Über eine Beschwerde nach § 33 Abs. 3 RVG entscheidet grds. der Senat durch den Berichterstatter als Einzelrichter (§ 33 Abs. 8 S. 1 RVG). Der Berichterstatter hat jedoch die vorliegende Sache wegen grundsätzlicher Bedeutung dem Senat übertragen (§ 33 Abs. 8 S. 2 RVG).

Die Beschwerde ist zulässig. Die Zulässigkeit der Beschwerde folgt aus § 33 Abs. 3 RVG. Das Schreiben des SG v. 23.1.2018 stellt eine beschwerdefähige Entscheidung dar, in der das SG die Festsetzung des Werts des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für die Widerspruchsverfahren nach § 33 Abs. 1 RVG abgelehnt hat. Ob die Voraussetzungen der Wertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG vorliegen, ist im Rahmen der Begründetheit der Beschwerde zu prüfen. Die Beschwerde ist zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt (§ 33 Abs. 3 S. 1 RVG). Die Beschwerdefrist von zwei Wochen (§ 33 Abs. 3 S. 3 RVG) ist eingehalten. Beschwerdeberechtigt ist entsprechend § 33 Abs. 2 S. 2 RVG auch der Rechtsanwalt selbst.

Für die Antragstellerin fehlt es auch nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse für das Beschwerdeverfahren. Ein im Verhältnis zum Streitwert für das erstinstanzliche Klageverfahren höherer Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit in den Widerspruchsverfahren kann trotz grundsätzlicher Rechtskraft des Beschlusses des SG v. 18.12.2017 (vgl. § 197 Abs. 2 SGG) zu einem höheren Kostenerstattungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten führen. Denn die Rechtskraft nach § 141 SGG – diese Vorschrift gilt für Beschlüsse entsprechend (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 142 Rn 3) – wirkt nicht, soweit sich eine Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse nach dem Erlass des Beschlusses ergibt. Auch eine Änderung der Rechtslage durch ein Gesetz mit Rückwirkung in Bezug auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung kann eine wesentliche Änderung in diesem Sinne begründen (Kilian in Sodan/Ziekow, VwGO, § 121 Rn 118). Entsprechend ist die Rechtslage im vorliegenden Fall. Der vorliegende Beschluss über die Festsetzung des Werts der anwaltlichen Tätigkeit für die Widerspruchsverfahren wirkt sich mit konstitutiver Wirkung – ähnlich einer rückwirkenden Gesetzesänderung – auf die Kostenfestsetzung i.S.d. § 197 SGG aus. Insoweit handelt es sich nicht nur um eine nachträgliche Änderung der Rspr., die nach allgemeiner Auffassung die Rechtskraft nicht aufhebt (vgl. Keller, a.a.O.). I.Ü. ist die Festsetzung des Werts des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit in den Widerspruchsverfahren für die Höhe des Vergütungsanspruchs der Antragstellerin gegenüber dem Kläger maßgebend.

Die Beschwerde ist auch begründet. Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert (1. Alt) oder fehlt es an einem solchen Wert (2. Alt), setzt das Gericht des Rechtszuges nach § 33 Abs. 1 RVG den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt. Dies gilt auch für das Tatbestandsmerkmal "in einem gerichtlichen Verfahren", auch wenn es vorliegend um die Kosten dem Rechtsstreit vorangegangener Widerspruchsverfahren geht. Nach allgemeiner Meinung ist zwar eine Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit nach § 33 Abs. 1 RVG nur möglich, wenn ein gerichtliches Verfahren stattfindet oder stattgefunden hat (Römermann, in: Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., 2006, § 33 Rn 10; Potthoff, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl., 2015, § 33 Rn 16). Das Wort "in" (einem gerichtlichen Verfahren) i.S.d. § 33 Abs. 1 RVG bedarf jedoch einer einschränkenden Auslegung (vgl. Römermann, a.a.O.). So wird es als nicht erforderlich angesehen, dass der Rechtsanwalt für das Gericht erkennbar tätig geworden ist (Römermann, a.a.O.). Eine einschränkende Auslegung des Wortes "in" ist auch bei der vorliegenden Fallgestaltung notwendig. Dies beruht darauf, dass sich die Kostenentscheidung des Bescheides des Beklagten nach § 39 Abs. 2 SGB X erledigt hat, weil gegen den Bescheid v. 11.7.2013 Klage erhoben wurde (vgl. insoweit BSG 19.10.2016 – B 14 AS 50/15 R, juris Rn 13). Die Grundsätze des Urteils des BSG v. 19.10.2016 (a.a.O.) gelten auch für Gerichtsverfahren, bei denen sich die Kostenentscheidung nach § 197a SGG richtet, da ein Grund für eine abweichende rechtliche Beurteilung im Verhältnis zu i.S.d. § 183 SGG kostenfreien Verfahren nicht ersichtlich ist. Bei einer solchen Fallgestaltung muss es für den Rechtsanwalt, der in dem/den Widerspruchsverfahren teilweise erfolgreich war, möglich sein, eine im Verhältnis zur Streitwertfestsetzung für das gerichtliche Verfahren höhere Festsetzung des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für das/die Widerspruchsverfahren zu erhalten. Dafür kommt, soweit ersichtlich, prozessual nur der Weg über § 33 Abs. 1 RVG in Betracht.

Die Gebühren berechnen sich vorliegend i.S.v. § 33 Abs. 1 1. Alt. RVG nicht nach dem für die Geric...

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