUR Sparvermögen und das Kind Sparvermögen i.H.v. 300.000,00 EUR erhalten soll.

Wie will man jetzt noch von einem Anteil des Kindes am Grundstück sprechen? Das Interesse des Kindes an der Veräußerung des Grundstücks dürfte hier gegen Null gehen.

 

Abwandlung

Wie vorangegangenes Beispiel. Der Erblasser hatte im Wege der Teilungsanordnung bestimmt, dass das Kind das Grundstück und 200.000,00 EUR Sparvermögen erhalten soll und die Ehefrau Sparvermögen i.H.v. 300.000,00 EUR.

Jetzt dürfte bei einem Verkauf des Grundstücks das Interesse des Kindes bei 100 % liegen.

Norbert Schneider

AGS 6/2018, S. 279 - 281

[1] So OLG Stuttgart, Beschl. v. 24.1.2014 – 17 WF 237/13, BeckRS 2014, 120103 (soweit das OLG Stuttgart in seinem Beschl. v. 27.7.2016 – 17 WF 68/16 erklärt, auch diese Rspr. aufzugeben ist, ist das nicht nachvollziehbar, da in der Entscheidung v. 27.7.2016 Bruchteilseigentum betroffen war, also eine andere Fallkonstellation vorlag).

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